AlpX 2009, schon wieder ein Sommermärchen oder nicht alle Wege führen nach Rom

Mann, Mann, diese Reini-Huldigung wächst über alle Grenzen hinaus!

Man kann Reini gar nicht genug huldigen, ich werde mal gleich damit weitermachen.:lol:

Und das Ganze auch gleich als Vorwand benutzen, um etwas von der eingefahrenen "Und dann ...., und dann... "-Form abzuweichen. Wer soll das schließlich alles lesen, bis Rom ist es immerhin noch ein stattliches Stück Weg.:eek:
 
Teil 4, W.W.R.D. (What Would Reini Do?)

„Nie wieder!“ Die Schwucke, Mitte 30, die jetzt wie irgendwie zwischen anfangender Pubertät und einsetzendem Greisentum aussieht, verlässt die Fötusstellung, richtet sich aschfahl auf und schlurft ins Badezimmer. Er trinkt gierig Wasser aus der hohlen Hand, stöhnt und ächzt ein bisschen, hält sich am Waschbecken fest und wackelt mit dem Oberkörper. Er setzt sich auf das geschlossene Klo, vergräbt den Kopf in den Händen und verharrt eine Weile in der Pose des Rodinschen Denkers. Obwohl er sich unbeobachtet fühlt, führt er sich auf. Es geht ihm nicht gut, aber er spielt auch Theater. Kein Mitleid! Er spielt den Mann, der sein hartes Los erträgt. Er nimmt seinen furchtbaren Zustand hin, wie einen Preis dafür, dass er Heldenhaftes geleistet hat. Zwar hatte er gewankt, doch war er nicht gewichen. Obwohl in kläglicher Verfassung, beginnt sein, vom Konkurrenzdenken bestimmtes, Gehirn schon wieder zu arbeiten. Andere, so sagt er sich, wären nach dieser Tour schon tot!

Ein mieses Theater, das hier gespielt wird; billiges kleines Fernsehspiel. Es handelt sich um einen tausendfach vertretenen Typus, der Radfahren für was Besonderes hält, und das Leiden gehört eben dazu. „Es gibt nur eines: ertrage! Ob Sinn, ob Sucht, Dein fernbestimmtes: Du musst!“ Armer Gottfried Benn. Von einem Idioten zitiert.

Dabei hat er Urlaub, er muss gar nix! Mann, Mann, Mann… in einer Welt, in der alles immer katastrophaler wird, in der in jedem einzelnen Menschen, die determinierten medizinischen Katastrophen die determinierten seelischen Katastrophen jagen, in der jeder einzelne seine Erbärmlichkeit immer schonungsloser und seine Nichtigkeit immer pornografischer zur Schau stellen muss; in einer Welt, in der als Zweck des Daseins dem Meister und seinen Gewährsmännern zufolge tatsächlich nichts als Einsicht anzugeben ist, dass es besser wäre, nicht da zu sein. In einer solchen Welt kann die alles entscheidende Frage nicht mehr lauten „Was würde Jesus tun?“. Die einzig sinnstiftende Handlungsempfehlung kann nur heißen „Hätte Reini Spaß daran?“

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Fensterplatz auf der Petersberger Leger Alm ...



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Die Trennung fiel uns schwer ...


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Alles dabei, an alles gedacht?

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Aufstehen, Essen, Einklicken; der Tag begann wie alle anderen zuvor. Nur stand das Bett diesmal in einer Scheune und die morgendliche Kühle übernahm den Weckdienst. Es ging rauf, es ging runter. Das Wetter hatte sich wieder stabilisiert und bot keine Überraschungen mehr. Nur das man sich an Hitze so schlecht gewöhnt. Im Laufe des Tages wurde noch ein Geldautomat ausgewrungen. Befürchtungen, dass das Weltfinanzsystem in seiner Abwesenheit endgültig zusammengebrochen war, stellten sich als unbegründet heraus, da bereits der dritte(!) Versuch von Erfolg gekrönt war. Zum Schluss sollte es über Denno nach Tuenno gehen oder auch umgekehrt. Die Straße war laut, das Tempo hoch, seine Aufnahmefähigkeit eingeschränkt. Vorne wurde Tempo gemacht, aber heute war nicht sein Tag und so fiel er langsam und unmerklich immer weiter zurück. Gerade wollte er es sich in seiner Geschwindigkeit einrichten, da kam ihm sein Drill Instructor entgegen und verkündete, man würden jetzt gemeinsam wieder ans Hauptfeld heranfahren. Ab diesem Zeitpunkt beginnt seine Erinnerung lückenhaft zu werden; soviel steht aber fest, es war wohl eine ziemliche Quälerei. Er wurde auch noch stellenweise angeschoben! Das war ihm ja noch nie passiert und so benahm er sich auch. Passiv-aggressiv wehrte er sich, und immer wenn die helfende Hand etwas Unterstützung gab, wurden die letzten Kräfte mobilisiert und energisch mit getreten. Äußerst kontraproduktiv, wie ein japsender Fisch, der versucht die Düne zu erklettern, ging es unrhythmisch den Berg hoch. Das war kein Ruhmesblatt, vergleichende Studien zum Themenkomplex „Würdelosigkeit auf dem Fahrrad“ werden diese unschönen Szenen noch jahrelang auszuwerten haben.

Er tritt aus der Dusche und greift nach dem Handtuch. Moment, ist das überhaupt das Bad? Schnegge meint, es sei der Flur und grinst dabei. Und sie hat Recht, es war der Flur. Aber es war auch das Bad, denn die Dusche war schließlich nicht zu übersehen. In einer Welt nach Reini scheint es immer mehrere Wahrheiten zu geben. Alles sehr unübersichtlich. Die Erinnerung kam wieder: Das Bad war der Flur, eigentlich ganz simpel. Sicher ein missglückter Umbau oder wer weiß, was mit der Baugenehmigung schief gegangen war. Unsinn. Alles.

Aber es geht ja noch weiter: Eispickel! Sein Handtuch war weg; heute früh auf der Alm vergessen. Das gute Handtuch von Globetrotter! Der will das nicht wirklich holen, oder? Am nächsten Tag zurückfahren, während es für den Rest weiter Richtung Riva geht? Es scheint ihm ernst zu sein. „Matze, ich kann mein Handtuch nicht zurücklassen!“ hört er nur immer wieder. Unsinn. Alles.

Aber was wusste er schon! Er hatte nur einen kleinen Baumwollfetzen mit Blumenmuster und kein High-Tech-Erzeugnis in Überlebensgröße dabei. „Von einem der auszog, sein Handtuch zu retten“, das ist der Stoff für große Erzählungen. Solch eine Unternehmung ist ja immer auch eine Selbstfindung, eine Reise in die Seelenlandschaft des Helden. John Wayne war in „The Searchers“ 5 Jahre auf der Suche, mal schauen was EP zu erzählen hatte.

Pizza bei Pizza-Zentrale gab es noch und der Tag war gerettet. So richtig verloren war er ja, allen dramatischen Überhöhungen zum Trotz, eigentlich nie und auch Reini hätte sicher Spaß gehabt. Und wenn es nur das Klo im Korridor und das Drama um das vermisste Handtuch gewesen wäre.



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Durch den Flur und dann links ...:D
 
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Sodele.
Bevor die Erlebnisse vollends in einem Erinnerungsbrei verblassen, versuch ich doch auch noch'n paar Worte zu finden und so meine Bilder auch noch rauszuhaun :).


Tag 1

Wochen vorher noch nächtelang über der Route gebrühtet, immer wieder verändert, aber letzendlich doch zu 'ner vernünftigen Lösung gefunden, sollte es jetzt endlich losgehen!
Nachdem die Probleme der vorabendlichen kurzeitigen Trennung des 3er-Grüppchens fast vergessen waren, gings durch Überwindung eines "kleinen" Hubbels nach Ehrwald.
Dabei auf 'ne andere - geführte - Alpencrossgruppe gestoßen. Die Guides meilenweit vorne weg, die Gruppe hinterher...so muss das sein ;).
Im Eifer des Gefechts dann auch noch mit dem Strom geschwommen und auf dem böhsen schwarzen etwas nach Ehrwald runtergedüst. Egal, wir sollten im Verlauf der Reise noch das ein oder andere Mal hübsche Schmalwege befahren dürfen.


