Rubin
Das wird das letzte Projekt, wirklich...
Die Sättel der portugiesischen Firma Gelu Carbon Creation verbreiten sich langsam in der Leichtbauwelt. Ich habe aber hier keine wirklich ausführlichen Erfahrungsberichte dazu gefunden, deswegen schreib ich einfach mal einen, nachdem ich mir im Sommer den S-1 gekauft hab.
Bestellung: Bei den Damen und Herren um Gründer Anghel Ivanof kann man den Sattel mit Design nach Wunsch fertigen lassen. Das war im Email-Verkehr etwas hakelig. 2D-Bilder eines platten Designs am PC und Farben auf dem Bildschirm lassen doch erheblichen Interpretationsspielraum dafür, was derjenige am anderen Ende der Leitung dann in der Realität daraus baut. Auf dem Foto, was man ein paar Wochen später vom gefertigten Sattel geschickt bekommt, sieht es je nach Lichteinfall leider nochmal anders aus. Dementsprechend sollte man bei aufwändigeren Designs genauestens beschreiben, wo die Elemente dann auf dem 3D-Sattel liegen sollen, und die Farben am Besten mit entsprechenden Codes beschreiben.
Wenn man ganz auf Nummer sicher gehen will, sollte man ein Foto des Designs, bevor der beklebte Sattel final lackiert wird, fordern.
Der erste fertige Sattel schoss leider bei den Farben sehr weit an dem vorbei, was ich mir vorgestellt hatte. Dementsprechend musste der arme Werker den säuberlichst lackierten Sattel nochmal abschleifen, um das Design entfernen. Die zweite Version traf dann aber vollends meine Vorstellungen.
Für Inspirationen und um zu sehen, wozu die Mitarbeiter fähig sind, kann man mal einen Blick auf die Facebook- oder Instagram-Seite werfen. r2-bike hat die Sättel auch seit geraumer Zeit im Sortiment, für ein individuelles Design muss man aber über deren Internetseite oder per Mail an [email protected] bestellen. Kein Witz, das ist tatsächlich direkt die Adresse des Chefs und der hat bei mir auf fast alle Mails selbst geantwortet. Solch einen Fokus auf direkten Kundenkontakt fand ich sehr gut.
Preis & Versand: Neben dem offensichtlich hohen Preis der Sättel (meiner war das Einstiegsmodell für 278€) zahlt man 23€ für den Express-Versand per DHL mit Sendungsverfolgung. Dafür hält man den Sattel dann aber zwei bis drei Tage nach Zahlungseingang schon in der Hand. Er kommt reichlich gepolstert und in einem schicken schwarz-orangenen Mikrofasersäckchen. (Beutel war das Wort, welches mir beim Schreiben nicht einfiel...)
Verarbeitung: Der optische Eindruck ist wirklich krass. Die Verarbeitung ist sauber ohne jegliche scharfe Kanten, Macken oder Luftbläschen. Ich hatte mich anstelle des matten für das Klarlack-Finish entschieden. Das glänzt schön, auch hier keine Unreinheiten. Das Design, welches vor dem Lackieren auf den Sattel geklebt wird, wurde sauber ausgeschnitten und ist unter dem Lack nicht mehr zu spüren. Die Fasern verlaufen auch sauber und optisch ansehnlich.
Eine Tune Speedneedle wirkt dagegen ''billig''. Überstehende Carbon-Fasern, wie man sie auch in einer Tune Turnstange findet, sucht man beim Gelu vergeblich.
Außerdem war ich über die kleine, zierliche Anmutung erstaunt. Ein Vergleichsfoto mit meinem alten Sattel in normaler Größe ist angehangen.
Für die Wertigkeit würde ich eine glatte 1 geben. Das lässt natürlich keine Rückschlüsse darauf, ob der Sattel tatsächlich stabil den Anforderungen standhält. Man bekommt aber den Eindruck dass die Leute ihr Handwerk verstehen.
