Ich komm hier nur kurz vorbei um etwas klugzsuscheißen
Gerne doch.
Jedoch ist mal wieder alles etwas komplexer als man zunächst vielleicht vermuten mag.
Youtube komprimiert die Videos abhängig von der Auflösung unterschiedlich stark. Je höher die Auflösung, desto höher ist die verfügbare Bitrate auf Youtube.
Ja und nein zu gleich.
Denn neben der Auflösung selbst beeinflussen auch die Bildwiederholfrequenz, die individuelle Helligkeits- und Farbverteilung im Bild
(Dynamik), Farbtiefe, Ausgangscodec, Farbunterabtastung, und ggf. Farb- und Luminanzrauschen das spätere Komprimierungsergebnis.
Dass die Bitrate mit höherer Auflösung steigt ist sinnvoll, denn irgendwo müssen die zusätzlichen Pixel ja gespeichert werden. Vervierfache ich also die Auflösung von 1080p auf 2160p, so bringt mir eine bspw. vierfach höhere Bitrate erstmal natürlich herzlich wenig bzgl. der Qualität*.
Zudem arbeitet YouTube mit einer variablen Bitrate, die sich nach dem Inhalt des jeweiligen Bildes richtet, die Bitrate selbst ist daher nur ein Mittelwert über die Zeit.
Was den Usern jetzt jedoch optisch auffallen „kann“, ist nicht die höhere Bitrate selbst, sondern der automatische Codec-Wechsel den YouTube in hohen Auflösungen über 1080p durchführt.
Denn ab 1440p, früher erst ab 2160p, wechselt YouTube vom alten (AVC) H264-Codec hin zum moderneren VP9 Codec, da dieser H264 vor allem in Bezug auf Qualität/ Dateigröße überlegen ist.
Dieser Umstand verzerrt in der Praxis dann leider etwas unglücklich das Gesamtbild.
Denn während vor allem die 1080p Videos bei geringer Datenrate optisch besonders vom neuen VP9 profitieren würden, müssen diese aktuell noch mit dem alten H264 vorliebnehmen, sehen also schlechter aus als sie 2021 eigentlich müssten.
Erscheint zunächst unlogisch, macht aber aus wirtschaftlicher Sicht Sinn, denn YouTube spart genau dort durch den Einsatz des VP9 Ressourcen wo es pro Video am meisten bringt.
Nämlich bei den großen, hochauflösenden Videos, die viel Speicherplatz und Traffic kosten.
Gleichzeitig verzichtet YouTube bei den 1080p Videos auf eine Umrechnung in VP9
(.webm), denn die meisten laden die Files ja noch ganz klassisch in H264
(.mp4) hoch, da so aufgenommen.
An dieser Stelle dann weiter im H264er Codec zu verbleiben reduziert außerdem die Rechenleistung, die YouTube aufbringen muss und kann zudem von den gängigen GPUs in den Servern schnell in Hardware berechnet werden.
Dadurch sehen die hochskalierten Videos tatsächlich besser aus als wenn man die direkt in 1080p hochlädt, da nicht so viele Details durch die extreme Kompression verloren gehen.
Naja, das gilt wie oben beschrieben leider "nicht" für Auflösungen von 1080p und darunter.
Das Ganze erscheint mir eher wie ein "falsch verstandener Trick", der nur dann mit minimalen Verbesserungen funktionieren kann, wenn ich ein hochskaliertes 1080p Video später auch in 1440p oder 2160p betrachte.
Denn dann kann der durch die Hochskalierung künstlich erzwungene Wechsel auf den VP9 Codec dazu führen, dass Teilbereiche des Videobildes weniger Kompressionsartefakte aufweisen.
Da dieser Vorteil aber von Video zu Video sehr stark schwankt, da eben Inhaltsabhängig, trifft das längst nicht auf alle Videos in gleichem Maße zu.
Dass die 1080p Videos durch das Hochladen einer hochskalierten Version am Ende tatsächlich besser aussehen, als wenn man sie direkt so hochgeladen hätte halte ich für ein "Missverständnis der Technik".
Denn zum Einsatz kommt weiter der gleiche Codec mit den gleichen Einstellungen.
Die 1080p Version erbt nicht den VP9 Codec von den höheren Auflösungen.
Ich wüsste hierbei auch nicht welchen Vorteil YouTube davon haben sollte hier die Videos bei gleicher Auflösung unterschiedlich zu behandeln?