Blick zurück zur Zugspitze

Weiter gings klassisch über'n Fernpass.
Und jedem Freireiter sei gesagt, auch wenn das Trailmäßig mit der Marienbergalm natürlich nicht mithalten kann, es geht schnell und der kurze Trail runter zur Ruine muss nur mit dem richtigen Bike und mit genügend Tempo gefahren werden, denn macht der sogar richtig Laune ;).

Besonders wenn man in der Lage ist dem Gemächt durch versenken der Sattelstütze etwas Luft zu verschaffen.
Dass das keine Selbstverständlichkeit ist, ist unter Schwuckenkreisen ja wohlbekannt. Das wusste wohl auch das Kohlekunstwerk von Eispickel. Durch und durch ein durchtriebenes Schwuckenkonstrukt, krallte dieser gemeine Widerporst die Stütze fest als wolle er dem Fahrer sagen:

"Mit mir wird schnell jefahn! Und zwa berguff! Allet and're is' Friereit und is' nich' astreb'nswert, also bleibt die Stütze jefälligst da wo se is'!! Basta!"

Doch nicht mit uns! Pah! Also ringedroschen das Mistding!
Raus bekamen wir das Teil denn auch wieder irgendwie. Mit vereinten Kräften wurde am Rohrwerk gezerrt, schwitzend unter grausigen Quietsch- und Knarzgeräuschen der Sattel verdreht bis sich das garstige Stützgestänge endlich löste.

So konnte dann durch Putzen und Fetten dem sturen Schwuckengeist des Bikes zumindest ein wenig Vernuft eingebläut werden!
Es konnte also weitergehen.

Unspektakulär gings Richtung Imst um dort, möglichst in luftigen Höhen, ein Nachtlager aufzutreiben. Nachdem der vermeintlich letzte Anstieg zur geplanten Alm geschafft war und sich der Tag dem Ende neigte, musste der Erkenntnis Platz gemacht werden, dass die Kennzeichnung eine Schlafmöglichkeit in der Kompasskarte nur zu häufig nicht mit der Wirklichkeit kongruiert.

Wie schon erwähnnt wurde uns jedoch in der 300m höher gelegenen Muttekopfhütte eine Bleibe versprochen. Und so erreichten wir schiebend und schleppend schließlich unser Lager.




Abendstimmung auf der Muttekopfhütte


Muttekopf - hübsch gelegen


Tag 2

Halbwegs ausgeruht uns sattgefrühstückt brachen wir auf, nachdem die gesamte Klettererschar schon ausgezogen war, die heutige Etappe niederzuringen.
Zunächst den Pfad hinab den wir Tags zuvor hochgetragen haben. Anfangs noch zu verblockt um sinnvoll zu fahrn, war spätestens die untere Hälfte dann ein schöner Auftakt in den Tag.


Schnegge rollt sich warm

Dann kurz auf Highspeed-Schotter gerollt um fix wieder in den nächsten Trail einzubiegen. Spaßig, schnell, schottrig. Später eher 'n steiler Waldweg.
Auch nett wenn mann feststellt, dass das momentane Gefälle bei gegebenen Untergrund eine Verringerung der Geschwindigkeit nicht zulässt und man hofft dass hinter der nächsten Biegung nix Schlimmes auftauchen möge :D. Aber allet jut.

Irgendwann wieder im Tal war der schönste Teil auch schon geschafft. Denn den Rest des Tages sollte es im Wesentlich bergauf gehen. Zwischendrin mal flaches dahindüsen im heißen Tal. Transfer halt, nicht schön aber nötig.
So gings also schwitzend nach Sölden. Dort war der Plan, irgendwo hoch ;). Allein schon um die nächste Tagesetappe erträglich gestalten zu können.
Also ab inne Touriinfo, ...joa, Gaislachalm..., liegt sozusagen uffm weg. Also hoch da.
Knapp 700hm später warn wir denn auch angekommen.


Das Ziel des nächsten Tages fast im Blick

Sehr hübsch, wir komplett allein, 2 Doppelzimmer für uns 3, welch ein Luxus nach dem Matratzenlager letzte Nacht. Dazu Tischtennis, was will man mehr :).
 
Tag 3

So, frisch auf in den Tag!
Das sollte 24h später eher weniger der Fall sein. Aber alles zu seiner Zeit.
Zunächst gings auf nem kleinem Wegelchen zur Gletscherstraße.





Dort denn hoch hinaus zum Tiefenbachferner. Ab jetzt sollte es spaßig werden.


Die Gletscherstraße...ein Genuss ;)

Denn es ging auf dem hübschen Höhentrail nach Vent. Mit Panorama satt geht es in fortwährenden auf und ab schick am Hang entlang. Auch wenn 2/3 der Gruppe den Trail schon kannten tat das dem Vergnügen keinen Abbruch.


Jawoll!! :)


Panorama ohne Ende






Das Ende ist in Sicht!

Angenehm trailgesättigt schlugen wir in Vent auf. Kurz die Lage in der Martin-Busch-Hütte gecheckt, wie immer noch fix einige Köstlichkeiten eingekauft und denn Aufahrt zur Hütte.


Weg zur Hütte

Meine stille Hoffnung, noch bis hoch aufs Joch zur Similaunhütte zu kommen wurde durch eine gewisse Inhomogenität des Tempos zerstreut. So war also am frühen frühen Abend Schicht im Schacht und es wurde die heimelige Schlafstätte bezogen.


Sieht idyllisch aus, doch das Äußere kann trügerisch sein

Die Hütte war voll, die Liegeplätze im Lager auf eine geringe Mindestbreite begrenzt und die EINZIGE Dusche kostete 3€ (naja, zumindest warm für 3min, EISkalt wär umsonst gewesen).
Nach 45 min Anstehen (oder war's länger? hab ich verdrängt) entschied ich mich denn doch erstmal stinkend wieder meine Speicher aufzufüllen. EP schafft es tatsächlich frisch geduscht zu essen. Na und Schnegge is eben Schnegge und mampfte, nach eisiger Waschbecken-Schneggenwäsche, ihre Brote irgendwo weit ab vom Trubel.

Dann die Nacht. Ohje. Wie gesagt, voll. Die vielen anwesenden Stöckchenschwinger arbeiteten hart daran die Schlafbemühungen geräuschlich niederzuringen. EP, wenn er nich grad lautstark fluchend meine Nähe suchte, machte fleißig mit.
Wenn ich das gewusst hätte, hätt ich meinen Wach-liege-Platz mit Vehemenz neben Schnegge platziert. Wenn man schon nich schlafen kann, denn doch wenigstens mehr Spass beim Kuscheln!:)
Naja. Jede Nacht hat ja mal ein Ende, so auch diese. Zum Glück.


Tag 4

Frühstück.
Na ich machs kurz und sag mal es war nich das Glanzstück der Reise. Alles in allem War die Martin-Busch-Hütte kein Genuss. Man kanns vllt geschickter anstellen (Zimmer? statt Lager, antizyklisches Duschen ;)). Das etwas unfreundliche Personal lässt sich aber schlecht wegoptimiern. Also wenn man muss kann man dort nächtigen, wenn nich...denn eher nich ;).
Egal. Nacht geschafft. Rüber übers Niederjoch. Italien, wir kommen!


