Anmerkungen zur "Helmpflicht" (Urteil des OLG Düsseldorf)

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Mülheim an der Ruhr
Wie schon mehrfach gepostet, hat sich das OLG Düsseldorf in einer Entscheidung vom 12.02.2007 (I-1 U 182/06) mit dem Tragen eines Helms beim Radfahren beschäftigt. Den Begriff "Helmpflicht" verwende ich hier absichtlich nicht, wie sich hoffentlich aus den nachfolgenden Urteilsanmerkungen erklärt.

Worum ging es eigentlich in diesem Rechtsstreit? Ich fasse nachfolgend den Sachverhalt, wie er sich für das Gericht aufgrund des Prozesses darstellte zusammen:

An einem Sonntag im Juli 2005 befuhr der damals 67-jährige Kläger mit seinem Rennrad in Begleitung von zwei weiteren Rennradfahrern eine durch ländliches Gebiet führende Straße, die im Urteil als "K35" bezeichnet wird. Da in der ersten Instanz der Rechtsstreit vor dem LG Kleve geführt wurde, läßt sich vermuten, daß sich der Unfall in dessen Bezirk ereignete. Der Kläger trug an diesem Tag eine Rennfahrerbekleidung, hingegen keinen Schutzhelm.

Der Kläger folgte den beiden ihm vorausfahrenden Rennradlern mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 - 40 km/h in eine scharfe Rechtskurve, in der die Sicht nach vorn durch eine rechts neben der Fahrbahn befindliche Hecke beeinträchtigt ist. Hinter dem Kurvenbereich näherte sich der Beklagte mit dem von ihm befahrenen Traktor in entgegengesetzter Fahrtrichtung. An den Traktor angehängt war ein sogenannter Heuwender, durch den der Traktor die gesamte Breite der Fahrbahn einnahm.

Bei Ansicht der aus dem Kurvenbereich ausfahrenden ersten beiden Rennradler lenkte der Beklagte den Traktor auf den unbefestigten rechten Randstreifen und hielt an, um ihnen ein Passieren des Traktors zu ermöglichen. Der nachfolgende Kläger dagegen kam mit seinem Rad im Ausgangsbereich der Kurve zu Fall, nachdem er eine Vollbremsung eingeleitet hatte und hierdurch bedingt das Hinterrad weggerutscht war. Eine Kollission/Berührung mit dem Traktor erfolgte dabei nicht. Infolge des Sturzes erlitt der Kläger schwere Kopfverletzungen, vornehmlich ein Schädelhirntrauma 2. Grades sowie eine Schädel- und Mittelgesichtsfraktur.

Der Kläger wollte nunmehr von dem Beklagten ein Schmerzensgeld, wobei er immerhin schon im Prozess einräumte, daß ihn wohl zumindest zu 50% ein Mitverschulden traf.

Warum hat das OLG Düsseldorf die Klage auf Schmerzensgeld abgewiesen? Die folgenden Ausführungen des Gerichts dürften da wohl für sich sprechen:

"Der Verstoß des Klägers gegen das Gebot des § 3 Abs. 1 StVO, mit den Verkehrsverhältnissen angepasster Geschwindigkeit zu fahren, ist evident. Die von ihm selbst eingeräumte Geschwindigkeit von 30 - 40 km/h ist deutlich überhöht vor dem Hintergrund, dass die von ihm befahrene Straße sehr schmal war, er in eine unübersehbare Kurve einfuhr und in dem betreffenden ländlichen Bereich jederzeit mit breiten landwirtschaftlichen Fahrzeugen im Begegnungsverkehr gerechnet werden muss. Der Umstand, dass die ihm vorausfahrenden Zeugen in der Lage waren, ihre Räder vor dem Traktor zum Stehen zu bringen, belegt zudem die Unfallursächlichkeit dieses Verkehrsverstoßes."

Dies hätte wahrscheinlich schon ausgereicht, um die Klage wegen eines überwiegenden Mitverschuldens abzuweisen. Nichtsdestotrotz hat sich das OLG Düsseldorf auch mit der Frage beschäftigt, ob den Kläger ein weiteres erhebliches Mitverschulden traf, weil er keinen Helm trug.

