Du musst aber schon zugeben, dass die Wahrnehmung hier in den Kommentaren durch aus eine sehr spezielle kultur angenommen hat. Meine Vermutung ist, und daher auch die Frage an dich, von den Kritikern hier, wissen wenige was sie sich wünschen, bzw. können ausdrücken was das jeweilige ideal wäre. Kritik üben ist das eine, konstruktiv sein ist etwas komplett anderes. Nicht falsch verstehen, ich finde es gut und wichtig das debattiert wird. Noch besser wäre es natürlich wenn dabei noch was rumkäme, außer massiv viel traffic für mtb-news.
Und warum unterstellst du den Damen Werbung? Gibt's einen Grund? Ich habs nicht als solches wahr genommen. So eine arge phobie gegen werbung oder produktplatzierung?
Dein Einwand ist angekommen und wird grad verarbeitet....

Um es kurz auszudrücken, wenn ich dazu überhaupt in der Lage bin, ich hatte es an anderer Stelle schon einmal gesagt, Werbung im allgemeinen ist meines Erachtens nach auf mtb-news zuviel geworden.
Werbung hat viele Gesichter, und sei es in Form von Content Marketing, wonach es hier aussieht. Content Marketing ist natürlich keine direkte Werbeanzeige, sondern sagen wir, mehr oder weniger geschickte Produktplatzierung. Bis zu einem gewissen Punkt hat bestimmt jeder halbwegs vernünftige Mensch Verständnis für Werbung, vielleicht sogar Akzeptanz oder ist gern gesehen. Infotainment ist auch noch eine Werbesparte, die man über sich ergehen lassen kann, wenn die Informationen einen Mehrwert haben. Dann gibt es noch die direkte Werbung. Gut.
Aber es geht bei unserem Sport eh schon genug um Konsum, Radsport ist teuer, macht aber ja auch Spass sich mal was zu gönnen, wenn aber die Balance aus der eigentlichen köperlichen Betätigung, dem Fachsimpeln und der Konsumsparte zu arg aus den Fugen gerät, dann hinterlässt das einen faden Beigeschmack.
Meinetwegen, die Betreiber von mtb-news sollen Geld verdienen, alle die daran beteiligt sind auch. Ich bin der letzte der meint alles müsse gratis sein.
Nun ist es aber so, dass zum einen wir, die User schon sehr viel dazu beitragen, eigentlich ist es der Kern und die eigentliche Existenzgrundlage der Betreiber von mtb-news, mit Fachwissen, Fachsimpelei, oder einfach nur ein Platz an dem Radsportler zusammen kommen. Ohne uns funktioniert das Konzept nicht.
Im Laufe der Jahre hat sich diese Seite zwar nicht äußerlich, aber vom Inhalt her sehr stark in Richtung unkritischer Konsumjournalismus verschoben und man könnte den Eindruck haben, dass wir als User und Konsumenten nur noch dazu da sind, einen Inhalt nach dem anderen aufzusaugen und JA zu sagen. Ja zu allem.
Noch sind wir nicht soweit, wenn auch die unkritischen Stimmen weniger zu werden scheinen. Dazu kommt, dass die User hier keine feste Zielgruppe haben.
Leute wie ich, die das Forum seit Anfang der 2000er kennen und den MTB Sport seit Anfang der 90er, haben teils eine andere Sicht als jüngere Sportskollegen.
Ich habe z.B. kein Problem mit den "Tests", den "Reiseberichten", oder anderen Inhalten auf mtb-news, wenn es denn nicht so wäre, dass ich den Eindruck habe, dass ich teils für dumm verkauft werden soll. Und ich bin nicht der einzige. Mag es sein, dass allein die schiere Masse der Informationen die wie Werbeflyer mit jedem neuen Artikel auf einen einprasseln, dazu führt, dass ein "harmloser Reisebericht" von Manchen hier als neue Online-Bike-Bravo-Bilder-Story wahrgenommen wird und dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird.
