Hallo Onkel Bob,
Das Moustache sollte nur als Beispiel dienen,um zu zeigen das alle Bikes (egal mit oder ohne E) nicht mit einem klassischen Anfahrnick - Problem (Antisquat) zu kämpfen haben , sondern das Radlastverschiebungen die aufgrund von Körperbewegung (Wippen) und Radlaständerungen welche beim bergauf/berabfahren auftreten, die dominierende Rolle spielen. Je niedriger der Drehpunkt gegenüber dem Radachsniveau und je näher am Tretlager (bzw Getriebeausgang) desto weniger klassisches Antiwipp und Antisquat hat grob gesagt ein Bike. Das Bosch CX Ritzel ist sehr klein (14 bzw 16Zähne ) dreht sich aber auch 2,5 fach schneller gegenüber der Kurbel. Die Kettenzugkraft ist letzlich gleich gegenüber einem Getriebeausgang mit einer 1:1 Übersetzung mit normaler Kettenblattgröße. (Maßgeblich für die Kettenzugkraft ist die Ketteneinzuggeschwindigkeit/die ist in beiden Fällen gleich) .
Das ein Bike mit hohem Drehpunkt nach völlig anderen Gesichtspunkten funktioniert und ist mir klar!
Ich bin tendenziell auch ein Befürworter von Raderhebungsbahnen die mindestens ab dem SAG nach schräg hinten verlaufen.
Ob der Markt die zusätzliche Umlenkrolle akzeptiert ist eine andere Frage, ansonsten haben aber diese Konstruktionen aus Fahrwerks- Sicht überwiegende Vorteile.
Hallo Lutz,
Beim Bergauf-/Bergabfahren ändern sich zwar die Radlasten, das bewirkt aber nur eine statische Änderung beim Sag und führt nicht zum Wippen.
Körperbewegungen (=oszillierende Massen) bewirken ein Wippen, das tatsächlich nicht durch die Kinematik eingedämmt werden kann. Da hilft nur Dämpfung, bzw. Lockout.
(oder Ausgleichsgewicht - aber das will natürlich keiner)
Ich würde aber auf gar keinen Fall das "klassische Anfahrnicken" oder eben Antisquat außen vor lassen. Denn gerade beim Fahrrad ist das extrem wichtig. Die Antriebsleistung schwankt beim Pedalieren mit etwa 2 Hz (60 U/min = 1 Hz, bei zwei "Zylindern" => 2 Hz) und das liegt genau in der Eigenfrequenz der Federung.
Deshalb hier nochmal eine einfache Kräftebetrachtung, unabhängig von Linkage:
1. Aus dem Schwerpunkt und dem Radstand läßt sich die Kraftrichtung am HR-Aufstandspunkt (grüne Linie = 100% Antirise) ermitteln.
(Ok, ob die Gegenkraft wirklich auf Schwerpunkthöhe angreift kann man anzweifeln. Aber am Berg ist der Steigungswiderstand dominant und für diesen Fall ist die Betrachtung richtig. Bei einem schnellen Auto mit anteilig hohem Luft- und Rollwiderstand mag das anders aussehen).
2. Das System "Schwinge+Hinterrad" wird freigeschnitten. Es wirkt die Kettenkraft am Tangentenpunkt des Ritzels und die Kraft am Aufstandspunkt in Richtung der Antirise-Linie. Die Kräfte sind hier maßstäblich gezeichnet. Die Kettenkraft ist dabei festgelegt und die Kraft im Aufstandspunkt wird über ein Momentengleichgewicht um die Hinterachse ermittelt.
Eine Dämpferkraft wirkt nicht, denn der Dämpfer soll ja eben keine Kraftwirkung erfahren.
3. Über Vektoraddition wird die Resultierende (grün) gebildet.
4. Für die verschiedenen Gänge erhält man eine Kurvenschar an grünen Resultierenden.
5. Wenn man den (virtuellen) Drehpunkt in die grüne Kurvenschar legt, ist der Antrieb reaktionsfrei. Man sieht hier auch, dass eine Verschiebung nach vorn oder hinten relativ unkritisch ist. Verschiebungen nach oben oder unten (z.B. durch Verwendung eines anderen Kettenblattes) werden aber mit einem Fehlhebel und entsprechenden Antriebseinflüssen bestraft.
Die Grafiken oben sind übrigens im CAD erstellt und man kann durch entsprechende Formeln/Verknüpfungen die genauen Kräfte und Kraftrichtungen ermitteln. Für das Bike von 77Designz wäre das aber doch etwas aufwändiger. Durch die Umlenkrolle an der Kettenstrebe müssten mehrere Bauteile freigeschnitten und verknüpft werden.
Viele Grüße
Onkel Bob