Lenkungsstabilisator / Canyon KIS

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Hi, nachdem Canyon das neue KIS vorgestellt hat, haben mich zwei Effekte an diesem System interessiert; Die Stabilisierung der Lenkung und die Verbindung des Hinterrads zum Vorderrad über die Feder.

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Um abzuschätzen, mit welchen Kräften man hier zu tun hat, hab ich ein einfaches Modell dieses Systems berechnet. Für die Federhärte habe ich 20 N/mm mit 10 mm Preload angenommen, was wahrscheinlich aber noch deutlich stärker ist als das was Canyon verbaut hat. Die Bänder sind auf einer 10 mm Klemme um das Steuerrohr angeschraubt und die Befestigung der Feder ist 200 mm vom Steuerrohr entfernt. Hier sind die Skizzen und die berechneten Werte in Anhängigkeit vom Lenkwinkel Alpha:

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Die farblichen Markierungen zeigen ungefähr welche Winkel beim Trailfahren realistisch vorkommen. Im Allgemeinen sieht man ganz gut, dass die Auslenkungskraft auf das Hinterrad (F_x,Rad) ziemlich klein ausfällt und bei normalen Kurven unter 1 kg beträgt, weshalb ich nicht glaube, dass sich bei dieser Federkraft ein spürbarer Unterschied ergibt. Es wäre aber ganz cool zu wissen, wie stark die Federn im KIS System sind und wie viel Preload sie haben, um den Effekt etwas genauer zu berechnen. Beim Lenken (F_Lenker) hat man aber ganz guten Gegenhalt.

Ich verlinke die Excel-Datei, falls jemand an de nBerechnungen interessiert ist. (https://mega.nz/file/63AGHQYA#c7MthfEgg-hHG4Ev5dIxgLqAYPMqoATvOUxFVrq4qzI)

Evtl. baue ich so ein System, um den Effekt selber zu testen.

(P.S. die Lenkerkraft wird auf zwei Hände aufgeteilt natürlich.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Evtl. baue ich so ein System, um den Effekt selber zu testen.
Bevor du dir die Mühe machst ein solches System zu bauen, hier ein paar Anmerkungen zu deiner Modellierung.


Die Bänder sind auf einer 10 mm Klemme um das Steuerrohr angeschraubt
Durch den konstanten Radius in deinem Modell ergibt sich ein linearer Zusammenhang von Lenkereinschlag und Rückstellender Kraft des Kis Systems.

Beim original System ist der effektive Radius allerdings kontinuierlich abnehmend, was durch zwei Nocken realisiert wird.

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Dadurch ergibt sich eine degressive Kennlinie im Verglich zu der Linearen in deinem Modell.


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Ziel ist eine möglichst konstante oder nur leicht ansteigende Rückstellkraft über den kompletten Schwenkbereich des Lenkers zu erhalten.



In deiner Tabelle ist bei gerade stehendem Lenker eine Kraft von 13N angegeben.
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Falls das ganze symmetrisch aufgebaut ist, dann würde das bedeuten, dass diese Kraft die beiden Lenkerenden nach hinten biegt. Das ist aber nicht der Fall, weil es durch die beiden Bänder ein Kräftegleichgewicht gibt, so dass die Kräfte auf den Lenker null sind.



Die von dir aufgestellte Formel zur Ermittlung der Lenkerkräfte...
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...gilt nur für alle Winkel α größer gleich einem Grenzwinkel, ab dem eines der beiden Bänder komplett entspannt ist.

Unterhalb diesem Grenzwinkel gibt es einen Übergangsbereich, bei dem die weniger stark gespannte Seite immer noch mit einem gewissen Betrag am Gabelschaft in die entgegengesetzte Richtung zieht. Dieser Übergangsbereich ist der grau markierte in der Grafik von Syntace. Dadurch ergibt sich auch, dass der Lenker in der Mittelstellung gar keine Kräfte erfährt.

Ob bei den von dir gewählten Parametern dieser Grenzwinkel kleiner gleich 5° ist, so dass deine Tabelle ab den Werten für 5° aufwärts korrekt ist, habe ich nicht überprüft. Unabhängig davon ist dieser Bereich aber sehr interessant und sollte berücksichtigt werden. Er muss aber extra modelliert werden.

