Jagdfakten

Ist irgendjemandem hier tatsächlich jemals von einem Wildschwein angegriffen worden? Ich halte das für sehr zweifelhaft, wenn man nicht gerade total depperd in den Wurfkreis stolpert würde ich behaupten ergreifen die Tiere immer die Flucht, bevor sie angreifen.
Ausgenommen evtl. noch verletzte Tiere wie zB. vom Jäger angeschossene.
(Ist ja nicht so, als falle ein geschossener Eber einfach direkt um)
Kommt wohl schon mal vor:
https://www.all-in.de/immenstadt-so...reift-skifahrerin-in-ofterschwang-an_a2556922
 

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Re: Jagdfakten
Also entweder wir reden aneinander vorbei, du liest dir die Studien nicht durch oder ignorierst einfach die anderen "Thesen".

"Doch obwohl in Deutschland so viele Wildschweine geschossen werden...


Moment mal. Ich bezog mich auf folgenden Link: https://www.wildtierportal.bayern.de/wildtiere_bayern/102546/index.php
Mir war nicht bewusst, das man das ausführlicher diskutieren möchte. Aber ich kann da gerne einiges verlinken.

Du kommst jetzt mit einem Zitat daher, dessen Quelle du nicht genannt hast, aber google hilft und da sieht man erst mal, dass das Zitat von sehr einschlägigen Seiten kommt. Das bringt niemanden weiter.

Wenn ich mir die Originalstudie von Sabrina Servanty durchlese, steht da zb etwas ganz anderes. Das ist aber die aktuelle NGO Strategie. Studien zitieren und ihnen einen völlig anderen Inhalt unterstellen.

Hier mal zum Schmökern: https://besjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/j.1365-2656.2009.01579.x#

Und hier die aktuellere Studie, die auch Handlungsempfehlungen gibt: https://besjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/j.1365-2664.2011.02017.x (Fig. 5).
 
Sorry, wusste nicht, dass du den Thread nicht von Anfang an verfolgt und gelesen hattest. Da gab es genügend Zitate mit entsprechenden Links.

Dass die Quellen auch nicht das Gelbe vom Ei sind will ich gar nicht bestreiten. Aber es sind für mich erstmal relativ leicht verständliche Texte und bisher hat keiner was besseres/Gegenteiliges geliefert bzw. habe ich auch nichts finden können.
Natürlich zieht jeder immer am liebsten das aus Studien raus, was einem eher zusagt. Ich habe mir deine Links mal (zugegebenermaßen bisher nur kurz) angeschaut.

Paar Zitate daraus:

"4. Compared with expected generation times of similar‐sized ungulates (more than 6 years), wild boar has a fast life‐history speed, especially when facing high hunting pressure. This is well illustrated by our results, where generation times were 3·6 years in the lightly hunted population and only 2·3 years in the heavily hunted population. High human‐induced mortality combined with non‐limiting food resources accounted for the accelerated life history of the hunted population because of earlier reproduction.

5. Synthesis and applications. For wild boar, we show that when a population is facing a high hunting pressure, increasing the mortality in only one age‐class (e.g. adults or juveniles) may not allow managers to limit population growth. We suggest that simulations of management strategies based on context‐specific demographic models are useful for selecting interventions for population control. This type of approach allows the assessment of population response to exploitation by considering a range of plausible scenarios, improving the chance of selecting appropriate management actions."

"Those results clearly indicate that early reproduction at low body mass is not a species‐specific trait of wild boar and support the widespread occurrence of marked among‐population variation in the relationship between mass and reproduction (see e.g. Albon, Mitchell & Staines 1983 on red deer; Heard et al. 1997 on moose Alces alces L.). Available evidence therefore provide strong support for involving a response of wild boar to the high hunting pressure to account for both the high proportions of juvenile females breeding and the low threshold body mass at which reproduction occurs in this heavily hunted population."