Zunächst hat das Gericht festgehalten, daß es keine gesetzliche Verpflichtung gibt, einen Helm beim Radfahren zu tragen. Es hat weiterhin festgehalten, daß es - so unsinnig es vielleicht erscheinen mag - kein Verbot der Selbstgefährdung gibt. Die Kehrseite dieses Rechts auf Selbstgefährdung besteht nach Ansicht des OLG Düsseldorf allerdings darin, daß "§ 254 BGB als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben eine Anspruchsminderung des Geschädigten vor(sieht), wenn er vorwerfbar die eigenen Interessen außer Acht lässt und ihn insofern ein "Verschulden gegen sich selbst trifft."

In der Folge hat sich das Gericht mit der Frage beschäftigt, ob man einem Radfahrer generell oder wenigstens dem Kläger das Nichttragen eines Helms vorwerfen kann, so daß ihn ein Mitverschulden trifft. Dabei hat das OLG Düsseldorf neben vielen richtigen Argumenten auch einige Ausführungen getätigt, die in der Öffentlichkeit und diesem Forum - IMHO zu Recht - zu Verwunderung oder Verwirrung geführt haben. Ich zitiere hier einfach mal zwei Passagen:

"Nach Auffassung des Senats kann die grundsätzliche Frage, ob das Nichttragen eines Schutzhelms einen vorwerfbaren Obliegenheitsverstoß darstellt, nicht pauschal für alle am Straßenverkehr teilnehmenden Radfahrer gleich beantwortet werden. Gerade im Hinblick auf die vollkommen unterschiedlichen Fahrweisen und die damit einhergehenden Gefahren und Risiken erscheint es vielmehr geboten, eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Radfahrergruppen vorzunehmen; auch danach, ob der Radfahrer einen Radweg benutzt hat oder aber auf der Straße gefahren ist, wobei hier wieder zwischen innerorts und außerorts zu unterscheiden ist."

"Während man dem herkömmlichen Freizeitradfahrer, der sein Gefährt als normales Fortbewegungsmittel im Straßenverkehr ohne sportliche Ambitionen einsetzt, mangels entsprechender allgemeiner Übung nicht ohne weiteres abverlangen kann, zu seinem eigenen Schutz vor Unfallverletzungen einen Sturzhelm zu tragen, ist die Lage bei besonders gefährdeten Radfahrergruppen wie etwa Radsport betreibenden Rennradfahrern anders zu beurteilen."

Beide Erwägungen sind IMHO enthalten in ihrem Kern zwar auch einige richtige Ansätze, gehen aber auch teilweise stark am Ziel vorbei und stoßen daher zu Recht auf Verwunderung. Allerdings sollte man sich auch die anderen Erwägungen anschauen, die das Urteil verständlicher machen.

Während in früheren Entscheidungen, die auch vom OLG Düsseldorf angeführt werden, ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Helms abgelehnt wurde, weil "eine allgemeine Verkehrsanerkennung der Notwendigkeit einer solchen Schutzmaßnahme sei (noch) nicht festzustellen" war, sieht dies das OLG Düsseldorf das im vorliegenden Fall anders und führt aus, diese Aussage vermöge in dieser Pauschalität nicht mehr zu überzeugen.

Das OLG Düsseldorf verweist darauf, daß die UCI für den Profibereich bereits seit 2004 eine Helmpflicht bei Radrennen vorschreibt. Weiterhin soll nach Auffassung des Gerichts die Akzeptanz von Helmen bei Radsport betreibenden Rennradfahrern deutlich ausgeprägter sein als bei "normalen" Radfahrern. An dieser Stelle könnte man dem OLG Düsseldorf einen methodischen Fehler vorwerfen, wenn es diese Ausage wie folgt begründet:

"Insofern kommt der ..... zitierten Statistik der Bundesanstalt für Straßenwesen, wonach der Anteil der helmtragenden Fahrradfahrer in den letzten Jahren lediglich um die 6% betrug, keine erhebliche Aussagekraft zu, denn eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Radfahrergruppen findet hier nicht statt. Es bedarf aber keiner exakten wissenschaftlichen Erhebungen, sondern lediglich einer aufmerksamen Beobachtung des täglichen Straßenverkehrs, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass das Tragen von Schutzhelmen bei Rennradfahrern weitaus häufiger und regelmäßiger anzutreffen ist, als bei herkömmlichen Fahrradfahrern. Dies entspricht im Übrigen auch den Erfahrungen des Senats aus zahlreichen Verkehrsunfallprozessen unter Beteiligung von Radfahrern der letzten Jahre."

