10.03. 12:15 Cortes de la Frontera, 630m
Mein Albergo lag noch eingebettet zwischen lieblichen grünen Hügeln. Doch schon wenige Minuten nach dem Beginn der heutigen Tour führt mich eine kleine Teerstraße hinein in eine faszinierende Region andalusischer Felsenberge und kleiner Canyons. Ich mag diese Gegend einfach, hinter jeder Ecke gibts Überraschungen satt.
Bald wird die Straße zur Piste und ich strample bei bestem Wetter und wärmender Morgensonne aufi aufn Berg.
Das einsame Hochtal erinnert schon bald deutlich an Karl May. Fühle mich wie Winnetou auf einem Erkundungsritt ins Ungewisse. Freilich hatte Winnetou kein praktisches Smartphone, das ihn bei zehn Meter Abweichung vom korrekten Weg freundlich aber bestimmt angepiepst. Diesen Luxus gibts heut für mich, denn ich bin auf einer Bikeroute aus dem Netz unterwegs.
Menschen sehe ich keine, dafür um so mehr Vögel. Naja, eigentlich kann von sehen keine Rede sein. Ich hör ich sie nur.
Nach einiger Zeit einsamen Dahinradelns erreiche ich schließlich eine große Hazienda. Weiterfahren verboten? Mein Track geht aber genau da durch! Egal, ist ja Europa hier, da kann man sowas machen. In Texas würd ich mir das Fencehopping eher verkneifen.
Am Ende des riesigen Weidegeländes weist eine Badewanne den Weg durch den Zaun, ein kleines Loch erlaubt mir den Durchschlupf in freies Gelände.
Im "freien Gelände" hört allerdings auch der bequem radelbare Pfad auf und ich schleppe Specki ein wenig durch garstigen Karst.
Alte, verfallene Ruinen pflastern meinen Weg. Dazu plötzlich ein moderat großer Temperatursturz mit Wolken und eiskaltem Wind, kein ersichtlicher Weiterweg, das macht die Sache interessant. Das GPS insistiert allerdings, die Richtung ist richtig. Dann schieb ich halt weiter.
Recht bald kann ich aufsitzen, von jetzt an gehts bergab! Der Trail ist dann leider eher von der kürzeren Sorte und schneidet lediglich die Kehren einer uralten Römerpiste ab. Immerhin lässt er sich recht flowig fahren, keine karstig bösen Überraschungen heute.
Kurz vor dem Ort "Cortes de la Frontera" kommt mir, nach einem völlig einsamen Vormittag in einsamster Gegend, auf einmal ein ganzer Haufen Bergläufer entgegen. Wirkt ein bisserl wie eine Fatamorgana. Richtig viel Spaß scheinen die Kerls nicht zu haben, fast alle Gesichter sind angestrengt und irgendwie verkniffen. Einige schleichen auch eher als dass sie laufen.
Ach daher weht der Wind... 145 Kilometer in drei Tagen, heute ist der zweite. Das ist mal ein strammes Programm für Fußgänger, die Strecke ist ja auch nicht wirklich ein Spaziergang im Garten. Respekt die Herren und sicher auch Frauen, hab allerdings keine gesehen.
In Cortes setze ich mich für einen kurzen Lunchbreak in eine kleine Bar. Der Vormittagskringel aus dem Internet war ziemlich schön und ziemlich abenteuerlich und ziemlich karlmayisch, aber besonders trailig war er nicht. Hat trotzdem großen Spaß gemacht, Andalusien ist einfach hübsch.
Wie nun weiter? Keine Ahnung, muss erst mal drüber nachdenken. Aber es gibt hier sicher noch einige cool Ecken zu entdecken. Damals bei "The Snake" bin ich ja mehr oder weniger auf Straße durchgebraust, das war wohl ein Fehler. Wobei, was heisst schon Fehler. Es ist immer gut, wenn man sich ein paar Dinge für ein späteres Zurückkommen aufspart. Und genau diese Dinge nehme ich jetzt in Angriff.