Hot pot hopping
Zwei doppelte Durchquerungen des Isländischen Hochlandes
2. Teil
8.-9. Tag
Nach ein paar Nächten, kleineren Reparaturen und Besorgungen geht's auf zur 2. Durchquerung des Hochlandes. Dieser Teil ist um einiges länger als der 1. Teil und es sind bereits wieder zwei aussertropische Wirbelstürme unterwegs die wahrscheinlich in einigen Tagen für erneut heftiges Wetter sorgen werden
, wie auf der 1. Durchquerung.
Der Wind käme dann wiederum von Südwesten und unserer Routenverlauf wäre somit genau gegen den Wind.
Zuerst müssen wir jedoch noch ein weiteres heisses Bad genehmigen (bei Myvatn) und fahren dann gemütlich bei kaltem Wetter richtung östliches Hochland.
Hier, bei Námaskarð, hat's ganz über gestunken. Nicht einfach dieses "faule Eier"-Gerüchlein des Schwefels. So richtig wüste faule Eiern mit Kloakenkackscheisse, dann noch ein bisschen säuerlich... boah... wirklich heftig wie die Erde im Innern am faulen ist...
Diese Pflanze, die Polarweise, wächst auch im Hochland auf 1000 m, dort jedoch nur wenige Zentimeter hoch als Kriechpflanze. Riecht deutlich besser, als das Geothermiegebiet
10. Tag
Am einzigen Tag, an dem wir mehrheitlich, ja fast überhaupt Teer fahren, treffen wir die zwei einzigen anderen Radfahrer auf unserer gesamten Reise an. Mit einem davon kommen wir in's Gespräch, wir haben immer noch Kontakt.
Durch Regenwolken und Schneeschauern hindurch. Wir fahren zügig um warm zu bleiben und spielen ein Tempospiel mit den Wolken.
Bald zweigen wir nach Süden ab, nach Möðrudalur.
Ich freue mich besonders darauf; 2016 wollte ich von Reykjahlíð in einem langen Tag nach Laugarvalladalur und so machte ich nur eine Pause für ein Stück Kuchen um am Abend in Laugarvalladalur ein heisses Bad geniessen zu können. Doch dieses Mal ist Zeit genug; Ein Grossteil des Nachmittags verbringen wir in der gemütlichen Stube, die Sonne beginnt sich zu zeigen, viel Tee und Kuchen, später Bier, verschwindet an unserem Tisch, wir schmieden Pläne in Anbetracht der Wetterprognose und sehen, dass wenn wir ohne Umweg nach Laugarvalladalur, direkt nach Landmannalaugar fahren, mit etwas Glück das Hochland vor dem Hurrikan-Ausläufer durchqueren können. Sonst müssen wir in Askja halt eben wieder umkehren. Im Gespräch mit der sympa Besitzerin erfahren wir noch so einiges über den Hof und die Region.
11. Tag
So fahren wir früh los. Es ist eisig. Die neuen, dickeren Handschue, die meine Freundin gekauft hat, zahlen sich aus, jedoch sind unsere Füsse in den Sommerschuhen trotz Sealskins bald sehr kalt.
Die Stimmung ist genial und lässt die kalten Füsse vergessen.
Nach ein paar Furten wird's sehr trocken auf weiten Strecken. Wenn man dann auch nicht vor hat in der Hütte bei Askja zu übernachten, muss man für die Nacht an der richtigen Stelle noch Wasser auffüllen. Ich weiss noch von 2016, dass die Landschaft eine Weile so bleibt und da wir Schmelzwasserpfützen auf der Kissenlava beobachten, gehen wir weiter, bis diese sich langsam mit Bröckellava ablöst und füllen dann unsere Wasservorräte auf.
