Mein Testbericht: PUSH Nine.One vs. Intend Edge – zwei Premium-USD-Gabeln, zwei unterschiedliche Erfahrungen
Nach über zwei Monaten des Wartens ist meine neue PUSH Nine.One-Gabel endlich angekommen. Somit habe ich nun die Möglichkeit, sie mit meiner Intend Edge Green Age zu vergleichen, die ich seit über drei Jahren besitze und immer noch begeistert fahre. Beide Gabeln setzen auf das USD-Design (umgekehrte Bauweise), werden in kleinen Serien produziert und kosten in Europa etwa 2300 Euro. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten.
Erster Eindruck: Überraschung beim Gewicht
Schon beim Auspacken hat mich das Gewicht der PUSH 9.1 überrascht. Obwohl sie laut Hersteller 2,9 kg wiegt (zum Vergleich: die Intend bringt 2,2 kg auf die Waage), fühlte sie sich in der Hand keineswegs schwer an – eher im Gegenteil. Möglicherweise liegt das an ihrer massiven Bauweise, die das tatsächliche Gewicht optisch und haptisch gut kaschiert. Auch auf dem Trail nehme ich das höhere Gewicht nicht wahr. In der Hand wirken beide Gabeln gleichermaßen robust und hochwertig.
Verarbeitung und Fertigungsqualität: PUSH hat Nachholbedarf
In Sachen Verarbeitung war ich von PUSH enttäuscht. Intend hat die Messlatte extrem hoch gelegt – die Fertigungsqualität ist dort absolut erstklassig. Von einer Marke wie PUSH, die alle Komponenten selbst in Colorado fertigt, hätte ich zumindest das gleiche Niveau erwartet.
Die Realität sieht aber anders aus. An der Krone und den Tauchrohren der PUSH 9.1 sind deutlich Bearbeitungsspuren zu erkennen, die teilweise wie grobes Fräsen oder der Einsatz eines stumpfen Werkzeugs wirken. Die finale Oberfläche wurde möglicherweise sandgestrahlt, vermittelt aber einen eher rohen Eindruck. Zusätzlich weist mein Exemplar unter der Krone am linken Holm eine etwa 5 mm lange Kerbe auf – vermutlich ein Produktionsfehler. Bei einem Produkt in dieser Preisklasse hätte ich so etwas keinesfalls erwartet, zumal Fertigung, Montage und Qualitätskontrolle im eigenen Haus stattfinden.
Ich habe Fotos direkt an den Hersteller geschickt, aber nach einer Woche noch keine Antwort erhalten. Der Kundenservice passt somit keineswegs zum Premium-Image der Marke.
Optik: Bronze – aber jeder Teil anders
Meine PUSH 9.1 ist in Bronze eloxiert, allerdings haben die einzelnen Bauteile unterschiedliche Farbtöne. Ich weiß, dass es beim Eloxieren von verschiedenen Aluminiumlegierungen zu Farbabweichungen kommen kann, aber warum selbst beide Ausfallenden unterschiedlich gefärbt sind, ist mir unverständlich – diese sollten eigentlich identisch sein.
Durchdachte Details
Positiv hervorheben möchte ich einige technische Details:
- Entlüftungsöffnungen, die kein Öl verlieren
- Ölwechsel möglich, ohne die Gabel zu zerlegen
- Robuste Schutzkappen an den unteren Gabelbeinen
- Sehr praktische Lösung für die Bremsleitungsführung – die Montage war sehr einfach
Die Montage und Demontage des Vorderrads ist bei beiden Gabeln aufwendiger als bei klassischen RSU-Gabeln, was aber zu erwarten ist.
Fahreigenschaften: Je nach Einsatzgebiet
Ich fahre die PUSH 9.1 erst seit kurzer Zeit, habe sie aber bereits gründlich getestet. Bei USD-Gabeln ist die Steifigkeit oft ein Thema – hier jedoch nicht. Die 9.1 ist in Längsrichtung hervorragend steif und vergleichbar mit der Intend. In engen Kurven hört man gelegentlich ein Klingeln der Bremsscheibe, was auf eine geringere Seitensteifigkeit hinweisen könnte.
Was die Sensibilität bei kleinen Unebenheiten betrifft, hat die Intend Edge klar die Nase vorn. Sie spricht extrem fein an – in dieser Disziplin fast unerreicht. Die PUSH 9.1 kommt hier meiner älteren Fox 36 mit Avy-Hybridfeder recht nahe – ordentlich, aber nicht herausragend.
Dafür glänzt die PUSH 9.1 im groben Gelände – Steine, Wurzeln, Stufen – dort bügelt sie alles mit beeindruckender Leichtigkeit glatt, ohne tief in den Federweg einzutauchen. Das habe ich mit der Intend nie in der Form hinbekommen, so sehr ich mich auch bemüht habe.
Fazit
Sowohl die PUSH Nine.One als auch die Intend Edge sind hervorragende USD-Gabeln, aber jede überzeugt in einem anderen Einsatzbereich. Die Intend punktet mit ihrer Feinfühligkeit bei kleinen Schlägen, während die PUSH im ruppigen Gelände mit voller Stärke überzeugt. Die Verarbeitungsqualität der PUSH hat mich allerdings enttäuscht – bei diesem Preis hätte ich sowohl optisch als auch beim Kundenservice mehr erwartet.
Urteil: Wer höchste Präzision, Sensibilität und perfekte Verarbeitung sucht, sollte zur Intend greifen. Wer hingegen vor allem in anspruchsvollem Gelände unterwegs ist und maximale Performance bei harten Schlägen will, wird mit der PUSH 9.1 glücklich – vorausgesetzt, man kann über gewisse Details hinwegsehen.