Hier hätte also sehr wohl auch über die Notwendigkeit einer exakten wissenschaftlichen Erhebung nachgedacht werden können. Nachdem das Gericht aber aus eigener Erfahrung zu dem Ergebnis gekommen war, daß bei Rennradfahrern "weitaus häufiger und regelmäßiger" Helme getragen werden und damit ein Mitverschulden vorliegen kann, wenn diese keinen Helm tragen, ging es nur noch um die Frage, ob der Kläger fahrlässig auf den Helm verzichtet hatte und ob seine Verletzungen weniger schwer gewesen wären, wenn er einen Helm getragen hätte. Die folgenden Passagen stehen dabei im Kern der Begründung des OLG Düsseldorf:

"Es stellt nach Auffassung des Senats ein untrügliches Zeichen dar, dass gerade mit Unfallverletzungen befasste Mediziner seit Jahren eine allgemeine Helmpflicht für Radfahrer fordern (vgl. Ärztezeitung vom 17.04.2001: "Notärzte fordern Helmpflicht für Fahrradfahrer"; 14.05.2003: "Die Helmpflicht für alle Radfahrer könnte vielen das Leben retten").

Dementsprechend spricht sich auch die World Health Organization (WHO) in einer ihrer jüngsten Veröffentlichungen für eine Helmpflicht für sämtliche Zweiradfahrer aus. Internationale Studien der letzten 15 Jahre haben nach Recherchen der WHO gezeigt, dass beim Tragen eines Schutzhelms das Risiko von Kopfverletzungen um 69 Prozent zurückgehe, das Risiko von schweren Kopfverletzungen nehme sogar um 79 Prozent ab. Dies gelte für alle Altersgruppen und nicht nur für Stürze vom Fahrrad, sondern auch für Kollisionen mit Kraftfahrzeugen. Der Helm schütze dabei nicht nur das Gehirn, vielmehr würden auch Verletzungen des oberen und mittleren Gesichtsschädels laut WHO um zwei Drittel reduziert ("Helmets: A road safety manual for decision-makers and practitioners", Geneva, World Health Organization 2006; zur weiteren Studien siehe Furian/Hnatek-Petrak ZVR 2006, 427) ....

..... Die folglich dem Kläger anzulastende Obliegenheitsverletzung war vorliegend auch ursächlich für die ausweislich der ärztlichen Berichte von dem Kläger erlittenen Kopfverletzungen. Für die Kausalität zwischen der Nichtbenutzung eines Schutzhelms und den meisten Kopfverletzungen spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins. Gerade das im Vordergrund des Verletzungsbildes stehende Schädelhirntrauma und die diagnostizierte Schädel- und Mittelgesichtsfraktur stellen typische Verletzungen dar, deren Vermeidung ein Sturzhelm dient und -ausweislich der zitierten WHO-Studie- auch zu dienen im Stande ist.

Nach dem Beweis des ersten Anscheins spricht bereits die Vermutung dafür, dass es bei Beachtung der Helmpflicht (-obliegenheit) nicht zu den schweren Verletzungen gekommen wäre, wenn sich in dem Unfall gerade die Gefahr verwirklicht hat, deren Eintritt die Pflicht (Obliegenheit) verhindern wollte (BGH NJW 1983, 1380 zu Kopfverletzungen eines Kraftradfahrers ohne Schutzhelm). Dies trifft auch und insbesondere auf den vorliegenden Fall zu."

An dieser Stelle muß vielleicht betont werden, daß es für das Gericht - wie oben schon ausgeführt - keine Rolle spielen durfte, ob eine allgemeine Helmpflicht wünschenswert oder sinnvoll ist, wie dies häufig und auch kontrovers diskutiert wird. Hierzu kann und darf jeder eine eigene Meinung haben. Es ging an dieser Stelle für das Gericht nur noch um die Frage, ob ein Helm die Verletzungen hätte verhindern können. Aufgrund des vom Gericht angesprochenen Beweises des ersten Anscheins, der zu einer Beweislastumkehr führt, hätte der Kläger hier beweisen müssen, daß seine Verletzungen auch entstanden wären, wenn er einen Helm getragen hätte. Dies hat nach dem Urteilssachverhalt der Kläger weder vorgetragen noch bewiesen, vielmehr hat er sich mit einigen "ungeschickten" Einlassungen eher unglaubwürdig gemacht bzw. sogar den Vorwurf eines widersprüchlichen Verhaltens eingehandelt.