Gezeichnet sind die beiden Zustände, Feder in der Mitte und Feder in einer Linie mit einem Zugband, zwar korrekt, aber die Feder muss eben erst von der Mittelposition bis zu der ausgelenkten Position kommen. Und bei diesem Übergang wirkt auf die weniger stark gespannte Seite eine immer schwächere Kraft.

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Bei der Aufstellung der Auslenkung der Feder hat sich noch ein kleiner Fehler eingeschlichen.
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Der Radius steht nicht senkrecht auf der Mittellinie sondern er steht senkrecht auf der Linie Feder-Zugband. Daher ist es der Sinus und nicht der Tangens. Das spielt bei Winkeln von unter 10° absolut keine Rolle, da die Werte fast identisch sind. Solltest du aber jemals in die Verlegenheit kommen, die Flugbahnen von interplanetaren Raumfahrtsonden berechnen zu müssen, dann könnte dieser marginale Unterschied über Erfolg oder Misserfolg eines milliarden schweren Projekts entscheiden.



Um die Kräfte auf das Hinterrad zu berechnen, kann man sicher deiner Methode der Momentensumme bedienen.
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Wichtig dabei ist allerdings, dass für alle Kräfte der gleiche Drehpunkt angenommen wird.
ƩM=0 gilt nur für einen Bezugspunkt. Dieser kann zwar beliebig gewählt werden, muss dann aber für alle auftretenden Kräfte als Bezugspunkt verwendet werden.

xRad ist deiner Tabelle mit 1150mm angegeben, so dass es sich hierbei sehr wahrscheinlich um den Radstand handelt. Der Drehpunkt wäre also der Aufstandspunkt des Vorderrades, während du für die seitlich wirkende Kraftkomponente Fx-Feder der Feder das obere Steuersatzlager als Drehpunkt angenommen hast.

Prinzipiell wäre es auch denkbar das Koordinatensystem zu drehen, so dass der Aufstandspunkt der Vorderreifens mit dem Steuersatzlager fluchtet, dann muss aber auch der Radstand auf dieses gedrehte Koordinatensystem projiziert werden, so dass sich der Wert deutlich verkürzt.



Im Allgemeinen sieht man ganz gut, dass die Auslenkungskraft auf das Hinterrad (F_x,Rad) ziemlich klein ausfällt und bei normalen Kurven unter 1 kg beträgt
Diese Kräfte (ungeachtet der Rechenfehler) treten am Hinterreifen aber nur dann auf, wenn du dein Rad schiebst (Parkplatz, Biergarten, Warteschlange am Lift...).

Sobald man auf dem Fahrrad fährt, übt die Feder des Kis-Systems keine zusätzlichen Kräfte auf das Hinterrad aus. Wenn man im Sitzen fährt, z.B. in der Ebene oder bergauf, dann wirken die Kräfte der Kis-Feder über den Sattel auf den Hintern des Fahrers.

Wenn man im Stehen fährt, z.B. bergab, dann wirken die Kräfte der Kis-Feder über die Pedale auf die Füße des Fahrers ein.

In beiden Fällen wirken jedoch keine Kräfte auf den Hinterreifen. Es ist nämlich gerade nicht die Idee des Kis-Systems aktiv auf die Lenkung des Fahrrades einzuwirken.
 
Hi, danke für die Anmerkungen!

Beim original System ist der effektive Radius allerdings kontinuierlich abnehmend, was durch zwei Nocken realisiert wird.
Ich habe mir hier den Fall mit konstantem Radius angeschaut, da in meinem Rahmen nicht mehr Platzwäre, um Nocken wie beim KIS anzubringen.

Unterhalb diesem Grenzwinkel gibt es einen Übergangsbereich, bei dem die weniger stark gespannte Seite immer noch mit einem gewissen Betrag am Gabelschaft in die entgegengesetzte Richtung zieht. Dieser Übergangsbereich ist der grau markierte in der Grafik von Syntace. Dadurch ergibt sich auch, dass der Lenker in der Mittelstellung gar keine Kräfte erfährt.
Ich wollte mir ehrlich gesagt noch nicht die Mühe machen, das genauer zu berechnen, da ich noch nicht weiß, wie viel Zeit ich da investieren will :)

xRad ist deiner Tabelle mit 1150mm angegeben, so dass es sich hierbei sehr wahrscheinlich um den Radstand handelt.
Das ist bei meinem Rahmen tatsächlich der Abstand zwischen Steuerrohr und Hinterachse. Die Verbindung zum Hinterrad liegt auch fast Senkrecht auf das Steuerrohr, weshalb ich das mal so pauschal bestimmt hab.