Was jetzt allerdings passiert sein könnte ist folgendes:
Liegt ein tatsächlich hochauflösendes Video mit vielen, feinen Details vor, so kann der Algorithmus bei einer Auflösungsverkleinerung dieses Videos natürlich auf sehr viele Bildinformationen der Originaldatei zurückgreifen.
Das führt dann dazu, dass ein so verkleinertes Video nahezu immer detailreicher sein wird, als ein tatsächlich in der niedrigeren Auflösung aufgenommenes Video.
Das ist aber ein Effekt der sich nicht umkehren lässt, funktioniert also nur in eine Richtung von groß zu kleiner Auflösung.
Jetzt könnte da natürlich jemand auf die Idee gekommen sein, tatsächliche Bilddaten und Auflösung in einen Topf zu werfen und 1080p Material unterschiedlicher Aufzeichnungsauflösung untereinander zu vergleichen, was dann zu den Fehleinschätzungen bzgl. der Qualität führte.
1080p aus echten, aufgenommen 2160p sehen nun mal fast immer besser aus als normale 1080p.
Der Vergleich hinkt dann natürlich.
Die Qualitätsfrage entscheidet sich also bereits bei der Aufnahme in der Kamera.
Beispiel zu Bitrate/ Auflösung/ Qualität:
Das oben verlinkte Video vom Capra Shred bspw. hat in 1080p 30fps auf dem YouTube-Server eine Größe von 101MB
(nur Video), in 2160p allerdings nur 299MB
(nur Video).
Hier sieht man also schon wie der Hase läuft.
Denn die Bitrate ist "nur" um den Faktor 2,96 angewachsen, obwohl die Auflösung um den Faktor vier zugenommen hat.
Dass die Bitrate hier weniger stark ansteigt als die Auflösung ist völlig ok und war zu erwarten.
Denn schon im Grundzustand von 1080p gab es im Video wenig Details und Action sowie viele, großflächige Bereiche ähnlicher Farb- und Helligkeitswerte.
Der VP9 Codec konnte hier also seine Effizienz gleich deutlich zeigen und bei den 1440p-/ 2160p-Versionen viele Teilbereiche des Videobildes zusammenfassen, was die Datenrate und den Speicherplatzbedarf senkt.
(ganz im Sinne von YouTube)
Die gemittelte Datengröße pro Bildanteil bei 1080p ist nicht höher als üblich und liegt bei 101MB/291s/30fps = 0,0115KB. Ein Einfluss der hochskalierten Version ist hier nicht erkennbar.
Zum Vergleich liegt ein zufällig ausgewähltes POV-MTB-Video von mir bei 1080p 50fps bei 135MB
(nur Video).
In der vierfachen Auflösung, da nativ in 2160p aufgenommen, sind es dann aber schon 857MB
(nur Video).
An der um den Faktor 6,35 gesteigerten Bitrate sieht man gut, dass YouTube bei der Analyse des Videos mit den zusätzlichen Bildinformationen auch etwas anzufangen weiß und das sieht der Betrachter auch auf dem Bildschirm.
Und auch die auf 1080p reduzierte Version profitiert von der hohen Auflösung des Ursprungsmaterials, denn die gemittelte Datengröße pro Bildanteil liegt bei 135MB/183s/50fps = 0,0148KB.
Das Hochskalieren von 1080p Videos auf 2160p macht daher aus meiner Sicht wenig Sinn, denn es kostet den Ersteller mehr Renderzeit und Speicherplatz auf dem eigenen PC, mehr Uploadzeit, mehr Rechenzeit bei YouTube, eine dadurch spätere, öffentliche Verfügbarkeit im eigenen Channel sowie YouTube mehr Speicherplatz und Traffic auf den eigenen Servern.
Demgegenüber steht dann ein Codec, der die meisten Daten in einem solchen Fall online einfach wieder zusammenfasst und eine Gleichbehandlung der Qualität bei 1080p.
Es wird also im Grund nur Energie und Zeit verschwendet ohne Mehrwert.
Die Ausführung ist jetzt etwas länger geworden, ich hoffe dennoch verständlich?
In diesem Sinne, entspannten Sonntag.
Off-Topic Off
*der Einfachheit halber als linearer Zusammenhang zum sichtbaren Qualitätsergebnis angenommen