So hat der Kläger wohl dem Gericht gegenüber seine Ausfahrt als "reine Spazierfahrt" bezeichnet, worauf ihm entgegengehalten wurde, daß seine Kleidung ("Rennfahrerbekleidung") und seine Geschwindigkeit eher einen sportlichen Zweck belegen. Dazu paßt dann IMHO auch folgende Urteilspassage:

"..... nach seinen eigenen Angaben im Rahmen der informatorischen Anhörung war sich der Kläger vielmehr sogar bewusst, dass das Tragen eines Schutzhelms beim Rennradfahren Teil des verkehrsgerechten Verhaltens ist. Seinem Argument, den Helm nur bei Gruppentouren wegen des Fahrens im Pulk beziehungsweise in der Kolonne zu tragen, vermag der Senat nicht zu folgen. Gerade der vorliegende Fall zeigt anschaulich, dass eine Unterscheidung zwischen Fahrten in einer Kolonne und solchen in einer Kleingruppe hinsichtlich des Erfordernisses, einen Schutzhelm zu tragen, keine Berechtigung hat."

Aufgrund dieser Einlassung des Klägers hatte das Gericht aus rechtlicher Sicht auch keine Probleme mehr, dem Kläger vorzuwerfen, daß er fahrlässig keinen Helm trug.

Was ist also das Fazit aus dem Urteil des OLG Düsseldorf? IMHO lassen sich drei Feststellungen treffen:

1. Es besteht für Rennradfahrer keine Helmpflicht!
2. Wird kein Helm von Rennradfahrern getragen, so müssen diese im Falle eines Unfalls mit Kopfverletzungen beweisen, daß diese Verletzungen auch entstanden wären, wenn sie einen Helm getragen haben. Andernfalls trifft sie ein Mitverschulden, daß zu einer Reduzierung oder einem Ausschluß von Schadensersatz-/Schmerzensgeldansprüchen.
3. Das Urteil des OLG Düsseldorf könnte auch auf Mountainbiker übertragbar sein.

Allerdings ist auch anzumerken, daß das Urteil des OLG Düsseldorf von früheren Urteilen anderer OLGs abweicht. Da aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls eine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) nicht zugelassen wurde, muß abgewartet werden, ob dieses Urteil überregional Bedeutung erlangen wird, d. h. ob ihm andere Gerichte folgen werden. Eine höchstrichterliche Klärung durch den BGH bleibt also weiterhin abzuwarten. Zumindest im Bezirk des OLG Düsseldorf sollte sich aber jeder Biker darüber im Klaren sein, sofern er einen Helm nicht tragen will, daß ihm im Falle von Kopfverletzungen ein Mitverschulden angekreidet werden könnte.

Wenn jemand das Urteil selbst nachlesen möchte - nach meiner Kenntnis ist das Urteil vollständig bisher nur in Juris (für Nichtjuristen: das ist eine Rechsdatenbank) veröffentlicht. Vermutlich wird es aber auch - falls noch nicht geschehen - in Kürze in der juristischen Fachpresse (z. B. Neue Juristische Wochenschrift - NJW, einsehbar z. B. in Uni- und Gerichtsbibliotheken) veröffentlicht werden. Wer nicht so lange warten will, kann es sich gegen Kostenerstattung vom OLG Düsseldorf (nicht von mir) zusenden lassen.

Schlußbemerkung: Die vorstehenden Ausführungen basieren auf meiner ganz persönlichen Bewertung des Urteils und erheben keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit, geschweige denn Verständlichkeit.
 
bringen wir das ganze kurz und bündig auf den Punkt:

wer rasant mit dem Rad, egal ob RR oder MTB, unterwegs ist, (was wie wir nunmal alle wissen, vor allem im Straßenverkehr nicht die sicherste Art der Fortbewegung ist) und sich dabei auf die Backen legt, (aus welchem Grund auch immer) muss sich nicht wundern wenn er dabei auch was ab bekommt und sollte daher vorsorglich Schutzkleidung => HELM tragen ...

(ich hoffe das so richtig interpretiert zu haben)
 
Wer sein Geld beim Helm einspart, gibt es bei der medizinischen Notversorgung wieder aus.

