Vorbau und Spacer erzeugen was anderes als Lenker mit mehr Rise, nimmt man genau den einen einzigen singulären Fall raus, bei dem man auf's Gleiche kommen kann.
Und was ich an dieser Argumentation nicht verstehe:
Wenn doch der Körper den Rest erledigt, weil man sich an minimale Unterschiede gewöhnt, warum ist dann der Vorbautausch besser als der Lenkertausch. In jedem Falle muss ich ein Teil neu kaufen...
Warum sollte der Vorbautausch die präferierte/einfachere/bessere Lösung sein?
Ob es nun ein Vorbau oder Lenker ist den man tauscht, kann in dem einem Fall so rum, im anderem Fall
andersum die günstigere Lösung sein.
Wir brauche hier nicht Haare spalten, aber sowohl die Varianten
a) Lenker mit mehr Rise
b) nur Spacer
c) Spacer mit anderer Vorbaulänge
haben ihre Daseinsberechtigung und können einen Näher da hin bringen, wohin man möchte.
Für viele Anpassungen und für viele Fahrer wird es auch keine Rolle spielen, welche Variante man wählt (wenn man denn kann), weil die Unterschiede zu gering sind, und man sie nicht spürt, und man sich daran gewöhnt, wie u.a. du ja selbst sagst. Da stimme ich auch vollends zu.
Es ist aber einfach falsch, zu sagen, dass Lenker mit mehr Rise nichts anderes sind als Spacer mit längerem Vorbau.
Genauso wenig ist es richtig, zu sagen, dass ein Lenker mit mehr Rise nichts an der effektiven Vorbaulänge ändert.
Ich gehe absolut konform mit allen, die sagen, man sollte sich nicht verrückt machen, es gibt viele Wege zum Ziel, aber es gibt keinen allgemein richtigen, oder besseren.
Was aber wichtig wäre, um zu diesem Ziel zu kommen, ist, dass man Sachen sinnvoll bemaßt, und am besten einheitlich.
Irgendfjemand ist ja auch irgendwann mal auf die tolle Idee gekommen, den Rise zu verwenden, den jetz jeder verwendet, aber selbst die Hersteller gar nicht wissen, was sie damit sagen wollen.
Sinnvoller geht anders und leichter verständlich.
Was man zum Rise in der herkömmlichen Definition aber auch sagen muss: wenn nicht angegeben ist, wo der Rise gemessen wird, also wo am Lenker die entsprechende Biegung ist, dann ist das auch keine eindeutige Aussage. So können zwei Lenker mit gleichem Rise und gleichem Upsweep (die identische Orientierung/Drehung im Raum mal vorausgesetzt, was auch nicht jeder Anwender umsetzt) die Hände insgesamt (bei gleicher Lenkerbreite) unterschiedlich anheben, wenn der eine Lenker den entsprechenden „Knick“ an einer anderen Stelle hat als der andere, weil dann mehr oder weniger Länge übrig bleibt, auf welcher der Upsweep wirkt. Genauso ist die Angabe einer Gesamtanhebung, wie sie SQLab als Rise definiert - was ja auch irgendwie nachvollziehbar ist, was aber aus den von dir genannten Gründen dann besser anders genannt werden sollte - auch nur bei der nominalen Lenkerbreite gegeben, bei gekürzten Lenkern ist das anders. Ohne eine Angabe des Upsweeps ist dann für gekürzte Lenker auch keine exakte Bestimmung der Anhebung der Hände durch den Lenker gegenüber der Vorbau-Lage möglich. Es bleibt also kompliziert. Allerdings betrifft das immer nur Millimeter in den Abweichungen, wenn die Lage der Biegung oder die Lenkerbreite unterschiedlich ist, wenn sonst Rise (egal nach welcher Definition, sie muss nur einheitlich sein) und Upsweep identisch sind.
Es ist auch richtig, wenn du sagst, dass man einen Lenker mit einem bestimmten Rise wahrscheinlich nicht durch einen Lenker mit einem anderen Rise, dafür aber auch abgestimmt anderem Vorbau und Spacer exakt ersetzen kann, weil Spacer-Höhen und Vorbau-Längen nicht beliebig skaliert verfügbar sind. Aber auch da geht es um Millimeter. Mechanische Eigenschaften wie Biegesteifigkeit mal außen vor. Es geht sogar noch weiter: Es möge die Kombination aus Lenker A, Vorbau A und Spacer A die Hände an exakt dieselbe Position bringen wie die Kombination aus Lenker B, Vorbau B und Spacer B, wobei die Komponenten A und B jeweils unterschiedlich sein mögen. Dann gilt das nicht mehr, wenn man beide Lenker um dieselbe Distanz kürzt, sofern sich Lenker A und B in Up- und/oder Backsweep unterscheiden.