Viel Verkehr richtung Süden in dieser Höhe


Dem Strom der Wanderer und Kletterer folgend gings anfänglich noch fahrend, schnell aber schiebend und tragend, hoch auf gut 3000m.
War gut machbar, es flutsche trotz Schlafmangel. Obwohl natürlich eher die Ausnahme, wurde der ein oder andere vollausgerüstete Wanderer kassiert. Wobei ich mich zumindest einmal fragte, ob das Tragen eines Bikes und das hochalpine Wandern in Klickschuhen vielleicht zur Trittsicherheit beitragen. Denn anders konnte ich mir die Unbeholfenheit eines betagten Herren ohne diese Hilfsmittel nur schwer erklärn. Als wir zwei Tage zuvor von unserer Route berichteten, ernteten wir von einer älteren Dame nur Gelächter :). Naja, so wild war's nu auch nich.


Höchster Punkt des AX, so richtig gewürdigt wurde das nicht:rolleyes:

Oben in der Kälte wurde schnell wieder zum Abflug geblasen, der Weg zur Ötzi-Fundstelle rechts liegen gelassen und der Trail runter ins Schnalstal atackiert.


Das sieht nach Spaß aus


Anfänglich sehr steil und ausgesetzt fehlten etwas die Eier um zu fahrn. Nach rund 200hm wurde der Trail aber immer fahrbarer und ich hatte ab da richtig Spaß. Massig Kurven, Stufen, Treppchen, immer wieder leicht verblockt, im Verlauf immer flowiger. Sehr verspielt das Ganze. Schick, schick. Ganz klare Empfehlung!
Das Canyon-Kohle-Dingens zeigte auch hier wieder seine Schwucken-Zähne und zwang dem Freireiter EP die unschöne Aussage in den Mund, er habe noch nie so wenig Spaß beim Mountainbiken gehabt.
Hart. Naja, ick hatte meinen Spaß :D !


Whoohoo!!...nur wo bleibt der Rest?

...da kommt wer!



Ja wo bleibt er denn? ;)

Ab dem Stausee gings dann ab in den Wald und schmalstmöglich über Steine und Wurzeln weiter hinab. Nochmal sehr hübsch! Irgendwann nochn kurzer Gegenanstieg, nochmal Grinsen und die Straße hatte uns wieder.
Im Verlauf der Abfahrt hatte sich Schnegges eines Pedal teilweise aufgelöst. Eine Notreparatur gelang nicht ganz, es fehlte bereits eine winzige Feder. Aber zumindest drehte es sich noch und eine Seite klickte auch noch wie sie sollte. Es konnte also weiter gehn. Und soweit ich mich erinnern kann sollte das Pedal bis zur Rückkehr ins Flachland seinen Dienst verrichten.

Der Rest des Tages, obwohl noch lang, war etwas ärmer an Vergnüglichkeiten.
Erst wurde noch rasant auf Asphalt runter bis Naturns gerollt und dort ein örtlicher Bikeshop vergeblich nach einem Pedal-Federchen befragt.
Weiter nach Meran gedüst. Es war mittlerweile heiß wie die Hölle. EP entschied sich an einer wenig malerisch gelegenen Gelateria für 'nen Eistest, und nachdem die Wasservorräte wieder gefüllt waren gings hoch zur Hütte.
Läppische 1200hm...'n Klacks!
Boa, wat hab ich gekotzt! Glühend heißer Asphalt, knallende Sonne. Geil. Irgendwann nach leichter Orientierungslosigkeit noch nen sacksteilen Karrenweg hochgeastet und die letzten Meter auf Schotter mit Betonrampen absolviert. Endlich oben.

Die erste Alm war denn allerdings nich zum Übernachten, aber man verwies uns zu nem reizenden Gasthaus in der Nähe.
Freie Betten hatten die zwar nicht mehr. Aber Essen war sehhhr lecker. Und wie schon durch Schnegges glanzvolle Bildergeschichte vorweggenommen, war das Heu überm Stier noch frei. Und so folgte nach dem schlechtesten Schlaf in der Nacht zuvor der vieleicht beste Schlaf der Tour! :)


Tag 5

Die heutige Mission: Will auflesen.
Also aus dem Heu geklettert und ab zum Frühstück. Der Stier verabschiedete uns mit beherzten Rufen. Was er noch nicht wusste: Er sollte die darauf folgende Woche nicht mehr erleben. Am Wochenende gäbe es noch ne Henkersmahlzeit auf der Weide, danach würde es zum Schlachter gehn.

Schicksal.

Da waren unsere Aussichten doch rosiger. Also lecker gefrühstückt und die Hufe geschwungen, hoch aufs Auener Jöchl.
Dort angekommen mal wieder Eispickels Hinterbau festgezogen. Immer wieder löste sich das Hauptlager und erst die Behandlung mit Loctite am Tag darauf sollte längere Festigkeit versprechen.




Schick das Ganze! :)

Im weiternen Verlauf gings über ein schönes Hochplateau, kurz runter auf Schotter um dann eine schönen Trail bis ins Tal zu fahren. Feine Sache das. Und Will stand auch wie verabredet an der Kirche. Alles hat gefunzt :).
So brach das nun komplette Grüppchen auf, gemeinsam den weiteren Weg nach Riva anzutreten.

Viele Foddos sind noch im Album, vieleicht findet das ein oder andere ja noch den Weg hier in den Fred.:)
 
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Teil 5, Riva del Garda


Und dann waren es nur noch drei Gefährten. Nun bin ich ja nicht gerade ein großer Fan von Trennungen aller Art; Casablanca liegt mir noch schwer im Magen. Aber es musste wohl sein! Eispickel hatte sein Handtuch telefonisch erreicht und schmiedete große Pläne. Er wollte sich abends wieder zu uns gesellen.

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Wir fuhren Richtung Lago di Tovel, eine Straße markierte unspektakulär den Weg. Der Tovelsee ist ein stattlicher See, weit über einen Kilometer lang und wieder einmal so bezaubernd grün, dass man es langsam leid werden kann, zu schildern, wie hübsch türkisfarben ein weiterer grandioser Alpensee schimmert. Deshalb ist umso ärgerlicher erfahren zu müssen, dass bis Mitte der 60er Jahre der See in den Sommermonaten eine dunkelrote Färbung annahm, weshalb er auch der „rote See“ genannt wurde. Verursacht wurde diese Färbung durch einen Mikroorganismus, aber Umweltverschmutzung machte diesem Schauspiel ein Ende. Dann eben grün, sieht ja auch ganz nett aus.

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Die ersten 500 Höhenmeter unseres 2.000hm-Aufstieges waren damit erledigt, es sollte weiter zum Passo Groste gehen. Aus steilen Schotterrampen wurden sehr schnell unfahrbare Schmalwege und so wurde das Fahrrad bald nur noch getragen.

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Der Anstieg zog sich über mehrere Stunden hin. Unterwegs trafen wir eine Gruppe von Radwanderen, welche auf ca. 20 Jahre alten Trekkingrädern unterwegs war und zwischen den mächtigen Felsbrocken ihren Rastplatz aufgeschlagen hatte. Manchmal möchte man schon gern einen Bericht sehen „Was macht eigentlich ….?“/“Was wurde aus …?“. Schnegge markierte im Schlussanstieg noch den Weg, indem sie unfreiwillig das Roadbook auf dem Weg verteilte. Ich widmete mich heroisch der Rettung und stürzte nur ein einziges Mal beinahe ab.

Den vorigen Satz kann ich für die Abfahrt gleich so stehen lassen, denn auch dort warf es mich nur einmal beinahe in den Abgrund. War doch alles sehr schmal und hanglastig, eine Menge wurzliges Baumwerk und Steine lagen im Weg. So soll das sein! Zwischendurch gab es an einem „Fahrrad Verboten“-Schild kurz eine Diskussion über die weitere Streckenführung, der aber mit dem Hinweis, dass wir uns schon seit geraumer Zeit auf verbotenen Pfaden bewegten, die Schärfe genommen wurde.

Den Tagesabschluss bildeten 30 Kilometer Highspeed-Radweg nach Zuclo unserem vereinbarten Tagesziel. Dort wurde auf Eispickel gewartet über dessen weiteres Schicksal nichts bekannt war. Die Pfarrer von Zuclo und dem Nachbarort Bolbeno litten unter ADS, und verkürzten uns mit ihren schier wahnsinnigen Läutduellen die Wartezeit. Gerade war der Beschluss gefallen, auf dem Balkon Nachtwachen aufzustellen, die Eispickel, der ohne Kontakt zur Außenwelt durch die Nacht irrte, den Weg weisen sollten, da erschien auch schon, kurz nach 11, der Held des Tages.