Gewicht(sbeschränkung): Meiner wiegt, wahrscheinlich wegen des dicken Klarlacks, mit 63 Gramm genau 3g mehr als die Werksangabe. Laut Webseite darf der Fahrer bis 115 kg wiegen. Ich meine mich zu erinnern, das zum Zeitpunkt meiner Bestellung die Beschränkung noch bei ca. 90 kg lag. Aufgrund der ultra filigranen Bauweise würde ich mich ehrlich gesagt aber nicht über 90 kg und maximal auf dem CC-Bike drauf wagen.
Praxiseinsatz: Gelu schreibt für die Montage und den Gebrauch einige Dinge vor, die man bei derartigen Produkten gewissenhaft einhalten soll. Unter anderem ist die Montage mit Halbmonden à la Tune Starkes Stück verboten, da die Kerbwirkung der Alu-Bügel die Streben angreift. Vllt. gerade deswegen verkauft Gelu mittlerweile auch Sattelstützen...
Auch vom Anlehnen des Bikes gegen den Sattel wird abgeraten (für den Fall, dass es rutscht/fällt und die Wand etc. das Carbon aufschürft), das würde mir bei der Verarbeitung eh in der Seele weh tun.
Über Montage mit Drehmoment und Carbonpaste braucht man hier eigentlich keine großen Worte mehr verlieren, das sollte selbstverständlich sein.
Komfort: Das erste Sitzen auf dem Sattel, damals nur in Badehose, und die erste Runde um den Block über Kopfsteinpflaster, waren brutal schmerzhaft. Ich führe das darauf zurück, dass ich scheinbar jahrelang hauptsächlich mit der Prostata(?)-Region auf der Sattelspitze saß und dort das gesamte Gewicht gelastet hat. Die Aussparung im Gelu macht das schlicht nicht mehr möglich, und so lag nun das Gewicht auf den Hinternknochen, die das so noch nicht kannten. So gesehen hab ich schonmal dazu gelernt.
Im Laufe der nächsten Wochen hab ich mich, zumeist mit meiner sehr ausgesessenen Radhose, langsam daran gewöhnt. Bei Touren durchs Gelände arbeitet man ja mit dem ganzen Körper, der Hintern wird mal mehr, mal weniger belastet und rutscht ein bisschen hin und her. Hierbei ist der Gelu wirklich einwandfrei zu empfehlen, und der Aussage, er wurde mit Hilfe eines Orthopäden entwickelt, kann man Glauben schenken.
Auf Asphalt-Strecken ab ≈ 10 Kilometer am Stück, wie sie in unserer Umgebung leider zwangsweise vorkommen, tut das dauerhafte Verharren in der selben Position aber irgendwann weh. Das stößt leider auf, könnte aber auch auf meine kaum noch polsternde Radhose zurückzuführen sein.
Generell würde ich den Sattel nur mit gepolsterter Radhose empfehlen, ansonsten sitzt man ''auf dem nackten Stein''.
Bedingungen im Gelände: Egal ob man den Sattel mit mattem oder Glanzlack bestellt, er ist sehr glatt. Je nachdem, was man als Radhose trägt, rutscht man daher in ruppigem Gelände etwas rum. Das ist sicherlich etwas mehr vorhanden als mit gummierten/gelederten Sätteln. Es hält sich aber dennoch in Grenzen, da das eigene Körpergewicht genug Druck ausübt und den Hintern "fixiert", man sitzt also nicht direkt auf "eisglatter" Fläche und gleitet wild umher. Im vorherigen Absatz war mit "rutschen" das Ändern der Sitzposition gemeint, das stattfindet, wenn man bei anspruchsvollen Wegen mit dem ganzen Körper arbeitet, weswegen am Hintern nicht immer die gleichen Stellen belastet werden. Ebendieses Arbeiten/Mitdenken sollte dann auch verhindern, dass man bei sehr ruppigem Gelände faul im Sattel sitzt, ruckartig hin und her schiebt und so die ganze Konstruktion unnötig belastet. Das spielt mit Sicherheit auf dem Hardtail eine größere Rolle als auf dem Fully.
