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Bitte was?!
Eine Kassette mit 8 Ritzeln, wobei das kleinste 9 Zähne hat und zwischen dem größten und dem zweitgrößten Ritzel ein fetter Gangsprung lauert.
Warum in Gottes Namen sollte man denn nur 8 Gänge ... auf einer Capreo ... ?!
Kurze Antwort: Weil es geht!
Lange Antwort: Puh, das hat viele Gründe. Ich habe in diesem Projekt versucht gleich drei alte Ideen auf einmal zu verwursten – einen Leichtbau-Antrieb auf Capreo-Basis, die Reduktion von 9 auf 8 Gänge und eine breitere Übersetzung als das mit Capreo oder XTR 8-/ 9-fach je erhältlich war. Ich hoffe den vergessenen 8-fach-Schaltungen auf diese Weise noch etwas Leben einhauchen zu können. Ihr Schattendasein haben sie nicht verdient.
1. Warum 8-fach?
Das ist noch am schnellsten erklärt: Shimano XTR 951 ist einfach die ergonomisch beste und schnellste Schaltung, die ich je kennengelernt habe. Präziser Shifter, inverses Schaltwerk – so und nicht anders, bitte. Alle meine Bikes wurden mit ihr ausgestattet. Und damit alle Radsätze untereinander kompatibel bleiben, sollte der Capreo-Radsatz eben auch 8-fach sein. Zum Hintergrund der tollen 951 schreibe ich irgendwann noch mal ein paar mehr Zeilen.
Und noch einen Grund gab’s: Es genügt einfach. Ohne Quatsch, tote Zwischengänge braucht kein Mensch. Alle unnötigen Gänge fliegen hier raus, damit man nicht so oft darüber hinweg schalten muss. Das macht es auf der anderen Seite ja auch einfacher zu treffen.
Vor einigen Jahren wäre ich schon einmal fast so weit gewesen alle meine Kisten auf 9-fach umzurüsten. Als ich mir die Übersetzungen dann mal ausgerechnet habe fiel mir zum Glück noch auf, dass ich vorwiegend eine feinere Abstufung bei den mitteleren Ritzeln erreicht hätte. Aus Erfahrung kann ich sagen, das ist das letzte, was ich brauche. Ich benötige auf der Straße eine enge Abstufung und an Steigungen eine breite. Die Gänge dazwischen kenne ich vorwiegend vom Drüberschalten. Klar, da müssen welche sein, aber nicht so viele. 9-fach war für mich ein absoluter Holzweg. Wurde abgeblasen, heute bin ich happy.
2. Was ist MegaRange?
Shimano hat das mit den groben Gangsprüngen früher einmal selbst so gesehen, wie ich. Deshalb war das größte Ritzel häufig ein richtiger Rettungsanker. MegaRange nannten sie das, und der Name war Programm. Das waren teilweise über 30% Gangsprung. Heute würden sie da wohl zwei bis drei Gänge draus machen. Alle fünf Jahre ein Gang mehr auf der Kassette war ja auch über Jahrzehnte ein gutes Verkaufsargument. Das treibt heute wilde Stilblüten.
Mancher braucht seine feinen Berggänge vielleicht, ich an dieser Schaltung jedenfalls nicht. Ich habe die großen Sprünge 18 – 23 – 30 Zähne natürlich vorher getestet.
3. Warum Capreo?
... und nicht SRAM? Nun, die X-Dome-Kassetten sind geil leicht, aber SRAM hat weder 9-Zähne-Ritzel noch 8-fach als leichte Monoblocks im Programm. Damit war das Thema schon durch.
Von der anderen Seite der Preisskala kommend ist die Capreo hier im Forum in den letzten Jahren ja immer bekannter geworden, und das obwohl die Produktion schon vor 15 Jahren eingedampft wurde. Die mögliche Übersetzungs-Bandbreite ist einfach ein riesiger Vorteil, das hat sich rumgesprochen. Aber es gibt auch Nachteile, die mich lange Zeit vom Aufbau abgehalten haben: Die Ritzel sind nur auf dem Fertigungsniveau der Deore. Obendrein sind Shimanos Naben viel zu schwer für meine Leichtbau-Ambitionen.
Für das letzte Argument habe ich nun aber Abhilfe aufgetrieben. Es gibt neben der Shimano-Nabe noch ein paar sehr unbekannte Hersteller aus Taiwan, die wohl irgendwie vergessen haben diesen alten Naben-Standard aus ihrem Programm zu streichen:
Übrigens: Ich habe bis heute keine einzige originale Capreo-Kassette in der Hand gehalten. Wer gründlich googelt findet alle notwendigen Einzelteile in Deutschland als Ersatzteile. Damit kann man sich ganz wunderbar seine persönliche Traum-Übersetzung aufbauen.