Meines Erachtens nach, auch wenn ich nur einer von vielen bin, aber wohl nicht alleine mit der Meinung, täte mtb-news gut daran, zum Wohle aller Beteiligten,
mal etwas selbstkritisch auf ihr Konzept zu schauen und die menschliche Komponente und Seele des Radsports in Betracht zu ziehen, nicht nur dazu zu nutzen Konsumprodukte in den Vordergrund zu stellen. Es gibt hin und wieder solche Themen hier, wie vor kurzem der Bericht über den älteren Herrn, der mit 70 anfing MTB zu fahren, großartig! Guter Journalismus zeichnet sich für mich aus, mit den technischen, konsumtechnischen und letzlich auch menschlichen Aspekten eines Themas jonglieren zu können. Will ich plakative Bildung, kaufe ich die Bild. Zumindest ist die authentisch, denn Sie gibt nicht vor etwas zu sein, was sie nicht ist. Es ist ein Klatschblatt welches manchmal mit exklusiven Enthüllungen wenigstens noch seine Daseinberechtigung hat und nicht komplett in sich zusammenfällt.
"Tests" auf mtb-news werden meist sehr unkritisch bewertet, erinnert mich an die BIKE, welche Anfangs noch einigermaßen gut war und dann abgedriftet ist in ein reines Werbeblättchen, welches keinem potentiellen Werbekunden vergraulen will. Wer dadurch verkauft wird ist eindeutig der Leser. Manche sehen das nicht als schlimm an, andere sehen den Untergang der Zivilisation dadurch, ich tue beides nicht. Ich kann mtb-news abschalten und fertig wenn es mit nicht passt, aber muss das denn sein?
Die Diskussionen über neue Standards der "Industrie" etc. sprechen doch eine klare Sprache wenn man sich die Kommentare ansieht. Es kann für die "Industrie" nichts besseres geben als mtb-news zu lesen und am Puls der Konsumenten zu checken was Sache ist. Eine perfektes Datenaquarium in dem man fischen kann und es kostet nicht mal viel. Gerne, hier ist meine Meinung und die von 100Tausend anderen. Aber dann macht es so, dass wir nicht wie tumbes Vieh ob unseres Bankkontos geschlachtet werden.
Und überhaupt, dass grade hier oft von "die Industrie" geschrieben wird und beim BdW eine Standardfrage ist, wie "Du" denn die Industrie siehst, zeigt doch schon die Spaltung des Radsports in Produzenten, Verkäufer, Werbeleute vs. Konsumenten. Das ist die Realität?!
Wie ich es sehe, "shoppen" macht Spass, ich habe mir die Nase schon als Junge am Schaufenster der Eloxalauslage plattgedrückt und wenn ich mir was zulegen konnte war ich stolz wie Oskar und happy obendrein. Heute wäre das nicht viel anders, würde mich der allgemeine Konsumwahnsinn nicht immer wieder meines Spaßes berauben, weil ich gruppenzwangmässig immer weiter zulegen muss um mitreden zu können. Ich fahre noch 26", habe nix gegen 29er, mein nächstes Projekt ist eines, aber muss ich hier schon nahezu belächelt und aufs Abstellgleis gestellt werden, als ewig Gestriger abgetan wenn ich nicht jeden Mist mitmache? Kommt mir, wohl vielleicht nicht nur mir, immer öfter so vor.
Um die Kurve zu kriegen, solche "Reiseberichte" und vorallem die Art dessen, eine Lifestyle Bilderstory, was an sich nichts verkehrtes ist, sind aber nur mehr ein Puzzlestein mehr im Bild des faden Beigeschmacks eines Ausverkaufs des Radsport. Die Rennradler haben das soweit getrieben, durch Doping und andere Machenschaften, dass sich das öffentliche Interesse schon abgewendet hat, sowie der Sport (die Institutionen dessen) von seinen Anhängern.
Es fehlt mir Authenzität und diese scheint immer weniger zu werden, anstelle dessen Bilderstories und immer mehr unterschwelliger Druck, dass ich als Konsument nun nachziehen muss und auch im ganzteiligen Regenkondom rumfahren muss. Geschickt platziert und gerade so, dass man eigentlich keinen Vorwurf dieser oder jener "harmlosen" Vorstellung, sprich Produktplatzierung, machen kann. Die Filmindustrie hat selbiges (siehe Man in Black) auch eine Weile versucht und war schlau genug zurück zu rudern, denn vielen Cineasten ging es auf den Sack im Kino Geld zu bezahlen um dann Kola, Benzinos, Neikschuhe und anderen Mist sehen zu müssen, als ob man selbst schon Protagonist der Truman Show wäre, was dieser Film gekonnt doppeldeutig auf den Punkt gebracht hat.
So habe ich den Eindruck, dass es im MTB Radsport auch schon ist, ich als Radsportanhänger (also im übertertragenen Sinn wieder) werde zur bloßen Randfigur, zum Statisten degradiert dessen bloße Aufgabe es nur noch ist das Maul zu halten und mein Bankkonto für andere zu plündern. Dafür soll ich dann noch dankbar sein.
