Ich habe mir vor 4 Wochen ein Banshee Prime aufgebaut und nachdem ich es am WE in Finale seinem Härtetest unterzogen habe, hier mein vorläufiges Fazit:
Ich hatte davor ein Trailbike (Banshee Spitfire) für Touren und einen Freerider (LV 901) für heftigere Touren mit Shutteln und Bikepark. Da ich immer weniger Lust hatte das schwere Bike bergauf zu treten, bin ich letztes Jahr bis auf Bikepark fast alles mit dem 26er Trailbike gefahren. Für Trailtouren mit selber bergauf treten war es super, aber da wir häufiger Urlaube mit einem Mix aus Touren und Shutteln machen, war mir das Trailbike etwas zu unkomfortabel und zu unsicher wg. mangelnder Reserven wenn man am Ende eines Shutteltages müde und unkonzentriert wird.
Deshalb die Entscheidung meinen Fuhrpark durch ein 29er AM/Enduro (auch wg. meiner Größe von 1,89m) und ein DH-Bike zu ersetzen. Etwas unsicher war ich mir trotzdem noch was Shutteltage mit Guide angeht wo oft andere DH-Fahrer dabei sind und sehr zügig gefahren wird und man dadurch sehr viele Höhenmeter macht.
Touren
Ich fahre meist Enduro Touren in den Alpen (ich wohne in Vorarlberg). Hier hat es sich bislang als Super Bike für mich herausgestellt. Es geht sehr gut bergauf (eine Gabelabsenkung vermisse ich nicht), gerade auch technische Anstiege (Traktion, Überrollverhalten und Aufbäumneigung), und sehr sicher bergab, ohne sich dabei unhandlich oder träge anzufühlen. Auch das Fahrgefühl im Wiegetritt gefällt mir mit den 29er Laufrädern besser (fühlt sich irgendwie stabiler und runder an) und man hat dabei spürbar mehr Traktion.
Einzig bei richtig engen Wanderwegpassagen wo man Hinter- und Vorderrad auf der Stelle versetzen muss, sind die großen Laufräder dann doch etwas sperrig. Aber ich denke man gewöhnt sich daran und das Knacken von technischen "Schlüsselstellen" ist eh nicht mein Haupteinsatzgebiet - ich mag es eher "technisch-flowig". Das Abrollen von Steilstücken mit Stufen geht dagegen hervorragend (wobei ich dabei mehrmals Kontakt mit dem HR am Ar... hatte - was aber nicht wirklich ein Problem ist), da verleihen die großen Laufräder und der damit verbundene tiefere Schwerpunkt (zur Radachse) sehr viel Sicherheit. Dadurch braucht man am 29er nicht so einen flachen Lenkwinkel was in einem agileren Lenkverhalten bei Schrittgeschwindigkeit resultiert.
Also auf Touren ist es für mich absolut top!
Shutteln (Ballern)
Hier musste sich das Prime in Finale Ligure beim Shutteln beweisen. Auf den Touren zuvor hatte ich mich bisher noch nicht an die Grenze des Bikes getraut und habe es erst mal etwas langsamer angehen lassen und mich dann langsam gesteigert. Das Bike verleiht einfach unglaublich viel Sicherheit und so habe ich nicht nur das Tempo gesteigert, sondern auch fast alle Sprünge mitgenommen - richtig fiese/große Sprünge gab es nicht, aber da Springen nicht zu meinen Stärken gehört war das nicht selbstverständlich - aber ich fühle mich einfach wohl auf dem Bike und fahre im Prinzip so wie mit dem Freerider vorher auch.
Auf ruppigen Geraden kann man es mit dem Prime heftig gehen lassen - nur an einem DH-Bike kann man da nicht dran bleiben, aber einem Enduro ist es auf jeden Fall ebenbürtig. Die großen Laufräder rollen zwar besser über Hindernisse, aber wegen mangelnder Dämpfung fangen sie an zu springen. Da hilft einfach nur viel Federweg mit einem guten Dämpfungssystem. Der Geradeauslauf ist dabei aber immer noch ok und man hat nicht das Gefühl, dass es einem gleich den Lenker verschlägt.