So, und wie geht’s?
Klaro, man berechnet sich, was man haben möchte und beschafft sich dann die Teile im Internet. Zuerst steht also immer der Bedarf. In meinem Fall heißt das:
Die Kombination 9/10/11Z ist Capreo-eigen und nicht veränderlich. Die Ritzel besorgt man sich zum Beispiel bei Kurbelix oder bicikli. Verschlussring und Montage-Schlüssel nicht vergessen.
Alle anderen Ritzel entnimmt man einzeln am besten aus den HG41-Kassetten von Shimano. Diese sind leicht und mit 14 € auch sehr billig. Auf 8-fach-Version achten. In meinem Fall mussten die beiden Kassetten 11 bis 30Z und 11 bis 32Z dran glauben.
So und jetzt kommt der tricky Teil. Weil die Abstände zwischen den drei kleinen Capreo-Ritzeln ja zu klein (9-fach) und unveränderlich sind (greifen ineinander) sollte man die Abstände der restlichen Ritzel etwas erweitern. Dann tut sich der 8-fach-Shifter nicht so schwer die Ritzel zu treffen. Nach Berechnung sollte jeder Ritzelabstand ca. 3,2 mm groß werden. In der Praxis zeigt sich, dass ich noch ein paar Zehntel mehr am größten Ritzel benötige. Da kommt bald Version 1.1.
Die rechnerische Abweichung der Ritzelposition von den fixen Gangstufen der 8-fach Shifter beträgt in diesem Fall maximal 0,3 mm, also nix!
Die breiteren Distanzringe für die Ritzel findet man an fast jeder Shimano 7-fach-Kassette. Hier reicht natürlich eine ausgelutschte von eBay.
An all diesen Kassetten sind die größten Ritzel mittels Schrauben oder sogar Nieten untereinander verbunden. Die tragen zu Steifigkeit oder Drehmoment nichts bei (dafür ist das viel zu klapperig), sondern sind eine reine Montagehilfe. Also ran an den Dremel/ Bohrer/ Inbus-Schlüssel und ab mit den Köpfen.
Am Ende musste ich noch einen 1,6 mm Distanzring auf den Freilauf schieben, damit die Kassettenbreite zu meiner Nabe passt. Ist nun halt kein 9-fach mehr. Das Ergebnis ist 241 g schwer und hat 333% Übersetzungsbreite. Wenn ich noch Zeit und Muse habe, dann arbeite ich noch am Gewicht. Ist ja noch viel Luft nach oben.
Zusammen mit 28 Sapim D-Light und einer ZTR355 wiegt das gesamte Hinterrad mit Kassette atemberaubende 928 g. Das ist schon auf Augenhöhe mit Tune. (Okay, die Felge haut’s mit 342 g extrem raus.)
Fairerweise sollte ich auch einmal die Nachteile dieser Bastelei erwähnen. Es werden zwei Kassetten plus Kleinteile verbraucht, die Haltbarkeit ist vermutlich gering und das Gesamtpaket ist niemals so Drehmoment-fest wie zum Beispiel eine XTR. Vor allem das große Ritzel könnte bei maximalem Antritt beginnen zu flattern und Kerben in den Alu-Freilauf der Nabe schneiden. Das ist bei Einzel-Ritzeln nun mal konstruktiv so. Außerdem ist das eine Rennrad-Nabe, vom Hersteller umgemodelt für winzige Klapprad-Laufräder und anschließend von mir missbräuchlich in ein Mountainbike geklemmt. Dieser Sache sollte man sich eh bewusst sein.
Beim ersten Fahrtest gab es keine Probleme. Vielleicht spanne ich das Laufrad demnächst mal in einen 3x8-Antrieb und belaste es mit Maximalkraft und 22er Kettenblatt. Mehr Drehmoment geht dann nicht.
Die Gangabstufungen fühlen sich echt harmonisch an. Darum grüble ich derzeit schon über 9 bis 34 Zähne nach.
Wenn euch irgendwelche Details interessieren, schreibt einen Post und ich versuche zu antworten.
Fröhliches Schrauben und viele Grüße,
Frank
Eine Kassette mit 8 Ritzeln, wobei das kleinste 9 Zähne hat und zwischen dem größten und dem zweitgrößten Ritzel ein fetter Gangsprung lauert.
Warum in Gottes Namen sollte man denn nur 8 Gänge ... auf einer Capreo ... ?!
