Bürgernationalpark" ist erklärtes Ziel
Arbeitstagung mit 150 Fachleute nähert sich Ausweisung als "Nationalparks Siebengebirge" - Landesregierung sagt "vorbehaltlose Unterstützung zu"
Die Aussichten für das Siebengebirge, bereits in drei Jahren zum Nationalpark geadelt zu werden, stehen gut. Diesen Eindruck jedenfalls vermittelte eine erste zentrale Tagung, bei der sich am Samstag in Bad Honnef rund 150 Teilnehmer zum Thema äußern oder aber auch nur informieren konnten.
Gefragter Gesprächspartner dabei war Alexander Schink, Staatssekretär im Landesumweltministerium. Stellvertretend für das Ministerium und die nordrhein-westfälische Landesregierung sicherte er dem Siebengebirge die "vorbehaltlose Unterstützung" des Projekts Nationalpark zu. Schink riet ausdrücklich dazu, den skizzierten Weg nun auch zu beschreiten.
Gleichzeitig aber verschwieg der Staatssekretär auch die Probleme nicht, die eine solche Deklarierung zwangsläufig mit sich bringen werde und die bis zur Realisierung zu lösen seien. Unter dem Strich aber zeigte sich Schink überzeugt davon, dass das Ergebnis des Diskussionsprozesses eben jener Nationalpark sein wird.
Es waren Vertreter der Kommunen und der Wirtschaft, Politiker, Tourismusmanager, Naturschützer und Forstleute, die an diesem sonnigen Samstag die Säle des Bad Honnefer Seminaris-Hotels einem Besuch in jenem Gelände vorzogen, dem der Tag gänzlich gewidmet war.
Mit Bedacht hatten die Veranstalter als Motto der Auftaktveranstaltung einen Ausspruch des Forschungsreisenden Alexander von Humboldt gewählt: Dieser hatte den Blick auf das Siebengebirge seinerzeit mit einem "achten Weltwunder" assoziiert.
Die "sieben Berge" als Zeugnis deutscher Natur- und Kulturgeschichte, ihr Bekanntheitsgrad, die Ästhetik ihrer Landschaft und die historische Bedeutsamkeit waren denn auch Anknüpfungspunkte, denen sich kaum einer der zahlreichen Redner auf dem Podium entziehen mochte.
Immerhin war im Siebengebirge mit dem Drachenfels im Jahr 1836 das erste und damit bis heute älteste Naturschutzgebiet Deutschlands ausgewiesen worden. Dass sich die Wälder zwischen Bonn und dem Westerwald seitdem als Ausflugsziel für Auswärtige ebenso etabliert haben wie als Erholungsraum für Einheimische, musste am Samstag nicht näher betont werden.
Vielmehr umtrieb die Anwesenden die Frage, wie dies auch in einem Nationalpark dauerhaft gewährleistet werden kann. Schließlich gewährt ein solcher eine weitaus höhere Schutzfunktion als ein Naturpark, welcher das Gebiet bis dato ist. Und so sind es auch in erster Linie die Themen Verkehrslenkung und Nutzungsbeschränkung, die eine Menge offener Fragen aufwerfen.
Sie sollen in Folgeveranstaltungen näher erörtert werden. Um Bürgern und Skeptikern von vornherein die Sorge vor einem "Sperrgebiet" zu nehmen, war am Samstag häufig der Begriff des "Bürgernationalparks" zu hören. "Das Siebengebirge soll weiterhin den Menschen gehören und der Nationalpark von ihnen mitgestaltet werden", betonte etwa Frithjof Kühn, Landrat des Rhein-Sieg-Kreises.
Eine zentrale Rolle soll dabei der Verschönerungsverein für das Siebengebirge (VVS) mit seinen ehrenamtlichen Kräften ausfüllen, dessen Vorsitzender Herbert Krämer ("Wenn nicht jetzt, wann dann...?") die Bereitschaft dazu sogleich ausdrücklich zusicherte; ferner könnte die Biologische Station des Rhein-Sieg-Kreises die Belange der örtlichen Naturschutzverbände verfolgen.
