Nachdem ich letztes Jahr zu Mittsommer eine
400km Tour gemacht hatte, haben mich verschiedene Leute so hartnäckig gefragt, ob nicht auch 500km drinliegen würden, dass es mich schliesslich selbst wunder nahm, ob es geht.
Die Regel ist einfach: Die Tour muss innerhalb von 24 Stunden abgeschlossen sein. Man könnte natürlich auch einen Kalendertag nehmen, aber dann sind 2 Nächte tangiert. Ein Kollege von mir, der jeweils um Mitternacht startet, musste bereits 2x abbrechen, weil es ihm nicht ganz gereicht hat und er mit dem ÖV nicht mehr vor Dienstschluss nach Hause gekommen wäre.
Warum die 24 Stunden-Grenze? Weil ich damit der philosophischen Frage aus dem Weg gehe, ab wann aus einer Tour zwei werden.
Letztes Jahr fuhr ich einen 25er Schnitt und war mit Pausen total 20h21min unterwegs. Es hätte also nicht gereicht. Also musste ich dieses Jahr optimieren. Letztes Jahr startete ich nach zwei Nächten mit viel Alkohol und wenig Schlaf, das war natürlich nicht ideal; das konnte ich dieses Jahr besser einrichten. Zudem habe ich die
Reifen weniger stark gepumpt, weil es mich letztes Jahr zu sehr durchgerüttelt hat. Das hat sich gelohnt. Und schliesslich wusste ich, dass ich unterwegs meiner Verpflegung mehr Aufmerksamkeit widmen musste. Letztes Jahr hatte ich in der Nacht zu wenig gegessen und dann irgendwann zu viel, so dass ich mir den Magen verdorben hatte und gegen Ende notfallmässig ein Klo suchen musste. Dieses Jahr habe ich mich ca. alle drei Stunden mit dem, was man an Tankstellen und im Discounter so findet, verpflegt und der Magen hat durchgehalten.
Zudem habe ich den Wetterbericht konsultiert. Der sprach von Westwind. Damit war die Route klar: In der Nacht, wenn der Wind schwächer ist, nach Westen und dann mit auffrischendem Rückenwind zurück.
Weil ich mir trotz allem nicht sicher war, ob ich unter 24h durchkomme (wenn überhaupt) habe ich den Start zudem noch eine Stunde vorverlegt auf 20:00 Uhr, damit ich gegen Ende noch eine Stunde mehr Tageslicht hätte, falls das denn nötig werden würde, um die 500km (halt dann gegen die Regel) vollzumachen. Der Nachteil des früheren Startes war, dass ich zu früh in Zürich war und da darum noch allerlei los war auf den Strassen.
Aber gut, es geht los! Zuerst an der linken Zürichseeseite entlang in den Sonnenuntergang
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In Zürich ist dann 1/10 geschafft.
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Nun folge ich zuerst dem Tal der Limmat bis Windisch und dann dem Tal der Aare. Bis hinter Olten sind die Strassen fast komplett beleuchtet; ich bewege mich hier ja auch im mittelländischen Siedlungsbrei.
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Nach Olten wird die Beleuchtung spardsmer: Es gibt mehr freie Flächen und verschiedene Komunen beleuchten selbst die Kantonsstrassen in der Nacht nicht. Grenchen schon.
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Biel auch.
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Nach Biel wird es unübersichtlich. Dem Bielersee entlang ist eine lange Baustelle und ich verliere etwas den Überblick, ob ich schon auf der Autobahn bin oder noch auf der Kantonsstrasse. Entre les deux Lacs lande ich zudem auf einem schmalen Strässchen, das sich gefühlt kilometerweit unbeleuchtet durch die Landschaft schlängelt. Da merk ich, dass ich eigentlich eine bessere Lampe bräuchte.
Aber ich komm nach Neuchâtel
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Und schliesslich nach Boudry. Hier geht's in den Jura hoch. Auf die 210km bis hier verteilten sich gerade mal 700hm. Viel flacher geht's nicht in der Schweiz. Und der Morgen graut. Die Nacht hat gut geklappt. Mir war nie langweilig und ich bin gut vorangekommen. Es gab zwar konstant Gegenwind, aber der war nicht mehr als ein Hauch.
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Nun fahr ich durch die Gorges de l'Areuse ins Val de Travers rein.
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Und da über ein Pässchen
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Ins schweizerische Sibirien (vgl.
@oppede ) weiter oben.
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Während es unten an den Seen die ganze Nacht 18-20°C warm war, sinkt hier oben die Temperatur bis auf 10°C. Das weckt meine Lebensgeister, während der immer intensivere Autoverkehr mir auf den Wecker geht. Ich komm nach la Chaux-de-Fonds
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Wo ich einen Bewacher für mein Rad finde, während ich einkaufe.
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Es folgen hügelige Kilometer durch die Franches Montagnes
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Und dann mach ich noch einen Schenker hoch oberhalb des Delsberger Beckens
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der mich via la Caquerelle
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Ins Lützeltal in Frankreich führt.
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Am schweizerischen Ende des Lützeltales, in Kleinlützel, mach ich Mittagspause im Hotel Restaurant Engel. Das Essen ist erfreulich schnell da, günstig und genügend. Keine 40min kostet mich diese Mittagspause inklusive genauerer Inspektion des stillen Örtchens. Der Rückenwind hat tatsächlich auch eingesetzt und schiebt mit ca. 25-30 km/h schön von hinten, dennoch: Die Kilometer 300-400 sind zäh. Ich fühle mich zwar weiterhin gut und liege bestens in der Zeit, aber es dauuuuuuuuert so lange. Und es wird warm. Jetzt nicht gerade heiss, nur so 29°C, aber halt doch spürbar. Und wenn ich gleich schnell wie der Wind unterwegs bin, weht kein Lüftchen und die Sonne brennt mir fast den Hintern in meiner schwarzen Hose weg.
Aber gut. Irgendwann ist Kilometer 400 erreicht und es wird absehbar.
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Was mir noch etwas Sorgen macht, sind die Hügel zum Schluss, doch die bis Kilometer 495 gehen erstaunlich gut. Dann noch 5km eher flach bis abwärts und ich habe 500km in 23h10min geschafft
Leider bin ich da aber noch nicht zu Hause. Es fehlen noch 15km und ein paar Hügel, doch die pack ich auch noch.
Fazit:
Bis fast ganz am Schluss habe ich mich gut gefühlt. Erst die letzten 50km waren gefühlt zu viel. Vielleicht bin ich da etwas zu schnell gefahren, weil das Ziel in Sichtweite war.
Mehr geht nicht. Für mehr müsste ich entweder ernsthaft trainieren oder adäquateres Material anschaffen (ich bin die Tour mit meinem Norco Search XR gefahren).
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