Stellungnahme zum Buch Biken Allgäu und Tannheimer Tal
Von Carsten Schymik (Autor des Buches)
Nachdem die Veröffentlichung meines Buches im Sommer 2012 unter einigen Mountainbikern zu etwas Unmut und Angst geführt hat, möchte ich hiermit zu einigen Aussagen Stellung nehmen.
Vor allem die im Allgäu wohnhaften Biker sowie einige, die sich selbst zur Gruppe der Trailfahrer oder Bikebergsteiger zählen befürchten aufgrund der im Buch veröffentlichten Touren in Zukunft eine verstärkte Befahrung der Singletrails und daraufhin einen Konflikt mit anderen Wegnutzern, Grundbesitzern und Entscheidungsträgern. Als Folge dieser Konflikte wird zukünftig eine Einschränkung der Befahrbarkeit oder gar ein vollständiges Bikeverbot befürchtet.
Zudem wurden massive Vorwürfe gegen meine Person an sich erhoben, die sich zudem bis zur Beschimpfung ganzer Volks- und Sprachgruppen (den Schwaben) aufgeschwungen haben. Stellenweise ist zudem eine generelle Furcht vor âfremdenâ, also nichts ortsansässigen Bikern heraus zu lesen, die offensichtlich nicht als willkommene Gäste sondern als störende Eindringlinge in der Heimat angesehen werden.
Zur Tourenwahl im Buch:
Das Allgäu ist eine gut erreichbare und reizvolle Tourenregion. Das macht das Allgäu für Besucher aus Deutschland aber auch aus dem nahen Tirol, Voralberg und der Schweiz zu einem potentielleln Tourengebiet. Aufgrund seiner Topografie und seiner Geologie ergibt sich neben einer starken touristischen Nutzung ein gewisses Konfliktpotential.
Das Gelände ist fast überall steil und daher erfordern alle Wege im Allgäu ein Mindestmaà an fahrtechnischem Können. Zudem bestehen sie oftmals aus erdigem und lehmigem Untergrund welcher stellenweise bei Nässe, Regen oder Schneeschmelze zu Erosion neigen können. Weitere Faktoren sind eine flächendeckende Beweidung fast aller nicht bewaldeten Flächen sowie eine starke ErschlieÃung durch Seilbahnen. Auf all diese Faktoren bin ich in der Einleitung des Buches ausführlich eingegangen und habe versucht den Leser für die Thematik zu sensibilisieren und ihm gewisse Verhaltensweisen nahe gelegt, um Konflikte auf den Touren zu vermeiden.
Mein Buch ist ein normaler Tourguide, vorrangig mit ganz gewöhnlichen Mountainbike-Touren. Das Buch ist keinesfalls ein reiner Singletrailguide für Extrembiker oder gar ein Gipfelbuch für Bikebergsteiger. Die 25 Touren enthalten 8 anspruchsvolle Abfahrten, die sicher nicht für alle Mountainbiker geeignet sind. Auch beim Allgäu Cross sind einige schwere Abschnitte und längere Tragestücke enthalten. In der Regel gebe ich zu diesen Abfahrten auf den Singletrails auch eine einfache Alternative an. Im Text und in der Schwierigkeitsbewertung wird eingehend auf den Anspruch dieser Abfahrten eingegangen. Ich rate dem Leser des Buches mit einfachen Touren zu beginnen und erst wenn er mit diesen gut zurecht kommt die schweren Touren anzugehen. Generell empfehle ich die allgemeinen Ratschläge zur Tourwahl- und Gestaltung (Wetter, Jahres- und Tageszeit) sowie zu Konfliktvermeidung zu beherzigen.
Zudem wird eine einzige Gipfeltour vorgestellt. Diese beschreibt aber nur das Bikebergsteigen an sich und verzichtet bewusst auf eine genaue Ortsangabe oder gar einen GPS Track. Die Vorstellung dient dazu dem Leser auch diese Facette des Bikesports zu zeigen, ohne Ihm einen konkreten Tourenvorschlag zu unterbreiten. Daneben gibt es drei Bike&Hike Touren. Dabei wird eine im Allgäu beliebte Spielart der Tourgestaltung vorgestellt: das Fahren mit dem Bike solange es Sinn macht (z.B. bis zum Ende des Schotterweges), das Abstellen des Bikes und das Erklimmen das Gipfels zu FuÃ. Bei diesen drei Touren kehrt man nach dem Gipfel zum Abstellplatzes des Bikes zurück und kann die Tour danach fortsetzten. Sollte sich ein Leser hier dazu animiert fühlen sein Bike auf den Gipfel und unter Umständen wieder runter zu tragen, so ist dies seine freie Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen muss. Generell fährt jeder auf den veröffentlichten Touren auf eigene Verantwortung.