...beweist doch einmal mehr, dass es im Endeffekt nur darauf ankommt, ob man mit oder ohne Schädelfraktur weiterleben möchte. Das Finanzielle spielt keiiiiiiiiine Rolle mehr :winken:
 
Das Finanzielle spielt keiiiiiiiiine Rolle mehr :winken:

Vielleicht noch eine kleine Ergänzung - der Streitwert in dem Verfahren betrug EUR 7.500,-- Da der Kläger leer ausging, darf er auch die gesamten Kosten des Rechtsstreits (bei diesem Streitwert ca. EUR 7.000,--) tragen, sofern ihn davor nicht eine Rechtsschutzversicherung bewahrt.
 
Der größte Schaden wäre, wenn der Kläger nicht aus der Sache klug wird
und wenigstens zukünftig beim Radfahren einen Helm trägt.
(Vorausgesetzt, er kann ohne körperlich/geistige Beeinträchtigung zukünftig weiter Radfahren.)

Ich habe eh nicht verstanden, was gegen die Benutzung von Helmen spricht,
die speziell für die jeweilige Sportart angeboten werden.

VG Martin
 
Ich hatte den falschen Smiley verwendet...nochmal:


Das Finanzielle spielt keiiiiiiiiine Rolle mehr :blah:

;) Danke übrigens für die nette Kommentierung...liest sich sehr gut.
 
Ich habe eh nicht verstanden, was gegen die Benutzung von Helmen spricht,
Nur einige der Hauptargumente gegen die Benutzung aktueller Leichtbau-Halbschalen-Fahrradhelme nach EN DIN 1078 im Straßenverkehr sind, dass sie bezüglich *schwerer* Kopfverletzungen offensichtlich wirkungslos sind (keine Wirkung oder neutrale Wirkungsbilanz), eine mögliche Zunahme von Gesichts-, Kiefer- und Halswirbelsäulenverletzungen durch Hebelwirkungen bislang nicht untersucht wurde, man mit wirkungsvolleren (Vollschutz!-)Helmen z.B. nach ECE 22-05 nicht mehr Radfahren kann und das Risiko einer schweren Kopfverletzung beim Radfahren im Straßenverkehr im Vergleich zu vielen anderen unbehelmten Tätigkeiten des Alltags eher gering ist.

die speziell für die jeweilige Sportart angeboten werden.
Werden sie das? Und selbst Neurologen fordern hier Verbesserungen und Neuentwicklungen.

SCNR!



Den Link zur Urteilsbegründung sowie ein Kommentar von Rechtsanwalt Dietmar Kettler siehe
http://www.mtb-news.de/forum/showpost.php?p=3600132&postcount=41
 
Das sind keine Argumente gegen die Benutzung von Helmen, das sind Argumente zur Kritk an derzeitigen Sicherheitsstandards.
 
Wenn man das ganze jetzt mal etwas überspitzt umkehren würde (was natürlich kein Gericht der Welt tun würde;)), würde das bedeuten:

Wer an seinem Auto Rallystreifen, Spoiler, Sportauspuff, o.ä. dran hat, ist sportlich unterwegs und muß einen Integralhelm und 5Punkt Gurt haben, sonst geht er bei durch andere mitverursachte Unfälle leer aus...:mad:

Aber auf die Idee käme ja keiner...

Der (sich ohne Helm nackisch fühlende) Nikolauzi
 
ich habe das schon mehrfach gepostet, aber hier nochmal: Im Straßenverkehr kann ein Helm ebenfalls schützen, und das sage ich aus meiner Erfahrung als einer, der mehrfach Verkehrsunfälle zwischen PKW und Radfahrer aufgenommen und bearbeitet hat. Das ist natürlich keine aussagekräftige Statistik, aber das ist Lebenserfahrung. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen----ich habe einen VU aufgenommen, bei dem ein Kind mit einem Rad bei Grün eine Kreuzung querte und ein Autofahrer unter Mißachtung der für ihn geltenden roten Ampel den Jungen anfuhr, der Junge somit auf die Motorhaube geschleudert wurde und mit seinem Kopf auf der Windschutzscheibe auftraf. Diese Beule auf der Windschutzscheibe sieht sehr beeindruckend aus!!!! Der Junge trug einen Helm, kam aber sofort ins Krankenhaus. Der Vater kam dann zur Unfallstelle, wir haben dann noch die Aufnahmen beendet und sind dann mit dem Vater ins Krankenhaus gefahren, um uns über die Verletzungen zu informieren. Der Vater konnte seinen Sohn mit nach Hause nehmen, der Junge war nur leicht verletzt, der Helm war in drei Teile gebrochen und hielt nur noch durch die Pads zusammen. Der Unfallchirurg sagte wörtlich: Dem Jungen wurde durch den Helm sein leben gerettet. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Mir ist in solchen Fällen jede noch so ausgefeilte Statistik egal. K.
 
