Rennbericht 5. Malevil-Cup in Jablonné (Tschechei) am 08.05.04 - 100km / 2420Hm

Tüte

König der Langobarden
Registriert
23. Oktober 2001
Reaktionspunkte
0
Ort
Dresden
http://www.paklisport.cz

Der erste Marathon für dieses Jahr sollte mich in eins der neuen EU-Länder nach Jablonné (Tschechei) führen. Jablonné, das liegt südlich des Zittauer Gebirges, so ca. 10km von der deutsch-tschechischen Grenze entfernt. Topografisch sticht hier der sog. Hochwald als höchster Punkt mit 750m aus der sonst von Hügeln, Tälern, weiten Wiesenflächen und Nadelwäldern geprägten Landschaft hervor. Zusätzlich kann man hier noch Richtung deutsche Grenze Felsformationen ähnlich des sächsischen Elbsandsteingebirges bewundern.

Dreh- und Angelpunkt dieses Marathons ist die Ranch Malevil, ein auf einer riesigen Wiese oberhalb von Jablonné errichteter Sport- und Freizeitkomplex mit Sauna, großem Golfplatz, Restaurant ... Alles sehr gepflegt und einladend. An dieser Stelle ist gleich mal die Organisation zu loben, denn die war wirklich perfekt - Alle Anlaufpunkte prima ausgeschildert und schnell zu erreichen, Transponder-Zeitmessung, Anmeldung ohne (!!) Wartezeit, sauber trassierte Strecke, freundliche Streckenposten, 1A Verpflegung an 7 (!) Verpflegungspunkten, ein prall gefülltes Starterpaket ... und das für 18€. :daumen:

Trotz der hohen Teilnehmerzahl lief bei Parkplatzsuche und Anmeldung alles sehr geordnet. Immerhin wurden 500 Teilnehmer für die 100km und ca. 800 für die 60km registriert - das beweisst, dass die Tschechen zumindest vom Marathonfieber her längst in der EU angekommen sind. Kleines Manko für so einen Marathon außerhalb des deutschsprachigen Raums ist und bleibt die eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeit mit den Einheimischen. Mit Händen und Füßen ließ sichs aber schon immer prächtig kommunizieren. :bier:

Zur Strecke: Start ist auf dem Marktplatz von Jablonné. Die ca. 5km von der Ranch bis runter in das kleine Örtchen lassen sich prächtig zum Einrollen nutzen. Am Start dann schnell noch den Transponder am rechten Fleck befestigt, Tacho genullt, Höhenmeter eingestellt und Ooops Batterie im Höhenmesser alle - nicht weiter schlimm, hatte doch der Veranstalter auf jede Startnummer rücklinks das Höhenprofil aufdrucken lassen - prima. :i2:

Ab geht's also mit Startschuss und Polizeisirene erstmal auf etwas Asphalt, dann auf weitläufigen Wiesenwegen, wo sich die Meute langsam auflöst. Die erste steile Rampe erreichen wir nach 15km am Kurmové. Sandiger Boden - einige Fahrer müssen absteigen und schieben, meinereiner versuchts mit dem kleinen Kettenblatt - rassel rassel, die verfluchte Kette will nicht runter - Scheibenkleister, wieder hochgeschaltet aufs mittlere Kettenblatt und so den Berg hochgewuchtet. Das kann ja heiter werden. :eek:

Nach ca. 20km und einigem Auf und Ab erreiche ich dann in einer 4-Mann-Gruppe den ersten Verpflegungspunkt. Wegen des teilweise doch recht heftigen Gegenwindes war ich heilfroh einen günstigen D-Zug gefunden zu haben. Weiter schlängelt sich die Strecke (für mich wieder als Allein-Pedalleur - die Gruppe hatte sich inzwischen aufgelöst) relativ unspektakulär auf und ab, über Wiesen- und Feldwege langsam Richtung deutsche Grenze. :rolleyes:

Tja, und was die tschechischen Organisatoren ab hier angerichtet hatten, grenzt fast an Hexerei: Mittlerweile war die Strecke leicht steiniger und deswegen auch schwerer fahrbar geworden. Jetzt, auf deutscher Seite begann sich der Pfad langsam bergauf zu bewegen, mal auf regelrechten Geröllhalden, mal auf genialsten Singletrails, und das alles quer durchs Naturschutzgebiet Zittauer Gebirge bis rauf zum bereits erwähnten Hochwald - eine wahnsinnsgeile Quälerei. :hüpf:

