Hallo und guten Tag an alle!
In der Vergangenheit gereichte mir meine Offenheit und Ehrlichkeit, vielleicht auch meine Spontanität, schon mehrfach zum Nachteil. Deshalb versuche ich jetzt mal, eine vorsichtige Antwort zu geben, ohne in irgend ein Fettnäpfchen zu treten.
Im Gegensatz zu den diversen obigen Vermutungen ist es nicht so, dass wir zu spät bei unseren Fertigungspartnern bestellen würden. Oder dass wir zu wenig bestellen würden. Im gesamten Jahr 2019 laufen bei zwei Zulieferern hier im Schwarzwald insgesamt vier Bearbeitungszentren ganztägig und durchgehend nur für unsere Teile. Hinzu kommen vier weitere Fertiger in Nord- und Ostdeutschland, die alle für die Drehteile zuständig sind. Selbst wenn wir mehr bestellen würden, würden wir einfach nicht mehr geliefert bekommen (können), weil die Kapazitäten der Fertiger voll ausgelastet sind. Der konjunkturelle Boom der letzten Jahre bescherte den Fertigern volle Auftragsbücher für teilweise mehr als ein halbes Jahr.
Weitere oder andere Fertiger parallel zu beauftragen, wäre unvernünftig, weil die ganzen Programmier-, Vorrichtungs- und Werkzeugkosten und die Einarbeitung mehrfach anfallen würden. Unsere Erfahrung ist, dass unsere Teile auch für Fertiger, die zu Beginn einer Zusammenarbeit leicht mal sagen, das wäre alles ein Klacks, sie würden ja schließlich auch für Raumfahrt und Medizintechnik arbeiten, sich immer doch als sehr schwierig herausstellen. Von den ersten Mustern, die wir von einem neuen Fertiger erhalten, bis zur ersten zuverlässig funktionierenden Liefercharge dauert es mindestens ein Jahr. Außerdem ist es ein Gebot einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, dass man nicht ständig von einem Bett ins andere hopst, bloß weil ein neues lächelndes Gesicht lockt. Häufig ist nämlich die Attraktivität schnell weg, wenn die Schminke abbröselt.
Leider kommt es immer wieder vor, dass eine neue Lieferung zuvor bestens funktionierender Teile fehlerhaft ist. Jedes Mal, wenn Ware eintrifft, beten wir, dass die Teile in Ordnung sein mögen. Meistens sind sie es, manchmal sind sie es nicht, und eine Neuanfertigung kostet dann wieder drei Monate, in denen wir uns mehr schlecht als recht durchwurschteln müssen.
Hinzu kommt das Problem der Eloxierung. Unser Eloxierer ist wirklich sehr bemüht und engagiert, und dennoch passieren Farbabweichungen oder Teile sind fleckig. Wir sind ja in der Fahrradteileszene gut vernetzt und wissen aus vielen Gesprächen, dass es anderen Herstellern unserer Größenordnung keineswegs anders geht.
Unsere interne Kapazität ist derzeit kein Problem. Unsere Werkstatt und unsere Auftragsabwicklung laufen reibungslos und rund.
Zu der Idee, eigene Fertigungskapazität aufzubauen: Das wäre keine gute Idee. Bis wir die Maschinen, die Werkzeuge, den Raum, die Kompetenz, das Personal (mit Backup!) und das Material an Bord hätten, um dauerhaft die gleiche Qualität zu erzeugen wie Firmen, die den Job seit hundert Jahren machen, bräuchten wir auch hundert Jahre. Es ist das Wesen einer arbeitsteiligen Wirtschaft, dass jeder nur das macht, was er besonders gut kann.
Unterm Strich kann ich aber dennoch sagen, dass es Licht am Ende des Tunnels gibt. Unser Ziel ist eine Lieferzeit von einem, maximal zwei Monaten. Ganz ohne Lieferzeit geht es prinzipiell nicht, weil wir wegen der Farb- und Variantenvielfalt ja kaum auf Lager produzieren. Die oben erwähnten kurzen Lieferzeiten mancher Versender resultieren tatsächlich aus Bestellungen, die die ebenfalls vor mehr als einem halben Jahr platzierten. Wir machen keinen Unterschied zwischen solchen Großkunden und direkt bei uns bestellenden Endverbrauchern.
So viel für heute - genießt den kommenden Frühling!