Kurze Antwort: Weil es geht!
Lange Antwort: Puh, das hat viele Gründe. Ich habe in diesem Projekt versucht gleich drei alte Ideen auf einmal zu verwursten – einen Leichtbau-Antrieb auf Capreo-Basis, die Reduktion von 9 auf 8 Gänge und eine breitere Übersetzung als das mit Capreo oder XTR 8-/ 9-fach je erhältlich war. Ich hoffe den vergessenen 8-fach-Schaltungen auf diese Weise noch etwas Leben einhauchen zu können. Ihr Schattendasein haben sie nicht verdient.
1. Warum 8-fach?
Das ist noch am schnellsten erklärt: Shimano XTR 951 ist einfach die ergonomisch beste und schnellste Schaltung, die ich je kennengelernt habe. Präziser Shifter, inverses Schaltwerk – so und nicht anders, bitte. Alle meine Bikes wurden mit ihr ausgestattet. Und damit alle Radsätze untereinander kompatibel bleiben, sollte der Capreo-Radsatz eben auch 8-fach sein. Zum Hintergrund der tollen 951 schreibe ich irgendwann noch mal ein paar mehr Zeilen.
Und noch einen Grund gab’s: Es genügt einfach. Ohne Quatsch, tote Zwischengänge braucht kein Mensch. Alle unnötigen Gänge fliegen hier raus, damit man nicht so oft darüber hinweg schalten muss. Das macht es auf der anderen Seite ja auch einfacher zu treffen.
Vor einigen Jahren wäre ich schon einmal fast so weit gewesen alle meine Kisten auf 9-fach umzurüsten. Als ich mir die Übersetzungen dann mal ausgerechnet habe fiel mir zum Glück noch auf, dass ich vorwiegend eine feinere Abstufung bei den mitteleren Ritzeln erreicht hätte. Aus Erfahrung kann ich sagen, das ist das letzte, was ich brauche. Ich benötige auf der Straße eine enge Abstufung und an Steigungen eine breite. Die Gänge dazwischen kenne ich vorwiegend vom Drüberschalten. Klar, da müssen welche sein, aber nicht so viele. 9-fach war für mich ein absoluter Holzweg. Wurde abgeblasen, heute bin ich happy.
2. Was ist MegaRange?
Shimano hat das mit den groben Gangsprüngen früher einmal selbst so gesehen, wie ich. Deshalb war das größte Ritzel häufig ein richtiger Rettungsanker. MegaRange nannten sie das, und der Name war Programm. Das waren teilweise über 30% Gangsprung. Heute würden sie da wohl zwei bis drei Gänge draus machen. Alle fünf Jahre ein Gang mehr auf der Kassette war ja auch über Jahrzehnte ein gutes Verkaufsargument. Das treibt heute wilde Stilblüten.
Mancher braucht seine feinen Berggänge vielleicht, ich an dieser Schaltung jedenfalls nicht. Ich habe die großen Sprünge 18 – 23 – 30 Zähne natürlich vorher getestet.
3. Warum Capreo?
... und nicht SRAM? Nun, die X-Dome-Kassetten sind geil leicht, aber SRAM hat weder 9-Zähne-Ritzel noch 8-fach als leichte Monoblocks im Programm. Damit war das Thema schon durch.
Von der anderen Seite der Preisskala kommend ist die Capreo hier im Forum in den letzten Jahren ja immer bekannter geworden, und das obwohl die Produktion schon vor 15 Jahren eingedampft wurde. Die mögliche Übersetzungs-Bandbreite ist einfach ein riesiger Vorteil, das hat sich rumgesprochen. Aber es gibt auch Nachteile, die mich lange Zeit vom Aufbau abgehalten haben: Die Ritzel sind nur auf dem Fertigungsniveau der Deore. Obendrein sind Shimanos Naben viel zu schwer für meine Leichtbau-Ambitionen.
Für das letzte Argument habe ich nun aber Abhilfe aufgetrieben. Es gibt neben der Shimano-Nabe noch ein paar sehr unbekannte Hersteller aus Taiwan, die wohl irgendwie vergessen haben diesen alten Naben-Standard aus ihrem Programm zu streichen:
- Shimano Capreo FH-F700: 390 g
- Chosen (auch Disk-Version): ca. 310 g
- Joeseph Kouzac: ca. 310 g
- Hubsmith R013R: ca. 195 g
- Ridea (aus Korea, auch Disc-Version)
Übrigens: Ich habe bis heute keine einzige originale Capreo-Kassette in der Hand gehalten. Wer gründlich googelt findet alle notwendigen Einzelteile in Deutschland als Ersatzteile. Damit kann man sich ganz wunderbar seine persönliche Traum-Übersetzung aufbauen.