Ein weiterer Punkt sind dreckige Bedingungen, hier wirkt die schmutzige Radhose wie Schleifpapier auf die glatte Oberfläche. Nach der ersten schlammigen Tour sah mein glanzlackierter Sattel auch übel aus, einmal nass drüber gewischt war er fast wie neu. Man könnte es als Politur betrachten... Tatsächlich glaube ich, dass der Sattel in der Hinsicht bei Dauereinsatz etwas in Mitleidenschaft gezogen wird. Erstens ist aber die Lackschicht erstaunlich dick, sodass sie wohl eine Weile hält, und zweitens ist es eben ein Gebrauchsgegenstand. Mit mattem Finish fällt das Problem sicherlich nicht so sehr auf.
Fazit/Kaufempfehlung?: Jein, es kommt darauf an, wofür man ihn braucht. Für den hohen Preis bekommt man ein wertiges, individuell gestaltbares Tuning-Objekt, das ein Leichtbau-Bike würdig abrundet und Akzente setzt. Man fährt ''nicht mehr Sattel als minimal notwendig'' (wichtig für uns weight-weenies) mit sich durch die Gegend. Für den CC-Bereich abseits langer aspaltierter Strecken finde ich ihn sehr bequem, meinem Empfinden und den Aussagen hinter mir fahrender Beobachter nach kann das auch am deutlich sichtbaren Flexen der Sitzflächen liegen.
Meinen gesamten Fuhrpark würde ich damit aber nicht ausrüsten. Das liegt vor allem daran, dass ich bei der filigranen Bauweise zuviel Schiss hab, ein Allzweck- oder Allwetter-Rad damit zwischen fünf andere geklemmt in den Schuppen zu stellen, an Mauern zu lehnen oder mich bei miesen Bedingungen auszurutschen und mit dem Körpergewicht auf dem Sattel lastend übelst auf die Fresse zu packen. Auch für regelmäßige Touren über 100 km oder gar wochenlange Rad-Urlaube würde ich über ein mehr gepolstertes Exemplar nachdenken.
Den Kauf bereue ich nicht, im Wald macht er wirklich Spaß und von der Optik kann man sich auf den nachfolgenden Bildern überzeugen.
Update/Schaden: Vor Kurzem habe ich leider auf meinem Sattel Beschädigungen festgestellt. Es sind auf der Oberfläche, gegenüber den Stelle, wo die Sattelstreben auf das Hinterteil treffen, zwei 1 cm lange, symmetrische Risse entstanden, siehe Foto ganz unten.
Ich wiege mit Kleidung ca. 78 kg, fahre den Sattel auf meinem 2020er Cannondale F-Si (CC-Hardtail mit 100 mm Federweg) und habe den Sattel dem Bike und meinem Fahrkönnen entsprechend definitiv nicht über die Maße belastet. Selbiges Foto habe ich Gelu geschickt, es kam folgende Antwort:
"This happens sometimes when the saddle is finished in gloss because of the thick layer of varnish (when it is finished in matte it does not) and because of the longitudinal flexibility of the side flaps of the saddle. But the carbon is not damaged and it's just the varnish. Apart from the aesthetic part, the saddle has no problem, but if you want, send the saddle and I can change it from brilliant to matte."
Auf Deutsch übersetzt: Dank dem Carbon und weil es bewusst in der Konstruktion so ausgelegt wurde, flext der Sattel zu beiden Seiten eben um die Anbindungspunkte der Streben rum. Die dicke Klarlackschicht hält dem nicht stand und reißt, das Carbon ist aber intakt. Das ist technisch nicht relevant, sieht nur nicht ganz so toll aus. Es wurde mir angeboten, den Sattel einzuschicken, um das Finish von glänzend auf matt zu ändern.