Das sind keine Argumente gegen die Benutzung von Helmen, das sind Argumente zur Kritk an derzeitigen Sicherheitsstandards.

:daumen:

@summit

An diesem Punkt werden wir wohl nicht zusammenkommen.

Ich will eine möglich Gefährung durch Helme in bestimmten Situationen nicht ausschließen,
dennoch bin ich sicher,
dass selbst ein 'schlechter' Helm bei der Mehrzahl der Sportunfälle bedingten Kopfverletzungen ein leichteres/besseres Verletzungsmuster verursachen als bei denselben Sportunfällen ohne Helm.

Ich sehe das genauso pragmatisch wie mit dem Gurt im Kfz.
Im überwiegenden Teil der Kfz-Unfälle verhinderte der angelegte Gurt schwere Verletzungsmuster.

Im übrigen ist es für mich ganz einfach:
Wer mit mir als Guide und Kursleiter fahren oder üben will, macht dies nur mit aufgesetztem Helm. Punkt.
In sofern hat jeder ein Wahlfreiheit:
Mit Helm mitmachen oder ohne Helm nicht mit mir machen.;)

VG Martin
 
Ich sehe das genauso pragmatisch wie mit dem Gurt im Kfz.
Im überwiegenden Teil der Kfz-Unfälle verhinderte der angelegte Gurt schwere Verletzungsmuster.

Gibt Dir keine Mühe; Bequemlichkeit und Unbedachtheit wird auch in Zukunft bei der Mehrheit siegen. Den Leuten wird erst klar, wie urplötzlich der Schadensfalls einkehrt, wenn er dann eingekehrt ist. Ansonsten reicht die Vorstellungskraft zur Abschätzung von Eintrittswahrscheinlichkeiten einfach nicht aus.
 
Das sind keine Argumente gegen die Benutzung von Helmen, das sind Argumente zur Kritk an derzeitigen Sicherheitsstandards.

Das sehe ich auch so.

Die unter Neurologen fordern hier Verbesserungen und Neuentwicklungen verlinkte Seite sollte man sich einmal ruhig antun:

Um zum dargestellten Ergebnis zu kommen, wurden 3395 verunfallte Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma erfasst.
Davon waren 10% (337) Radfahrer, von denen wiederum 89% keinen Helm trugen.
Festgestellt wurde, dass sich der Grad des Schädel-Hirn-Trauma von den Patienten die keinen Helm trugen nicht signifikant von den verunfallten Helmträgern unterscheidet.
Im Ergebnis kommt man dann zu der Aussage, das Helme nicht geeignet seien, im Ernstfall den Grad eines Schädel-Hirn-Trauma zu reduzieren.

Sollte ich hier was falsch verstanden haben, bitte ich, mich zu berichtigen.

Rechnet man jetzt mal nach, stellt man fest, das ca. 37 der verunfallten Radfahrer einen Helm trugen.

Jetzt frage ich mich:
Kann man an Hand von 37 Untersuchungsergebnissen überhaupt eine statistisch seriöse Aussage treffen?
Wieviel verunfallte Radfahrer sind hier gar nicht erfasst, WEIL sie einen Helm trugen und somit erst gar kein Schädel-Hirn-Trauma erlitten haben?


SCNR!
 
die zahl der fälle würde durchaus ausreichen, da es recht eng um mittel-schwere (2-3) schädel-hirn trauma geht. ähnliches hatte man vor einigen jahren bei studien in hannover festgestellt.

allerdings:
bleiben fragen nach der dunkelziffer (s.o.)
nach der verletzungsschwelle
nach der verletzungsart (frakturen, schürfungen usw.)
nach dem genauen Ablauf (aufprall, geschwindigkeiten, materialien usw.)

und die schlussfolgerung ist ja nicht, keinen helm zu tragen, sondern dass
helme verbessert werden müssen (pralldämpfung, lage usw.)
und die prallzonen an fahrzeugen verbessert werden müssen.
 
