Leichte Überforderung: Entscheidungshilfe für einen Einsteiger

Registriert
1. Januar 2021
Reaktionspunkte
2
Ort
Schleswig-Holstein
So langsam wird es wirklich höchste Zeit für einen kleinen Hilferuf. Seit Beginn der Pandemie beschäftige ich mich nun schon eingehender mit Fahrrädern, mit dem anfänglichen Ziel, im Corona-Sommer über den Asphalt zu düsen. Mittlerweile ist es Januar 2021, das Virus grassiert weiterhin und ich bin irgendwie noch sehr weit von einem Kauf entfernt.

Alles fing eigentlich damit an, dass ich vorletzten Sommer mein hippes Studenten-Rennrad verkauft habe, da es mir a) zu klein war und ich b) schnell Geld brauchte für eine Rundreise. All die Jahre zuvor haben übrigens gebrauchte Hollandräder ihre Dienste geleistet. Einige habe ich zu Schrott gefahren, einige wurden gestohlen. So weit, so gut.

Irgendwann Ende 2019 berichtete mir jemand von seinen Plänen eines Gravel Bikes. Der Begriff war mir bis dahin noch nicht zu Ohren gekommen wohlgemerkt. Eigentlich war ich auf der Suche nach einem unspektakulären Alltagsrad, also: Mit dem Rucksack einkaufen, von A nach B, zur Uni, raus an den Strand (Standort ist Schleswig-Holstein, if it comes to that... ). Hätte es dieses Gespräch mit dem Bekannten nicht gegeben - ich hätte mir höchstwahrscheinlich wieder ein x-beliebiges-hauptsache-stylisches Rennrad in der kleinen Bucht gekauft, doch gelegentliche Touren außerhalb der Stadt klangen durchaus interessant und da ich hin und wieder mal ganz gerne über den Bordstein brettere, setzte ich mich intensiver mit den robusteren Gravel Bikes auseinander. Sehr oberflächlich jedoch. Will heißen, bei einem relativ guten Preis-Leistungs-Verhältnis sollte das Rad vor allem optisch gefallen. Angefangen bei Fuji, bis hin zu Canyon, bin ich mittlerweile bei Cannondale gelandet. Das kann sich aber noch ändern! Auf dem Weg dorthin habe ich mir natürlich auch jede Menge Basiswissen angeeignet (also wirklich grundlegendes Zeug wie Schaltgruppen, 'Was sind die Vorzüge von hydraulischen Bremsen? Wie wirkt sich welche Geometrie auf das Fahrverhalten aus?', ..., usw.) und muss sagen ich staunte nicht schlecht, was sich bis dato in der Branche getan hat. Analog zu all dem Wissen wuchs auch der vorher festgelegte Preisrahmen wie ihr euch denken könnt. Das ist aber in Ordnung, da ich mittlerweile bereit bin, etwas mehr auszugeben. Man ist ja auch keine 19 mehr, geht die Dinge also mit einer gewissen Ernsthaftigkeit an. Außerdem bin ich sportlich recht fit, d.h. neben dem Schwimmen und Laufen würde ich gerne das Radfahren intensivieren. Damit kommen wir aber zum nächsten Problem...

Mittlerweile habe ich mich gefühlt so weit vom ursprünglich Kaufwunsch entfernt, dass ich total den Überblick verloren habe und überhaupt nicht mehr weiß, was ich will. Oder 'brauche' vielmehr. Derzeit ist der Gedanke eines reinen RR doch wieder reizvoller als zunächst gedacht, aber auch hier gibt es ja wieder die Unterscheidung zwischen Endurance, Cyclo-Cross und Race, wobei ich letzteres ausschließen kann. Das ist jetzt zwar Zukunftsmusik, ich weiß, aber ganz grundlegend finde ich folgende Szenarien spannend:

a) Pässe und Bergstraßen z.B. im Alpenraum, aber auch

b) längere, mehrheitlich ebene(-re) Strecken mit Gepäck, z.B. mal von der Ostsee Richtung Nordrhein-Westfalen


Eine Kamera, ob nun Smartphone oder Analog, wird in jedem Fall immer dabei sein. Ich studiere künstlerische Photographie und würde mich aber privat gerne vermehrt der Landschaftsfotografie widmen. Daher auch der Reiz an a)

Früher oder später sind wohl Zweit- und Dritträder nicht auszuschließen, oder? Wie gesagt, Zukunftsmusik. Ich versuche derzeit einfach zu eruieren, welches Fahrrad oder welche Art von Fahrrad meine Bedürfnisse am ehesten befriedigt, ohne weitere 120 Seiten Forenbeiträge zu lesen. Natürlich kann man noch Theorie pauken, aber ich möchte bald einfach mal losfahren wenn ihr versteht, was ich meine?! Aus der Praxis wird sich hoffentlich dann mehr ergeben.

Ich weiß, das sind jetzt alles nur ganz schwammige Fragen, bitte nicht schimpfen, aber vielleicht können hier trotzdem einige Mal berichten und ihre Erfahrungen teilen. Wie seid ihr zum Radfahren gekommen? Welches war euer erstes Bike? Was würdet ihr einem Einsteiger wie mir empfehlen? Ich freue mich über Rückmeldungen. Das können weitere Herstellernamen sein, aber auch ganz allgemeine Ratschläge wie 'Greif besser zu einem Endurance, weil...' oder 'Besser weniger Geld ausgeben und stattdessen...'.

