lelebebbel schrieb:
das rad wird STÄNDIG beschleunigt und abgebremst, je langsamer man fährt, desto mehr.
grade an steilen anstiegen, womöglich mit unebenem untergrund, fährt man sowas von keine konstante geschwindigkeit mehr. und perfekt runder tritt funktioniert einfach nicht beim kurbelprinzip.
Sicher, wenn man hinreichend genau misst, dann ergibt sich selbst bei scheinbar konstanter Geschwindigkeit ein Messschrieb, bei dem die Momentangeschwindigkeit ständig um die vermeintlich konstante Geschwindigkeit schwankt, die somit genau genommen nur eine Durchschnittsgewindigkeit im Kleinen ist.
Aber:
Bezogen auf die Fragestellung, wie stark sich zusätzliches Gewicht an der Felge wegen des Massenträgheitsmoments auswirkt (also über das reine Mehrgewicht hinaus) ist das völlig bedeutungslos, denn ...
1) Die kleinen Schwankungen um die scheinbare Konstantgeschwindigkeit sind eben nur
kleine Geschwindigkeitsänderungen
. Die für eine kleine Geschwindigkeitsänderung (vulgo Beschleunigung) aufzubringende Kraft bzw. Leistung ist dann aber ebenfalls klein.
2) Kleine Schwankungen um die scheinbare Konstantgeschwindigkeit bedeuten, dass das Fahrrad (und damit auch das Laufrad) sowohl postiv als auch negativ beschleunigt wird und zwar beides in gleichem Maße (sonst wäre die Geschwinddigkeit im Ergebnis und Durchschnitt nicht konstant!). das bedeutet aber wiederum, dass sich das zusätzliche Massenträgheitsmoment genauso oft kraftsparend wie kraftverzehrend auswirkt, denn bei negativer Beschleunigung wirkt das Massenträgheitsmoment des Laufrades wie ein Schwungrad. Ergo: bei einer annähernden Konstantgeschwindigkeit heben sich die ständigen kleinen Abweichungen in beide Richtungen von der Konstantgeschwindigkeit im Effekt auf.
Diese ganzen Überlegungen sind aber eigentlich überflüssig: die Errechnung eines "Massenäquivalents" sollte ja gerade anschaulich machen, wie stark sich dieser Effekt auswirkt. Deshalb noch einmal: das zusätzliche Massenträgheitsmoment einer 60 Gramm schwereren Felge wirkt sich beim Beschleunigen so aus, wie ungefähr 50 Gramm Zusatzgewicht an Rahmen, Fahrer oder einem anderen nicht rotierenden Teil des Fahrrads. Wie sehr Dich zusätzliche 50 Gramm beim Beschleunigen in der Praxis behindern, wirst Du selbst beurteilen können. Theoretische Überlegungen, wie oft bei einer typsichen Fahrt nun beschleunigt wird, sind da überflüssig, denn den effekt kann jeder mit Hilfe einer Trinkflasche in der Praxis erproben. Ganz ohgne jede Theorie. ;-)
Sind wir uns denn soweit einig, dass 60 Mehrgewicht an der Felge sich beim Beschleunigen etwa so auswirken, wie 110 Gramm am Rahmen (110 Gramm sind 60 Gramm für das Mehrgewicht und 50 Gramm für das daraus resultierende zusätzliche Massenträgheitsmoment)?
lelebebbel schrieb:
ich hab am mtb vor ner weile die butylschläuche gegen latex ersetzt, war eigentlich nur als pannenschutz gedacht. das hat sich bei der ersten probefahrt am berg angefühlt, als ob mein rad 3 kilo leichter wäre, ich war völlig baff.
Ich bin subjektiven Eindrücken gegenüber immer etwas misstrauisch und ziehe es vor, wenn man obektiv messen oder ersatzweise wenigstens rechnen kann. ;-) Und den Effekt des Massenträgheitsmoments bei der Beschleunigung von Laufräder kann man sehr einfach messen (das Massenträgheitsmoment eines Laufrades (real, kein vereinfachtes Modell) zu errechnen ist hingegen alles andere als einfach).
Die Bike hat das bei einem Laufradtest auch schon mal gemacht. Wörtlich hieß es dort:
[....]
In unserem Labor haben wir daher für jedes Laufrad das genaue Massenträgheitsmoment (ohne Reifen) ermittelt und daraus die Energie berechnet, die notwendig ist, um das Laufrad von 0 auf 25 Stundenkilometer zu beschleunigen.
[....]
Die Unterschiede sind aber marginal und in der Praxis kaum zu spüren. Generell sind die Differenzen zwischen den Messwerten vergleichsweise gering. Zwischen dem leichtesten Disc-Laufrad, dem Tune Superscharf, und enem normalen laufrad, wie dem Magura XC Pro, liegen gerade einmal 9,8 Joule.
9,8 Joule entspricht etwa der Arbeit, die erforderlich ist, um 400 Gramm von 0 auf 25 km/h zu beschleunigen. Der Massenunterschied zwischen den beiden Laufradsätzen betrug 211 Gramm. Bleibt also noch die Arbeit für die Beschleunigung von etwa 190 Gramm, die aufgrund der zusätzlichen Massenträgheitsmoments des schwereren Laufradsatzes investiert werden musste. Das passt von der Größenordnung auch sehr gut zu meinen 50 Gramm Massenäquivalent bei 60 Gramm Mehrgewicht (211/190 = 1,11, 60/50=1,2).
Also Faustregel: Gewichtsersparnis am Laufrad zählt beim Beschleunigen doppelt und am Berg einfach.
hab dann mal bei den weightweenies nachgeschaut, und festgestellt dass die latexschläuche pro laufrad 120g weniger wiegen.
Dann müssen vorher aber wohl besonders schwere
Schläuche montiert gewesen sein. Wenn Du zum Beispiel auf die mittelschwere der drei Schlauchvarianten von
Schwalbe (AV14/SV14: 130 Gramm) noch 120 Gramm sparen wolltest, bliebe für den Latex-
Schlauch nicht mehr allzuviel übrig. Die Produkte, die sich aus 10 Gramm Latex herstellen lassen, dürften wohl eher beim Après-Biking Anwendung finden.
ich sollte vielleicht dazu noch erwähnen, dass ich die sonstige gramfeilscherei am rad für beinahe reine psychologie halte - ich merk ehrlichgesagt KAUM nen unterschied, wenn meine trinkflasche voll oder leer ist. und für die 500g würden viele ja ihre oma verkaufen....
Eben deshalb habe ich ja auch die Meinung vertreten, dass die Auswirkungen des gefürchteten Massenträgheitsmoments fürchterlich überschätzt werden. deine subjektiven Eindrücke in allen Ehren, aber rational ist nicht erklärlich, warum Dir die Gewichtsersparnis von insgesamt knapp 250 Gramm an den Laufrädern vorgekommen ist, wie 3 kg, zumal am Berg, wo ja meist nicht so rasant beschleunigt wird, wie auf der Ebene. ;-)
Aber wenn es Deinen Fahrspaß gesteigert hat, dann war das Geld für die
Schläuche auf jeden Fall gut investiert, ungeachtet aller theoretischen erwägfungen. Und rund 500 Gramm Gewichtsvorteil (Massenträgheistmoment als Massenäquivalent eingerechnet) sind ja auch wirklich nicht zu verachten.