Gut erkannt! :daumen:

"case-control" Klinikstudien sind aufgrund der bekannten Fehlerquellen kaum geeignet, gesicherte Aussagen über Schutzwirkungen von Fahrradhelmen zu machen, vgl. z.B. die in der Urteilsbegründung zitierten "Studien":
http://www.aerztezeitung.de/docs/2001/04/17/070a0702.asp
http://www.aerztezeitung.de/docs/2003/05/14/089a2401.asp
http://www.who.int/violence_injury_prevention/publications/road_traffic/helmet_manual.pdf

Bessere Ergebnisse liefern "helmet-law" Untersuchungen. Hier wird die Gesamtwirkung nach einer erheblichen Steigerung des Helmtragens in einer ganzen Bevölkerung und über einen längeren Zeitraum untersucht (und z.B. von Scuffham/Langley die erhoffte Schutzwirkung nicht gefunden). Aktuelle Zahlen aus Deutschland radfahrender Kinder mit höheren Helmtragequoten lassen ähnliches vermuten:
http://bernd.sluka.de/pictures/unfaelle10.gif
http://bernd.sluka.de/pictures/unfaelle16.gif

Dem aufmerksamen Leser wird in meinem oben genannten, früheren Posting mein Hinweis auf "Bicycle helmet legislation: Can we reach a consensus?" von D.L. Robinson zu dieser Problematik nicht entgangen sein.

Die Notwendigkeit ist nochmal ein ganz anderes Thema.


Das sind keine Argumente gegen die Benutzung von Helmen, das sind Argumente zur Kritk an derzeitigen Sicherheitsstandards.
Stimmt, wir reden hier nicht über Feuerwehr-, Bergsteiger- oder Baustellenhelme ;)
 
@summit

OK, ich machs jetzt für mal für mich kurz.:D
  1. Trägst Du einen wie auch immer gearteten Helm (wg. mir auch Feuerwehrhelm:lol: ),
    wenn Du selber Mountainbike fährst, ja oder nein?
  2. Wenn Du eine(n) Mountainbiketour/-kurs führst/leitest,
    bestehst Du darauf,
    dass Deine Tour-/KursteilnehmerInnen einen wie auch immer gearteten Helm tragen, ja oder nein?
Deine ganzen Auslassungen und Quellenangaben erschweren mir die Erfassung Deiner persönlichen Haltung.

(Anmerkung: zukünftige Teilnahmehinweise für geführten Touren im Namen der DIMB (IG) e.V. beinhalten explizit eine Helmpflicht für Guide und TeilnehmerInnen.)
 
...Davon waren 10% (337) Radfahrer, von denen wiederum 89% keinen Helm trugen.
Festgestellt wurde, dass sich der Grad des Schädel-Hirn-Trauma von den Patienten die keinen Helm trugen nicht signifikant von den verunfallten Helmträgern unterscheidet....

Hinzu kommt noch die ganz dumme Frage: Wieviel nutzen insgesamt einen Helm?
Annahme: wenn nur 10% der Radfahrer insgesamt einen tragen (ja, das war mal so;)), dann ist das Ergebnis ausgeglichen und man kann nichts davon ableiten...
Diese Aussage wäre also wichtig!
Ist schon seltsam, daß zu oft die wichtigen Dinge bei solchen Aussagen fehlen:rolleyes:

Der Nikolauzi
 
Wenn ich die grundsätzliche Schutzwirkung des Helmtragens statistisch untersuchen will, darf ich natürlich nur solche Unfälle heranziehen, bei denen ein Helm auch Schutz hätte bieten können bzw. geboten hat. Unfälle mit Verletzungen an Wirbelsäule, Gesicht, Rumpf und Gliedmaßen fallen raus, dafür müssen aber auch die Verunfallten erfasst werden, die sich nach dem Unfall den Staub von den Klamotten wischten, den zerdengelten Helm in die nächste Mülltonne warfen und nach Hause geradelt sind.
Dann muss ich feststellen, ob alleine das Tragen eines Helms einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit des Unfalls hatte. Es gibt z.B. Untersuchungsergebnisse, nach denen Radfahrer mit Helm von Autofahrern riskanter weil dichter überholt werden. Weiterhin muss ich wissen, ob das Tragen eines Helms (bzw. Schutzausrüstung im Allgemeinen) nicht seitens des Radfahrers ob des gestiegenen Sicherheitsgefühls zu riskanterer Fahrweise führt. In diesem Kontext muss ich feststellen, ob der Betreffende aufgrund individueller Voraussetzungen einem höherem oder niedrigerem Unfallsrisko ausgesetzt ist und ob der Unfall eventuell bei einer hochriskoreichen Spielart des Radfahrens geschah.
Ich wage zu bezweifeln, dass das mal jemand in wissenschaftlich akzeptabler Manier auseinanderklamüsert hat. Eher nicht, denn es fehlen immer die, denen Dank Helm nix passiert. Ich bin in diesem Winter beim Skifahren ganz mächtig mit dem Hinterkopf auf eine Eisplatte gekracht und war für einen Weile leicht benommen. Ohne Helm hätte das mindestens eine schöne Gehirnerschütterung gegeben, wenn nicht gar einen ordnungsgemäßen Schädelbasisbruch. So hat kein Statistiker davon erfahren.
 