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Auf den Straßenschildern, welche nach Riva wiesen, standen nur noch niedrige Entfernungswerte in den 20ern und so war der Weg am nächsten Tag, natürlich nicht auf der Straße, nicht mehr weit. Unterwegs bot sich noch der Lago di Tenno zu einem ausgedehnten Badestopp an. Der Tenno hatte die verabredete grüne Farbe, wir kennen uns gut, er kommt einfach nicht davon los. Schnegge und JPK verließen uns schon früher, sie planten noch eine ausgedehntere Anreise, über den Sentiero de la Pace, nach Riva. Der Rest ging noch einmal baden und rollte dann, über einen letzten Huckel, nach Riva. Auf dem 402 verlor ich noch eine Trinkflasche und konnte glücklicherweise bei „The Lab“ in Riva mich nicht überzeugen, für 10 EURO eine Ersatzflasche zu erwerben. Sehr vernünftig, denn an der Jugendherberge in Riva, unserem Treffpunkt, brachte Schnegge mir meine verlorene Flasche wieder.

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Anfahrt auf Riva del Garda

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Zu Abend wurde auf dem Monte Brione gegessen und im Gardasee bei Mondschein gebadet. Zwei Urlauberinnen hatten noch ein defektes Schaltwerk, wollten den Umbau auf Singlespeed aber nicht durchführen lassen und schoben lieber nach Hause. Schnegge und JPK planten die Zugfahrt zurück, Eispickel und ich planten derweil die Weiterfahrt nach Rom und so ging der Tag recht unspektakulär zu Ende.

Und auch dieser Teil des Berichts ist etwas unspektakulär geraten, weil Riva diesmal kein langersehntes Ziel sondern nur eine Zwischenstation war. Die Toskana und die ewige Stadt warten noch ….

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...Fotomontage....:p

..aber mal im ernst, das mit diesen schönen Tourberichten dient nur dazu, um die daheimgebliebenen in die Anstalt zu katapultieren..:mad::mad::heul::heul:...
ne ne, man kann Euch leider nur noch nachträglich beneiden..:(

...und ich mußte mich auf Sylt vergnügen:mad::mad:..(das Bikeparadies:mad:)

Horsedriver:D
 
Achtung, für alle Buchstaben- und Bildallergiker. In diesem Fred ist in den nächsten Tagen und Wochen mit viel Text und Bild zu rechnen! Es wird ausdrücklich davor gewarnt diesen Fred bei eventuellen Unverträglichkeit anzuklicken. Eltern haften für ihre Kinder!
 
In diesem Jahr bot sich mir die für mich seltene Gelegenheit, vier Wochen Urlaub am Stück zu machen. Ich wollte mir diese Chance nicht entgehen lassen und versuchen, die Zeit einigermaßen sinnvoll zu nutzen. Da ich mich bereits dazu entschlossen hatte, wieder bei Renn.Schneckes AX Casting für eine weitere Alpenquerung teilzunehmen, und meine Teilnahmechancen nicht so schlecht standen, musste ich mir also nur noch was für die restlichen zwei Wochen überlegen.

Ich zögerte nicht lange und schaute mich einfach mal bei google.maps um, wohin man denn in zwei Wochen im September von Riva aus noch hinfahren könnte. Der Gedanke weiter durch die Alpen zu touren war zwar sehr verlockend, doch die Aussicht, eventuell bei frühherbstlichem nasskalten Septemberwetter alleine und nur nach Bauchgefühl durch die Berge zu fahren, reizte mich nicht besonders. Daher orientierte ich mich mehr in Richtung Süden.

„Italien einmal mit dem Mountainbike zu bereisen, könnte eine gute Idee sein“, dachte ich mir. Man lernt Land und Leute näher kennen, es gibt gutes Essen, sehr viele interessante Dinge zu sehen und das Wetter sollte auch mitspielen. Ohne lange zu überlegen, wählte ich als Ziel Sizilien aus. Der Routenplaner sagte mir was von knapp 1000 km Entfernung auf der kürzesten Strecke vom Gardasee bis nach Messina. Das sollte fürs erste zunächst reichen, damit keine Langeweile aufkommt.

Damit stand also der Plan einer Italienquerung von Nord nach Süd mit dem Mountainbike. Die Reise ließ sich gut in drei Abschnitte unterteilen. Im ersten Teil der Reise ging es gemeinsam mit vertrauten Gesichtern (Renn.Schnecke, JayPKay und Will67) von Garmisch aus über die Alpen bis nach Riva del Garda. Für den zweiten Teil der Reise bekundete Will67 sein Mitreiseinteresse und wollte mich noch bis nach Rom begleiten. Im letzten Reiseabschnitt wollte ich mich alleine von Rom aus noch mal schnell bis nach Messina durchschlagen.

Ich werde in den kommenden Tagen hier versuchen, regelmäßig über die Erlebnisse während dieser fast vier Wochen dauernden Reise in Wort und Bild zu berichten.
 
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Sonnabend, 22. August 2009 - Anreise nach Garmisch

... es ist kurz nach 8:00 Uhr morgens und ich betrete den Hauptbahnhof. Höchste Zeit oder einfach nur pünktlich, wie andere Mitmenschen sagen würden, denn in drei Minuten fährt unser Zug in Richtung Süden ab. Ich freue mich, dass der Zug noch nicht ohne mich losgefahren ist, während JayPKay bereits etwas unruhig auf dem Bahnsteig wartet und sichtlich erfreut meine Ankunft zur Kenntnis nimmt. Nachdem Renn.Schnecke am Südkreuz zugestiegen ist, sind wir – vorerst – komplett und die DB-Erlebnisanreise mit dem Wochenendticket von Berlin nach Garmisch beginnt ...

Erstaunlich reibungs- und problemlos kommen wir nach nur vier Mal umsteigen und sogar ohne Verspätung um kurz nach 19:00 Uhr in Garmisch an. Wir haben für die erste Nacht eine Ferienwohnung in Grainau reserviert. Bevor wir uns auf den Weg dahin machen, gibt es noch einen Zwischenstopp beim lokalen Lidl und wir decken uns noch mal mit Lebensmitteln ein.

Während der Fahrt nach Grainau verliere ich unter bisher ungeklärten Umständen den Kontakt zur Reiseleitung und stehe erst mal eine gute Stunde in der Kälte und warte vergebens auf Rettung. Ich entschließe mich irgendwann, als es mir zu kalt und zu dunkel wird, zur Selbstrettung. In Grainau angekommen, treffe ich beim ersten Versuch gleich die richtige Einfahrt in den Ort und auf Schnegges Bike, welches als Wegweiser am Straßenrand aufgestellt wurde.

Nach einigem Suchen finde ich dann auch das passende Haus zum Bike. In der Ferienwohnung sind bereits die Überraschungs-Forums-Promis Proper und Hobbes anwesend.

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Es wird gescherzt, gefachsimpelt und lecker gekocht. Meine Stimmung steigt mit der Umgebungstemperatur in der Unterkunft und nach dem Essen ist die Welt für mich wieder in Ordnung. Es ist bereits nach 22 Uhr als uns unsere Gäste verlassen. Kurze Zeit später liegen wir im Bett und träumen von den vor uns liegenden Abenteuern.
 
Tag 1 – Auf Wiedersehen Deutschland – Willkommen im Paradies

Der Tag beginnt, wie es sich für einen Biketag in den Alpen gehört, mit blauem Himmel und Sonnenschein. Um kurz nach 9 Uhr geht’s los, vorbei am Eibsee und über die Hochthörlehütte rüber nach Ehrwald.