Dem bin ich nicht nachgegangen, ich fahre jetzt weiter mit dem glänzenden Finish (sieht einfach schöner aus) und werde berichten, falls sich was ändert.
Bestellung: Bei den Damen und Herren um Gründer Anghel Ivanof kann man den Sattel mit Design nach Wunsch fertigen lassen. Das war im Email-Verkehr etwas hakelig. 2D-Bilder eines platten Designs am PC und Farben auf dem Bildschirm lassen doch erheblichen Interpretationsspielraum dafür, was derjenige am anderen Ende der Leitung dann in der Realität daraus baut. Auf dem Foto, was man ein paar Wochen später vom gefertigten Sattel geschickt bekommt, sieht es je nach Lichteinfall leider nochmal anders aus. Dementsprechend sollte man bei aufwändigeren Designs genauestens beschreiben, wo die Elemente dann auf dem 3D-Sattel liegen sollen, und die Farben am Besten mit entsprechenden Codes beschreiben.
Wenn man ganz auf Nummer sicher gehen will, sollte man ein Foto des Designs, bevor der beklebte Sattel final lackiert wird, fordern.
Der erste fertige Sattel schoss leider bei den Farben sehr weit an dem vorbei, was ich mir vorgestellt hatte. Dementsprechend musste der arme Werker den säuberlichst lackierten Sattel nochmal abschleifen, um das Design entfernen. Die zweite Version traf dann aber vollends meine Vorstellungen.
Für Inspirationen und um zu sehen, wozu die Mitarbeiter fähig sind, kann man mal einen Blick auf die Facebook- oder Instagram-Seite werfen. r2-bike hat die Sättel auch seit geraumer Zeit im Sortiment, für ein individuelles Design muss man aber über deren Internetseite oder per Mail an [email protected] bestellen. Kein Witz, das ist tatsächlich direkt die Adresse des Chefs und der hat bei mir auf fast alle Mails selbst geantwortet. Solch einen Fokus auf direkten Kundenkontakt fand ich sehr gut.
Preis & Versand: Neben dem offensichtlich hohen Preis der Sättel (meiner war das Einstiegsmodell für 278€) zahlt man 23€ für den Express-Versand per DHL mit Sendungsverfolgung. Dafür hält man den Sattel dann aber zwei bis drei Tage nach Zahlungseingang schon in der Hand. Er kommt reichlich gepolstert und in einem schicken schwarz-orangenen Mikrofaser
Verarbeitung: Der optische Eindruck ist wirklich krass. Die Verarbeitung ist sauber ohne jegliche scharfe Kanten, Macken oder Luftbläschen. Ich hatte mich anstelle des matten für das Klarlack-Finish entschieden. Das glänzt schön, auch hier keine Unreinheiten. Das Design, welches vor dem Lackieren auf den Sattel geklebt wird, wurde sauber ausgeschnitten und ist unter dem Lack nicht mehr zu spüren. Die Fasern verlaufen auch sauber und optisch ansehnlich.
Eine Tune Speedneedle wirkt dagegen ''billig''. Überstehende Carbon-Fasern, wie man sie auch in einer Tune Turnstange findet, sucht man beim Gelu vergeblich.
Außerdem war ich über die kleine, zierliche Anmutung erstaunt. Ein Vergleichsfoto mit meinem alten Sattel in normaler Größe ist angehangen.
Für die Wertigkeit würde ich eine glatte 1 geben. Das lässt natürlich keine Rückschlüsse darauf, ob der Sattel tatsächlich stabil den Anforderungen standhält. Man bekommt aber den Eindruck dass die Leute ihr Handwerk verstehen.