"Our results showed that juveniles make a large contribution to the yearly recruitment, maybe as a result of the high hunting pressure faced by wild boar in the focal population. As most females are not living more than two or three breeding seasons, selective pressure should favour an increased reproductive effort early in life and so, juveniles should invest more in reproduction at the risk of reduced adult size or shorter lifespan (Festa‐Bianchet 2003; Garel et al. 2007)....The low threshold mass we reported here, along with the short generation time, involves a high potential impact on population growth to changes in recruitment parameters. Reproducing early in life at low mass might be a response of wild boar to high hunting pressure."


Mein Englisch ist leider relativ schlecht, so dass ich mich bei diesem langen verlinkten Texten wirklich schwer tue es zu verstehen. Aber alles was ich daraus lese, sagt keinesfalls "etwas ganz anderes". :confused:
Ich wäre dir dankbar, wenn du mir da etwas auf die Sprünge helfen könntest, wenn du eh schon die Studie gut kennst und weißt, was wirklich drin steht. :)
 
Ich denke, dass folgende zwei Diagramm am wichtigsten sind:

jpe_2017_f2.gif


Durch die Bejagung verändert sich die Alterstruktur der Wildschweinpopulation. Bei den Wildschweinen ist das Besondere, dass sie im Verhältnis zu ihrer Größe generell eine niedrige Lebenserwartung haben.


jpe_2017_f5.gif


Hier sieht man die Reaktion der Populationen auf unterschiedliche Bejagungsstrategien. Wie man sieht: Wo gejagt wird, egal wie, verkleinern sich die Populationen. Dort, wo strategisch gejagt wird, verringert sich die Population noch stärker. Strategisch heißt: Im extensiv bejagten Gebiet sollten verstärkt alte Tiere bejagt werden, im stark bejagten Gebiet sollten verstärkt junge Tiere bejagt werden.


Der Google Übersetzter funktioniert eigentlich ganz gut.

Das schöne an der Wissenschaft ist, dass man da alle möglichen Ergebnisse miteinander verknüpfen kann und dann in der Regel ein "Ja, aber" raus kommt. ;)


Zum Thema gibt's haufenweise Literatur. Hier zb etwas zum Anstieg der Population und einer wesentlichen Ursache:

https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0132178

Weitere Ursachen: http://www.mountainecology.org/index.php/me/article/view/121 (leider schon etwas älter)


Ich persönlich bin ja immer für sowas zu haben:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969716303709?via=ihub


Dazu noch eine kleine Präsentation (auf Deutsch):

https://mlul.brandenburg.de/media_fast/4055/Keuling_SW_ÖJV-BB_2016_pdf.pdf



ich bin auch kein Jäger und ich finde die Jagd per se recht ineffizient.
 
Vor kommt so einiges, aber wer kennt denn wirklich jemanden der von ner Sau verletzt wurde?

Ich hab da viel mehr Angst vor Jägern:(
https://www.n-tv.de/panorama/Jaeger-erschiesst-Mountainbiker-article20671873.html
:ka:

Der war wohl trigger happy oder hat völlig gepennt, einen Fahrradfahrer mit Wild zu verwechseln ist einfach nicht möglich.
Zumal vor jedem Schuss erstmal das Tier angesprochen werden muss. Dazu gehört auch das feststellen des Alters,
mögliche Krankheiten,... . Wenn man danach einen Fahrradfahrer immer noch fpr Wild hält hat man Lack gesoffen.
 
Vor kommt so einiges, aber wer kennt denn wirklich jemanden der von ner Sau verletzt wurde? ...
Ja, ich:D
23:30 auf dem Heimweg kam die Sau ganz heimtückisch aus dem Gebüsch von links vor mein Rad gesprungen... und danach ist sie getürmt:mad: Waren aber zum Glück nur ein paar Prellungen, zumindest bei mir.
Seitdem aber keinen Kontakt mehr gehabt. Schwein gehabt:daumen:
 

Viel tragischer der dort erwähnte und verlinkte Todesfall
https://www.br.de/nachrichten/bayer...ifahrer-oberpfaelzer-jaeger-geschockt,R4vjzOC

Da schockiert mich das
Mann darf weiterhin jagen
Nach Angaben der zuständigen Jagdbehörde darf der Mann weiterhin auf die Jagd gehen. Dies gelte bis zu einer möglichen Verurteilung, so ein Sprecher des Landratsamtes Schwandorf.
Warum wird da nicht die Jagderlaubnis ausgesetzt bis der Fall gerichtlich geklärt ist?
 
