Mit dem Tandem in Todtnau

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Bericht von einem Mitglied der Tandem-Mailingliste.

From: "Hans Christoph Timm" <[email protected]>
Subject: Tandem-Premiere MTB Fun-Park in Todtnau
Date: Fri, 4 Oct 2002 00:04:24 +0200

Nachdem wir Donnerstag Vormittag unsere Vereinsmeisterschaft auf der
Straße abgewickelt hatten und die Sonne immer noch schien, sind wir mal
eben für einen Nachmittag nach Todtnau in den dortigen Downhillpark
gefahren, um auszuprobieren, ob da überhaupt Strecken sind, die mit dem
Tandem fahrbar sind. Dieser Park besteht aus einem alten Ski-Lift und
mehreren MTB-Strecken unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade, von einer
gemütlichen Strecke auf breiten Forstwegen bis hin zum voll World
Cup-tauglichen Downhill-Kurs. Die Strecken sind gut markiert und
gesichert und werden regelmäßig ausgebessert und mit zusätzlichen
Optionen versehen. Mit dabei waren Achim Moll, Wolfgang Ebersbach,
Valentin Schorpp (ein Junior aus unserem Verein, der am liebsten den
lieben langen Tag nur bergab rasen würde) und meinereiner. Die Betreiber
des Lifts waren offensichtlich zum ersten Mal mit dem Wunsch
konfrontiert, ein Tandem bergwärts transportieren zu sollen, den sie
ließen uns erst garkeinen Halbtagespass lösen sondern wollten uns
probehalber erst einmal kostenlos transportieren, um zu sehen ob es
überhaupt klappt. Der Lift ist ein Einer-Sessellift, an den die Räder an
einen Haken gehängt werden, an dem sie mit dem Vorderrad nach unten
baumeln. Ein Rad mit Überlänge ist da eindeutlig nicht eingeplant
gewesen, so dass sich niemand sicher war, ob das Rad überhaupt die
Einfahrt in das obere Lifthäußchen schaffen würde. Bevor es bergauf
gehen konnte, musste daher erst lang überlegt werden, wie man das lange
Rad am besten aufhängt. Schließlich war es aber doch problemlos.

Oben angekommen, ließen wir uns vom Bergab-Experten Wolfgang in die
verschieden Strecken einweisen und folgten brav seinem Rat, die echte
Downhill-Strecke sei nix für uns. Die engen Kurven und vor allem die
Sprungschanzen hätten wir nicht gemeistert. Blieb also die
Freeride-Strecke, "Wildride" genannt. Die stellte sich dann auch als
ziemlich wild heraus; noch vor wenigen Jahren wäre sie einwandfrei als
Downhill-Wettkampfstrecke durchgegangen. In den letzten Jahren sind
DH-Strecken allerdings immer radikaler geworden, da die neuen Räder
immer mehr ermöglichen.

Nach einem vorsichtigen Beginn, bei dem Achim und ich noch in einen
Kurven mit dem Fuß auf den Bden mussten (garnicht so einfach in hohen
Steilkurven, in denen der Boden auf der Innenseite über einen halben
Meter weg vom Fuß ist) ging es mit wachsender Übung immer besser. Zum
Schluß konnten wir die gesamte Strecke durchfahren, ohne abzusetzen! Ein
paar Mal tauschten Wolfgang, Valentin und ich Positionen, so dass jeder
mal auf dem Tandem fahren konnte. Hinter Wolfgang wurde Achim noch
radikaler durchgeschüttelt - gegen so viel Kurvenkunst komme ich nicht
an. Trotz des deutlichen Vorteils in vielen Kurven kam ich mit dem
Single (einer waschechten Florian Wiesmann DH-Maschine mit
Eberminator-Gabel) nicht wirklich hinterher.

Zum Abschluß war Achim so übermütig, dass er unbedigt einen der Sprünge
wagen wollte. Dafür habe ich gerne nochmal Wolfgang das Steuer
überlassen und habe mich lieber strategisch günstig postiert, um eine
guten Blick zu haben. Der hat sich dann auch sehr gelohnt: Der Flug war
schon recht ordentlich. Jedes Single hätte sich allerdings gewaltig
überschlagen, weil Achim auf dem Rücksitz kräftig abgesprungen ist und
die beiden auf dem Vorderrad gelandet sind und erst eine Weile nur auf
demselben unterwegs waren, bevor das Hinterrad aus den luftigen Höhen
wieder runterkam.

Fazit: Die Wildride-Strecke ist voll tandemtauglich und das Rad voll
downhill-tauglich! Das heißt auch, dass auch die sicherheitsrelevanten
Bauteile wie die Gustav M-Bremsen und die MidEgo-Gabel alles aushalten,
was vernünftige Menschen ihnen auf dem Tandem zumuten wollten. Gestunken
haben die Bremsen zwar sehr, aber immer zuverlässig gebremst. Die
Dosierbarkeit ist so gut, dass man jederzeit voll kontrolliert auch mit
dem Vorderrad an die Blockiergrenze gehen kann. Die Gabel braucht
dagegen eindeutig härtere Federn, etwa plus 20-30%. Von der Konstruktion
her kann sie aber voll überzeugen. So viel Vertrauen hätte ich in die
alte Votec, die vorher an dem Rad war, nicht gehabt. Reifenmäßig waren
wir an der Grenze. Ich hatte vorne und hinten 2,35" Reifen aufgezogen.
Hinten hatten wir zwei Platten, und die dünnen Seitenwände der Reifen,
die ich im Keller hatte, werden sowas auch nicht ewig aushalten. Die
vielen großen Felsbrocken und Wurzeln auf der Strecke sind alles andere
als reifenschonend. Vom Profil her ist der Schwalbe Fat Albert ein
hervorragender Geländereifen, wenn es ab und zu auch bergab geht; für
solches Gelände sollte es aber schon die pannnfestere "Double
Defense"-Ausführung sein. Wenn wir regelmäßig nach Todtnau fahren
würden, müsste vorne aber noch was fetteres rein (hinten passt kein
zusätzlicher Millimeter mehr).

Christoph Timm
Freiburg, Germany
 
Ich war auch an dem Tag in Todtnau. Sah sehr geil aus, wie die den Wildride runter sind. Vor allem Tandem mit Mid Ego sieht gut aus!
 
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