Alle weiteren Touren verlaufen vorrangig auf Schotterwegen und NebenstraÃen. Zum Teil sind diese auch als MTB-Route in Karten eingetragen.
Ich bin in den vergangen Jahren viele Touren im Allgäu gefahren und habe zahlreiche Wanderwege ausprobiert. Viele dieser Wege sind in der Tat nicht dazu geeignet veröffentlicht und von vielen Bikern befahren zu werden. Gründe hierfür könne die Nähe zu Seilbahnen, der extreme fahrtechnische Anspruch, der hohe Aufwand zum Erreichen des Einstieges, die Gefährdung durch Steinschlag oder schlichtweg ein Fahrverbot (z.B. im Naturpark) sein. Auch explizite Tourentipps von Locals habe ich ganz bewusst für mich behalten. Beim Schreiben des Buches habe ich dennoch versucht mir treu zu bleiben. Und dies bedeutet: Biken findet vorrangig in den Bergen und auf Singletrails statt. Dafür wurden die Bikes entwickelt und gebaut. Dafür trainieren viele Mountainbiker hart. In den letzten Jahren verschiebt sich der Schwerpunkt vieler Biker immer mehr in die Richtung Befahren von anspruchsvollen Singletrails. Diese Entwicklung ist real und der Bedarf ist da.
Generell habe ich alle Touren anhand von Wanderkarten selbst recherchiert und ausprobiert. Lediglich bei einer einzigen Tour habe ich meine selbst geplante Route im Vorfeld einem Einheimischen erläutert und meine Routenwahl von Ihm als âmöglichâ bestätigen lassen. Bei der Gelegenheit habe ich allerdings versäumt zu erwähnen, dass dieser angesprochene Abschnitt Teil einer Veröffentlichung werden könnte. Generell habe ich auÃer meinem nahem Umfeld und meinen direkten Tourbegleitern niemandem von dem Buchprojekt erzählt. Auch eine Abstimmung mit Behörden, Verbänden und Tourismusverantwortlichen hat nicht stattgefunden. Dies wäre ein erheblicher Mehraufwand gewesen, den ich hätte betreiben sollen oder sogar müssen. Dies war mir neben den umfangreichen Tourrecherchen aus Zeitgründen nicht im erforderlichen Umfang möglich.
Die Tourenwahl im Buch war bewusst und verantwortungsvoll. Dennoch muss ich zugeben dass sie in einigen Fällen durchaus grenzwertig wenn nicht gar falsch war. Das muss ich einfach eingestehen und mit der wohl auch berechtigten Kritik daran leben. Diese Kritik ist in der Sache durchaus berechtigt und legitim. Die Art und Weise wie diese Kritik vor allem im Internet geübt wird, lässt nur leider ab und an etwas Sachlichkeit vermissen und driftet schnell ab in persönliche Beleidigung und ist stellenweise verletzend.
Ich habe durchaus Verständnis für die Befürchtungen der einheimischen Biker. Aber ich habe weder die Absicht zu Trailsperrungen beizutragen noch nehme ich diese billigend in Kauf. Vielmehr ist es für mich ein unerträglicher Gedanke, Beteiligter oder gar Ursache für eine Sperrung zu sein. Die Gründe einen Weg zu Sperren sind sicher vielschichtig und ich möchte im Näheren nicht darauf eingehen. Generell spielen neben der Veröffentlichung aber immer auch weitere Faktoren eine Rolle, wie die Zahl der Biker, deren Verhalten und wann, wie oft und in welcher Weise der Weg befahren wird. Eine mögliche Sperrung alleine an dem Umstand fest zu machen, dass dieser in einer Zeitschrift, auf einer Internetseite oder in einem Buch veröffentlicht wurde ist zu einfach. Zudem sollte man immer bedenken, dass es sich bei den Singletrails egal wo keinesfalls um Staatsgeheimnisse handelt. Die Wege sind seit Jahrzehnten in Wanderkarten und -führern enthalten. Zudem gibt es heute routingfähige GPS Karten die einen Biker, der die technischen Gerätschaften richtig zu bedienen weiÃ, schnell auf den einen oder anderen Singletrail lotsen kann. Auf die zahllosen Veröffentlichungen auf GPS Portalen, privaten und offiziellen Webseiten, in Videos und in Zeitschriften möchte ich gar nicht erst verweisen. Dies soll jetzt nicht von der Tatsache ablenken, dass Veröffentlichungen von Trails generell dazu führen können, dass die vorgestellten Touren und auch andere Wege in der Region gesperrt werden könnten. Hierfür alleine denjenigen verantwortlich zu machen, der das âGeheimnisâ verraten hat, liegt nahe. Für die einheimischen Biker ist eine solche Sperrung natürlich wesentlich dramatischer, als für einen Besucher, der dann halt seine geplante Tour nicht mehr fahren kann. Die Verärgerung darüber oder die Angst vor einer Sperrung ist also durchaus nachzuvollziehen.