Ist irgendjemandem hier tatsächlich jemals von einem Wildschwein angegriffen worden? (....)

Ja, kommt gelegentlich vor: https://www.wp.de/staedte/kreis-olpe/maedchen-von-wildschwein-angegriffen-id1280166.html

Außerdem hatten wir in der Region kürzlich tatsächlich einen verbürgten Angriff auf einen Radfahrer im Wald. Durchaus nicht folgenlos, ging aber nicht durch die Presse! Seltsam eigentlich ...

Ich möchte mal wissen, was jetzt los wäre, wenn - bewahre! - ein Wolf nach einem Biker geschnappt hätte.

Zum Thema gibt's haufenweise Literatur. Hier zb etwas zum Anstieg der Population und einer wesentlichen Ursache:

https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0132178

Weitere Ursachen: http://www.mountainecology.org/index.php/me/article/view/121 (leider schon etwas älter)

Ich persönlich bin ja immer für sowas zu haben:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969716303709?via=ihub

Dazu noch eine kleine Präsentation (auf Deutsch):

https://mlul.brandenburg.de/media_fast/4055/Keuling_SW_ÖJV-BB_2016_pdf.pdf

(....)

Eine sehr nützliche Zusammenstellung! Vielen Dank.
 
Also bei uns im westlichen Zonenrand ging es mit den Wildschweinen massiv los, als die Grenze zur Zone verschwand.
Der zunehmende Maisanbau für die Bioenergie sorgte neben immer günstigeren Lebensbedingungen in der Landschaft in den folgenden Jahren für den zusätzlichen Boom.

Im übrigen sorgt Prädatorendruck nicht für eine höhere Fortpflanzungsrate, sondern für eine Anpassung über die Körpergröße, also entweder größer oder kleiner, wodurch dann die Anzahl an Individuen steigt oder sinkt. Die Natur kann nämlich nicht mehr Energie für eine Population zur Verfügung stellen, als vorhanden ist. D.h. es geht nicht mehr als nach dem System möglich ist oder die Masse bleibt gleich nur die Verteilung ändert sich. Das hat aber mit einer Fortpflanzungsrate nichts zu tun!
 
Im übrigen sorgt Prädatorendruck nicht für eine höhere Fortpflanzungsrate, sondern für eine Anpassung über die Körpergröße, also entweder größer oder kleiner, wodurch dann die Anzahl an Individuen steigt oder sinkt. Die Natur kann nämlich nicht mehr Energie für eine Population zur Verfügung stellen, als vorhanden ist. D.h. es geht nicht mehr als nach dem System möglich ist oder die Masse bleibt gleich nur die Verteilung ändert sich. Das hat aber mit einer Fortpflanzungsrate nichts zu tun!
Iwie widersprichst du dich.
Damit die "Masse" gleich bleibt, muss bei vermehrter Bejagung die Fortpflanzungsrate steigen bzw bei keiner Bejagung sinken.
 
Einfach nur lesen, was da steht. (Bezugsziffern von mir)
... Im übrigen sorgt Prädatorendruck nicht für eine höhere Fortpflanzungsrate, sondern für eine Anpassung über die Körpergröße, also entweder (1)größer oder (2)kleiner, wodurch dann die Anzahl an Individuen (2)steigt oder (1)sinkt. Die Natur kann nämlich nicht mehr Energie für eine Population zur Verfügung stellen, als vorhanden ist.
 
