Renn.Schnecke
im Zuckersandsee
Vom Harz nach Hause
Ein Bericht über gut zwei Tage Heimweg
Ein Bericht über gut zwei Tage Heimweg
Vorgeschichte: mit dem Mudmax-Mobil ging es zu dritt am Sonnabend nach Bad Harzburg zum Marathon-Wochenende. Fünf Sonntags-Runden später ließ ich das Mudmax-Mobil ohne mich zurück nach Hause fahren, denn ganz im Sinne der "Entschleunigung" sah der Plan vor, mit dem Rad zurück in die Mark Brandenburg zurückzureisen.
Tag 1 und 2:
29. April 2012: Die Verwandlung zur dicken Made in Molkenhaus
Die Jungs winken ein letztes Mal und fort sind sie.
Ein Blümchen haben sie mir mitgegeben. Dieses, mein Schlafsack und mein Rad machen sich zusammen mit mir auf den Weg. Ein Gewitter ist vorhergesagt, d.h., ich muss eine überdachte Gelegenheit zum Schlafen finden: Meine Federchen dürfen nicht nass werden (die im Schlafsack).
Das Marathon-Festgelände ist bereits fast wieder nur eine Wiese, als ich Rat suchend auf es zu rolle. Der Veranstalter ist nicht mehr zu sehen. Also schnapp ich mir die ersten drei Netten, die ich um eine Kartoffelsalatschüssel sitzend im Grünen finde. Sie empfehlen mir einen Abenteuerspielplatz in Molkenhaus. Dort würde ein Tipi aus Holz stehen. Na dann hin da!
Also durch Bad Harzburg: lärmende Motorräder in Kolonne... laute Schnellstraße ohne versprochenen Radweg... lange Liftanlage über mir... Aha! Hier darf ich wieder das dichtbesiedelte Menschenland verlassen!
Im Folgenden geht es, vorbei am Märchenland, eine gaanze Weile nach oben. All meine Versuche nicht zu schwitzen, lösen sich in dem zumindest herrlich grünen Nationalpark Harzwildnis in Salztröpfchen auf. Hinter jeder moosbewachsenen Wurzel, hinter jedem felsigen Stein und hinter jeder laubwaldigen Kurve vermute ich Molkenhaus.
Halb sieben ist's geschafft! Der Hasselbach ist meine Badewanne (na gut, Katzenwäsche), das Aussichtstürmchen mein Himmelbett. Das Tipi ist nämlich voller Pilze. Auf die mag ich mich nun wirklich nicht legen. Ich brauche eine Bank oder einen Tisch oder eben eine Aussichtsplattform.
Gegen 19 Uhr, also ungefähr drei Stunden vor Sonnenuntergang, sieht man nur noch eine dicke Made im Beobachtungsstand, die misstrauisch die vorbeiziehenden Wanderer beäugt.
Cubi und Mudmax beim Frühstück vor dem Rennen, Vor der Dusche der Harzburger Rennbahn, Motorräderkolonne auf Bad Harzburgs Straßen, Quietschbuntes Märchenland, Berühmter Baum, Ausblick von meinem Schlafgemach
Nach langen drei Stunden kommt auch endlich der Schlaf vorbei...
30. April 2012: Molkenhaus, Niedersachsen - Wiesenburg, Brandenburg
1) Es hätte Liebe werden können
Was sind Wanderer nur für ein Völkchen? Warum wandern die schon um sechs Uhr morgens in über 500 m Höhe?
... Daraufhin verwandelt sich die Made in einen Radfahrer...
Ich düse also von Molkenhaus einen recht langweiligen (breiten) Weg durch das Eckertal hinunter. Mir begegnet kein Mensch. Aber bevor ich die Zivilisation in Gänze wiederfinde, jage ich versehentlich Rotwild von der Straße und die echt steile Böschung hinauf. Sind vielleicht doch Bergziegen, überleg ich mir noch so.
Auf dem R1, der von Frankreich über Potsdam und die Müggelz nach St. Petersburg führt, tuckel ich nach Ilsenburg. Um mich herum ist es grün, so grün. Leuchtend grün, sonnenbeschienen grün, lichtdurchflutet grün, frisch grün, hellgrün.
