Warum linearen Hinterbau beim Enduro?

fresh-e

titanium tuned spine
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Welchen Vorteil hat es eine lineare Hinterbaukinematik zu konstruieren? Soweit ich das aus diversen Tests und Erfahrungen herausgelesen habe ist es doch für ein gutes Fahrverhalten gewünscht ein feines Ansprechen im Anfangsbereich zu haben und guten Schutz vor Durchschlägen. Außerdem ist es vor allem für die Nutzung von Coil essentiell, aber auch für Luftdämpfer hat es den Vorteil die Luftkammer nicht voll zu spacern.

Aber irgend einen Grund muss es ja haben warum manche Kinematiken zu linear sind? Das muss ja vom Konstrukteur auch bewußt so designt sein, wenn es auch leicht mit nur minimalen Änderungen von Umlenkhebeln schon progressiver gemacht werden kann.
 
Der eine sendet 5m Drops, der andere lässt die Räder eher am Boden. Der eine fährt mit Schritt-, der andere mit Lichtgeschwindigkeit.

Passt der Hinterbau für die "wilden", kann der "normale" Fahrer den Federweg nicht ansatzweise ausreizen, wenn er nicht 50% Sag fahren möchte. Passt er für die "normalen" müssen die "wilden" den Luftdämpfer voll spacern oder die Druckstufen zuknallen.

Das ist immer auch ein Kompromiss hinsichtlich (erwarteter) Zielgruppe. Und nicht jeder, der denkt, dass er hart shredded, macht das auch wirklich.

Eine gemäßigte Progression gibt daher mehr Spielraum in beide Richtungen. Je nach Auslegung, kann das dann eben bei dem ein oder anderen Fahrer auch mal zu linear sein und man kommt auch mit Spacern zu keinem guten Ergebnis mehr. Heißt aber nicht, dass das für einen anderen Fahrer nicht wieder genau passen könnte.
 
@marx. Kann ich soweit nachvollziehen, wobei es in meinem konkreten Fall um ein 170mm Vollgas-Enduro handelt was wohl nicht im Sinne des Erfinders gemäßigt gefahren werden wird.

Aber kann man zumindest sagen, dass eine möglichst flache Kurve im Anfangsbereich für sensibles Ansprechen allgemein gewünscht ist und das Erreichen eines solchen sehr gute von nicht so guten Hinterbaukinematiken unterscheidet?

Weiterhin würde mich auch interessieren, ob das oft zitierte "Durchrauschen" im mittleren Federwegbereiches, dass ich zumindest für mein Rad schon bescheinigen würde, auch sehr beeinflusst wird von der Progression der Kinematik?
 
Kann ich soweit nachvollziehen, wobei es in meinem konkreten Fall um ein 170mm Vollgas-Enduro handelt was wohl nicht im Sinne des Erfinders gemäßigt gefahren werden wird.

Es wird nicht das gebaut was vernünftig ist, sondern was sich verkaufen und vermarkten lässt. Siehe Autos/Motoren und den 3l Polo von vor 15? Jahren...
Das beliebteste Bike ist das, welches ein krasses Image transportiert, sich aber dennoch gutmütig für den normalo fahren lässt. :D

Um welches Bike geht's denn überhaupt?

Für ein gutes ansprechen will man doch eigentlich zu Beginn eine (eher) hohe Übersetzung, um die Reibung zu überwinden und dann mit steigenden Federweg eine immer geringere Übersetzung, um Reserven zu haben. Oder meinst du mit flach dir resultierende Federweg vs. Kraft kurve?
Schau dir mal auf Linkage Design zB das YT Capra oder das Nicolai Geometron 16 an. Beide sehr progressiv. Dann schau Mal zB die Ibis oder Pivot bikes an. Alle Räder haben ihre Fans und keins ist "besser" oder "schlechter".