"Ich bin überzeugt davon, dass die Chancen die Risiken überwiegen werden", zeigte sich Kühn zuversichtlich. Ob mit oder ohne Nationalpark: Das Siebengebirge werde sich zwangsläufig touristisch weiterentwickeln. "Und", so Kühn weiter, "die Ausweisung als Nationalpark bietet die Gelegenheit, dies besser als bisher zu steuern und gleichzeitig die Natur zu schützen".
Letzeren Aspekt griffen auch die beiden Umweltdezernenten von Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis, Volker Kregel und Michael Jaeger, auf. Ihrer Einschätzung zufolge würde die ohnehin hohe Artenvielfalt von Fauna und Flora erheblich ausgedehnt und für nachfolgende Generationen gesichert werden. "Dennoch", so Kregel, "soll der Nationalpark weiterhin die menschliche Sehnsucht nach unberührter Natur stillen".
Staatssekretär Schink unterstrich die Perspektive, ein Nationalpark in einem der dichtbesiedeltsten Regionen Europas könne nachweisen, dass ein Dreiklang von Siedlung, Industrie und Naturschutz auch in einem Ballungsraum keineswegs eine Illusion ist. Nach der Finanzierung gefragt, sagte Schink, das Land werde seinen Beitrag leisten, wie es das auch im Nationalpark Eifel tue.
Dort beschäftigt der Landesbetrieb Forst zurzeit 30 hauptberufliche "Ranger", die mit der Betreuung von Wald und Besuchern beschäftigt sind. Welche Aufwendungen zur Erschließung und Pflege eines Nationalparks im Siebengebirge überhaupt notwendig wären, und wer diese letztlich bezahlen müsste, blieb am Samstag offen. Klar ist hingegen, dass der Park räumlich nicht über das bereits bestehende Naturschutzgebiet hinausreichen wird.
Somit haben die betroffenen Städte für ihre künftige Bauleitplanung sowie mögliche Gewerbeansiedlung keine zusätzlichen Restriktionen zu befürchten. Entsprechend positiv äußerten sich am Samstag auch die beiden Bürgermeister von Bad Honnef und Königswinter, Wally Feiden und Peter Wirtz. Feiden konnte nicht verhehlen, dass sie sich das mutmaßlich zu bauende Informationszentrum "sehr gut auf Honnefer Stadtgebiet vorstellen" kann.
Wirtz griff diesen Aspekt nicht auf. Er mahnte an, der Bürgerbeteiligung in dem gesamten Diskussionsprozess besondere Sorgfalt zukommen zu lassen. Kein akutes Thema ist aus Sicht der Initiatoren derzeit eine Ausweitung um Flächen in Rheinland-Pfalz. Zwar hat der Kreis Neuwied auf Anfrage von Frithjof Kühn Interesse an einer Beteiligung geäußert, die Mainzer Landesregierung hält sich derzeit allerdings bedeckt.
Bis auf weiteres wird der Nationalpark Siebengebirge somit ein nordrhein-westfälisches Projekt bleiben. Die Ursprungsidee für die Entwicklung eines Nationalparks war unter "freundlicher Stimulanz des Ministeriums", so Schink, in den hiesigen Kommunen entwickelt worden; als "spiritus rector" gilt indes der Abteilungsleiter im Umweltministerium, Thomas Neiss.
Mit dem vor wenigen Jahren ins Leben gerufenen Nationalpark Eifel rund um den Rursee wäre der Nationalpark Siebengebirge in Nordrhein-Westfalen der zweite seiner Art. Der vorläufige Zeitplan sieht vor, bereits im kommenden Jahr mit der Verordnung fertig zu sein. Sie müsste vom Landtag verabschiedet werden und würde den Schlusspunkt der kommunalen Debatten in Königswinter, Bad Honnef und dem Rhein-Sieg-Kreis setzen.
Dort werden sich noch in diesem Jahr Stadträte und Kreistag mit dem Thema befassen, auch die Beteiligungen der Träger öffentlicher Belange und der Bürger gehören zu diesem Prozess.
Hier findet sich auch ein Dialogfeld, in dem Bürger ausdrücklich zu Fragen und Anregungen aufgerufen sind. Jede Frage soll beantwortet werden. Und auch Alexander Schink verspricht sich von diesem Medium einiges: "Nicht jedes Problem, das sich stellen kann, kennen wir", so der Staatssekretär. Er ist ganz sicher: "Es wird Überraschungen geben."