Wenn man im Stehen fährt, z.B. bergab, dann wirken die Kräfte der Kis-Feder über die Pedale auf die Füße des Fahrers ein.
Mein Gedanke war, dass der Fahrer eigentlich auch eine Art Drehachse hat, da man Oberkörper und Unterkörper einigermaßen unabhängig von einander drehen kann. Im Falle dass der Hinterreifen rutscht oder man generell wenig Grip hat, könnte man die Füße durch den Gegenhalt am Lenker etwas herausstrecken um das Heck um die Kurve zu kriegen. Oder so in die Richtung. Ich weiß aber nicht wie gut sich sowas realistisch umsetzen lässt, hab bis jetzt nur bei anderen gehört, dass so ein System in den Kurven helfen könnte.

Mein Problem aktuell wäre, dass ich aufgrund von Platzproblemen nur eine 14mm schmale Feder verbauen und den Radius am Steuerrohr nur ca. 6 mm erweitern kann. Da wäre die maximale Federhärte 20 N/mm. Schwierig zu sagen ob das dann spürbar wäre.
 
Bevor du dir die Mühe machst ein solches System zu bauen, hier ein paar Anmerkungen zu deiner Modellierung.



Durch den konstanten Radius in deinem Modell ergibt sich ein linearer Zusammenhang von Lenkereinschlag und Rückstellender Kraft des Kis Systems.

Beim original System ist der effektive Radius allerdings kontinuierlich abnehmend, was durch zwei Nocken realisiert wird.

Anhang anzeigen 2067204

Anhang anzeigen 2067205

Anhang anzeigen 2067209



Dadurch ergibt sich eine degressive Kennlinie im Verglich zu der Linearen in deinem Modell.


Anhang anzeigen 2067210

Ziel ist eine möglichst konstante oder nur leicht ansteigende Rückstellkraft über den kompletten Schwenkbereich des Lenkers zu erhalten.



In deiner Tabelle ist bei gerade stehendem Lenker eine Kraft von 13N angegeben.
Anhang anzeigen 2067216

Falls das ganze symmetrisch aufgebaut ist, dann würde das bedeuten, dass diese Kraft die beiden Lenkerenden nach hinten biegt. Das ist aber nicht der Fall, weil es durch die beiden Bänder ein Kräftegleichgewicht gibt, so dass die Kräfte auf den Lenker null sind.



Die von dir aufgestellte Formel zur Ermittlung der Lenkerkräfte...
Anhang anzeigen 2067221
...gilt nur für alle Winkel α größer gleich einem Grenzwinkel, ab dem eines der beiden Bänder komplett entspannt ist.

Unterhalb diesem Grenzwinkel gibt es einen Übergangsbereich, bei dem die weniger stark gespannte Seite immer noch mit einem gewissen Betrag am Gabelschaft in die entgegengesetzte Richtung zieht. Dieser Übergangsbereich ist der grau markierte in der Grafik von Syntace. Dadurch ergibt sich auch, dass der Lenker in der Mittelstellung gar keine Kräfte erfährt.

Ob bei den von dir gewählten Parametern dieser Grenzwinkel kleiner gleich 5° ist, so dass deine Tabelle ab den Werten für 5° aufwärts korrekt ist, habe ich nicht überprüft. Unabhängig davon ist dieser Bereich aber sehr interessant und sollte berücksichtigt werden. Er muss aber extra modelliert werden.

Gezeichnet sind die beiden Zustände, Feder in der Mitte und Feder in einer Linie mit einem Zugband, zwar korrekt, aber die Feder muss eben erst von der Mittelposition bis zu der ausgelenkten Position kommen. Und bei diesem Übergang wirkt auf die weniger stark gespannte Seite eine immer schwächere Kraft.