Einfach nur lesen, was da steht. (Bezugsziffern von mir)
Das les mal den Satz nur mit Ziffer 2

Im übrigen sorgt Prädatorendruck nicht für eine höhere Fortpflanzungsrate, sondern für eine Anpassung über die Körpergröße, kleiner, wodurch dann die Anzahl an Individuen steigt
Wie kann die Anzahl der Individuen steigen, wenn die Fortpflanzungsrate (Anzahl der Geburten) unverändert bleibt aber weniger Tier überleben, weil mehr Tiere geschossen werden?

Wenn dann macht das nur einen Sinn, wenn man schreibt.

Die Anzahl (oder Masse) der Tier bleibt gleich, egal ob bejagt wird oder nicht.

Dann muss ich aber sagen, lieber keine Bejagung
- die Tier werden nicht zur Nachtaktivität gezwungen und dadurch zB die Zahl der Wildunfälle sinken würde. (kein Blenden, Tier bleibt nicht auf der Straße stehen)
- keine Jagdunfälle s.o.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das les mal den Satz nur mit Ziffer 2 ... Wie kann die Anzahl der Individuen steigen, wenn die Fortpflanzungsrate (Anzahl der Geburten) unverändert bleibt aber weniger Tier überleben, weil mehr Tiere geschossen werden?
Das ansteigen der individuenzahl wäre nach der aussage die eine variante. Die andere variante ist die zunahme an größe bei abnahme der individuenzahl. Dann wird die bejagung schwieriger. In dem zitierten satz müsste man sich über die bedeutung des wortes prädatorendruck einigen und den zeitraum, in dem er auftreten muss, gemessen in der mittleren lebenserwartung der individuen, um einen ursächlichen zusammenhang herstellen zu können.
 
Die hier erwähnte Servanty-Studie äußert in der Diskussion zwar die Vermutung, dass es einen Zusammenhang zwischen Jagddruck und Fortpflanzungsverhalten geben könnte, wer sich jedoch nicht nur die Schlusssätze sondern die gesamte Studie zu Gemüte führt, stellt fest, dass es keinerlei Daten aus der Studie gibt, die einen solchen Schluss nahelegen oder auch nur zulassen können. Frau Servanty stellt die Hypothese auf, da sie das mittlere Alter der Geschlechtsreife bzw. ersten Fortpflanzung bei jungen Bachen in ein paar Feldstudien in Gebieten mit hohem Jagddruck etwas höher war als in solchen mit niedrigem Jagddruck. Allerdings sind die Fallzahlen sehr klein (z.T. nichtmal 20 Tiere) und die klimatischen Bedingungen (und damit auch Art und Menge des Nahrungsangebotes) sind in den angeführten "Vergleichsstudien" doch sehr unterschiedlich, so dass kein wissenschaftlicher Vergleich angestellt werden kann. Zudem weist Frau Servanty darauf hin, dass sich aufgrund von Schwankungen der klimatischen Bedingungen und des Nahrungsangebotes in dem von ihr untersuchten Gebiet, sehr starke Schwankungen bei der Anzahl fortpflanzungsbereiter Bach ergeben haben. Wollte man jetzt also Gebiete mit unterschiedlichen Jagddruck untersuchen, müsste man dies über einen längeren Zeitraum tun und die Unterschiede und Schwankungen aufgrund der klimatischen Schwankungen und der des Nahrungsangebotes versuchen herauszurechnen.
Aufgrund dieser Schwierigkeiten verbietet sich aus wissenschaftlicher Sicht (nicht aus Sicht eines Jägers wohlgemerkt!) eine Schlussfolgerung wie sie gerne von Verbänden, die die Jagd ablehnen, häufig getätigt wird.