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Bei der Auffahrt treffen wir auf eine geführte Mountainbikegruppe welche, so wie ich es mitbekomme, irgendwie Pech mit den Guides hat. Die Jungs fahren für meinen Geschmack ziemlich zügig bergan und wollen entweder gleich am ersten Anstieg ihrer Gruppe zeigen, wo der Hammer hängt oder ich bin einfach wirklich nur arschlangsam.

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Anstatt auf unsere Karte zu schauen, fahren wir dummerweise bequem und in gutem Glauben im Schlepptau der Gruppe auf der Straße runter nach Ehrwald mit und lassen so gleich mal den eingeplanten Singletrail aus.

Nach diesem Missgeschick lassen wir die Gruppe lieber fahren und entschließen uns dazu, unseren Weg ab sofort wieder selbst zu suchen. Vorbei am Cube Hotel geht es über den „Fernpass für Mountainbiker“ durch den Wald in Richtung Imst. Ich habe nach meinen zwei Wochen Bikepause mehr mit den Anstiegen zu kämpfen als mir lieb ist. Wir sind noch nicht mal 50 km gefahren und die Raserei vom ersten Anstieg macht sich bereits deutlich bemerkbar.

Nachdem wir die Fernpassecke endlich hinter uns gelassen haben, wird es deutlich angenehmer. Weniger Autos, weniger Lärm und Abgase, dafür mehr Ruhe und noch schönere Ausblicke bei herrlichstem blauen Himmel. Selbst die etwas kühleren Temperaturen vom Morgen sind Vergangenheit.

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Auf einem Bilderbuch-Schotterweg kurbeln wir bergan und die nicht endend wollenden Kurven und Serpentinen bringen uns ganz langsam wieder in Richtung der 2000 hm Grenze.

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Ich sehne inzwischen wirklich unsere auserwählte Unterkunft - die Latschenhütte - herbei, weil ich einfach nur noch kaputt bin. Noch `ne Kurve und noch `n Anstieg ... der Weg will irgendwie einfach kein Ende nehmen. Irgendwann kommen wir dann doch endlich an unserer Übernachtungshütte an - die Sonne senkt sich bereits vielsagend in Richtung der Berggipfel und es ist höchste Zeit einzukehren. Aber wie das immer so ist im Leben, stellt sich bei genauer Nachfrage heraus, dass dort eine Übernachtung gar nicht möglich ist.

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Die Betreiber der Latschenhütte sind allerdings so nett und klären telefonisch für uns die Übernachtungsmöglichkeit auf der Muttekopfhütte auf 2050 m ab. Wir haben Glück und nach dem Telefonat zwei Optionen... entweder rauf zur Muttekopfhütte, was bedeutet, 45-60 min bergan mit Tragepassagen zu klettern, oder bergab fahren und tiefer nach einer Unterkunft suchen. Bei einer kurzen internen Umfrage (es ist bereits kurz nach 18 Uhr) votiere ich natürlich sofort und ohne zu zögern (warum auch immer) für den Aufstieg. Da die Reiseleitung die gleichen Vorlieben pflegt, ist die Entscheidung damit gefallen und wir machen uns auf den Weg zum endgültigen Tagesendziel.

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Der Aufstieg stellt für mich dann erstaunlicherweise kein größeres Problem mehr dar (das Ziel war ja bereits zu sehen) und irgendwann kurz vor 19:00 Uhr erreichen wir nach einer schönen Wanderung durch die Berge die Hütte. Es erweist sich zudem, dass sich jeder Höhenmeter gelohnt hat. Zivile Preise, gutes Essen und eine tolle Aussicht ins Tal.

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Die Hütte scheint vor nicht allzu langer Zeit renoviert worden zu sein. Die Unterkunft ist ganz klar eine Empfehlung, überlege ich mir noch so, bevor ich glücklich und zufrieden in meinen nagelneuen Hüttenschlafsack eingemummelt im Lager einschlafe...
 
Respekt vor dieser Leistung, ich beneide euch!

Habt Ihr von der Tour auch GPS-Tracks oder sonstige Orientierungshilfen, so das man die tollen Trails die Ihr da beschreibt und zeigt auch mal selber aufsuchen kann?


Gruß,

Eisfochel.
 
Respekt vor dieser Leistung, ich beneide euch!
Habt Ihr von der Tour auch GPS-Tracks oder sonstige Orientierungshilfen, so das man die tollen Trails die Ihr da beschreibt und zeigt auch mal selber aufsuchen kann?
Gruß,

Eisfochel.

Hallo Eisfochel,

nen GPS Track nachfahren kann ja jeder. Das iss doch todlangweilig ... versuchs doch einfach mal mit Wege selber entdecken und/oder Karten lesen. Zum Thema Hinweise, Unterkunftstipps etc. werde ich gerne zum Schluss noch ein paar Worte verlieren.

Viele Grüße :winken: Eispickel

ED: ansonsten sind da ja auch noch 3 weitere Mitfahrer dabeigewesen ... evtl. können die ja auch noch weiterhelfen ;)
 
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Tag 2 - Expresstransfer in die wirklich hohen Berge

Mein Bikecomputer zeigt gerade mal 6:00 Uhr an, als die Nacht im Lager anscheinend bereits schon wieder vorbei ist. Es kehrt deutlich mehr Leben in meinen Alpenmorgen ein, als mir zu dieser Zeit lieb ist. Die Wanderer wollen anscheinend alle seeeehr früh los und lassen sich auch von drei schlafsüchtigen Alpencrossern nicht von ihrem Vorhaben abhalten.

Ich tendiere zu einer Übersprungshandlung und verschwinde direkt nach draußen, da an ein Weiterschlafen eh nicht mehr zu denken ist. Draußen angekommen werde ich mit einem einmaligen Pre-Sonnenaufgangspanorama belohnt.

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Nach einem guten aber etwas unkoordinierten Frühstück verlassen wir so ziemlich als letzte die Hütte. Auf dem gestern aufwärts gewanderten Weg geht es nun wieder talwärts. Es ist die erste etwas technischere Abfahrt und ich bemerke sofort den Unterschied zu meinem alten Bike. So richtig rund läuft das mit mir und dem neuen Material noch nicht. Ich lasse mich davon natürlich nicht abschrecken sondern fahre einfach weiter. Learning by doing wie es so schön heißt. Folgerichtig bin ich trotz aller Vorsicht in einem der letzten Geröllfelder dann auch fällig und erprobe das erste Mal bei diesem AX die Gesetze der Schwerkraft. Glücklicherweise passiert mir bis auf ein paar kleine Kratzer nichts weiter.

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Die weitere Abfahrt ist leider nur steil und weniger interessant. Man ist nur am bremsen und mein Spaßpegel hat nach oben noch deutlich Potenzial. Kurze Zeit später erreichen wir Imst, von wo aus es weiter in Richtung Ötztal geht. Über einen Hügel mit vielen schönen Spitzkehren geht es erst einmal wieder bergauf.

Etwas später werden mir unter anderem geheime Orte gezeigt, an denen man wohl ab und an auch mal Berliner Forumsgrößen einfach so direkt am Wegesrand treffen kann.

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Es geht die ganze Zeit zwar nur leicht dafür aber stetig bergan. So richtig rollen will es bei diesen Bedingungen leider nicht und es ist irgendwie demoralisierend auf einer gefühlt geraden Strecke bei fast maximaler Anstrengung nicht mal ne 20 auf dem Tacho zu sehen.

Da alles Jammern nicht hilft, geht es gefühlt langsam weiter in Richtung Sölden. Je weiter wir ins Ötztal reinfahren, desto gigantischer erheben sich rechts und links der Strecke im Tal die Berge und ich überlege bereits längere Zeit, wie ich da heute noch hoch kommen soll.

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Trotz der Berge ist die Strecke im Tal relativ unspektakulär, fast schon langweilig, wenn diese Umschreibung für eine Tour in den Alpen erlaubt ist. Nach guten 40-50 km habe ich ein Déjà-vu. Ich entschließe mich Schnegge und JayPKay einfach mal weiter auf dem Trail fahren zu lassen und nehme die letzten 15 km nach Sölden den einfacheren Weg auf der Straße.

