Die Kompatibilität ist ebenfalls im Anhang in Tabellenform und ein Bild davon am Ende dieses Beitrags.
Dieser Thread dient als Guide, und (mehr oder weniger) kurze Zusammenfassung, welche GRX-Komponenten wie miteinander kombiniert werden können. Für sämtliche Fragen ist bitte dieser originale Thread zu nutzen, damit nicht beide parallel existieren und dieser Thread übersichtlich erhalten bleibt.
Ergänzungen hierzu und auch Fragen können dennoch gern per Nachricht direkt an mich gerichtet werden.
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Wir haben mittlerweile in der Familie drei Gravelbikes mit GRX auf- und umgebaut und hatten dabei so ziemlich alle Komponenten in der Hand, die es in der Gruppe gibt, von der Di2 mal abgesehen. Dabei wurde auch bunt rumexperimentiert, was Kompatibilitäten angeht (1- und 2-fach, 10- und 11-fach, 400, 600, 810).
Mir ist aufgefallen, dass die verschiedenen Serien (400 nur 2x10, 600 und 810 2x11 oder 1x11) seitens Shimano jeweils mit eigenen, sehr beschränkten Kompatibilitäten angegeben werden und natürlich auch alle unterschiedlich kosten. Das führt zu viel Verwirrung beim Kauf und läuft aufs Ausprobieren hinaus. Dementsprechend soll das hier als Dokumentation dienen, was denn (abgesehen von den STI mit 10 (400) oder 11 (600, 810) Schaltstufen) nun tatsächlich zusammen passt - Spoiler: quasi alles. Daher stellt sich mir die Frage, ob das nicht alles großer Marketing-Bullsh*t ist, der die Kunden dazu bewegen soll, neues und/oder mehr Geld auszugeben, wenn man andere Konfigurationen fahren möchte.
Sämtliche technische Dokumente Shimanos zur GRX finden sich unter diesem Link und sind bspw. für Teilenummern extrem hilfreich. Des Weiteren hat Shimano ein sehr ansehnliches, buntes "Werbedokument" veröffentlicht (siehe Anhang), welches wunderbar als erste Übersicht geeignet ist. Jedoch werden dort einige teils falsche, teils irreführende Aussagen zur Kompatibilität aufgeführt, deren Widerlegung Kernthema dieses Threads ist.
Dummerweise kam der Gedanke, mal einen Thread drüber zu schreiben, erst nachdem ich quasi alle Teile auf Kleinanzeigen verscherbelt hatte - kann also keine perfekten Detailfotos mehr machen, wobei sowas wie die Kettenlinie auch quasi unmöglich zu fotografieren ist. Auch bin ich zwei Jahre nach Release der GRX etwas spät dran, aber vllt. hilft es dem einen oder anderen ja doch.
Fotos werden nachgereicht, hab ich gerade nicht hier.
Los geht's mit dem Umwerfer, da gibt's den FD-RX400 und FD-RX810. Ich habe beide in der Hand gehabt. Bis auf die Materialien zweier Bauteile und die Beschriftung (400 gestanzt, 810 gelasert) sind diese exakt identisch, wiegen natürlich das gleiche (93 g), kosten aber unterschiedlich (26€ vs. 40€). Der 400er wird wegen der vermeintlichen Kettenlinie von Shimano für 10-fach angegeben, der 810er für 11-fach.
Es war mir beim besten Willen nicht erkenntlich, wo der konstruktive Unterschied sein soll, weswegen einer anders ausschwenken soll als der andere (falls das für die Kettenlinie relevant ist). Wie gesagt, geometrisch identische Umwerfer. Außerdem hat der neue Besitzer des 400er diesen erfolgreich an einer 11-fach-Schaltung verbaut.
Als nächstes ist das Schaltwerk dran. Ursprünglich werkelte das RD-RX400 in 2x10, laut Shimano geht es nur dafür. Nach Austausch des Schalthebels gegen einen ST-RX600, Entfernen des Umwerfers un Einbau einer 11-40T-Kassette funktioniert es nun einwandfrei in 1x11 und nach Justage an der B-Schraube mit 40 Zähnen hinten, entgegen den Werksangaben. Daraus, dass ein 10-fach-Schaltwerk auch als 11-fach funktioniert, schließe ich aber umgekehrt, dass ein 810er auch als 10-fach funktionieren würde, sofern man denn downgraden wollte.