Anhang anzeigen 2067225


Bei der Aufstellung der Auslenkung der Feder hat sich noch ein kleiner Fehler eingeschlichen.
Anhang anzeigen 2067229
Der Radius steht nicht senkrecht auf der Mittellinie sondern er steht senkrecht auf der Linie Feder-Zugband. Daher ist es der Sinus und nicht der Tangens. Das spielt bei Winkeln von unter 10° absolut keine Rolle, da die Werte fast identisch sind. Solltest du aber jemals in die Verlegenheit kommen, die Flugbahnen von interplanetaren Raumfahrtsonden berechnen zu müssen, dann könnte dieser marginale Unterschied über Erfolg oder Misserfolg eines milliarden schweren Projekts entscheiden.



Um die Kräfte auf das Hinterrad zu berechnen, kann man sicher deiner Methode der Momentensumme bedienen.
Anhang anzeigen 2067235
Wichtig dabei ist allerdings, dass für alle Kräfte der gleiche Drehpunkt angenommen wird.
ƩM=0 gilt nur für einen Bezugspunkt. Dieser kann zwar beliebig gewählt werden, muss dann aber für alle auftretenden Kräfte als Bezugspunkt verwendet werden.

xRad ist deiner Tabelle mit 1150mm angegeben, so dass es sich hierbei sehr wahrscheinlich um den Radstand handelt. Der Drehpunkt wäre also der Aufstandspunkt des Vorderrades, während du für die seitlich wirkende Kraftkomponente Fx-Feder der Feder das obere Steuersatzlager als Drehpunkt angenommen hast.

Prinzipiell wäre es auch denkbar das Koordinatensystem zu drehen, so dass der Aufstandspunkt der Vorderreifens mit dem Steuersatzlager fluchtet, dann muss aber auch der Radstand auf dieses gedrehte Koordinatensystem projiziert werden, so dass sich der Wert deutlich verkürzt.




Diese Kräfte (ungeachtet der Rechenfehler) treten am Hinterreifen aber nur dann auf, wenn du dein Rad schiebst (Parkplatz, Biergarten, Warteschlange am Lift...).

Sobald man auf dem Fahrrad fährt, übt die Feder des Kis-Systems keine zusätzlichen Kräfte auf das Hinterrad aus. Wenn man im Sitzen fährt, z.B. in der Ebene oder bergauf, dann wirken die Kräfte der Kis-Feder über den Sattel auf den Hintern des Fahrers.

Wenn man im Stehen fährt, z.B. bergab, dann wirken die Kräfte der Kis-Feder über die Pedale auf die Füße des Fahrers ein.

In beiden Fällen wirken jedoch keine Kräfte auf den Hinterreifen. Es ist nämlich gerade nicht die Idee des Kis-Systems aktiv auf die Lenkung des Fahrrades einzuwirken.
Hallo!! Super-interessante Ausführungen von Dir, ich glaube zu spüren, dass Du in technischer Mechanik gut aufgepasst hast :). Mein Nachbau sieht ganz ähnlich aus, allerdings habe ich den Doppelnocken mangels Spacer direkt am / um den Vorbau befestigt und klemme über die Ahead-Kappe. Das Drehmoment wird aber über Formschluss auf den Vorbau übertragen.
 

Das ist übrigens nur vorne Eigenbau - Jo prefäriert senkrecht gestapelte Federn statt nebeneinander liegend wie bei Canyon
 
Hi System in den Kurven helfen könnte.

Mein Problem aktuell wäre, dass ich aufgrund von Platzproblemen nur eine 14mm schmale Feder verbauen und den Radius am Steuerrohr nur ca. 6 mm erweitern kann. Da wäre die maximale Federhärte 20 N/mm. Schwierig zu sagen ob das dann spürbar wäre.
Platzprobleme weil du das intern ins Steuerrohr bringen willst? Man kann Nockengröße / Hebelarm auch durch Federkraft ersetzen. Wird dann aber irgendwann heftig für die Befestigung. Problematisch ist auch die Feder an sich, Hub und Kraft führen hier zu „unmöglicher“ Drahtdicke, deswegen sind das ja auch 2 Federn.
 
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