Das mit dem R1 und der Ausschilderung ist jedoch so 'ne Sache. Und zwar keine eindeutige Sache. So kommt es an einer Kreuzung zur gefürchteten "Woher kommen Sie?"-Frage. Dieser fragende, ältere Herr ist nicht nur ein Radfahrer ähnlich mir, er ist dazu noch topfit, veranlasst mich, seinen muskulösen Bizeps zu testen, erzählt mir von 1966 und 1988 und 1990 und 2010... kurz, seine Lebensgeschichte. Er trainierte die Gewichtheben-Olympioniken (die Junioren, wenn ich das richtig verstanden habe) und ist mit 73 Jahren so fit, dass ich fürchte, nicht mit ihm mithalten zu können. Passenderweise wohnt er auch in Brandenburg. Dumm nur, dass wir keine Telefonnummern ausgetauscht haben...
Sonnenaufgang, Viele Wege führen nach Rom??, Schlafgemach mit Madensack, Brockenblick, Cheftrainer, Walpurgisnachtzeugnisse
2) Ein Stückchen Brandenburg im Vorharz
Blätterwaldverwöhnt erreiche ich das Harzer Vorland. Blankenburg (was ja auch schon ein Bisschen nach BRanDenburg schnuppert) umkurvt, suche ich die Burg Regenstein und die Sandhöhlen, von denen hinze anno dazumal (Herbst 2010) hier im Forum berichtete.
Und da taucht sie auch schon am Horizont oben auf auf. Die Burg Regenstein entstand dadurch, dass der Regen sie in den weichen Fels hineingewaschen hat.
Nein, Quatsch, aber sie ist schon besonders, denn die Menschen haben sie aus dem felsigen Höhenrücken herausgeschnitten, wie mich ein Schild mit Blick auf die Bastion informiert. Zum Glück muss ich nicht noch hochfahren, denn ich möchte ja zu den Sandhöhlen. Einen Trail später begrüßen mich Kiefern. So richtige, waschechte Kiefern. Und was noch? Sand! Ja bin ich denn schon in Brandenburg??
Nein, aber dafür bei den Sandhöhlen. Heißen ja schließlich auch so. Ich fülle mir also die Schuhe mit ein wenig Heimat, erfahre leider nicht, wie die Höhlen entstanden sind, finde dafür Zeit fürs Frühstück und als dann doch zwei Grüppchen Touristen das Gelände entern, gehts weiter, denn ich will heut noch in das waschechte Brandenburg. Und so ganz nebenbei könnte ich doch noch einen Supermarkt besorgen. Morgen ist schließlich Schluss mit lustig und der Tag der Arbeit, da bekomme ich nicht mehr so einfach meine gewünschten Mampfmittel.
3) Die Höhlenstraße auf dem Schäferberg
Der Wald spuckt mich aufs gelbe Rapsfeld. Bevor die Monotonie mich angrinst, erreiche ich - an einer Herde Schafe vorbeiradeln (Ihr hättet sie hören sollen! Hab wohl noch nie so viele verschiedene und lustige Blöckstimmen gehört!) aber noch Langenstein und die Höhlenwohnungen.
Vor über 150 Jahren schlugen nämlich 12 Familien mit Hammer, Meißel und Spitzhacke Räume in die Felsen, um irgendwo wohnen zu können. 45 Jahre wohnten sie im Fels. Heute kann man diese Felswohnungen besichtigen, wie mir in diesem Moment vor Augen geführt wurde, bzw. sie werden als Schuppen verwendet.
Hier könnte man bei Gewitter auch gut schlafsackieren! Bevor ich aber von der Leitenden der aktuellen Führung als Inventar aufgenommen werde, radel ich weiter nordostwärts. Endlich von meiner Karte runter!
Vorher erstatt ich noch einem zu Halberstadt gehörendem Friedhof einen Besuch ab: die Friedhöfe sind für mich segensreiche Wasserspender. Dieser Friedhof hat auch einen Altstadtfriedhofsteil: Gräber aus den Jahren um 1900 rum. Von einem Efeumantel zugedeckt. Beeindruckend!
Schmidts Höhlenwohnung (na wenn das nicht passt ); Höhlenwohnungführungsgruppe; Wand in Schmidts Wohnung, Efeubedeckte Ruhestätten
Fortsetzung folgt.
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