Dauernd dem nächsten Felsbrocken ausweichend, auf dem zweiten Kettenblatt kurbelnd und immer wieder auf den glitschigen Wurzeln und Steinplatten wegrutschend kämpf' ich mich bergauf. Vor mir steigen immer mehr Biker entnervt vom Rad und schieben. Und das spornt mich an: 'Los! Durchziehen! Weiter!' schrei' ich mich innerlich an. Irgendwann taucht ein Schild vor mir auf, auf dem irgendwas Tschechisches steht, darunter '1km'. Das darf doch nicht sein, denk ich mir. Noch ein Kilometer bis hoch?! Mittlerweile bin ich alleine unterwegs. 'Absteigen..? Sieht ja keiner ...! Mist, Zuschauer da vorne ... wie sieht das aus, wenn ich jetzt schiebe! Los weiter!' Ich versuch' nochmal das kleine Kettenblatt - nur Gerassel ... Hilft nix, durchbeißen. Und irgendwann bin ich tatsächlich oben ... die Oberschenkel brennen, die Lunge pumpt. Geschafft! ...

Mit dem inneren Wunsch, jetzt 'ne schöne lange Abfahrt zu genießen, umkurv' ich den Aussichtsturm und verschwinde wieder im dichten Nadelwald. Denkste! Denn was sich jetzt als Piste darstellt, ist nichts anderes als ein Bergpfad, der wohl früher mal eine Art Gebirgsbach gewesen sein muss: Meterhohe Wurzelstufen, überall Geröll, riesige Steine und immer wieder Bäume, die umkurvt werden müssen ... Mir schmerzen die Hände vom ewigen Bremsen schon nach den ersten Kilometern. Ich bremse mit den Zeigefingern. Vor mir taucht ein langsamerer Biker auf. Ich kann nicht genug Bremsdruck aufbauen, will umgreifen, geht nicht zu viel Geröll und Stufen. Der Biker kommt immer näher. Kein Platz zum Ausweichen ... ich spiel schon mal das Sturz-Szenario durch - so viele Steine, das wird weh tun ... aber Glück, der Weg wird kurz breiter - links gehts - ich lasse kurz loss, press mich hinter den Sattel und zieh' vorbei. Noch 'ne tückische Riesendelle - geschafft. :bier:

Es wird flacher. Ab hier macht die Abfahrt Spass: Anlieger mitnehmen, Stufen überspringen, Speed, geil. Der deutsche Teil liegt hinter mir. Hier am Grenzübergang zweigt die 60km-Strecke von der 100er ab und geht fast direkt zurück zur Ranch. Auf der langen Strecke hab' ich noch das Vergnügen mit drei weiteren giftigen, aber nicht so langen und steinigen Anstiegen.

Kräfte einteilen ... Am letzten Berg erwischt mich mein innerer Schweinehund: tiefe Rillen und glitschiges Geläuf machen mir das Leben schwer - ich schiebe. Hier überholt mich ein älterer Herr - typischer Tscheche für mich - weißer Schnauzer, leicht zusammengekniffene Augen, Knollnase. Aber Dampf hat der noch, meine Herren. Das Trikot verrät mir seine tschechische Herkunft. Auf der Ergebnisliste sehe ich dann: der dritte bei den Über 50-Jährigen. Meine Güte wenn ich mal so alt werd ... Für mich reichts zum Gesamt-138ten und 53ten in meiner Altersklasse in einer Zeit von 5 1/2 Stunden, sage und schreibe 1 1/2 Stunden hinterm Sieger, einem Schnitt von ca. 18km/h und damit im guten ersten Drittel vom Gesamtfeld - akzeptabel. Leider war ich hier der einzige Teamvertreter. Ich denke aber, dieser Marathon wird sich bestimmt noch rumsprechen - ein (Noch-)Geheimtip. :daumen:
 

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tja, würd sagen der einzige teamvertreter warst du nicht ;) . ich auf der 60er auf platz 115 gerollt.
nach dem abzweig von der 100er war aber noch ne ecke zu fahren (~10km), teilweise auch noch ziemlich technisch (einige haben bergab geschoben ) - für mich natürlich gelegenheit zum überholen :D . am ende wars richtig fieß - habe nochmal richtig auf die tube gedrückt und bekomm langsam krämpfe, ich hör schon wie der modertator das micro maltretiert, aber wo kommt das zeil? da noch nen kleiner anstieg, dort noch ne kurve, da gehts noch hoch......da wurde man in zielhöhrweite nochmal um den halben berg gejagt :eek: ;) . die zieleinfahrt hätte ich auch fast so bewältigt, wie die leutchen im video - zum glück stand aber ein streckenposten mit angstverzerrtem gesicht & erhobenen händen da und mein vordermann ist warnenderweise abgetaucht :rolleyes: .

ansonsten kann ich dir nur zustimmen - superveranstaltung!

mehr hier: http://www.cielab.org/forum/thread.php?threadid=1554&boardid=12&styleid=3
 
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