@MSTRCHRS vielleicht liest du es und vielleicht interessiert es dich ja:
Ich habe mir im Frühjahr hinsichtlich Radlastverteilung ebenfalls (aus gegebenem Anlass) ein paar Gedanken gemacht und das insbesondere im Hinblick auf Neigung mal durchgespielt. Ich hab das hier auch schon mal irgendwo gepostet, weiß aber nicht mehr wo, deshalb kann ich den Post grad leider nicht verlinken. Daher hier nur kurz...
Basierend auf einem Bike mit etwa 480 mm Reach und 640 mm Stack hab ich das im Hinblick auf die tatsächlichen Wirkungspunkte (dabei für Füße vereinfacht Tretlager, für Hände gedachter Mittelpunkt der Verbindungslinie der Griffe) also quasi Real Reach und Real Stack, die Verhältnisse bei verschiedenen Neigungen ermittelt. Das funktionierte grafisch, weil das rein rechnerisch natürlich nicht wirklich kompliziert, aber aufgrund der Verschiebung der Radaufstandspunkte im Vergleich zur Senkrechten etwas umständlich ist. Grafisch erschien mir das dann einfacher und eine grafische Darstellung wollte ich sowieso. Die Ergebnisse sind hier angehängt:
Ich habe bei der Betrachtung auch noch den Sag einigermaßen berücksichtigt. Federweg wäre ca. 150 mm vorne wie hinten.
Grundsätzlich gibt es natürlich eine Verschiebung der Belastungsverteilung bei verschiedenen Gefällen, die ist abhängig vom Abstand des Belastungspunktes vom Untergrund. Beim Tretlager, das eben recht nah am Untergrund ist, wirkt sich das nicht so sehr aus. Während in der Ebene die Verteilung zwischen VR und HR für die meisten Räder im Bereich von 1:2 ist, ist es bei 20° Gefälle, was jetzt nicht so wenig ist, immer noch unter 1:1, also mehr Belastung am HR (hat mich ein wenig überrascht). Sprich die Neigung wirkt sich hier schon aus, aber nicht extrem. Bei der Belastung durch die Hände sieht es da ganz anders aus, weil die natürlich viel höher sind. Hier ist in der Ebene die Belastung zwischen VR und HR etwa 3:1, bei 20° Gefälle ist es dann aber schon so, dass über die Griffe bereits ein Kippmoment nach vorne verursacht wird, sprich die Belastung ist hier sogar größer als 100% (macht natürlich nur im Hinblick auf die Gewichtsverteilung Sinn, wenn das Kippmoment über eine Belastung der Pedale entsprechend ausgeglichen wird).
Daraus folgt, dass der Wert von FC2RC nicht uninteressant ist, aber auch nicht überbewertet werden sollte. Wichtig ist für ein ausgewogenes Bike-Handling nicht der FC2RC Wert an sich, sondern eine Bike-Geometrie inklusive Cockpit-Aufbau, der dieses FC2RC respektiert und letztlich zu einer ausgewogenen Belastung der beiden Räder führt.
Dazu habe ich auch noch eine Grafik:
Hier einfach mal ein hypothetischer Fall, wo man bei 10° Gefälle eine Position einnimmt mit leicht gebeugten Armen und Beinen für Bewegungsbereitschaft, wo vielleicht ein Fünftel des Körpergewichts auf den Händen lastet und vier Fünftel auf den Beinen. Mithilfe einer Waage auf einem Tisch, auf die ich mich stützte, konnte ich das als zumindest plausibel einordnen. In diesem Fall hätte man dann mit den Verhältnissen aus den obigen Bestimmungen tatsächlich eine Radlastverteilung von 50/50, was im Prinzip ja ideal wäre. Nimmt nun das Gefälle zu, wird automatisch mehr Gewicht auf die Hände gehen. Um die Belastung der Hände bei 20° Gefälle bei einem Viertel zu halten, also nur etwas mehr als bei 10° Gefälle, muss man wohl schon den Körperschwerpunkt nach hinten verlagern im Verhältnis zum Rahmen. Da sich die Verteilung des Gewichts insbesondere bei den Händen aber deutlich in Richtung Vorderrad verschiebt, hätte man so bei 20° Gefälle schon eine Belastung des VR von 60%. (Ist natürlich nur eine grobe Betrachtung, aber die Tendenz stimmt sicherlich.)
Was mir bei der Betrachtung der obigen Grafik auch noch aufgefallen ist:
Es ist naheliegend, dass für das Verhältnis von Gewicht auf Händen zu Gewicht auf Füßen der Hüftwinkel entscheidend ist. Für den Hüftwinkel ist aber seinerseits vor allem die Länge des Oberkörpers wichtig und dann eine gemeinsame Betrachtung von Reach und Stack.
Beispiel: Wenn ich den Vorbau verlängere, dann wächst der Reach, wegen des Steuerwinkels aber auch der Stack. Als Ergebnis werde ich eventuell eher den Winkel der Arme an den Schultern ändern - ich greife weiter nach vorne oben - als den Winkel der Hüfte zu ändern. Wenn ich dagegen einen Spacer unter dem Vorbau rausnehme, dann wird der Stack geringer, wegen des Lenkwinkels aber auch der Reach größer. In diesem Fall werde ich mich eher mit dem Oberkörper weiter nach vorne beugen. Das stärkere Abwinkeln des Oberkörpers bewirkt aber ein deutlich stärkeres Vorschieben des Körperschwerpunkts und entsprechend eine deutlich stärkere Belastung der Hände. Vorbau-Verlängerung vs. weniger Spacer ist übrigens genau senkrecht zueinander hinsichtlich des Shifts der Griffposition (eine ähnliche Erkenntnis hatte übrigens schon mal Seb Stott auf Pinkbike geäußert, dass er die Verlängerung des Vorbaus eher nicht merkt hinsichtlich der Veränderung der Gewichtsverteilung und entsprechend des Bikehändlings, das Ändern der Spacer aber schon).
Was daraus dann auch folgt:
Für die richtige Radgröße ist keinesfalls nur die Körpergröße entscheidend, sondern genauso, inwiefern man bei gegebener Körpergröße eher einen langen Oberkörper oder lange Extremitäten hat. Langer Oberkörper braucht dabei tendenziell eher die größere Rahmengröße.
Und auch nicht zu verachten ist, wo man vor allem fährt. Da bei großen Gefällen der Lenker nach vorne wandert, will man bei einer Tendenz zu steilen Abfahrten eher weniger Reach, dafür mehr Stack am Rahmen haben.
Jedenfalls ist das mit der richtigen Bike-Geometrie nicht an einer Größe festzumachen, soviel kann man sicher sagen. FC2RC ist interessant, ohne den richtigen Kontext aber relativ wertlos als Größe.
Ist jetzt viel ziemlich knapp hingesetzt, wäre aber vielleicht mal einen Artikel wert?