Kurz zu mir: 29 (m), 185cm groß, sportlich-schlank, Schritthöhe ca. 86 cm
Max. Preis sollte irgendwo zwischen 2000 und 2500,- liegen.

Danke, danke, danke! :cool:
 
Also ich würde tippen Landschaftsfotografie macht man meistens nicht an ner asphaltierten Straße und finde ein Gravel wahrscheinlich ziemlich passend zu dem was Du schreibst.
Wo ich es schön finde ist meistens keine Straße und daher ist für mich ein reines Road Bike schon sehr spezifisch.
Was ich Dir aber eigentlich raten wollte:

Kauf Dir, was sich passend anfühlt und den Haben will Reflex auslöst. Ich denke Du hast Dich ausreichend mit der Materie befasst, dass es kein kompletter Fail wird.
Bei mir war es so, dass ich mich, als das Bike endlich da war nicht mehr gefragt habe ob es DAS richtige Bike war, sondern happy bin weil es einfach nicht das Falsche ist und ich endlich fahren kann.

Hatte immer wieder Anläufe gemacht eins zu kaufen und wieder abgebrochen weil ich mich nicht entscheiden konnte.. Das war im Nachhinein ein viel größerer Fehler.
 
Zu den beschriebenen Anforderungen / Vorstellungen können einige Räder / Radgattungen passen, neben Endurance und Gravel ggfs. auch Trekking bzw. Reiserad.
Passt Dir ein Dropbar / Rennlenker (?), das würde den Bereich schon einschränken - andersrum (Flatbar) natürlich genauso ;) .
Ausprobieren / Probefahrten beim Händler sind derzeit kaum möglich, mit genaueren Vorstellungen ist jedoch eine konkrete Beratung über das Forum möglich - und vielleicht findet sich dann jemand aus Deiner Nähe, wo Du mal was entsprechendes testen kannst.
 
Kurz zu mir: 29 (m), 185cm groß, sportlich-schlank, Schritthöhe ca. 86 cm
Du bist kein Langbeiner, d.h. wenn deine Arme "normal lang" sind, kannst du von der Geometrie her aus dem Vollen schöpfen, sprich, du kannst auch mit einem Stack-Reach-Verhältnis (STR) von unter 1,5 durchaus langstreckentauglich und komfortabel sitzen. Punkt für dich.

Ein Rad mit Komfortgeometrie (STR >1,55) könnte sich im Gegenteil auf Dauer sogar als zu hollandradartig erweisen. Das fühlt sich anfangs womöglich gut an, hat aber kein Entwicklungspotential. Man wird üblicherweise fitter und flexibler, fährt öfters im Unterlenker, die km-Umfänge steigen. Wenn man dann immer voll im Wind hängt, nervt das ungemein.

Insofern würde ich ein Cyclocross mit Gepäckträgerösen (z.B. Giant) oder ein sportlicheres Gravel ins Auge fassen. Mit 32er Reifen kommt man mit Gepäck problemlos über die Alpen und kann dabei auch Schotterstrecken angenehm fahren. Alles was breiter ist, dient dem Komfort, zum Weiterkommen ist es nicht zwingend nötig.
Es gibt allerdings bei zunehmender Reifenbreite einen Zielkonflikt zwischen Komfortgewinn und Fahrdynamik, d.h. irgendwann wird es nicht nur sänftengleich, sondern auch behäbig. Wo deine persönlichen Präferenzen liegen, musst du selbst erfahren. Sicher nicht verkehrt ist es, auf eine mögliche Reifenbreite von mindestens 40mm zu achten, dann kannst du das Rad sowohl sportlicher als auch komfortbetonter aufbauen. Ich persönlich fahre Reifen von 28er Slicks bis 42er Stollen und bin mit n=1 wunschlos glücklich.
 
Gepäck […]

Eine Kamera, ob nun Smartphone oder Analog, wird in jedem Fall immer dabei sein. Ich studiere künstlerische Photographie und würde mich aber privat gerne vermehrt der Landschaftsfotografie
Also Gepäcktasche oder Rucksack
Also auch Tourenrad bzw. bei Rucksack XC MTB mit in Betracht ziehen.
 
PS: weil Probefahrten aktuell schlecht verfügbar sind, solltest du dich vor dem Radkauf vorher beim Bikefitter professionell vermessen lassen, idealerweise bei einem Fitter, der selbst keine Räder verkauft. Damit bist du auf der sicheren Seite was "andrehen von Ladenhütern" betrifft.

Da reicht erstmal die günstigste Variante, um bei der Rahmengröße nicht völlig daneben zu liegen. Das mühsam Ersparte in ein Rad mit falscher Rahmengröße zu investieren und nach mehrmonatiger Wartezeit festzustellen, dass die Größe nicht passt, stelle ich mir sehr ärgerlich vor.

BTW: man kann auch ohne Bikepacking-Vollausstattung einfach nur mit Rucksack auf dem Crosser über die Alpen fahren. Satteltasche mit Werk- und Flickzeug reicht :)
 
Zurück
Oben Unten