Wir wollen eigentlich vor Askja unser Lager aufschlagen, haben unterwegs aber eine Rangerin getroffen und abgemacht, dass wir uns bald wieder sehen werden. So "zwinge" ich meine Freundin etwas länger zu fahren, was im kalten Gegenwind nicht ohne ist. Der Tag hat meine Freundin sehr müde gemacht, nicht zuletzt wegen den zwei sehr kalten Furten, die zu tief waren um durch zu fahren. Unsere Füsse waren so kalt, dass wir zum Teil die Bikes für ein paar Minuten gestossen haben, damit die Zehen besser durchblutet wurden. Meine Freundin trug neben den Sealskins nun auch noch meine leichten, wasserdichten Fäustlinge an ihren Füssen. Das vorher gesammelte Wasser entleere ich jedoch nicht, die Verhältnisse sind so garstig, das ich jederzeit damit rechne, dass wir die Hütte doch nicht erreichen. Das schöne ist, ich weiss wie gemütlich die Küche ist und bin mir sicher, dass es meiner Freundin gefallen wird.
Endlich, nach 90 km und vielen Stunden ein letzter, kleiner Gegenanstieg und wir sind bei den Askja Hütten. Wir plaudern noch recht lange mit den Rangern über verschiedenes, auch über unsere weitere Route. Ich finde es immer spannend zu erfahren, was so passiert ist in der Umgebung, da es nun in 6 Jahren das 3te Mal für mich in der Askja ist. Beim Zeltaufstellen schicke ich meine Freundin in die Hütte, damit sie sich aufwärmen kann. Aus dem Fenster schaut sie mir mit einem warmen Lächeln zu. Ja, sie freut sich sehr, hier zu sein. Unglaublich wie sie diesen Tag gemeister hat, vorallem in Anbetracht wie viel sie sich dafür vorbereitete.
12. Tag
Die Wetterprognose hält ihr versprechen.
Während wir das Zelt abräumen pfeift ein kalter Wind und Schneeflocken umher. Als wir jedoch die ersten km hinter uns bringen, hellt es auf, wird wärmer und ruhiger.
Es wird so richtig traumhaft schön.
Ich habe vermutet, dass dieser (- eigentlich bei Radreisenden berüchtigter Abschnitt -) meiner Freundin gut gefallen wird. Wir kommen kaum vorwärts; halten oft inne und staunen. Geniessen die Stille, da der Wind mal nicht pfeift. Tiefe Sonnenstrahlen aus dem Süden, einzelne Schneeflocken aus dem Norden.
Wir nehmen bewusst die nördliche Route richtung Sprengisandur, die Dyngjufelleið oder Skútustaðahreppur. Die Aussichten sind viel beeindruckender als auf der südlichen Gæsavatnaleið, wo man dem sterbenden, schwarzen Gletscher entlang kommt.
So umrunden wir nördlich den grossen Schildvulkan Trölladyngja.
Und finden bald eine ideale Stelle für's Zelt.
13. Tag
Noch haben wir Trölladyngja nicht umrundet, die Landschaft wechselt jedoch bald und wir radeln in riesige Lavafelder hinein.
Nach vielen Stunden in der vegetationslosen Landschaft rollen wir zu einem Quellgewässer hinab und erleben eine Farb- und Geruchsexplosion. Einige wenige Vögel sind auch da.
Den Trölladyngja "umrundet", kommen wir bald auf die grosse Piste der Sprengisandur und fahren nun gegen Süden mit dem Tungnafellsjökull im Blick.
Die weissen Hügel am Horizont zeigen wo wir am morgen gestartet waren, das Dyngjufell:
Abendstimmung am Hofsjökull - unser nächstes Ziel, wir wissen es zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht:
14. Tag
Bei Schneegraupel und später Nieselregen und natürlich dem praktisch konstanten Wind fahren wir meist im Nebel zur Hütte Nýidalur, wo ich eine alte Bekanntschaft wiedersehe und wir über verschiedene Routen gen Süden mit dem Ranger sprechen. Ursprünglich wollten wir durch das Vonarskarð. In der Askja meinte ein älterer Ranger, dass dessen Befahrung nicht erlaubt sei. Wir haben dann auch darauf verzichtet, aber ich wollte es auch vom Ranger in Nýidalur wissen und er bestätigte dies. Dann bringt der Ranger mich auf eine Idee; es gibt noch eine kaum befahrene Jeeppiste, die 2te rechtsabbiegende Piste nach Nýidalur. Diese bringt uns in die Region der Þjórsá - Islands längstem Fluss. Ich kenne die Region von früher und bin begeistert ab unserem neuen Plan.
Der Nebel lichtet sich langsam und die Aussicht... ...seht selbst...