Wie gesagt, es ist nicht ein simpler Reisebericht an sich, die Kritik nimmt ihn nur als Ansatz, den jungen Damen sei zunächst kein direkter Vorwurf zu machen und selbst aus der Werbung kommend verstehe ich allzumal, als wir in einer Konsumgesellschaft und einem System was wirtschaftlich großenteils darauf basiert leben, Werbung ist notwendig. Wir alle kaufen und verkaufen und leben davon, keiner ist ausgenommen. Jedoch sollte man den Menschen, den zentralen Aspekt auch einer Konsumgesellschaft auch den zentralen Platz einräumen, der ihm gebührt.
Wenn die Massen an Einflussnahmen auf unser Leben und unser Konsumverhalten, zusammengesetzt aus vielen kleinen und kleinsten Teilen (eben hier ein undefinierter Reisebericht, der zu Spekulationen einlädt), mein Leben als Mensch so sehr in Angriff nehmen, und das nicht nur im Sport, dass ich als solcher schon nicht mehr wahrgenommen werde, dann habe ich das Recht, noch habe ich es, meine Meinung dazu zu sagen.
Andernfalls kann ich meinen Kindern im Kleinkindalter nicht erklären, wenn Sie einmal älter sind, warum Sie als Individuum kaum noch Respekt und Rechte erfahren, warum wir (die Alten dann) es soweit haben kommen lassen. Eine Andeutung in Richtung eines anderen Kapitels der Geschichte, die eher politischer Natur war wo Menschen nichts mehr zählten, ist durchaus gewollt.
Nicht umsonst kennen wir heute Begriffe wie "Konsumterror" und es ist ein ewiger Zweikampf zwischen Konsum und Nachhaltigkeit der nur gewonnen werden kann wenn sich beide die Waage halten.
Pier Paolo Pasolini trieb das Thema schon Ende der 70er Jahre auf die Spitze mit seinen "Freibeuterschriften – Aufsätze und Polemiken über die Zerstörung des einzelnen durch die Konsumgesellschaft", die Zeit hat dazu 1979 schon eine Formulierung gebracht, die auf "Konsumterror" eingeht und meiner Meinung nach heute gültiger ist denn je:
Da freilich der Konsumismus keineswegs die Klassengegensätze aufzuheben willens oder in der Lage ist, können sich die von ihm infizierten Massen nur zu Karikaturen, zu Karikaturen der vom Zentrum zur Norm erhobenen Modelle verwachsen, zu Konsumopfern in einem – wie es Agathe Haag in ihrem Nachwort zum vorliegenden Band formuliert – "einzigen Konsumgüter-KZ". Die Folgen, derentwegen Pasolini diesen Konsumismus zu Recht als "neue Form des Totalitarismus erklärt, der "die Entfremdung bis zur äußersten Grenze der anthropologischen Degradierung" treibt, sind neurotische Ängste und permanente Frustration als "kollektive Gemütsverfassung", die wiederum zu Entladungen führen muß, also zu allgemeiner Verrohung, zur Zerstörung aller moralischen Übereinkünfte, zur Zerstörung der Religion und jeder individuellen Kultur und individuellen Sprache (der Dialekte vor allem), zur Zerstörung der Natur, kurz: zur Zerstörung eben aller jener Werte, die einst für die Armut entschädigten.
Das ich mich kritisch hier äußere hat nichts mit Neid zu tun, was man mir schon vorwarf, sondern damit, dass ich meinen Kindern etwas anderes gönne als eine bloße Schachfigur zu sein, die im Hamsterrad aus Verpflichtungen runden drehen muss um damit Ihre Lebenszeit zu vertun. Und ich tu mir die Zeit an dies zu schreiben, denn alleine und ohne den Mund aufzumachen, ändert sich garnichts.
Wer nun mit Totschlagargumenten, derer da viele sind, daherkommen möchte, kann dies tun, der versteht vielleicht nicht, dass ich nicht gegen Konsum bin, aber wenn wir uns jetzt unkritisch alles leisten, kann sich irgendwann keiner mehr irgendetwas leisten.
Danke fürs lesen, Danke IBC dafür, dass ihr kritische Stimmen meist zulasst, was sehr für Euch spricht.
Gute Nacht alle Zusammen. Gehabt euch wohl und Kette halbrechts, es ist Winter.