Ebenso gibt es bei dem 810er Schaltwerk zwei Varianten: eins für 2x11 und eins für 1x11. Wir haben ersteres, und nach Umbau auf 1-fach bearbeitet es nun erfolgreich eine 11-42er Kassette, was auch den Werksangaben widerspricht. Ob es umgekehrt funktioniert (das für 1-fach als 2-fach nutzen), konnten wir ohne die 1-fach-Variante nicht probieren.
User @Rajesh: "bei dem 1x Schaltwerk ist der Käfig kürzer (weniger Kapazität) und das obere Kettenröllchen so angeordnet, dass wenn der Käfig nach vorne gezogen wird, dass Röllchen nach unten wandert. Da bringt mehr Abstand zu den großen Ritzeln."
Nachtrag, bzw. der Vollständigkeit halber sei noch folgendes erwähnt. Die Tiagra 4700er Serie ist eine 10-fach-Road-Gruppe. Sie basiert aber auf den gleichen Geometrien wie die GRX und 11-fach-Road-Schaltungen von Shimano. Die interne Übersetzung ("pull ratio", Zugverhältnis) der Schaltwerke (wie weit es also ausschwenkt, wenn der Schalthebel beim Gangwechsel mit einer bestimmen Länge Bowdenzug daran zieht), ist bei GRX, 11-fach-Road und eben Tiagra 4700 identisch. Daher funktionieren die Tiagra-Hebel mit GRX-Schaltwerken und werden auch an Rädern mit geradem Lenker und GRX statt der 400er Hebel verbaut. SInnvoll für diejenigen, die zwar Gravel wollen, aber sich mit dem Rennlenker nicht anfreunden können.
Tiagra setzt Shimano auch von der Wertigkeit mit GRX 400 gleich.
Statt eines GRX-Schaltwerks kann man demnach auch (unter Berücksichtigung der Kassettengröße und Käfiglänge) ein Road-11-fach-Schaltwerk verbauen. Eins mit "einstellbarem Kettenstabilisator", von Shimano Shadow-RD+-Technologie genannt, ist aber ratsam, um eine schlagende oder abspringende Kette im Gelände zu vermeiden.
Während man aber mit Tiagra 4700 die GRX als 10-fach bedienen kann, geht das mit älteren Road-10-fach-Gruppen nicht. Leider funktionieren auch keine 11-fach-MTB-Schaltwerke in Kombination mit GRX.
Hier könnten eventuell bestimmte Adapter Abhilfe schaffen, die den Zug am Schaltwerk umlenken und so eine andere Überetzung schaffen. Es gibt bspw. die RoadLink von Wolftooth oder Shiftmate von Jtek Engineering. Ich stecke in der Materie aber absolut nicht drin.
Nun sind die Kettenblätter dran. Hier gibt es, leider ohne vernünftige Produktbezeichnung (nur 10s oder 11s), zwei Varianten des großen Kettenblatts. Der einzige auffällige optische Unterschied sind beim vermeintlichen 11-fach vorn/außen zusätzliche Ausfräsungen, die wohl wertiger wirken sollen, und nachgewogen sagenhafte 4 g sparen (kann man auch auf Fertigungstoleranzen schieben, bei mir ergab sich jedenfalls diese Differenz). Hinten/innen sind die Ausfräsungen identisch, ebenso die Geometrie der Zähne und Steighilfen. Die Kettenlinie (wie gesagt, unmöglich zu fotografieren) wirkt ebenso identisch. Sollte es sich dabei um Unterschiede im Zehntelmillimeterbereich handeln (wovon ich nicht ausgehe), kann ich sie übersehen haben, bezweifle aber ernsthaft, ob das im Betrieb irgendwelche Unterschiede machen würde.
Bei den kleinen Kettenblättern gibt es kein 10s oder 11s, diese sind 100% baugleich.