Touren auf gesperrten Wegen:
Wege die zum Zeitpunkt meiner Recherchen definitiv als "gesperrt" erkennbar waren (z.B. mit einem Schild") habe ich nicht veröffentlicht.
Nach meinem heutigen Kenntnisstand führen leider 2 Trailabschnitte auf einen inzwischen gesperrten Weg. Der erste befindet sich wie im Buch (Tour 6) erwähnt an der Zunkleitenalpe und führt bergauf. Mir war aufgrund der vielen Abzweige nicht
100% klar, welche Wege wirklich gesperrt sind und welche nicht. Hier wäre eine genauere Recherche angemessen gewesen. Ich werde hierzu demnächst auf meiner Webseite eine legale Umfahrung des Abschnittes beschreiben.
Der zweite gesperrte Abschnitt befindet sich am Stausbergsattel bei Bad Hindelang (Tour 3). Die Sperrung des Weges ist offensichtlich nach meiner Manuskriptabgabe erfolgt. Hier bitte ich darum alternativ die beschriebene Variante über das Cafe Horn zu benutzen.
Im Naturpark Allgäuer Hochalpen gilt ein generelles Bikeverbot auf allen nicht befestigten Wegen (Schotterwege, TeerstraÃen). Einige Tourabschnitte sowie ein Tragestück des Allgäu-Crosses überschreiten die Naturparkgrenze. Ich werde hierzu demnächst auf meiner Webseite die betreffenden Abschnittes präziser deklarieren und eine legale Umfahrung beschreiben.
Zu meiner Person:
Ich bin seit nunmehr 20 Jahren passionierter Biker. In dieser Zeit ist der faszinierende Sport für mich mehr als Berufung oder Leidenschaft, sondern nach und mach immer mehr zum Lebensinhalt geworden. Bereits seit vielen Jahren teile ich diese Leidenschaft auch mit meinem Umfeld. Dazu gehört neben den Fotos, den Videos meines Bruders und meiner privaten Webseite auch die Tätigkeit im Forum
www.mtb.-news.de. Biken bedeutet für mich immer auch ein intensives Gruppenerlebnis. Daher gibt es von fast jeder Tour Fotos, einen kurzen Bericht und vielleicht auch ein oder zwei Bilderpostings im Forum. Daraus resultiert in Summe betrachtet sicher eine gewisse Medienpräsenz.
Ich persönlich erfreue mich an jedem gut gemachten Foto, Video, Tourbericht oder Posting von Gleichgesinnten. Einen Teil dieser Freude möchte ich gerne auch wieder zurückgeben, indem ich von den Erlebnissen meiner Gruppe, meiner Freunde und mir berichte. Ob das jetzt im erheblichen MaÃe mit Selbstverherrlichung, einem Ego-Trip oder einer gestörten Persönlichkeit zusammen hängt mag im Auge des Betrachters liegen, aus meiner Sicht war und ist dies nicht beabsichtigt. Vielleicht sollte ich hier in Zukunft etwas kürzer treten.
Zurück zur Leidenschaft: Diese Leidenschaft ist es, die mich antreibt. Und allein diese Leidenschaft ist der Grund dafür gewesen, mein Buch zu schreiben. Die Leidenschaft neue Wege zu fahren, Trails zu entdecken, diese auszuprobieren und dabei auch ab und zu daneben zu greifen. Diese Leidenschaft zu teilen und den Leser daran teilhaben zu lassen, ihm einen Teil davon abzugeben. Der eine oder andere Leser hat vermutlich nicht die Chance so viel Zeit wie ich in den Bergen zu verbringen. Er hat auch nicht die Energie und die Zeit all die roten Linien auf der Wanderkarte auszuprobieren und womöglich nach einer Woche heim zu kehren und sein Bike nur rum getragen zu haben. Und diesem Leser eröffne ich die Möglichkeit, einen Teil meiner Touren kennenzulernen, ja teilzuhaben an meiner Leidenschaft für den schönsten Sport der Welt.