Nach etwas mehr als einer halben Stunde treffe ich zwar vor den beiden in Sölden ein, aber meine Pause dort ist nur kurz, da nur wenige Minuten nach mir auch meine zwei Verfolger am Ortseingangsschild erscheinen. Unübersehbar wird überall im Ort für den am kommenden Wochenende stattfindenden Ötztaler Radmarathon geworben. Wir haben allerdings andere Pläne als dem Rennspektakel beizuwohnen.

Da es bereits 16:00 Uhr ist, beschließen wir das Thema Unterkunft für den heutigen Abend nun aktiv anzugehen, da wir wieder spektakulär auf dem Berg und nicht langweilig im Tal übernachten wollen.

Nach dem Zwischenstop in der Touristeninfo ist klar, dass der ursprüngliche Übernachtungsplan verworfen werden muss. Alles ist mal wieder anders, aber wir haben eine schöne Alternative gefunden. Wir können im Sonneck, einer Skistation auf rund 2000 hm, übernachten. Wie sich wenig später herausstellen sollte, haben wir wieder eine gute Wahl getroffen.

Nach einem Tagesabschluss wie er im Rennschneckenalpencrossregelheft steht, erreichen wir nur gute 700 hm später das Sonneck. Es macht irgendwie einen verlassenen Eindruck, aber der Schein trügt. Die Hausherrin empfängt uns freundlich und wir können auch direkt unsere Zimmer beziehen.

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Da wir die einzigen Gäste an diesem Abend sind, haben wir die ganze Hütte für uns alleine – einfach traumhaft. Nach dem Essen veranstalten wir noch ein kleines After-Biketour-Tischtennisturnier und versuchen erstmalig, meine Hinterbauschraube zum dauerhaften Verbleib im Gewindestübchen zu bewegen. Es weiß zwar noch niemand an diesem Abend, aber dieser Vorgang wird sich in die nächsten Tage noch mehrfach wiederholen.
 
Tag 3 – Zu Besuch auf dem Potsdamer Platz der Alpen

Der Tag beginnt eigentlich wie immer mit Sonne und einem guten Frühstück.Routiniert teilen wir alles Verwertbare untereinander auf und verstauen es so gut es geht und so diskret wie möglich in unseren Sachen. Nur zu gut kennen wir die missbilligenden Blicke und Äußerungen der Unterkunftsbesitzer, wenn sie das ganze Ausmaß unseres Energiebedarfes erkennen. Um möglichen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, suchen wir wie immer schnell das Weite... :D

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Über eine Alm mit fröhlichen Kühen geht es rüber zur Mittelstation des Skiliftes, der in der Winterzeit wohl meist neureiche russische Erholungssuchende von Sölden aus zum Gaislachkogel hochschaukelt. Wir verschwenden daran natürlich keinen Gedanken, sondern fahren immer schön am Berg entlang über einen wunderbaren menschenleeren Trail in Richtung Gletscherstraße.

Dort angekommen geht’s erst mal nur noch heftigst bergan in Richtung Großbaustelle Rettenbachgletscher. Der steilste jemals in einem Rennradrennen gefahrene Anstieg hat es jedenfalls in sich. Der Gedanke, diesen Anstieg in einem Rennen fahren zu müssen löst irgendwie keine Begeisterung aus. Leider werde ich permanent von LKWs, Bussen oder irgendwelchen Touristen im Auto überholt, die unbedingt auf den Berg gefahren werden müssen, so dass dieser Teil des Weges nicht so schön ist, wie er ohne Verkehr sein könnte.

Ich frage mich, warum die eigentlich nicht wie normale Menschen ein Rad nehmen oder zur Abwechslung einfach mal laufen? Oben am Rettenbachferner angekommen, bietet sich uns ein Bild des Grauens beziehungsweise eines, das eher Mitleid erregt als beeindruckt. Von dem einstmals sicher imposanten Gletscher ist nicht mehr viel übrig geblieben. Das blanke Eis ist von Dreck überzogen und es taut an allen Ecken und Enden mit voller Kraft.

Da es so durchgeschwitzt hier oben recht frisch ist, müssen wir zügig weiter und wir verschwinden durch den Eis-Tunnel in Richtung Gipfel. Oben angekommen verschlägt es mir fast die Sprache. Einen Moment denke ich, ich stehe auf dem Potsdamer Platz und wir schreiben das Jahren 1995... wenn nur nicht diese blöden Berge so stören würden, es wäre wirklich eine wunderbare Großbaustelle.

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Zum Glück sind es nur circa 500 m bis zum Einstieg in den Panoramatrail runter nach Vent und so schnell wie der Spuk mit der Bergautobahn hoch zum Gletscher und der Bergbaustelle in besagtem Gebiet kam, so schnell ist er auch wieder verschwunden. Ab sofort ist zum Glück wieder Idylle angesagt und wir befinden uns auf einem Trail, der seinem Namen alle Ehre macht. Wunderbar ausgesetzte meist nur 30 - 40 cm breite Trails bevor man links direkt ins Tal stürzt oder auf der rechten Seite an eine Felswand stößt.

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Für Fahrer mit Höhenangst und übersteigertem Kurvenfahrverhalten ist der Weg tabu. Der Begriff Panoramaweg ist hier wirklich keine Übertreibung. Permanent bieten sich tolle Ausblicke und jede Sekunde Fahrt auf diesem Weg ist ein Erlebnis.

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Auch fahrtechnisch hat der Trail einiges zu bieten. Es gibt andauernd neue Hindernisse oder, wie sagt man so schön, Herausforderungen zu bewältigen. Ob schmale Brücken über kalte Bergbäche, große oder kleine Felsblöcke, Absätze, enge Kurven oder steile Felsabfahrten. Alles ist hier oben im Überfluss vorhanden.

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Wir brauchen eine Ewigkeit, bis wir runter nach Vent kommen. Ab und an fehlt bei mir nicht viel zum Sturz ins Nirgendwo. Ich versuche, das möglichst auszublenden und so zu tun als würde ich mit dem neuen Bike genauso sicher fahren wie mit dem alten. Man muss einfach nur ganz fest dran Glauben. Nach zwei bis drei Stunden haben wir es dann aber doch irgendwie lebend und ohne nennenswerten Abstürze geschafft und das Tagesendziel Martin-Busch-Hütte ist nicht mehr allzu fern.

Bevor es allerdings in den letzten Anstieg des Tages geht, gönnen wir uns noch einmal eine kleine Pause. Wir besuchen kurz den lokalen Mini-Supermarkt und kaufen ein paar Kleinigkeiten ein. Außerdem werden die Wasservorräte noch einmal aufgefüllt. Dann geht’s endlich wieder bergauf ... juhu :kotz:

Die ersten Meter in das Seitental rauf zur Martin-Busch-Hütte sind extrem steil und ich bin schon wieder schwer am kämpfen. Ist das wirklich nur die dünne Luft in dieser Höhe oder bin ich schon wieder breit? Und das, wo der Tacho gerade mal 30 km anzeigt. Kann doch gar nicht sein ... *grübel* ... is´ aber so! Meine Zweifel, ob ich es überhaupt bis zum Gardasee schaffe, werden noch größer als sie es bis hierher bereits waren.

Nach einem knappen Kilometer gibt es endlich die geplante Verpflegungspause. Nachdem wir uns über unsere leckeren Trailbrötchen hergemacht haben, knuspern wir noch ein paar Kekse und dann muss es wohl oder übel weitergehen. Ich schicke JayPKay und Schnegge schon mal vor, um in aller Ruhe und ohne Eile :D hoch zur Hütte fahren zu können.

Die Auffahrt zur Martin-Busch-Hütte ist für mich wirklich beeindruckend. Massive und irgendwie sehr hoch wirkende Berge in einem verhältnismäßig weit einzusehenden Hochtal lassen einen Menschen hier ziemlich winzig und unbedeutend erscheinen.