Ich denke richtige DH-
Reifen würden da nochmal was bringen, besonders wegen der nach meinem Gefühl besseren Dämpfung (vielleicht kommt der
Minion ja tatsächlich in DH-Ausführung). Beim Reifenthema macht mir dann auch das Tubelessetup von
Hans Dampf auf Flow EX Sorgen. Bei einer Steilabfahrt bin ich hart auf der Bremse in eine Kompression gefahren und der
Reifen hat sich mit einem Knall von der Felge verabschiedet. Ich bin zum Glück nicht gestürzt, aber mitten in einer steilen Felspassage möchte ich das nicht erleben. Vielleicht war es nur Pech, aber die
Reifen saßen bei der Montage eigentlich satt auf den
Felgen und da bin ich jetzt doch etwas verunsichert. Die Situation war nicht so ungewöhnlich. Auf Touren bei weniger aggressiver Fahrweise habe ich dagegen keine Bedenken.
Nässe
Einen Tag sind wir zum Shutteln nach Molini gefahren. In unserer Gruppe waren ein paar schnelle englische DH-Fahrer denen ich bei den trockenen Verhältnissen am Vormittag nicht folgen konnte. Mittags fing es zu regnen an und die Naturtrails mit viel Schiefergestein und Wurzeln wurden höllisch glatt. Ich mag solche Verhältnisse und die großen Laufräder funktionierten richtig gut, so dass ich immer mehr Vertrauen bekam und auf die DH-Fahrer aufgelaufen bin. Sie haben mich dann irgendwann vorbeigewunken und vorne fahren lassen
.
Ohne einen direkten 1:1 Vergleich mit einem 26" Bike ist es schwierig zu beurteilen, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass die 29er Räder einen breiteren/gutmütigeren Grenzbereich haben. Die Räder sind zwar ständig in alle Richtungen gerutscht, wurden aber nie zickig. Und dabei halte ich den
Hans Dampf in Trailstar Mischung (Pacestar hinten) nicht für einen top Nässereifen (ich fahre am 26er vorne
Maxxis Reifen mit weicher 42a Mischung).
Laufräder
Ich habe meine Laufräder mit CX-Ray Messerspeichen aufgebaut (sorgfältiger Aufbau mit Tensiometer) und denke, dass die Laufräder doch etwas weich sind. Ich meine etwas Verwindung beim harten Einlenken und bei technischen Sachen mit eingeschlagenem VR (gesamtes Gewicht auf dem VR) zu spüren. Ist nicht wirklich kritisch, aber teilweise leicht unangenehm. Vielleicht kommt noch Flex von der Gabel (34er Fox) dazu. Hier denke ich über einen 2. LRS mit Competition/Race Speichen (evtl. 36 Stk.) für härtere Einsätze nach, auf den ich dann auch stabilere
Reifen mit Schläuchen aufziehen und den Touren LRS mit leichteren Tubeless
Reifen ausstatten könnte.
Gabel
Mit der Fox 34 Float Factory mit 140mm bin ich größtenteils zufrieden. Bei normal straffem Setup zeigt sie kein Wegsacken und nutzt bei normalen Sprüngen den Federweg fast komplett aus (perfekt). Das CTD System finde ich unsinnig da man den Uphill-Modus an einem AM-Bike nicht braucht und die DS-Dämpfung im Descend-Modus zu schwach ist. Ich fahre daher immer im Trail-Modus mit DS-Stellung "1" was auch eigentlich gut passt, es bleibt halt nur nicht viel Abstimmungsspielraum.
Als Fazit kann ich sagen, dass ich mit dem Prime mein ideales Tourenbike gefunden habe das mir für alles außer richtigem DH-Einsatz taugt. Es ist nicht (viel) weniger agil als mein altes Trailbike, bietet aber doch spürbar mehr Komfort und Sicherheit. Für mehr brauche ich dann eh ein DH-Bike. Ein Freerider/Superenduro ist zwar noch komfortabler, aber auch träger und schlechter bergauf. Ich mag es auch mehr wenn ich auf dem Rad aktiv arbeiten muss und nicht einfach überall drüber bolze.
PS: Überrascht war ich beim Shutteln wie viel Aufsehen so ein Bike doch erregt. Von den DH-Fahrern wird man erst skeptisch bis mitleidig gemustert (was will denn der Vogel mit Trekkingrad hier
). Wenn sie dann merken, dass 29er offenbar doch nicht nur auf Forstwegen funktionieren, werden die Blicke interessierter, oder verwunderter
. Mit mir auf dem Rad haben einige allerdings die Laufräder für 650B/27,5" gehalten (oder wollten es nicht glauben
).