Neben meiner Leidenschaft für das Mountainbiken habe ich eine Familie (2 kleine Kinder) und arbeite Vollzeit. Mein Buch ist nebenbei in meiner Freizeit, an Wochenenden, in meinem Urlaub und in vielen schlaflosen Nächten entstanden. Mitfahrer zu organisieren, das richtige Wetter abzupassen, Touren zu fahren, Fotos zu machen und zu sortieren, Texte und Roadbooks zu verfassen und zu korrigieren ist eine Heidenarbeit, die vor allem meiner Familie viel Entbehrungen und einen enormen Verzicht abverlangt hat. Dennoch hat mir diese Arbeit sehr viel Freude bereitet.
Zum Vorwurf der Bereicherung auf Kosten den Einheimischen:
Bevor mir jemand vorwirft, dass ich dieses Buch aus reiner Geldgier geschrieben habe sollte sich jeder Mal die Mühe machen, zu recherchieren wie hoch die Vergütung für Autoren üblicherweise ausfällt. Die Antwort darauf findet man bei Wikipedia unter dem Begriff âAutorâ. Das Schreiben eines Buches ist ein enormer Aufwand. Die Kosten für Anreise, Verpflegung und Unterkunft sind nicht unerheblich. Vom Zeitaufwand will ich erst gar nicht anfangen zu reden.
Wie geht es weiter?
Die verständliche und auch berechtigte Aufregung und Kritik an meinem Buch und die darin veröffentlichten Touren hat mich sehr nachdenklich gemacht. Bei der Recherche und Tourenauswahl habe ich sicher Fehler gemacht. Eine Absprache mit Locals und Verantwortlichen wäre dringend erforderlich gewesen. Das Ergebnis wäre vermutlich ein Kompromiss aus ganz einfachen Stecken auf Schotter und im Tal gewesen. Das entspricht zwar ganz und gar nicht meinem Verständnis vom Mountainbiken, hätte aber allen Beteiligten jede Menge Ãrger erspart.
Ich appelliere an alle Beteiligten bitte sachlich zu bleiben und persönliche Angriffe und pauschale Verurteilungen in Zukunft etwas bedachter einzusetzen.
Ich kann nur alle Leser des Buches dazu aufrufen, die vorgestellten Touren mit der gebotenen Sorgfalt und unter Respektierung und Tolerierung aller andern Wegenutzer und der Wege an sich zu befahren. Geht bitte sensibel mit der Information um, beginnt mit den einfachen Touren und befahrt die Wege nur bei geeignetem Wetter und zu einer Tages-und Jahreszeiten, an den mit einem reduzierten Konfliktpotential zu rechnen ist. Sucht zudem das Gespräch mit den Einheimischen, holt Stimmungen und Meinungen ein. Redet mit Almbesitzern, Wanderern, Forstleuten und anderen Bikern. Fahrt stets als gutes Beispiel für unseren Sport, unsere gemeinsame Leidenschaft. Versucht bitte für Toleranz und Respekt zu werben. Das geht am besten, wenn man mit gutem Beispiel voran geht.
Wir Biker müssen auch irgendwann einmal dazu stehen was wir tun statt uns immer nur zu verstecken, sich weg zu ducken und Prügel einzustecken. Vor allen sollten wir aufhören uns gegenseitig zu streiten. Es gibt für unsern Sport überall Potentiale. Sowohl für die Einheimischen als auch für den Tourismus. Diese Potentiale gilt es zu aktivieren damit wir letztendlich alle davon profitieren. Ich denke auch dass man hier nicht einfach alles âschwarzâ und âweiÃâ sehen darf. Auch in andern Regionen gab es in der Vergangenheit mächtig Konfliktpotential. Meist ist danach mehr heraus gekommen, als es davor gab. Bleibt zu hoffen, dass auch im Allgäu eine positive Entwicklung möglich sein wird.
Ich werde weiterhin gerne das Allgäu besuchen. Die Gegend habe ich lieb gewonnen, egal ob im Sommer oder im Winter. Langweilig wird es mir dort sicher nicht. Ich biete gerne jedem der mir begegnet die Möglichkeit mich persönlich kennen zu lernen und dabei evtl. sein Bild von mir in ein anderes, hoffentlich besseres Licht zu rücken.
Derzeit arbeite ich nicht am nächsten Buch. Sollte ich dies irgendwann und irgendwo wieder tun, werde ich sicher sensibler mit den berechtigten Interessen der einheimischen Biker, mit der offiziellen Akzeptanz der Biker in der Region und den Interessen anderer umgehen.
Bitte habt Verständnis, dass ich nicht zu jedem einzelnen Forumseintrag Stellung nehmen kann. Dennoch würde ich mich über Feedback zu den vorgestellten Touren freuen, damit ich dem Leser über meine Webseite über die aktuelle Situation vor Ort auf dem Laufenden halten kann.
Vielen Dank.