Zudem spielt die hier bereits angesprochene Art der Bejagung eine große Rolle dabei, wie hoch die Reproduktionsrate ausfällt. Dabei könnte man meines Wissens nach die Reproduktionsrate verringern, indem man vorrangig junge Stücke bejagt, die (zumindest bei den bejagten Schalenwildarten) den größten Teil zur Reproduktion beitragen (vgl. z.B. Lüneburger Modell für Schwarzwild: http://deutsches-jagd-lexikon.de/index.php?title=Lüneburger_Modell). Dies wird allerdings aus auch bereits genannten Gründen (Trophäen, etc.) häufig nicht gemacht; allerdings auch oft, weil entweder der Willen zur Umsetzung (aufwendig) oder die Kenntnisse zur Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten fehlen. Wenn man der Jägerschaft also einen Vorwurf machen kann, dann den, dass sie sehr konservativ sind und Neuerung scheuen ;)

Das Genfer Modell mag durchaus attraktiv wirken, aber die Städte und Gemeinden müssten auch die finanziellen Mittel haben, um ein solches Modell umzusetzen. Dort hat (ich bin den Angaben auf S.1 hier gefolgt) ein Abschuss umgerechnet 8.000 CHF (1,2 Mio CHF für 150 Abschüsse) gekostet. Mir ist klar, dass man diesen Preis bei größeren Strecken nicht 1:1 umrechnen kann, aber wenn man sich z.B. die Jagdstrecke aus Hessen für die Jahre 2016/17 anschaut (https://ljv-hessen.de/wp-content/uploads/2017/11/Streckenliste_2016-2017.pdf) sollte klar werden, dass ein solches Modell massive öffentliche Investitionen voraussetzen würde. Dieses Geld wird in Deutschland aktuell zu einem guten Teil von den Jägern bzw. Pächtern aufgebracht; außerdem waren in Genf nahezu alle Tiere ausgerottet, davon kann in Deutschland keine Rede sein.

Wäre noch das Thema der Prädatoren: Ja, es gibt hierzulande kaum Prädatoren, die dem Schalenwild (Rehwild, Damwild, Rotwild, Schwarzwild) gefährlich werden können. Allenfalls Jungtiere (insbesondere Rehwild) oder kranke/verletzte Stücke stellen ein Ziel der hier vorkommenden Prädatoren dar. Bei der hierzulande vorhandenen Anzahl an Wildtieren reichen allerdings ein paar Wolfsrudel oder Luchse nicht, um den Bestand einzudämmen. Den Großteil der Eindämmung haben immer noch das Wetter und das Nahrungsangebot zu verantworten (gehabt). Durch den schon erwähnten Maisanbau, den Anbau von Zwischen- und Winterfrüchten auf den Feldern und die (im Mittel) deutlich milderen Winter sterben immer weniger Tiere (so hart das auch klingt) und die Populationen wachsen weiter. Die Konflikte, die man bei einer höheren Anzahl an Prädatoren hat, nähmen allerdings massiv zu. Insbesondere Viehwirte hätten allenthalben große Verluste zu beklagen; aber auch Kaninchenzüchter, Hühnerbesitzer und sogar Hundehalter (es wurden auch schon Jagdhunde auf einer Jagd von Wölfen gerissen) hätten wahrscheinlich enorm mit den Verlusten zu kämpfen (nicht nur finanziell, sondern auch emotional).
Weiterhin gehören zum Raubwild auch Füchse, Waschbären, Dachse, etc. Die essen sehr gerne bodenbrütende Vögel oder deren Gelege, so dass es in vielen Revieren hierzulande - abgesehen von Hasen und Kaninchen - kaum noch nennenswerte Niederwildbestände gibt. Natürlich hat der Landbau auch einen nicht zu unterschätzenden Anteil am Verschwinden dieser Tierarten, aber das Raubwild gibt ihnen sozusagen den Rest. Ich kenne Revierbesitzer, die fast ausschließlich Raubwild bejagen, weil sie unbedingt mal wieder ein paar Wachteln, Auerwild oder dergleichen in ihrem Revier halten wollen - nicht um diese zu jagen, sondern um eine Artenvielfalt herzustellen und aufrechtzuerhalten.
Die Scheu vor Menschen hängt mit Sicherheit auch mit dem Jagddruck zusammen, allerdings haben alle hier vorgebrachten Studien auch gezeigt, dass diese Verhaltensänderung nur von kurzer Dauer ist; die Tiere also wissen, wann sie wachsam sein müssen und wann nicht. Aus eigener Erfahrung kann ich dagegen allerdings berichten, dass Rehwild hierzulande weitaus weniger Scheu ist als z.B. in Schweden, obwohl der Jagddruck dort aufgrund der geringen Besiedlung, des niedrigeren Bestandes und der weitläufigen Reviere weitaus geringer ist als in Deutschland. Allerdings gibt es in Schweden noch Prädatoren, vor denen sich das Rehwild in Acht nehmen muss, sodass die Tiere allgemein deutlich wachsamer sind als hierzulande; die Prädatoren sind allerdings das ganze Jahr darauf aus, Rehwild zu reißen und nicht nur in der Jagdzeit. Frau Storch reduziert in ihrer Präsentation leider die Betrachtung auf den Prädator Mensch - vermutlich, weil hierzulande kein anderer Prädator nennenswerten Einfluss auf die Population hat. Das darf aber auch nicht wieder so verstanden werden (was es gerne wird), dass nur der Mensch ein Anti-Prädations-Verhalten und eine Störungsempfindlichkeit hervorruft. (Das von ihr angeführte Alpenschneehuhn hat übrigens so gut wie keine natürlichen Fressfeinde, so dass es überhaupt nicht in die Verlegenheit kommt, Scheu entwickeln zu müssen).

