Nur noch schnell feineinstellen ...
Okay, jetzt habe ich mir mal richtig Zeit genommen, um rauszufinden, warum das Feintuning am "Fitti" nicht gelingen will. Die Gänge wollen manchmal nur bei sehr deutlichem Überschalten wechseln, vorher rasselt's gerne mal sekundenlang. Bei den mittleren Gängen ist's am schlimmsten.
Als Ursachen kommen mehrere in Frage, die einfachen habe ich teilweise schon ausgeknipst:
1. Abstand Röllchen zu Ritzel.
Je dichter das Umlenkröllchen vom Schaltwerk am Ritzel steht, desto treffsicherer wird der Gang eingelegt (vorausgesetzt, das Röllchen steht genau vorm Ritzel). Andersrum ausgedrückt: Je mehr freie Kette zwischen Röllchen und Ritzel, desto mehr Schräglauf wird der Kette dort gestattet.
Also habe ich die Umschlingungs-Schraube voll rausgedreht,
Abstand minimiert.
So sieht das bei wenig Umschlingung aus:
Und so bei viel:
In Bild 1 sind drei Kettenglieder frei, in Bild 2 nur zwei Glieder. Das macht schon einen spürbaren Unterschied.
Ich hatte wirklich Sorge, dass das Schaltwerk anschließend nicht mehr auf's 34Z-Ritzel kommt. Geht aber. Wenn man das Bike auf den Kopf stellt und es ausprobiert, sieht es ganz fürchterlich aus. Aber im echten Fahrbetrieb gibt es komischerweise kein Problem. Hier zeigt sich: Probieren geht über Studieren.
So steht das ungefähr im Fahrbetrieb (Röllchen richtig dicht am 34Z):
Die Kettenlänge hat natürlich auch noch Einfluss. So sehe es im schlimmsten Fall aus (erzeugt lustigerweise sogar etwas mehr Abstand von Röllchen zu Ritzel):
2. Axialspiel Umlenkröllchen.
Werksseitig ist das Ritzel-nahe Röllchen bei
Shimano meist axial +/-1 mm verschiebbar. Nachteil: Gift für die Präzision. Vorteil: Wenn der Gang erst mal drin ist, dann gibt's keinen Schräglauf der Kette mehr. Darum muss man bei
Shimano auch immer so ein bisschen überschalten.
Tuning-Röllchen (z.B. von KCNC) haben das Axialspiel in der Regel nicht, weshalb ich so ein goldenes Ding nun auch auf dem Ziel-Bike einsetze. Ist damit schon besser geworden.
3. Kassetten-Geometrie.
Das hielt ich zunächst für die Haupt-Ursache. Mir wurde bei den Versuchen klar, warum
Shimano so viele Gänge im mittleren Bereich hat und warum die Gangsprünge konstant bei ca. 15% liegen (obwohl sie bei niedrigen Geschwindigkeiten weiter sein müssten). Nämlich, weil das Schaltwerk-Parallelogramm eine Linie abfährt.
In den folgenden Bildern sieht man gut das Problem: eine XTR-Kassette beschreibt eine Linie. Meine Capreo dagegen macht einen ausgeprägter Bogen.
Aus diesem Grund ist der Abstand Röllchen zu Ritzel bei den mittleren Gängen ziemlich groß. Und das hat eben richtig viel Einfluss. Die freie Kettenlänge an einem XTR-Schaltwerk beträgt gerade mal ein Glied, bei mir etwa zwei Glieder!
In der Praxis war das gut zu erspüren. Zwischen 16Z und 13Z will meine Kette nur bei deutlichem Überschalten umspuren. Beim linken und rechten Nachbarn gehts schon besser, am Rand ist eh alles gut.
Aus mir nicht bekannten Gründen klappt das Federkraft-basierte Schalten aufs nächstgrößere Ritzel übrigens besser, mein Problem besteht also vorwiegend in Richtung "kleiner".
So, da haben wir den Salat! Ein richtig dickes Problem. Spät entdeckt, schwer zu beheben.
Eine Maßnahme wäre, ein größeres Umlenk-Röllchen zu montieren. Damit würde das Röllchen dichter an die Ritzel rücken. Auch an das 34Z. Aber immerhin bin ich am 34Z noch nicht angestoßen, könnte also klappen.
Hat da schon mal jemand ein 13Z-Röllchen ausprobiert?
Die zweite Maßnahme wäre, die Ritzelabstände zu verkleinern. Ist das nächste Ritzel dichter dran, so der Gedanke, dann flutscht die Kette auch eher mal rüber.
Dieser Maßnahme räume ich wenig Chancen ein. Mein Problem besteht ja beim Schalten von z.B. 16Z auf 13Z. Da geht's also nicht ums Klettern, sondern das 16Z-Ritzel lässt die Kette einfach nicht los. Da helfen höchstens deutlicher ausgeprägte Schaltweichen. Aber das auszuprobieren (Thomas' Feil-Methode) erscheint mir momentan noch zu abenteuerlich.
Dritte Maßnahme wäre natürlich den Bogen etwas weniger bauchig zu machen. Das wäre gar nicht so einfach. Selbst, wenn ich das 26Z und 34Z gegen was kleineres tauschen würde, dann hätte das auf die Schaltpräzision ums 13Z herzlich wenig Einfluss. Da drückt aber der Schuh. Ich müsste die kleinen Ritzel größer machen, damit diese Maßnahme wirkt. Na darauf hab' ich ja nu' ungefähr genauso viel Bock wie auf Corona im Urlaub. Abgelehnt.
Wenn man den Gedanken mal weiterspinnt, dann könnte man auch versuchen das Schaltwerk dichter an die Ritzel zu bekommen. Moment mal! Wie funktioniert das denn bei der originalen Capreo-Kassette? Die nutzt doch auch 9Z bis 26Z und das Schaltwerk (im Grunde ein Deore RD-M510 mit Capreo-Aufdruck) ist auch nicht dichter dran. Ist das möglicherweise gar nicht so problematisch wie gedacht? Und so kommen wir zu 4.
4. Der übliche Wahnsinn.
Mich wunderte schon, dass am Test-Rad alles recht zufriedenstellend lief, am Ziel-Bike dann nur so lala.
Am "Fitti" habe ich jüngst nun noch einen dicken Hund gefunden: Das Schaltwerk dort hat massive Probleme sich wiederholbar genau vor das Ritzel zu stellen. Beim Schalten von 20Z auf 26Z steht das Schaltwerk so (2 mm Lücke zum 34Z):
Beim Schalten von 34Z auf 26Z so (0 mm Abstand zum 34Z):
Also im gleichen Gang zwei völlig verschiedene Positionen. Ich kann nur raten, was die Ursache ist. Könnte zu viel Schaltzug-Reibung sein. Oder ein unpräziser Shifter. Oder die Zughülle staucht sich unbemerkt - mal mehr, mal weniger. Da könnte ich jetzt eure Hilfe gebrauchen. Kann mir mal jemand sagen, ob das normal ist? 2 mm Spiel am Schaltwerk (Axialspiel fixiert) erscheinen mir wahnsinnig viel, die Ritzel sind immerhin nur 5 mm auseinander. Mein Pendel-Bike ist gerade zerlegt, sonst hätte ich es selbst nachgesehen.
Über ein Foto der freien Kettenlänge bei einer originalen Capreo wäre ich auch sehr beglückt.
Danke und viele Grüße,
Frank