Wir verlassen kurz die Piste um Wasser holen zu gehen.
15. Tag
Wenn heute alles klappt, erreichen wir den Fjallabak und damit dann auch Landmannalaugar. Wieder bei windgetriebenen Graupel-/Schnee-Regenschauern essen wir Frühstück, aber diesmal kommt die Sonne beim Zeltabbau raus und lädt uns ein auf die letzten 80 km.
Bald sind wir wieder auf der Sprengisandur-Route. Langweilig wenn die Aussicht nicht wär. Unangenehm dank dem Waschbrett. Leider gibt's in diesem Bereich kaum alternativen und Querfeldein ist ein no-go.
Gibt zum Glück auf hier noch schöne Momente.
Wir fallen wieder vom Hochland ab, fahren nach ca. 300 km das erste Mal wieder Teer für ca. 20 km und kriechen mit 7 - 8 km/h über eine Strasse auf der bei Windstille locker 25 km/h drin wären. In einem Mix von Gegen- und Seitenwind, mit Sturmböen und Windstille fahren wir wie betrunkene in's farbenprächtige Fjallabak hinein.
Dann sind auch wieder Auto und Menschen zu sehen. Abgesehen von den Hütten, haben wir auf den letzten 300 km 4 Autos gesehen.
Das Ende in Sichtweite. Dort wo's dampft ist Landmannalaugar.
Mit grosser Freude rollen wir ein. Eine letzte kleine Furt (hätte mit der Fussgängerbrücke umgehen werden können) und schon sind wir an unserem Ziel.
Pünktlich zu unserem Jahrestag! Auf den Tag genau vor 16 Jahren, lernten meine Freundin und ich uns kennen. Liebe auf den ersten Blick. Und nun können wir zwei gemeinsame Hochlanddurchquerungen feiern - was für uns nichts ungewöhnliches ist, aber halt eben auch kein Spaziergang und nicht immer Ponyhof.
Um das Ganze noch glänzender zu machen, treffe ich Bragi. Er arbeitet im Sommer meist in der Mountain Mall in Landmanna und wir haben ein paar ganz witzige Abende verbracht, als die Mountain Mall Leute feierabend hatten und ebenfalls in die heisse Quelle kamen, wo wir dann oft bis nach Mitternacht blieben.
In all den tausenden von Touristen die er jeden Sommer dort kennenlernt... als er mich sieht springt er auf, ruft meinen Namen und schon geht das Lachen weiter, wie ein alter Freund... meine Freundin ist verblüfft ab der Situation. Bald sind wir alle gemeinsam draussen am Biertrinken und Kubb spielen während wir aufgeregt einander Erzählen, was so passiert ist.
Wenig später feiern wir Bragi's Geburtstag und zudem seinen letzten Arbeitstag in der Mountain Mall fpr 2019. Die zweite Septemberwoche bricht an und bald fahren keine Busse mehr.
16.-21. Tag
Wir machen ein paar gemütliche Wanderungen und erleben dann auch noch in einer ordentlichen Heftigkeit den angekündigten Sturm. Wiedermal fliegen in Landmanna die Zelte. Unseres bleibt schön am Boden während wir mit Ohrenstöpseln Tee trinken und dösen.
Die folgenden Tage fahren wir mit dem Bus in den Süden, gehen dort noch in warmen Bächen baden, besuchen Brauereien und geniessen die Kulinarik.
Was für eine schöne Reise. Alles hat so wunderbar geklappt und ging natürlich vonstatten. Keine Defekte, keine Stürze (bis auf jene im Orkan, aber das war ja auch nicht während dem Fahren), aber dennoch hie und da ein paar Hürden, ein paar Situationen, die bedachte Entscheidungen erforderten, damit die Reise auch für uns Abenteuerlustigen sehr reizvoll war.
Ich das Hochland 5 x aus eigener Kraft und ohne Unterstützung durchquert, 4 x davon per bici, immer mit dem Eingänger.
Jetzt fehlt nur noch eine Ost-West Durchquerung (Nord-Süd auf den Kjölur wurde bereits mehrfahr gemacht, zudem hat's dort "Verkehr") im Winter mit dem Fatbike...
Bis zum nächsten Mal liebes Island...
Foto von 2016