Bliebe noch das Argument des "heimtückischen Mordens", weil Jäger von Hochsitzen/Böcken mit Gewehren schießen. Dabei wird leider allzuoft übersehen, dass ein gut getroffenes Stück Wild meist keine 25m Fluchtstrecke mehr schafft, sondern vorher tot zusammenbricht. Natürlich liegt es in der Verantwortlichkeit des Einzelnen, dafür Sorge zu tragen, dass die Waffe trifft, dass man das Schießen übt und die richtige Munition verwendet; aber von einzelnen schwarzen Schafen auf die Gesamtheit der Jäger zu schließen, bringt die Diskussion wenig voran.
Betrachtet man hingegen, wie Wildtiere in der "freien Natur" zu Tode kommen, mutet der Gewehrschuss schon beinahe "human" an: Iltisse legen sich Winterlager an, indem sie z.B. Mäuse oder Frösche mit einem Biss ins Genick lähmen und in ihr Lager verschleppen; dort leben die gelähmten Tiere noch eine Tage oder sogar Wochen, bevor der Iltis sie frisst (damit sie nicht vergammeln). Als ich neulich dabei war, wie eine Wiese vor dem Mähen nach Rehkitzen abgesucht werden sollte, lief bei unserer Ankuft eine Rotte Wildschweine am anderen Ende der Wiese in diese hinein. Als wir mit der Suche auf der anderen Seite der Wiese ankamen, haben wir ein totes aber noch warmes, angefressenes Rehkitz gefunden; die Wildschweine haben das Rehkitz offenbar auch gefunden und einfach bei lebendigem Leib "angefressen" (wirklich sehr "tierfreundlich"...). Wenn man sich mal einen Fuchsbau anschaut (bzw. den Platz davor), wenn die Fähe Junge hat, hat man das Gefühl auf dem "Friedhof der Kuscheltiere" zu sein: Unmengen an toter, vergammelnder Tiere (Kaninchen, Hasen, (Jung-)Vögel, etc.) die die Fähe für ihre Jungen anschleppt. Wenn diese älter sind, werden die Tiere von der Fähe nicht getötet, sondern verletzt zum Bau gebracht, damit die Jungen die Jagd "üben" können. Von den ganzen kranken, alten und verletzten Tieren, die nicht mehr genug Nahrung finden oder fangen können und verhungern, erfrieren, etc. ganz zu schweigen.
Die Natur ist alles andere als friedlich und freundlich und der gezielte Abschuss einzelner, ausgewählter Tiere ist mit Sicherheit die schnellste Art und die mit dem geringsten Leiden, zu Tode zu kommen...

