Hallo.
Ein herrlicher Artikel.
Wahrscheinlich einer der Besten, die ich hier in 12 Jahren Mtb-Forum gelesen habe.
Nicht in Bezug auf die schreiberischen Fähigkeiten (die sind natürlich klasse

) u.s.w., sondern in Bezug auf die Idee des Themas und Vieles, was mit ihm zusammenhängt.
Es wäre eine Schande, den Artikel und so etwas wie seiner "Message" auf die Fahrradindustrie zu projizieren. Das wäre dem Grundgedanken des Typens im Video auch nicht gerecht.
Es ist vielmehr das:
@Tyrolens
Das ist schon klar, dass das der Physik entspricht und Unsinn ist. Es war – wie beschrieben – nur ein Denkanstoß für den Artikel, da diese "Lernmechanismen" übertragbar sind auf andere Bereiche.

...
Ich beschäftige mich schon seit Langem mit Sensomotorik, verschiedenen Lernprozessen, Fokus, Motivationen, Emotionen, Physiologie, Anatomie, mentalen Fähigkeiten und vieles mehr, was mit kognitiver Leistungsfähigkeit und Lernen zusammenhängt.
Im Grunde ist das mein Beruf und meine Passion. Ich bin Physiotherapeut/Manualtherapeut mit großem Fokus auf Funktioneller Neuro-Orthopädie.
Als Fachbereiche habe ich u.a. PNF (Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation) und NAP (Neuromuskuläre Arthroossäre/Aktivitätsabhängige Plastizität).
Diese Themen, gerade die Fähigkeiten des Menschen zu Lernen und sich anzupassen, sind phänomenal faszinierend und sehr tiefgreifend.
Viele Aspekte sind bei weitem nicht geklärt; oft ist es so, dass man einen kleinen Teilbereich des Gehirns einigermaßen verstanden hat und sich gleichzeitig 10 neue große Löcher des Nichtwissens/Nichtverstehens und Neuem aufgetan haben.
Zum Beispiel die Sache mit den 10000 Wiederholungen zur perfekten Bewegung (ich nehme an, es ist ein Zitat von Bruce Lee).
Die Anzahl ist stark untertrieben, Bruce hat die Zahl wahrscheinlich einfach nur so gesagt, um zu implizieren, dass man 'ne Menge üben muss. 10000 klingt ja nach viel.
Tatsächlich ist es so, dass es viel mehr Wiederholungen bedarf.
Beispiel:
Kottke et al. haben schon 1978 herausgefunden, dass es ca. 1 Million Korbwürfe bedarf, bis die Bewegung als koordinativ "geschickt" angesehen werden darf.
Beim Passen eines Fussballs sind es ca. 1,4 Mio. Pässe.
Stricken: 1,5 Mio. Maschen.
Klingt heftig, aber bis bestimmte neuronale Wege und synaptische Verdrahtungen so manifestiert sind, dass sie zum Beispiel auch 100%ig ökonomisch geworden sind (und z.B. auch von aussen und innen weniger störanfällig sind), bedarf es einer langen Übungszeit.
Die Prozesse, die dabei kognitiv und neuromuskulär stattfinden sind sehr komplex und hier nicht niederzuschreiben. Dafür gibt es Fachbücher und entsprechende berufliche Richtungen.
Beispielsweise spielen da auch Hormone (gerade bei Kindern oder Schlaganfall-Patienten) und auch das limbische System eine wichtige Rolle.
Ähnlichkeitstransfers bzw. -prinzipien sind dabei sehr wichtig. Man beachte das Trainingsvideo von Schurter. Sein Therapeut/Trainer hat viele funktionelle Übungen eingebaut, die den Erforderlichkeiten beim Sport ähneln.
So erzielt man höhrere propriozeptive Genauigkeiten, die dem Bewegungsüben sehr entgegenkommen und viel stärkere "Rekrutierungen" von sensomotorischen Kapazitäten fordern (Muskelspindeln, alle Mechanorezeptoren,u.s.w.)
Das fördert z.B die Adaption und den Transfer bestimmter Komponenten ins Langzeitgedächtnis.
Wichtig ist zu wissen, dass man vielmehr schaffen kann, als man denkt. Viele Hürden baut man sich nur selbst auf. Sich kozentriert mit einer Sache zu beschäftigen und zu üben schafft im Gehirn plastische Veränderungen, die dann auch für viele andere Tätigkeiten von großem Nutzen sein können.
Nichts ist so festverdrahtet, dass man es für "immer so tun muss".
Wir sind immer im Wandel.
Der strukturelle Körper ist das beste Beispiel:
Bis auf wenige kollagene Bereiche in uns, hat sich in den letzten Jahren alles einmal (oder mehrmals) erneuert. Alles an uns hat eine sog. Turnover-rate.
Bindegewebe wird abgebaut und wieder aufgebaut. Immer, jede Sekunde!
Wenn man dass verinnerlicht und dafür sorgt, dass auch das eigene Denken einem veränderbaren Fluss unterliegen kann und dynamisch ist, kann das einem im Leben sehr helfen und vieles einfacher machen.
Schöne Grüße und viel Spaß,
Kiwi.