Die Dolos. Selten sowas schönes gesehen.
Auszug aus meinem Reisetagebuch. Wenn man alleine unterwegs ist, hat man wenigstens am Abend Zeit für sowas
Tour 2:
[...] Den nächsten Tag beginne ich in einem erstaunlich fitten Zustand. Hatte schon mit Muskelkater und Rückenschmerzen gerechnet, da der erste Tourentag doch schon recht heftig begonnen hat. Aber wieso jetzt Gedanken verschwenden, passt doch! Nach ausgiebigem Frühstück gehtâs erstmal mit dem Auto ins Nachbartal. Auf über 3000 Meter will ich heute mit dem Bike, allein schon 1000 Meter muss ich das Bike schultern und hochwandern, teilweise auch klettern. Ob das was wird?
An meinem Ausgangspunkt angekommen, schaue ich bei rund 25 Grad im Tal auf die funkelnde Felswand. Auf über 3000 Metern steht das Gipfelkreuz. Mal von der Sonne beschienen, mal von einer Wolkendecke umhüllt. Bergsteiger werden für ihre Strapazen mit einem sagenhaften Ausblick belohnt, heiÃt es. Das klingt gerade heute interessant, da die Sicht super sein soll. Die Marmolada lässt grüÃen! Also
Sattel hoch und reingetreten. Aber schon während der Auffahrt zur 2000 Meter hohen Endstation der Seilbahn, habe ich ein komisches Gefühl in der Magengegend. Bei einer kurzen Pause schaue ich mich nochmals die Wanderkarte an: Der Weg von der Station zum Gipfel sieht laut Höhenlinien eher nach einem Steig aus. Auf meiner Karte ist er aber als Wanderweg vermerkt. Egal, oben mal ein paar Wanderer über die Wegbeschaffenheit ausfragen. Notfalls Plan B: Alternativweg und den 3000er weiter südlich. Mein mulmiges Gefühl wird aber erst mal von meinen brennenden Beinmuskeln übertönt: Schonwieder so eine bekloppten Steigungâ¦krasses Stück. Die Seilbahn wäre da wesentlich entspannter gewesen. Aber da muss ich nun durch.
Oben angekommen merke ich die 700 Höhenmeter doch deutlicher als gedacht, also erstmal Pause machen und das Panorama genieÃen. Leider mit vielen Wanderern, da mein Rastplatz direkt an der Seilbahnstation liegt. Zum Glück kommt bald eine wilde Kuh-Herde angestürmt, die die meisten Wandersleute erstmal kräftig aufschrecken und vertreiben. Ich bleibe zum Glück unbeachtet. Vielleicht bin den Kühen nicht aufgefallen, da ich noch die Klamotten von gestern anhatte und mich geruchstechnisch wohl nicht wesentlich von ihnen absetzen konnteâ¦nur so eine Theorie.
Auf dem Weg zum potentiellen Steig treffe ich ein paar Bergsteiger die mir mit Gestik und einem Italienisch/Englisch-Sprachmix deutlich davon abraten den Weg in Angriff zu nehmen. Anfänglich noch skeptisch, bringt mich deren Ausrüstung und die pantomimische Darstellung eines Klettergurtes mit Seil zur Besinnung. Die Wand ist aber auch nahezu senkrecht. Lieber nehme ich den Weg weiter südlich, der sieht auf der Karte flacher aus und führt soll mich durch ein Aufstiegstal auf 2500 Meter bringen.
Ok, also Plan B! Auf gehts: Auf einem leicht abfallenden Trail gehtâs in Richtung Süden. Am Taleinstieg angekommen schaue ich nach oben in ein gelb-weiÃes Tal, das von der Sonne ausgeleuchtet wird. Fast so als wolle mir jemand ein Zeichen geben âHey Dude, genau da musst du hoch!â. Sieht machbar aus, denke ich mir und beginne mit dem Aufstieg. Der Weg hat zumindest im unteren Teil eine gute Beschaffenheit, der weiÃ-gelbliche Schotter ist gut festgetreten und der Weg schlängelt sich in etlichen Spitzkehren nach oben. Als Abfahrtstrail rockt das Ding definitiv. Ein paar Wanderer kommen mir beim Aufstieg entgegen und freuen sich über mich und mein geschultertes Bike: âMagnifico!â, âOh mio Dio!â.
