@Sascha_89
Grundsätzlich ist dein Post oben sehr gut und vom Ansatz her richtig, es haben sich aber ein paar unglückliche/missverständliche Formulierungen eingeschlichen:
Die Frage ist was genau 'weicher bedeutet' und in welchem Zusammenhang.
Verhältnis beibehalten und beide reduzieren: Mehr SAG => Steht tiefer im Federweg => Kommt früher in den Bereich, den das IRT beeinflusst, das wurde aber auch reduziert, also insgesamt früher im Bereich HBO. Je nachdem, wie früh der HBO nun einsetzt, kann die Gabel dadurch auch zu hart werden bei härteren Schlägen.
Nur die Main reduzieren: Mehr SAG => IRT ist aber gleich, dadurch erhöht sich der Midstroke Support, weil das IRT später anspricht. Der Bereich zwischen SAG und IRT ist also kleiner geworden.
Ich würde nicht sagen, dass sich der Midstroke Support dadurch erhöht. Die zweite Luftkammer wird halt zu einem anderen Zeitpunkt aktiviert. Das ist zu einem späteren Punkt im Federweg der Fall, weil die erste Kammer weiter komprimiert werden muss, um den Druck des IRT zu erreichen. Betrachtet man sich das allerdings aus dem Blickwinkel eines Fahrereignisses, also einem bestimmten Einschlag, dann bewegt sich die Gabel natürlich schneller durch den Federweg, weil die Feder der Bewegung weniger Kraft entgegensetzt und deshalb pro verbrauchtem Federweg weniger Energie abgebaut wird. Rein zeitlich wird die zweite Kammer also eventuell früher aktiv und gefühlt dann also eher, obwohl dann schon mehr Federweg verbraucht ist. Rein von der Bezeichnung her bezieht sich der Midstroke auf den Bereich des Federwegs und entsprechend wird der Midstroke Support geringer und nicht höher (ist insofern klar, weil sich der Gesamtdruck an jeder Stelle des Federwegs verringert, wenn der Druck in der Main geringer wird und in der IRT gleich bleibt). Rein vom Fahrgefühl mag das anders sein.
Nur die Main erhöhen: Klingt vielleicht erstmal etwas kontraintuitiv, je nachdem wo der SAG vorher war, kann es aber durchaus sein, dass sich das Gesamtsystem 'weicher' anfühlt, weil man sich mehr im Anfangsbereich der Kennlinie bewegt und das IRT etwas früher einsetzt.
Da kommt es aber darauf an, wo im Federwegbereich die Progression geringer ausfallen soll.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass 'weicher' machen eher bedeutet, dass der Rebound und Druckstufe geändert werden sollten.
Wie das mit Feder vs Dämpfung ist, hat mit der Art der Feder erst mal weniger zu tun. In den Specifics dann schon, aber allgemeine Ratschläge sind hier schwierig, weil es doch sehr auf den Einsatz ankommt, wie man Feder und Dämpfung im Verhältnis grundsätzlich einstellen will.
Wenn das Ansprechverhalten grundsätzlich gut ist, dann passt der Druck in der Main und damit der SAG ja in etwa. Mit dem IRT lässt sich jetzt der Gegenhalt bei härteren Schlägen anpassen. Die Frage ist warum sich die Gabel hart anfühlt =>
Wenn sie zu früh in die Nähe des HBO kommt, dann IRT erhöhen
„Nähe“ muss hier weg. HBO ist rein lageabhängig, also entweder man ist drin oder nicht. In der Nähe hat der HBO noch keine Auswirkung.
Wenn der SAG passt, aber sie deutlich zu wenig Federweg freigibt (bei schon relativ weit offener Druckstufe) => IRT Druck senken, bzw. Druckstufe reduzieren
Wenn sie sich bei schnellen Schlägen zu hart anfühlt (zu langsam wieder ausfedert, packing) => Zugstufe schneller einstellen
Wenn sie sich insbesondere bei schnellen Schlägen unter hohem Druck hart anfühlt (z.B. schnelle Anlieger mit Bremswellen oder Löchern) => Hier würde ich versuchen, dass sie in dem Bereich nicht zu tief im Federweg steht => Wenn der SAG passt, würde ich es zuerst über Lowspeed Druckstufe erhöhen probieren und Zugstufe evtl. schneller machen. Wenn das nicht reicht, dann Druckstufe erhöhen, wenn das nicht passt oder sich zu hart anfühlt, dann wieder zurück stellen und den IRT erhöhen.
Zugstufe hat mit dem Energieabbau beim Einfedern nur sehr indirekt zu tun. Grundsätzlich muss die Zugstufe halt zur Feder und zweitrangig zur Compression-Dämpfung passen. Man kann aber die „Härte“ einer Gabel nicht direkt über die Zugstufe beeinflussen. (BTW: Wenn man bei gleicher Federhärte die Compression erhöht, sollte man den Rebound tendenziell reduzieren. Wird sicherlich oft genau verkehrt herum gemacht. Grund: Wenn die Feder gleich bleibt, aber mehr CompressionDämpfung wirkt, geht beim gleichen Fahrereignis mehr Energie in die Dämpfung und weniger in die Feder. Es wird dann auch weniger Federweg verbraucht. Die Energie ist also beim Rückstellen geringer und es braucht damit auch weniger Rebound-Dämpfung.