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Die Bergformationen lassen keinen Zweifel zu – wir sind definitiv im Hochgebirge angekommen.

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Während es viel zu langsam in Richtung Hütte geht sehe ich ab und an, wie Schnegge am Horizont den Anstieg hochkurbelt. Einholen werde ich sie nicht mehr, aber das ist auch nicht weiter schlimm. Ich toure eher gemütlich bergan, aber irgendwie ist es unglaublich anstrengend und mehr ein Kampf als gemütliches Dahinrollen. Unterwegs treffe ich ungewöhnlich viele Wanderer, und da wir meistens fast die gleiche Geschwindigkeit haben, unterhalte ich mich ab und auch ein wenig. Ich erfahre dabei unter anderem, wie extrem hier oben der Gletscher bereits abgeschmolzen ist und auch, dass es nicht mehr weit bis zur Hütte ist. Über ersteres mache ich mir so meine Gedanken und letzteres nehme ich dankbar zur Kenntnis.

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Als ich an der DAV-Hütte der Sektion Berlin ankomme, ist die Sonne bereits wieder kräftig am untergehen und das nächste Abenteuer wartet bereits auf uns. Die Unterkunft ist anders als die bisherigen und das ist leider nicht im positiven Sinne zu verstehen.
Die Hütte ist rappelvoll und ist recht spartanisch eingerichtet: ich habe wahrscheinlich noch nie so lange darauf gewartet, mich in die eine vorhandene Duschkabine zu stellen (drei Minuten lang warmes Wasser für drei Euro, kaltes as long as you survive for free) Im Vergleich mit den bisherigen Hütten – man muss es leider so sagen – auf jeden Fall eine kleine Enttäuschung. Lobenswert ist leider nur die Riesenportion Nudeln für 7,50€. Ansonsten gibt es wenig Positives was noch erwähnenswert wäre. Ich stelle fest, dass ich nicht noch mal in diese Hütte fahren muss, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Da man auf der Hütte auch nichts weiter machen kann, gehen wir bereits um kurz nach neun ins Bett.

Also schnell die Augen zumachen und irgendwie versuchen einzuschlafen und erst morgen früh wieder aufwachen ... Da wir im Lager übernachteten, ist das kein so leichtes Unterfangen. Wir teilten uns mit wahren Menschenmassen ein Massenbett, welches meiner Meinung nach für die Anzahl der Personen eindeutig zu wenig Platz bietet. Die weiteren Details wie es ist, wenn 18 Personen in einem circa 4 m x 6 m großen Raum schlafen, überlasse ich an dieser Stelle der Phantasie eines jeden einzelnen.
 
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Geil, von der Tour kenn ich jeden Meter.
Allerdings haben wir den Panoramatrail als Abentliche Feierabendrunde benutzt Sozusagen Sölden-Rettenbachferner-Vend-Sölden und sind, um dies noch an einem Nachmitag zu schaffen mit dem ÖPV zur Großbaustelle hoch.(bin ich auch nich traurig drüber, wenn ich auf ner Baustellle radfahren will kurbel ich den ganzen Tag durchs Rüdersdorfer Zementwerk). Den Rest Eurer Tor zur M.B.Hü. ham wir dan am nächsten Tag zum warmfahren benützt, um dan ab der Hütte zur Kreutzspitze abzubiegen (wenn man morgens von Vend ausgeruht startet ist es zur Hütte gar kein so anstrengender Weg, nach eurem vorherigem Tagespensum eine gigantische Leistung.
Da werden Errinerungen wach und ich schlaf heut sicher besonders gut, vielen dank!
:love::love::love:
 
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Tag 4 – Der lange Ritt ins Heu

Auch die schlimmste Nacht ist zum Glück irgendwann einmal vorbei. Mit dem Frühstück wartet natürlich noch ein letztes Hüttenabenteuer auf uns. Die Essensausgabe spuckt für jeden Gast einen Teller mit drei Scheiben trockenem und nicht mehr wirklich frischem Brot, ein Schälchen Marmelade, ein Käsescheibenimitat und zwei Scheiben wurstähnliches Etwas aus. Dazu gibt es für jeden Gast einen Heißwasserkakao oder wahlweise Tee.

Schweigend und in Gedanken versunken löffele ich mein Schälchen Cornflakes, welches ich dem Frühstückswachpersonal noch erfolgreich aus den Rippen leiern konnte, bevor ich über den Hauptgang herfalle. Beim stummen Kauen denke ich über die Theorie nach, dass die Hüttenbetreiber wahrscheinlich direkte Nachfahren von Ötzi sein müssen und hier nur eine Familientradition am Leben halten. Im wahren Leben war Ötzi wahrscheinlich Gastwirt und nicht Jäger oder Sammler. Er wollte damals sicher nur Nachschub für seine nächsten Gäste organisieren, als er unglücklicherweise auf dem Weg über den Gletscher nur fünf Kilometer Luftlinie von der Hütte entfernt auf dem Weg zurück von Italien schwer mit Tiramisu und Pizzabrot beladen auf einen verärgerten Gast aus einer der letzten Nächte traf. Dieser hatte die Demütigungen natürlich nicht vergessen und revanchierte sich auf die damals zeitgemäße Art und Weise und hauchte Ötzi direkt vor Ort mit der Armbrust das Licht des Lebens aus. Da sich meine Frühstücksvorräte sich dem Ende zu neigen komme ich unweigerlich wieder in der Realität an.

Die Fundstelle von Ötzi liegt wirklich nur wenige Kilometer von unserem Weg entfernt, aber wir haben natürlich wie immer keine Zeit für derartige touristische Attraktionen. Der Reisefahrplan lässt nur sehr wenig Zeit für ungeplante Zusatzveranstaltungen. Das Frühstück ist inzwischen Geschichte und mein Besuch in der Hütte somit glücklicherweise auch. Letztendlich war das Frühstück trotz aller Bescheidenheit gut genug um den Hunger zu stillen und überlebt haben wir es auch. Es passt sich jedenfalls nahtlos in mein Bild von der Hütte ein. Dadurch wird mir erst bewusst, wie ausgezeichnet die pompösen Portionen der Vortage waren. Ich stelle fest, dass wir anscheinend bereits zu verwöhnt sind, um den (Hochgebirgs-)Luxus und (Hochgebirgs-)Überfluss der Martin-Busch Hütte angemessen würdigen zu können.

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Nach diesem "Highlight der etwas anderen Art" suchen wir jedenfalls schnell das Weite und verlassen umgehend diesen Tempel der Bescheidenheit. Für uns geht es erst einmal weiter aufwärts. Der höchste Punkt der gesamten Reise will heute von uns erklommen werden. Der Weg – angekündigt als 500 hm Tragepassage - schlängelte sich durch einen riesigen Steingarten und ist weniger beschwerlich, als ich es nach den Reaktionen der Frau in der Latschenhütte, der wir von unserem Vorhaben erzählt hatten und die uns daraufhin auslachte, erwartet hatte. Was mich allerdings stark irritiert, ist die Tatsache, dass die beiden Expressbiker von der Reiseleitung heute hinter mir laufen. So kenne ich das gar nicht. Machen die das heute etwa absichtlich :ka:

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Der Weg rauf zum Joch ist gut besucht und so langsam sammeln wir die wie immer frühaufstehenden Wanderer alle wieder ein. An Stellen, wo sich früher einmal ein Gletscher befand, existiert heute nur noch ein trauriges Sand-Geröll-Gemisch. Sind irgendwo doch noch letzten Reste des Gletschers vorhanden, so sind diese dick mit Dreck überzogen und geben ein trauriges Bild ab. Ich denke, in spätestens zehn Jahren wird im Sommer hier oben kein Schnee oder Eis mehr zu finden sein.

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Je höher wir kommen, desto schwieriger wird der Weg und auch ich muss mein Bike ausnahmsweise an einigen Stellen mal tragen. Auf den letzten Metern zur Hütte ist es inzwischen empfindlich kühl geworden und ich nehme den direkten Weg in die Hütte, um mich aufzuwärmen und mir etwas überzuziehen.