Ich will die Jagd weiß Gott nicht verherrlichen, aber das moralisierende "Gerede" von vermeintlichen Tierschutzverbänden und selbst ernannten Tierfreunden entbehrt in weiten Teilen leider jeglicher sachlicher Grundlage und wirkt allzuoft auf mich wie ein Versuch, sich über andere zu erheben. Aus welchen Gründen das geschieht, kann und will ich weder urteilen noch vermuten; meiner Ansicht nach hat es aber etwas religiöses an sich, als wollten diese Menschen versuchen, ihr Seelenheil in dem (teilweise militanten) Einsatz gegen andere, vermeintlich unmoralische Menschen zu finden (wie es z.B. auch im Mittelalter praktiziert wurde).
Daher seid mir bitte nicht böse, aber es gibt derzeit keine ernstzunehmenden Gründe, die Jagd zu verbieten oder abzuschaffen. Es gibt aber durchaus einige sachliche Gründe, die Jagd stärker zu strukturieren und wissenschaftlich weiterzuentwickeln, quasi zu modernisieren. Dass dies nicht oder nur sehr langsam geschieht ist meiner Meinung nach der einzige Vorwurf, den man der Jägerschaft (in Deutschland) machen kann - wobei es auch da starke regionale Unterschiede gibt.
 
Wirtschaftsleistung der Jagd nähert sich der Milliardengrenze
Neue volkswirtschaftliche Studie bestätigt 731 Mio. € Wertschöpfungsbeitrag der Jagd – dazu werden jährlich rund 240 Mio. € ehrenamtliche Jagdleistungen erbracht
Die Jagd in Österreich trägt durchschnittlich rund 731 Mio. pro Jahr zur Wertschöpfung am regionalen Bruttoinlandsprodukt bei. Das ist das Ergebnis einer Studie des renommierten emeritierten Univ.-Prof. für Volkswirtschaft, Dr.Dr.mult. Friedrich Schneider. Darüber hinaus erbringt die Jagd nach internen Schätzungen des Dachverbandes „Jagd Österreich“ ehrenamtliche Leistungen im Wert von etwa 240 Mio. Euro. Damit nähert sich die Wirtschaftsleistung, welche durch die etwa 127.000 Mitglieder der Landesjagdverbände erbracht wird, der Milliardengrenze.
Rund 7,3 Milliarden Euro hat der Effekt der Jagdwirtschaft auf das Bruttoinlandsprodukt sowie rund 3,1 Milliarden jener auf das Masseneinkommen in den vergangenen zehn Jahren betragen. Dadurch konnten 58.872 Arbeitsplätze geschaffen oder erhalten werden. Darüber hinaus leistete die Jagd im betrachteten Zeitraum 1,4 Milliarden an indirekten und 1,2 Milliarden an direkten Steuern und Sozialabgaben. „Diese volkswirtschaftliche Analyse fördert die positiven und quantitativ beträchtlichen ökonomischen Auswirkungen der Jagd in Österreich eindeutig zutage. Damit profitiert der Staat bzw. indirekt die Gesellschaft in mehrerer Hinsicht von dem Bestand bzw. der Existenz der Jagdwirtschaft am Standort Österreich“, sagt Studienautor Friedrich Schneider.
Hohe wirtschaftliche Bedeutung der Jagd
„Diese Berechnungen bestätigen, welch hohe wirtschaftliche Bedeutung die Jagd in Österreich hat. Denn zu diesen volkswirtschaftlich berechenbaren Ausgaben und Effekten durch die Jagdwirtschaft müssen wir noch die unbezahlten, also ehrenamtlich erbrachten Stunden der etwa 127.000 Mitglieder unserer Landesjagdverbände hinzurechnen“, so der geschäftsführende Landesjägermeister DI (FH) Anton Larcher. „Hier gehen wir nach internen Schätzungen von etwa 10,6 Millionen ehrenamtlichen Stunden pro Jahr aus. Das entspricht der Leistung von etwa 5.300 Berufsjägern im selben Zeitraum. Dadurch erbringen wir Jägerinnen und Jäger rund 240 Mio. Euro an Jagdleistungen für die Allgemeinheit bzw. erspart sich die öffentliche Hand jedes Jahr diesen Betrag.“
Jagd ist für nachhaltige Landnutzung unverzichtbar
Abschließend wird in der Studie festgehalten, dass die quantitative und wirtschaftliche Bedeutung der Jagdwirtschaft „nicht nur aus der Vermarktung von Fleischprodukten besteht, sondern zu einem Großteil den Biotoppflegemaßnahmen und der Betreuung und Erhaltung des heimischen Tier- und Wildbestandes dient.“ In dem Zusammenhang weist die Untersuchung auch jährliche Zahlungen von rund 67,22 Mio. Euro für Jagdpacht und Abschussgebühren an Grundeigentümer sowie von etwa 44,82 Mio. Euro für Biotoppflegemaßnahmen durch die Jägerschaften aus. Die Ausgaben zur Erzeugung von hochwertigem Wildbret betragen rund 34 Mio. Euro pro Jahr.