So, und wie geht’s?
Klaro, man berechnet sich, was man haben möchte und beschafft sich dann die Teile im Internet. Zuerst steht also immer der Bedarf. In meinem Fall heißt das:
- Anfahren bei etwa 4,0 „Meter Wegstrecke pro Kurbelumdrehung“
- Dauergeschwindigkeit bei knapp 6,5 m/U
- Dazwischen zwei Gänge zum Beschleunigen (okay-okay, da gibt es noch Einsparungspotential)
- Höchster Gang bei mindestens 7,5 m/U
- Niedrigster Gang so klein wie möglich
Die Kombination 9/10/11Z ist Capreo-eigen und nicht veränderlich. Die Ritzel besorgt man sich zum Beispiel bei Kurbelix oder bicikli. Verschlussring und Montage-Schlüssel nicht vergessen.
Alle anderen Ritzel entnimmt man einzeln am besten aus den HG41-Kassetten von Shimano. Diese sind leicht und mit 14 € auch sehr billig. Auf 8-fach-Version achten. In meinem Fall mussten die beiden Kassetten 11 bis 30Z und 11 bis 32Z dran glauben.
So und jetzt kommt der tricky Teil. Weil die Abstände zwischen den drei kleinen Capreo-Ritzeln ja zu klein (9-fach) und unveränderlich sind (greifen ineinander) sollte man die Abstände der restlichen Ritzel etwas erweitern. Dann tut sich der 8-fach-Shifter nicht so schwer die Ritzel zu treffen. Nach Berechnung sollte jeder Ritzelabstand ca. 3,2 mm groß werden. In der Praxis zeigt sich, dass ich noch ein paar Zehntel mehr am größten Ritzel benötige. Da kommt bald Version 1.1.
Die rechnerische Abweichung der Ritzelposition von den fixen Gangstufen der 8-fach Shifter beträgt in diesem Fall maximal 0,3 mm, also nix!
Die breiteren Distanzringe für die Ritzel findet man an fast jeder Shimano 7-fach-Kassette. Hier reicht natürlich eine ausgelutschte von eBay.
An all diesen Kassetten sind die größten Ritzel mittels Schrauben oder sogar Nieten untereinander verbunden. Die tragen zu Steifigkeit oder Drehmoment nichts bei (dafür ist das viel zu klapperig), sondern sind eine reine Montagehilfe. Also ran an den Dremel/ Bohrer/ Inbus-Schlüssel und ab mit den Köpfen.
Am Ende musste ich noch einen 1,6 mm Distanzring auf den Freilauf schieben, damit die Kassettenbreite zu meiner Nabe passt. Ist nun halt kein 9-fach mehr. Das Ergebnis ist 241 g schwer und hat 333% Übersetzungsbreite. Wenn ich noch Zeit und Muse habe, dann arbeite ich noch am Gewicht. Ist ja noch viel Luft nach oben.
Zusammen mit 28 Sapim D-Light und einer ZTR355 wiegt das gesamte Hinterrad mit Kassette atemberaubende 928 g. Das ist schon auf Augenhöhe mit Tune. (Okay, die Felge haut’s mit 342 g extrem raus.)
Fairerweise sollte ich auch einmal die Nachteile dieser Bastelei erwähnen. Es werden zwei Kassetten plus Kleinteile verbraucht, die Haltbarkeit ist vermutlich gering und das Gesamtpaket ist niemals so Drehmoment-fest wie zum Beispiel eine XTR. Vor allem das große Ritzel könnte bei maximalem Antritt beginnen zu flattern und Kerben in den Alu-Freilauf der Nabe schneiden. Das ist bei Einzel-Ritzeln nun mal konstruktiv so. Außerdem ist das eine Rennrad-Nabe, vom Hersteller umgemodelt für winzige Klapprad-Laufräder und anschließend von mir missbräuchlich in ein Mountainbike geklemmt. Dieser Sache sollte man sich eh bewusst sein.
Beim ersten Fahrtest gab es keine Probleme. Vielleicht spanne ich das Laufrad demnächst mal in einen 3x8-Antrieb und belaste es mit Maximalkraft und 22er Kettenblatt. Mehr Drehmoment geht dann nicht.
Die Gangabstufungen fühlen sich echt harmonisch an. Darum grüble ich derzeit schon über 9 bis 34 Zähne nach.

Wenn euch irgendwelche Details interessieren, schreibt einen Post und ich versuche zu antworten.
Fröhliches Schrauben und viele Grüße,
Frank
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