Was folgt daraus? Die genaue Bestimmung der Position der Hände ist a Priori bei vielen Lenkern aufgrund von fehlenden Angaben (bei der klassische Rise-Angabe ist das i.d.R. die Breite, wo der Rise angegeben wird) gar nicht möglich (bei SQLab übrigens schon, wenn man die Definition der Angaben kennt und versteht und das SQLab auch selbst tut, sodass deren Angaben konsistent sind, woran aus den von dir oben angeführten Gründen durchaus gezweifelt werden darf). Am sinnvollsten erscheint es da, bei montiertem Lenker den realen Reach sowie den realen Stack - also den der Hände und nicht den der oberen Steuersatz-Schale - zu messen (sowie auch den Abstand der Verbindungslinie der Griffe von der Lenkachse). Das geht recht einfach, wenn man gegenüber dem Boden misst und die Position des Tretlagers berücksichtigt. Man weiß dann alles, was fürs Funktionieren des Fahrradfahrens aus Biomechanischer Sicht bekannt sein sollte, um es ggfs. an einem anderen Bike zu reproduzieren.
Ob es dabei auf Millimeter ankommt, ist eine gute Frage. Ich würde sagen: auf Millimeter nein, auf Zentimeter schon.
Begründung:
Wie gerade schon erwähnt, ist fürs Handling im Prinzip nur die Position der Hände relativ zum Tretlager wichtig (Dinge wie Kurbellänge oder Pedalbreite mal außer Acht gelassen), wenn die Position des Tretlagers gegenüber den Radaufstandspunkten gegeben ist (plus noch Lenkwinkel sowie Vorlauf und eigentlich noch Sag…). Also die bereits genannten Werte eines realen Reach und Stack (die Hände, nicht das Steuerrohr). Und zwar gilt das immer in einem Bezugssystem mit vertikalen und horizontalen Achsen, unabhängig von der Neigung des Untergrunds. Das ist so, weil die Gewichtskraft immer vertikal wirkt, unabhängig vom Gefälle des Untergrunds, und weil man als Mensch doch immer den größten Teil seines Gewichts mit seinen Beinen tragen will und nicht mit seinen Armen. Der Schwerpunkt, also im Prinzip das Hinterteil des Fahrers

, wird also mehr oder weniger im gleichen Raumsegment oberhalb des Tretlagers bleiben wollen. Rumpf und Arme müssen dann die Verbindung vom Schwerpunkt zu den Griffen herstellen. Die Griffe befinden sich aber abhängig von der Neigung des Untergrunds beim Fahren nun an ganz verschiedenen Punkten im Raum (remember, wir beziehen uns hier auf die vertikal-horizontalen Raumachsen).
Wie groß sind da die Verschiebungen? Nehmen wir mal als Variabilität der Neigung 35 Grad an, das wäre von eben bis 70% Gefälle, was in der Single-Trail-Skala gerne als Referenzpunkt vom Übergang S2 auf S3 bei normalem Untergrund genommen wird (über die Sinnhaftigkeit müssen wir hier nicht diskutieren, es sollte aber zeigen, dass 70% Gefälle nicht aus der Luft gegriffen sind). Man kann sich nun leicht ausrechnen, dass in diesem Fall Stack und Reach sich um 18% ändern (Bergab wird Stack geringer, Reach mehr). Nehmen wir weiterhin als Hausnummern für den realen Stack mal 70 cm (Bike-Stack plus Vorbau und Spacer plus Anhebung durch Lenker) und für den realen Reach 50 cm (Bike-Reach plus Vorbaulänge minus Lenker-Setback und Auswirkung der schrägen Lenkachse), dann sind 18% beim Stack 13 cm und beim Reach 8 cm. Selbst wenn man mal von einer geringeren Variabilität des Gefälles ausgeht, etwa 20 Grad, was einem Bereich zwischen 10% und 50% entspricht, dann bleiben immer noch 6% Abweichung oder 3-4 cm Änderung von tatsächlichem Stack und Reach im normalen Fahrbetrieb.
Änderungen von einigen Millimetern im Setup von Lenker/Vorbau/Spacer sollten im Normalfall also keine Rolle spielen (und entsprechend kann man ein bestimmtes Ziel-Setup jeweils mit verschiedenen Lenkern/Vorbauten/Spacer genügend genau realisieren). Wenn es dann um Zentimeter geht, kann das schon einen Unterschied ausmachen, der nicht nur eine Gewöhnung erfordert, sondern Performance-Einbußen ausmachen kann. Im High-End, also etwa im Downhill WC, wird ja durchaus von Strecke zu Strecke mit entsprechenden Unterschieden im Setup gearbeitet, etwa durch einen Spacer mehr oder weniger. Im Hobby-Bereich ist mir jetzt niemand bekannt, der sein Cockpit abhängig von der geplanten Tour ändert. Das bedeutet nicht, dass man nicht sein ideales Setup mit Anpassungen von einem oder auch nur einem halben Zentimeter finden kann - das seriös aber nur, wenn man immer dieselben Strecken fährt. Wer mehr unterschiedliches Terrain befährt, muss wohl öfter mal Kompromisse eingehen, wenn er nicht umschrauben will, und da spielt dann ein Unterschied von 1 cm im Grundsetup eventuell nicht so eine Rolle, speziell wenn man vorab nicht weiß, was die Saison über alles auf einen zukommt.