Gewicht(sbeschränkung): Meiner wiegt, wahrscheinlich wegen des dicken Klarlacks, mit 63 Gramm genau 3g mehr als die Werksangabe. Laut Webseite darf der Fahrer bis 115 kg wiegen. Ich meine mich zu erinnern, das zum Zeitpunkt meiner Bestellung die Beschränkung noch bei ca. 90 kg lag. Aufgrund der ultra filigranen Bauweise würde ich mich ehrlich gesagt aber nicht über 90 kg und maximal auf dem CC-Bike drauf wagen.
Praxiseinsatz: Gelu schreibt für die Montage und den Gebrauch einige Dinge vor, die man bei derartigen Produkten gewissenhaft einhalten soll. Unter anderem ist die Montage mit Halbmonden à la Tune Starkes Stück verboten, da die Kerbwirkung der Alu-Bügel die Streben angreift. Vllt. gerade deswegen verkauft Gelu mittlerweile auch Sattelstützen...
Auch vom Anlehnen des Bikes gegen den Sattel wird abgeraten (für den Fall, dass es rutscht/fällt und die Wand etc. das Carbon aufschürft), das würde mir bei der Verarbeitung eh in der Seele weh tun.
Über Montage mit Drehmoment und Carbonpaste braucht man hier eigentlich keine großen Worte mehr verlieren, das sollte selbstverständlich sein.
Komfort: Das erste Sitzen auf dem Sattel, damals nur in Badehose, und die erste Runde um den Block über Kopfsteinpflaster, waren brutal schmerzhaft. Ich führe das darauf zurück, dass ich scheinbar jahrelang hauptsächlich mit der Prostata(?)-Region auf der Sattelspitze saß und dort das gesamte Gewicht gelastet hat. Die Aussparung im Gelu macht das schlicht nicht mehr möglich, und so lag nun das Gewicht auf den Hinternknochen, die das so noch nicht kannten. So gesehen hab ich schonmal dazu gelernt.
Im Laufe der nächsten Wochen hab ich mich, zumeist mit meiner sehr ausgesessenen Radhose, langsam daran gewöhnt. Bei Touren durchs Gelände arbeitet man ja mit dem ganzen Körper, der Hintern wird mal mehr, mal weniger belastet und rutscht ein bisschen hin und her. Hierbei ist der Gelu wirklich einwandfrei zu empfehlen, und der Aussage, er wurde mit Hilfe eines Orthopäden entwickelt, kann man Glauben schenken.
Auf Asphalt-Strecken ab ≈ 10 Kilometer am Stück, wie sie in unserer Umgebung leider zwangsweise vorkommen, tut das dauerhafte Verharren in der selben Position aber irgendwann weh. Das stößt leider auf, könnte aber auch auf meine kaum noch polsternde Radhose zurückzuführen sein.
Generell würde ich den Sattel nur mit gepolsterter Radhose empfehlen, ansonsten sitzt man ''auf dem nackten Stein''.
Bedingungen im Gelände: Egal ob man den Sattel mit mattem oder Glanzlack bestellt, er ist sehr glatt. Je nachdem, was man als Radhose trägt, rutscht man daher in ruppigem Gelände etwas rum. Das ist sicherlich etwas mehr vorhanden als mit gummierten/gelederten Sätteln. Es hält sich aber dennoch in Grenzen, da das eigene Körpergewicht genug Druck ausübt und den Hintern "fixiert", man sitzt also nicht direkt auf "eisglatter" Fläche und gleitet wild umher. Im vorherigen Absatz war mit "rutschen" das Ändern der Sitzposition gemeint, das stattfindet, wenn man bei anspruchsvollen Wegen mit dem ganzen Körper arbeitet, weswegen am Hintern nicht immer die gleichen Stellen belastet werden. Ebendieses Arbeiten/Mitdenken sollte dann auch verhindern, dass man bei sehr ruppigem Gelände faul im Sattel sitzt, ruckartig hin und her schiebt und so die ganze Konstruktion unnötig belastet. Das spielt mit Sicherheit auf dem Hardtail eine größere Rolle als auf dem Fully.