Edit: ah ein Swoop 170.
Das hat doch hier auf MTB News als 9.0er sogar die DH Wertung gewonnen beim Vergleich der Enduros bis 3.000 Euro. Wenn du nicht gerade Sau schwer bist, denke ich also, dass das eher ein Abstimmungsproblem als eine generelle schwäche des Hinterbaus ist.
Edit2: äh moment, du hast das 27.5er. Da hab ich keine Ahnung. Gewonnen hat das 29er ;)
Aber der X2, den du scheinbar gerade fährst ist definitiv nicht sehr progressiv. Das war einer der Gründe, warum ich ihn mir für mein G16 geholt habe. In einem eher linearen Rahmen dürfte das dann schlicht der falsche Dämpfer sein. Nicht umsonst hat Fox den 2021 von den Luftkammern her angeblich progressiver ausgelegt und den "alten" ab 2019 mit einem fetten 3cm langen Gummi Bumper ausgestattet.
Auch die Technologie mit den Poppet-Valves passt eher zu einem progressiveren Rahmen. Ich vermute ein Dämpfer mit einem vernünftigen Shimstack auf der HSC würde deinem Rahmen auch besser zu Gesicht stehen.
 
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Wenn man als Hersteller einen Hinterbau konstruiert, sollte man das immer mit dem Wissen des (der) verwendeten Dämpfers tun. Für ein feines Ansprechverhalten ist die Federkennlinie des Dämpfers und die verwendete Plattform (Low Speed Compression) wichtiger als die Kennlinie des Hinterbau - immer kugelgelagerte Hinterbauten oder solche mit relativ fein laufenden Gleitlagern vorausgesetzt. Da aber beim Fahren sowieso nahezu in jeder Situation der Dämpfer mehr oder weniger eingefedert ist, spielt es keine Rolle, ob der erste Millimeter mit wenig oder mehr Kraft einfedert, das spürst Du nur, wenn Du neben dem dem Bike stehst und auf den Sattel drückst. Die Federkennlinien vieler moderner Luftdämpfer unterscheiden sich sehr stark von denen älterer Dämpfer, aktuelle Luftdämpfer wie Super Deluxe oder DPX2 sind im ersten Federwegsbereich sehr weich und geben das erste Viertel des Federweg relativ schnell frei (Ausgleichsport zwischen Positiv und Negativluftkammer relativ weit im Federweg). Der Hinterbau mit einem solchen Dämpfer wird sich mit den meisten verwendeten Hinterbau Kennlinien sensibel anfühlen. Der gut spürbare Unterschied kommt dann im mittleren Federwegsbereich. Eine degressive Hinterbau Kennlinie (Übersetzungsverhältnis Federweg zu Dämpfer hub nimmt mit steigendem Federweg zu) wird durch den Federweg rauschen und beim Hochfahren hinten viel stärker einfedert als ein Hinterbau mit in diesem Bereich progressiver oder zumindest linearer Kennlinie. Bei einem im mittleren Federwegsbereich deutlich progressiven Hinterbau kann es bei Dämpfern mit eher kurzer Luftkammer dann von Vorteile sein, wenn gegen Ende des Federwegs der Hinterbau wieder linear(er) oder sogar leicht degressiv wird, ansonsten werden viele Fahrer den Federweg nicht annähernd ausnutzen können, da hilft dann nur ein Dämpfer mit längerer Luftkammer. Ein im mittleren Bereich degressive Hinterbau gibt im mittleren Federwegsbereich viel Federweg frei, was sich zwar komfortabel anfühlt (bei schwacher Dämpfung), aber 1. eine sehr gute Zugstufen Dämpfung benötigt, 2. das aktive Fahren bei Sprüngen, Drops etc erschwert (wenig Gegenhalt beim Abspringen) und wie schon geschrieben beim Hochfahren steiler Rampen stark wegtauchte - ein solcher Hinterbau ist meiner Meinung nach nur in flachem Gelände für "zahme" Fahrer sinnvoll.

Hier noch ein kurzer Exkurs zu Brems und Antreibsneutralität und dem Freiheitsgrad die Progressionskurve optimieren zu können: https://www.mtb-news.de/forum/t/knolly-fugitive-im-test-fehlt-nur-der-spoiler.907658/post-16245751
 
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@marx. Danke für deine äußerst ausführliche Antwort. Es ist in der Tat ein Swoop 170 650b auf das ich mich primär beziehe.