Also ich kann nur karsten reincke zustimmen, ich arbeite selber im Rettungsdienst und komme schon des öfteren zu Unfällen mit Radfahrern, meist eher Tourenfahrer.

Da hab ich schon einige heftige Sachen gesehen, bei denen Helme leben gerettet haben, oder zumindest vor schlimmeren Verletzungen geschützt haben.

Hab leider auch schon schwerste Kopfverletzungen gesehen bei Leuten ohne Helm, auch schon mit Todesfolge. Es mag stimmen, dass die Helme noch nicht sicher genug sind, oder nicht 100% schützen können. Aber ein bisserl Schutz ist besser als gar keiner.

Ist ja bei Autos auch so, jeder weiß ein Vollschalensitz mit 5 Punktgurt und KOmplettem Überrollkäfig ist sicherer, aber keiner baut es ein!!
 
wie einer der Vorredner schon schrieb, bei Statistiken, die sich mit den Unfallpatienten in der Unfallstation eines Krankenhauses befassen, da fehlen die Verunfallten, denen wegen ihrer Helmbenutzung der Arztbesuch unnötig erscheint. Wenn ich nur ein leichtes Schädelbrummen habe und ein aufgeschürftes Knie, dann kaufe ich mir am nächsten Tag einen neuen Helm und gut ist........
K.
 
sobald diskussionen hier im forum irgendwie um das thema helm kreisen, kommen sofort ein paar leute an, die immer behaupten, ein helme bringe nichts oder sei sogar schädlich.

kann mich mal jemand über den ideologischen hintergrund aufklären? danke.
 
sobald diskussionen hier im forum irgendwie um das thema helm kreisen, kommen sofort ein paar leute an, die immer behaupten, ein helme bringe nichts oder sei sogar schädlich.

kann mich mal jemand über den ideologischen hintergrund aufklären? danke.

ich hatte eben noch einen älteren thread gelesen, in dem ein Argument war, dass die Belastungstests für Helme nur auf 5 Kilo ausgelegt sind, ein durchschnittlicher Fahrer aber 75 kg wiegt.

Dass egal welcher Kopf-Schutz bei einer direkten Kopflandung nicht wirklich was bringt, sollte aber eigentlich klar sein, genauso wie dass dafür ein Helm auch nicht gedacht ist.. Ich würde mal vermuten, je grösser der Umfang des Kopfes knickt der Hals auch in einem grösserem Winkel ab, was natürlich ungünstig ist (und durch einen grossen Helm noch verschlimmert wird). Allerdings sind solche Unfälle so oder so fatal, und eher selten (ähnlich wie Leute die sich nicht anschnallen, weil sie es für vorteilhaft halten, bei einem Unfall vielleicht aus dem Wagen geschleudert werden).

Meine bisherigen Hinfaller sahen jedenfalls meistens so aus, dass ich erst mit dem Körper aufgeschlagen bin, und danach der Kopf auf den Boden. Dadurch wird ja die meiste Energie durch den Körper aufgefangen und nur die Energie, die sich aus ~5kg Kopf etc ergeben müssen durch den Helm verringert werden.

Abgesehen davon finde ich einen Helm auch deswegen so toll, da man so besser vor niedrig hängenden Ästen geschützt ist.

PS: Und wenn ich hier Unsinn rede, nicht zuviel flamen, bin kein Physiker :))
 
als ich mal mit voller wucht in den gegenhügel gekracht bin und mir das bike anschliessend noch mit voller wucht auf den kopf geknallt ist, fand ich eigentlich schon, dass mir der helm was gebracht hat.
 
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