Was wichtig ist zu verstehen. „Härte“ ist, wenn man jetzt mal Reibung im mechanischen System außer Acht lässt, dadurch gegeben, dass der Anstieg der Kraft pro verbrauchtem Federweg in einem bestimmten Bereich des Federwegs sehr hoch ist. Sprich der Kraftverlauf ist sehr progressiv. Allerdings muss man dabei berücksichtigen, wie schnell der Federweg an dieser Stelle durchlaufen wird. Bewegt man sich langsam durch den Federweg, fühlt sich der Kraftanstieg der Feder anders an, als wenn man schnell durch den Federweg geht. (Beachte: am Ende des Federwegs ist die Bewegung immer langsam -> Umkehrpunkt, sonst aua!) Bei der Dämpfung ist es dagegen so, dass die Kraft eben von der Geschwindigkeit abhängt, und nicht von der Lage. Hier ist es also niemals ein Kraftanstieg, sondern immer ein Abfall, wenn sich die Gabel durch den Federweg bewegt, weil die Gabel beim Eintauchen ja immer abgebremst wird ( außer natürlich initial beim Einschlag, da ist der Kraftanstieg in der Dämpfung natürlich rapide).
Es kommt also darauf an, wo bzw. bei welchen Ereignissen man die Gabel als hart empfindet, und außerdem kommt es auch darauf an, was man will, also eher eine Gabel, die selten vorkommende Einschläge möglichst sanft abfedert -> mehr über die Dämpfung arbeiten, oder eine Gabel, die sehr reaktiv auf dauernd auftretende Belastungen reagiert -> mehr über die Feder arbeiten.
@Ralf_T :
Was bei einem Doppelkammersystem zu beachten ist im Unterschied zu einem Einkammersystem, ist der fundamentale Unterschied zwischen IRT und Token. Beide können eine ähnliche Auswirkung haben (man kann damit die Progressivität der Kraftverlaufskurve Beeinflussen), sie funktionieren aber ganz anders. Wenn man mal die Negativfeder außer Acht lässt, dann ist bei einem Einkammersystem der Verlauf der Kraftkurve zwar immer „glatt“ (im Sinne von sie hat keinen Knick), ich kann aber die Krümmung durch die Token anpassen. Wenn ich das Luftvolumen durch Token verkleinere, dann ist die Krümmung größer. Wie sich das auf die Progression, also rein die Zunahme der Kraft pro Wegstück auswirkt, hängt davon ab, wo ich mit der Kurve anfange (Anfangsdruck ist gleich Sag), aber wenn ich den gleiche Anfangsdruck habe, dann ist die Feder in jedem Punkt mit kleinerem Volumen (also mehr Token) progressiver.
Bei der Zweikammer-Feder ist das anders, weil man hier keine Token hat. Das Volumen ist also konstant und man hat also für seine Kraftverlaufskurve eine vorgegebene Krümmung, bzw. Besser gesagt hat man zwei Krümmungen, nämlich einmal wenn nur das Main Volumen aktiv ist, die zum Main-Volumen passende Krümmung, und dann wenn Main und IRT aktiv sind, die zum Gesamtvolumen passende Krümmung (die immer kleiner ist, weil das Gesamtvolumen ja größer ist). Dazu gibt es dann einen Knick in der Kurve, wo die eine Krümmung in die andere Krümmung übergeht.
Wenn man sich das energetisch betrachtet, dann muss die Gabel bis spätestens zum Anschlag die gesamte Energie, die ein Einschlag mit sich bringt, abgebaut haben. Den Energieabbau sieht man über Kraft mal Weg; wenn man also die Dämpfung mal beiseite lässt und nur die Feder anschaut, wo die Kraft ortsabhängig ist, dann hängt die Energieaufnahme rein vom Kraftverlauf ab: viel Kraft, viel Energieabbau. Bei der Einkammerfeder mit Token kann ich über die Volumensanpassung letztlich das Verhalten über den gesamten Federweg verschieben, soll also entweder mehr Kraft früh (wenig Token, großes Volumen) abgebaut werden, was die Gabel eher härter zu Beginn und weicher am Schluss bei gleicher Durchschlagsresistenz macht, oder eher anders herum mit mehr Token (kleineres Volumen). Bei der Zweikammer-Gabel ist der Kraftanstieg am Anfang (immer nur Main) und am Ende (immer Gesamtvolumen) vorgegeben, allerdings kann ich mir den Übergang zwischen meinen beiden Verläufen (einmal nur Main Volumen, einmal Gesamtvolumen) durch das Verhältnis aus Main-Druck und IRT-Druck beinahe beliebig verschieben. Dadurch kann man auch den Bereich, wo der Verlauf durch den Knick in einem Bereich gemittelt quasi linear ist, auch dahin legen, wo man ihn haben will. Da durch ein unterschiedliches Kraftniveau im Verlauf (abhängig von Knickstelle) die Energieaufnahme über die Gesamtkurve auch variabel ist, kommt je nach Einstellung am Ende für eine bestimmte Energieaufnahme (ist gleich ein bestimmter Einschlag) ein unterschiedlicher Kraftanstieg heraus, während das bei einer Einkammergabel je verbauten Token immer fix ist.
Quintessenz: Die Zweikammer-Gabel bietet mehr Optionen in der Einstellung, ist deshalb aber auch etwas komplizierter in der Abstimmung (oder zumindest kann man mehr ausprobieren).