Wir sind im Übrigen die einzigen Menschen an diesem Morgen, die hier oben in kurzen Hosen und Trikots rumlaufen. Die Wanderer sind alle dick eingepackt – es scheint kalt zu sein auf über 3000 m Höhe.

Nach einer Minipause in der Hütte schauen wir uns noch kurz am Niedererjoch um, aber das Wetter lädt an dieser Stelle nicht unbedingt zum Verweilen ein. Es ist kühl und ziemlich wolkig um uns herum. Wir queren daher schnell die italienische Grenze, ignorieren den Pfad zu Ötzis Fundstelle und begeben uns auf den langen Abstieg runter zum Stausee.

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Der Weg dorthin ist durchaus als abenteuerlich zu bezeichnen. Auf den ersten zwei Kilometern wandeln wir immer mit einem halben Bein im Abgrund. JayPKay stört das weniger, er fährt sogar an Stellen, die selbst ich vorsichtig als ziemlich ungesichert und luftig bezeichnen würde. Nach rund 500 hm wird der Trail vermeintlich besser beziehungsweise ist man nicht mehr so akut absturzgefährdet und auch ich unternehme erste Fahrversuche.

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Ich werde allerdings mit der Abfahrt heute irgendwie gar nicht warm und muss laufend anhalten, absteigen oder korrigieren. Es kommt natürlich kein Spaß auf, wenn man seine Fahrversuche laufend abbrechen muss, wenn es mal interessant wird. Auch wenn oft nur Kleinigkeiten zum weiterfahren fehlen, meine Laune ist auf direktem Wege zu neuen historischen Tiefstständen.

Irgendwann habe ich keine Lust mehr und ändere meine Devise einfach auf: „Manchmal sollte man bestimmte Dinge halt einfach nicht tun, wenn man noch drei Wochen auf dem Rad verbringen möchte“. Das ist zwar für mich ziemlich gewöhnungsbedürftig aber durchaus zielführend.

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Freunde?


Ziemlich frustriert, weil viel zu oft zu Fuß und ohne Flow unterwegs, komme ich auch irgendwann unten an. Ich schimpfe vor mich hin und ernte unverständliche und entgeisterte Blicke. Insgeheim beschließe ich jedoch bereits hier, irgendwann wiederzukommen und dann wird der Trail richtig gefahren ... versprochen!!

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Ab jetzt geht’s wieder in den Wald auf einem schmalen Trail mehr bergab als bergan. Eine schöne Kombination wie ich finde. Leider habe ich auch hier noch ab und an meine Probleme.

Unser nächstes Ziel heißt Karthaus. Eine Gemeinde, die durch die Ansiedlung eines Klosters des Karthäuser Ordens im Jahre 1326 entstand und wo die erste richtige Pause des Tages eingeplant ist. Über durchaus flowige Trails gelangen wir nach einer guten Stunde an ein nettes Plätzchen an einem Bach unterhalb besagten Ortes.

Nach einem kleinen Trailbrötchenstop mit "Martin-Busch-Hütten-Verpflegung" geht es auf der Straße weiter talwärts in Richtung Meran. Allerdings wird unsere rasante Abfahrt bereits nach 300 m von Schnegge gestoppt, bevor es so richtig los gehen kann. Irgendwas ist mit ihrem Klickpedal ... die Problemanalyse fördert eine winzige fehlende Feder im Klickpedal zu Tage.

Nachdem wir alles Mögliche ausprobiert haben, stellen wir fest, dass die Feder unersetzlich ist und beschließen, die Pedale erst mal wieder notdürftig zusammenzubauen. Für Schnegge ist ab sofort das neueste Modell der Ein-Klick-Pedale im Testbetrieb freigegeben. Nachdem kurz vor Meran auch ein Ersatzteilbeschaffungsversuch kläglich scheitert und nur komplette Klickpedalsystem zum Verkauf stehen, bekommt die Pedale im Modellversuch von Schnegge die vorläufige Freigabe für den Dauertest.

Es ist kurz vor 15:00 Uhr, als wir im Stadtzentrum von Meran eintreffen. Im Laufe der rasenden Abfahrt auf Asphalt wurde das Wetter immer italienischer und in Meran herrschen schließlich Temperaturen von über 30° C vor. Die Sonne brennt und ich sehne mich nach einem kühlen Getränk oder einem Bad im Lago di Tenno...

Diese Wunschvorstellungen bringen mich auf die Idee, das Projekt „Eistest Italiano“ aus der Taufe zu heben. Ziel des Projektes ist es, das leckerste Eis Italiens zu küren und dabei so oft wie möglich frische Testergebnisse vom Local Dealer einzuholen.

Nach einem leckeren Eis und einer kleinen Pause geht es in den letzten Anstieg des Tages. Es sind ja schließlich nur noch knapp 1500 hm bis zum Ziel, der Vöraner Alm. Schnell lassen wir Meran hinter uns und es stellt sich dabei heraus, dass mir die sommerlichen Temperaturen, die Asphaltanstiege und auch die Höllenpassage durch den Wald ganz gut liegen. Die Schwächeanfälle der ersten Tage sind erst einmal Vergangenheit.

Nach einem durchaus als beschwerlich zu bezeichnenden Anstieg durch den Wald mit Polen-Marathoncharakter erreichen wir Avelengo. Dort besuchen wir um fünf vor sechs schnell noch einmal den örtlichen Supermarkt, der mit einem sehr kleinen aber gut ausgewählten Sortiment auf die Kunden wartet.

Auch die letzten sechs Kilometer zur Vöraner Alm werden wie immer zum Abschluss des Tages recht flüssig gefahren und pünktlich zum Sonnenuntergang erreichen wir dann auch unser Zielgebiet.

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Da unsere auserwählte Hütte auf der Vöraner Alm leider keine Übernachtungen anbietet, nehmen wir den Tip „Gasthof Waldbichl“ von der Wirtin dankbar an. Es ist inzwischen bereits kurz vor 19 Uhr und es wird höchste Zeit, eine Unterkunft für die Nacht zu finden. Über herrlichste Almwiesen vorbei an Pferden und Kühen geht es direkt zum Waldbichl.

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Leider sind im Waldbichl alle Zimmer belegt. Allerdings bietet uns Toni – der Hüttenchef - noch die Möglichkeit an beim Bullen in der Scheune zu übernachten. Decken bekommen wir gestellt und ein Shuttle Service zur Scheune ist auch im Preis enthalten.

Wir zögern nicht lange und sagen natürlich begeistert zu ... eine Übernachtung im Heu hatten wir noch nie ausprobiert. Bevor es in die Scheune geht, können wir im Hotel duschen und sehr lecker zu guten Preisen essen. Als Nachtisch verspeisen wir noch ein selbstgemachtes und extrem leckeres Bioeis. Der Gasthof Waldbichl ist für mich jedenfalls eine ganz klare Empfehlung zum Übernachten.

Irgendwann, als der Gaststättenbetrieb längst eingestellt ist und die Gäste des Hauses bereits alle auf ihren Zimmern sind, fährt uns Toni mit vollem Einsatz zu seiner Scheune.

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Als wir in dieser lauen Sommernacht bei sternenklarem Himmel in der Scheune ankommen, werden wir durchaus freundlich von dem Bullen empfangen. Nach einer leider viel zu kurzen Inspektion eines millionenfach funkelnden Sternenhimmels machen wir es uns im Heu gemütlich und ich werde in dieser Nacht so gut wie nicht noch einmal auf der gesamten Reise schlafen.

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Hallo Eispickel,

vielen Dank für die bisherigen Zeilen. :daumen: Bei dauerhaften Schnee und Eis sowie der Extrememaloche eine schöne Abwechslung.

Man wat ick mir schon uff den Sommer im Paradies freue. :love:

checker:winken:
 
Das freut mich zu lesen ... immer wieder gerne. Ich hoffe die Freude hält noch ein wenig an, denn ein paar Tage habe ich ja noch im Köcher ;)
 
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