Der Weg wird jetzt zunehmend steiler, da er nun nicht mehr in Kehren verläuft. Immer wieder muss ich mich umdrehen und zurück ins Tal schauen. Bei den imposanten Kanten an den Talseiten, komme ich mir vor wie ein Staubkornâ¦was ein weitläufige Landschaft. Das sah von unten garnicht so aus. Auch die Wanderer, die ich getroffen habe sind mittlerweile nur noch kleine Punkte. Die
Pumpe geht mittlerweile schon recht ordentlich und der Weg wird zunehmend technischer, aber alles noch mit ordentlichem Abfahrts-Potential!
Die letzten Meter vor dem Ãbergang drehe ich mich nicht mehr um, da ich den Ãberraschungseffekt haben will. Und dieser ist grandios, aber anders als ich mir vorgestellt hatte: Mein Aufstiegstal interessiert mich nicht mehr die Bohne, als ich die Landschaft hinter dem Kamm entdecke. âWTF?â sage ich zu mir selbst. Sowas habe ich bisher noch nicht gesehen. Schier endlos erstreckt sich die karge, aber wunderschöne Landschaft in Richtung Osten. Kein Geräusch, kein Lebenszeichen, kein Luftzug. Als würde die Zeit still stehen. Nur die sich bewegenden Wolken zeugen von der fortlaufenden Zeit. Die Sonne fängt mehr und mehr an mit der Oberfläche des riesigen Beckens zu spielen, als wolle sie mir bestimmte Stellen im Becken zeigen. Absolut geil!
Mein Blick wandert zum Aufstiegstal und dann zum Gipfelkreuz auf über 3000m. Die Sicht ist heute echt wahnsinnig gut, lediglich ein paar Wolken verfangen sich an den Bergspitzen.Ich raste eine Weile und schaue mir dann nochmal meinen bevorstehenden Weg auf der Karte an: Ab hier soll der Weg zum Gipfel laut Karte deutlich schwieriger werden, aber ich werde mich einfach mal rantasten. Der Einstieg sieht zumindest recht easy aus. Zur Not lass ich einfach das Bike zurück und kletter so hoch. Wird schon werden. Ich muss jedenfalls da hoch, ich will einfach noch mehr sehen! Die ersten Höhenmeter sind mit Bike noch gut zu meistern, wenn auch schon schwieriger. Auf 2700 Meter klettere ich noch ein letztes steiles Stück nach oben, breche dann aber ab, da es mir mit Bike zu gefährlich wird. Nach kurzem Fotoshooting in Richtung Talseite versuche ich noch einige Meter weiter nach oben zu kommen. Aber selbst das wird mir dann ab 2750 Meter zu riskant. Wenn es mich hier erwischt, dann gute Nacht! Ist schlieÃlich auch schon früher Abend und Bergsteiger werden hier um die Zeit auch keine mehr unterwegs sein.
Auf dieser Höhe habe ich einen genialen Ausblick auf das Aufstiegstal und das Becken auf der anderen Seite. Ich verharre noch eine Weile in der Höhe und genieÃe die Aussicht. Nur eine Krähe leistet mir Gesellschaft, sonst weit und breit kein Lebenszeichen. Was eine Stimmung!
Wieder beim Bike angekommen, klettere ich die letzten Höhenmeter abwärts bis der Trail wieder fahrbar wird. In der Abendsonne cruise ich an der Talseite entlang abwärts. Mensch, hier wärs geil Bilder von der Abfahrt zu machen. Ein besser Licht bzw. eine bessere Location gibtâs kaum! Aber ich halte nicht an und folge dem Trail, bis ich wieder zur Baumgrenze gelange. Nun folgt noch ein Waldtrail ins Tal. Bei einem eher langsamen Stück legts mich doch noch hin, ich lande eher weich, der Bremshebel fürs Hinterrad eher hart. Ergebnis: Abgebrochen. Mist! Egal, ist nicht ganz ab und ich kann auch noch
bremsen, also weiter ins Tal. Morgen steht sowieso nur die Tour auf Almwegen und einfachen Trails an, von daher stresst mich die Sache nicht allzusehr. Im Tal angekommen, lasse ich den Tag nochmal revue passieren bei Weizen, Pizza und Salat. Genau so muss das sein!