Mir entstand nun der Eindruck, die vermeintliche andere Kettenlinie würde durch unterschiedliche Kurbelarme erzeugt werden. Falls nicht, wären die Bezeichnungen 10s und 11s auch eines: Bullsh*t.
User Rajesh: "IMHO sind bei der FC-RX600-10 die Kettenblätter um paar Zehntel weiter auseinander wie bei der FC-RX600-11. Das ist der außen breiteren 10fach Kette geschuldet. Das wird imho nur durch die Kettenblätter erreicht. Die sind unterschiedlich gekröpft."
Eine 10-fach-Kette ist außen um 0,4 mm breiter als eine 11-fach-Kette. Die resultierende Differenz am Kettenblatt zu sehen und in ruppigem Gelände beim Schalten zu spüren halte ich für sehr schwer.
Abschließend geht es daher um die Kurbel. Es gibt die 600er für 10-, 11-, 1- und 2-fach und die 810er für alles bis auf 10-fach. Hier gibt Shimano etwas verwirrend, wie bei anderen Gruppen, bspw. FC-RX810-1 an, auch weiter unten in den Produktdetails steht nach der 810 noch die 1. Ein Blick auf die Detailfotos (die Innenseite der Kurbelarme, neben dem Pedalgewinde) bei bike-components und r2 lässt aber erkennen, dass der eigentliche Arm nur FC-RX810 heißt, ohne weitere Spezifizierung. Einen Hinweis, dass die eigentlichen Arme aber identisch zur 2-fach-Variante sind, und man durch Austausch der Kettenblätter umrüsten kann, gibt Shimano nicht. Also habe ich diesen 1-fach-Arm einfach mal mit einer FC-RX600-10 verglichen, die bei uns ursprünglich in 2x10 werkelte (nun 1x11) und von Shimano auch für Ersteres angegeben wird. Und siehe da: die Geometrie, bzw. Position der Befestigung der Kettenblätter, ist exakt identisch. Dabei gibt Shimano eine Kettenlinie von 46,9 (2-fach) bzw. 50,1 (1-fach) an.
Der wirkliche Unterschied ist optisch offensichtlich, nämlich die Form der Arme. Die 810er ist filigraner und aufwändiger gefertigt als die 600er, was sich in Preis und Gewicht niederschlägt.
Hier ist es also durch Tausch der quasi identischen Kettenblätter möglich, nach Lust, Laune und Verfügbarkeit zwischen 600, 810 und der Anzahl der Kettenblättern und Ritzeln hin- und herzubauen. Alle Kurbelarme haben Gewinde für zwei Kettenblätter, bei 1-fach werden nur die äußeren genutzt.
User Rajesh: "Die FC-RX810 hat hohlgeschmiedete Kurbelarm (Rückseite glatt), bei den FC-RX600 sind die Kurbelarme einfach hinten ausgehöhlt."
Unterm Strich ist es Umwerfern, Schaltwerken, Kettenblättern und Kurbelarmen also egal, in welchen Konfigurationen sie werkeln. Lediglich bei den Schalthebeln (Anzahl der Schaltstufen) und der Länge der Schaltwerke (wegen der sie unterschiedlich große Ritzel bedienen können) sind Unterschiede zu finden.
Ich schließe eigene Denkfehler bei all dem nicht aus. Fakt ist aber: All diese Setups funktionieren bei uns ohne Probleme. Natürlich kann es sein, dass sich schlaue Japaner Geometrien, Bezüge, Kräfte oder was-auch-immer errechnet und konstruiert haben, die für Normalsterbliche nicht nachvollziehbar sind, und wegen derer die Varianten Sinn machen. Warum man aber strikt den Kompatibilitätsvorgaben folgen sollte, erschließt sich mir nicht.
Ich lerne gern dazu. Falls sich jemand all das durchliest, Fehler findet und mich korrigieren kann, nehme ich das gern an. Ansonsten reiche ich vllt. noch ein paar Fotos nach, und Fragen sind natürlich auch willkommen.
Wer sich fragt, ob das nicht alles total offensichtlich war und warum ich denn diesen Thread schreibe, darf sich das gern im Stillen fragen. Einwände wie "Und deswegen ist Sram besser, hab ich schon immer gewusst!" sind hier auch eher überflüssig.
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