Wenn es um Geld geht, dann kommt die Wissenschaft mit Meinungen und Politik oft in Konflikt. Auch dies sollte betrachtet werden als Jagd Gründe.
 
@Mojo25:
Gutes P
lädoyer eines Jägers!
Aber auch nicht mehr.

zB Was haben die Bodenbrüter gemacht als es noch keine Jäger gab und die Raubtiere schalten und walten konnten, wie sie wollten? Und wer ist schuld, dass es zB in Mitteleuropa nur noch wenige Auerhühner gibt?
Jetzt müssen diese auch noch als Alibi für die Jäger herhalten, dass diese ihre Trophäen schießen können.
Und wer ist schuld, dass die kleinen Raubtiere keine natürlichen Feinde, sprich größere Raubtiere wie den Luchs, mehr haben?

In der Natur stellt sich immer ein Gleichgewicht zwischen Jägern und Beute ein. Es ist der Mensch, der immer dieses Gleichgewicht stört. Oder soll ich besser schreiben der "moderne" Mensch
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank @Mojo25 für die ausführliche Erläuterung.

Wie schon geschrieben, habe ich bisher kein Problem mit unseren Jägern gehabt (im Gegensatz zu manch anderen Radlern aus unserer Gegend). Falls mich allerdings auch mal selber ein Jäger aufhalten würde und mir dann die üblichen Argumente an den Kopf wirft wieso ich im Wald nichts zu suchen hätte, dann schadet in einer sachlichen Diskussion etwas Hintergrundinfo nicht, um mein/unser Hobby zu verteidigen :)

Da du ja anscheinend entweder selber Jäger bist oder du dich zumindest damit sehr stark auseinander gesetzt hast/setzt, würden mich paar Dinge interessieren, wie du die siehst.
Zum einen wird ja immer behauptet, dass wir das Wild aufscheuchen und es somit zu starken Verbiss kommt. Manche sagen ja sogar, dass wir durch unseren "Geruch" bzw. Gestank schon die Tiere aufscheuchen (ich hab auch schon Jäger viele Meter vorher gerochen, als sie aufm Sitz oben geraucht haben :D). Was ist da dran?
Wird durch die Kirrung und den milden Wintern dem Verbiss entgegen gewirkt oder spielt das kaum eine Rolle? Ist das Füttern in dem Maße, wie es oft praktiziert wird, sinnvoll bzw. notwendig?
Wie kritisch siehst du Nachtfahrten im Wald? Macht es da einen Unterschied, ob man auf breiteren Wegen/Schotterstraßen bleibt oder man schmale Wanderwege fährt?
 
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