Ein weiterer Punkt sind dreckige Bedingungen, hier wirkt die schmutzige Radhose wie Schleifpapier auf die glatte Oberfläche. Nach der ersten schlammigen Tour sah mein glanzlackierter Sattel auch übel aus, einmal nass drüber gewischt war er fast wie neu. Man könnte es als Politur betrachten... Tatsächlich glaube ich, dass der Sattel in der Hinsicht bei Dauereinsatz etwas in Mitleidenschaft gezogen wird. Erstens ist aber die Lackschicht erstaunlich dick, sodass sie wohl eine Weile hält, und zweitens ist es eben ein Gebrauchsgegenstand. Mit mattem Finish fällt das Problem sicherlich nicht so sehr auf.
Fazit/Kaufempfehlung?: Jein, es kommt darauf an, wofür man ihn braucht. Für den hohen Preis bekommt man ein wertiges, individuell gestaltbares Tuning-Objekt, das ein Leichtbau-Bike würdig abrundet und Akzente setzt. Man fährt ''nicht mehr Sattel als minimal notwendig'' (wichtig für uns weight-weenies) mit sich durch die Gegend. Für den CC-Bereich abseits langer aspaltierter Strecken finde ich ihn sehr bequem, meinem Empfinden und den Aussagen hinter mir fahrender Beobachter nach kann das auch am deutlich sichtbaren Flexen der Sitzflächen liegen.
Meinen gesamten Fuhrpark würde ich damit aber nicht ausrüsten. Das liegt vor allem daran, dass ich bei der filigranen Bauweise zuviel Schiss hab, ein Allzweck- oder Allwetter-Rad damit zwischen fünf andere geklemmt in den Schuppen zu stellen, an Mauern zu lehnen oder mich bei miesen Bedingungen auszurutschen und mit dem Körpergewicht auf dem Sattel lastend übelst auf die Fresse zu packen. Auch für regelmäßige Touren über 100 km oder gar wochenlange Rad-Urlaube würde ich über ein mehr gepolstertes Exemplar nachdenken.
Den Kauf bereue ich nicht, im Wald macht er wirklich Spaß und von der Optik kann man sich auf den nachfolgenden Bildern überzeugen.
Update/Schaden: Vor Kurzem habe ich leider auf meinem Sattel Beschädigungen festgestellt. Es sind auf der Oberfläche, gegenüber den Stelle, wo die Sattelstreben auf das Hinterteil treffen, zwei 1 cm lange, symmetrische Risse entstanden, siehe Foto ganz unten.
Ich wiege mit Kleidung ca. 78 kg, fahre den Sattel auf meinem 2020er Cannondale F-Si (CC-Hardtail mit 100 mm Federweg) und habe den Sattel dem Bike und meinem Fahrkönnen entsprechend definitiv nicht über die Maße belastet. Selbiges Foto habe ich Gelu geschickt, es kam folgende Antwort:
"This happens sometimes when the saddle is finished in gloss because of the thick layer of varnish (when it is finished in matte it does not) and because of the longitudinal flexibility of the side flaps of the saddle. But the carbon is not damaged and it's just the varnish. Apart from the aesthetic part, the saddle has no problem, but if you want, send the saddle and I can change it from brilliant to matte."
Auf Deutsch übersetzt: Dank dem Carbon und weil es bewusst in der Konstruktion so ausgelegt wurde, flext der Sattel zu beiden Seiten eben um die Anbindungspunkte der Streben rum. Die dicke Klarlackschicht hält dem nicht stand und reißt, das Carbon ist aber intakt. Das ist technisch nicht relevant, sieht nur nicht ganz so toll aus. Es wurde mir angeboten, den Sattel einzuschicken, um das Finish von glänzend auf matt zu ändern.
Dem bin ich nicht nachgegangen, ich fahre jetzt weiter mit dem glänzenden Finish (sieht einfach schöner aus) und werde berichten, falls sich was ändert.
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