Bis vorgestern war ein MST-tuned Float X drin. Damit hat es schon recht solide funktioniert, aber der Gegenhalt in der Mitte war nicht wirklich wahrnehmbar und insgesamt bei härterer Gangart war der Federweg schon schnell recht aufgebraucht, sodass ich dann für den Park auch auf 20% Sag gegangen bin, weil es bei einem höheren Drop mein Fussgelenk schon gut zusammengestaucht hat, nachdem dann keine angenehme Enddämpfung mehr da war. Auch rasanter Fahrt durch Wurzelfelder habe ich gelegentlich den halt auf verloren (Flat-Pedals).

Seit vorgestern habe ich den X2 (2020), der im Wreckoning war, drin. Hab jetzt mal mit 30% Sag (160/170 PSI) und den Fox-Vorgaben erste Testfahrt gemacht und fühlt sich schon gut an, aber der Sag-Ring war bei Sprüngen auch schon wieder ziemlich kurz vor Ende. Aber immerhin gibt es hier noch einigen Spielraum für die HSC zum selbst einstellen.
 
@marx. Hab jetzt den X2 drin und mit ca. 30% Sag und fühlt sich es schon ganz solide an, aber der Ring ist schon fast am Ende der Stage (über Kashima-Print) und hat vll noch 2-3mm... ohne harten Einschlag im Flat oder Casing. Würd jetzt entweder mehr HSC versuchen oder wäre doch eher 25-28% Sag sinnvoll bei diesem wenig progressiven Rahmen? Mir ist noch nicht so ganz klar, was der Unterschied zwischen mehr Luftdruck und damit mehr Gegenhalt und mehr HSC-Dämpfung ist, was ja auch den Gegenhalt verbessert bei schnellen/harten Impacts. Merci.
 
Hab jetzt den X2 drin und mit ca. 30% Sag und fühlt sich es schon ganz solide an, aber der Ring ist schon fast am Ende der Stage (über Kashima-Print) und hat vll noch 2-3mm... ohne harten Einschlag im Flat oder Casing.
Ich würde mich nicht allzu fest auf die letzten 3mm versteifen. Ich bin mittlerweile überzeugt, die restlichen 3mm bilden eine viel grössere Reserve als es der verbleibende Weg suggeriert.

Ich bin nicht der 5m Drop Springer, habe es aber generell gerne straff abgestimmt. Und gleichwohl, bei meinen beiden DH und auch am Enduro ist es genau gleich. Und ich befasse mich durchaus mit der Federung. Sei es durch Tausch der Federn oder Variationen des Luftdruckes und den entsprechenden Dämpfungseinstellungen.
 
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@marx. Hab jetzt den X2 drin und mit ca. 30% Sag und fühlt sich es schon ganz solide an, aber der Ring ist schon fast am Ende der Stage (über Kashima-Print) und hat vll noch 2-3mm... ohne harten Einschlag im Flat oder Casing. Würd jetzt entweder mehr HSC versuchen oder wäre doch eher 25-28% Sag sinnvoll bei diesem wenig progressiven Rahmen? Mir ist noch nicht so ganz klar, was der Unterschied zwischen mehr Luftdruck und damit mehr Gegenhalt und mehr HSC-Dämpfung ist, was ja auch den Gegenhalt verbessert bei schnellen/harten Impacts. Merci.

Glaub da gibt es kein richtig oder falsch. Persönlich würde ich glaub aus dem Bauch heraus lieber die Druckstufen etwas schließen als mehr Druck rein zu geben.
Ausprobieren ;)
Mehr Druck verringert auch den Negativfederweg und das Hinterrad kann dem Trail etwas schlechter folgen. Wobei da ca. 5% Unterschied auch noch eher unter "persönliche Präferenzen" fallen, als dass es einen riesen Unterschied machen würde.
 
Mehr HS Compression geht immer zu Lasten des Komforts. Ich würde eher die Luftkammer etwas verkleinern oder den Dämpfer etwas härter (weniger Sag) fahren. Probiere die verschiedenen Möglichkeiten aus und entscheide, was für Dich das Beste ist.
 
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