Eine mathematische Berechnung für unterschiedliche interne Reifenaufbauten (Karkassen, Profil, Gummimischung) wird mMn wohl kaum möglich sein.
Das Gewicht kann man auswiegen, der interne Aufbau wird immer eine unbekannte Größe in einer Rechnung bleiben.
Ich versuch’s noch mal mit Rationalität:
Ein
Reifen hat verschiedene physikalische Eigenschaften. Eine davon ist sein Gewicht, besser eigentlich seine Masse. Eine andere wäre sein Rollwiderstand. Beides sind Größen, die man messen kann.
Die träge Masse, die gleich der schweren Masse ist und daher mit dem Gewicht identifiziert werden kann, bedeutet einen Widerstand gegen Beschleunigungen, die sich in der einfachen Formel F=m*a (Kraft, Masse, Beschleunigung) ausdrückt. Wenn ich also etwas beschleunigen will, muss ich Energie aufwenden, und diese Energie ist allein abhängig von der Masse. Da gilt dann auch: mehr Masse braucht mehr Energie. Wieviel kann ich genau sagen, wenn ich die Masse quantifizieren kann. Genau das haben wir gemacht.
Natürlich gibt es beim Fahrradfahren auch andere Widerstände, etwa die Schwerkraft bergauf oder den Rollwiderstand. Für diese Widerstande gilt dasselbe und da kann ich auch quantifizieren, wieviel Energie ich aufwenden muss, um diese zu überwinden. Das ist aber additiv, sprich ich brauch mehr Energie für den Rollwiderstand - das übrigens immer, wenn man fährt - und ich brauch mehr Energie für die träge Masse - das allerdings nur, wenn ich beschleunige.
Es ist klar, dass ein schwererer
Reifen HÄUFIG (!) einen höheren Rollwiderstand hat. Das ist aber nicht naturgegeben, sondern ergibt sich aus der Zielsetzung, die Reifenhersteller aus welchen Gründen auch immer verfolgen. Der Rollwiderstand hängt wesentlich an der Walkarbeit im
Reifen und da am meisten von der Walkarbeit im Gummi, weniger in der Karkasse (und zwar deshalb, weil der Masseanteil des Gummi größer ist - sieht man gut am Gewicht von
Reifen mit unterschiedlicher Karkasse). Bei gleichem Gummi bedeutet mehr Gummi auch mehr Walkarbeit. Die Walkarbeit hängt aber wesentlich mehr von anderen Eigenschaften des Gummi ab, nennen wir es mal Weichheit (physikalisch besser Elastizität). Es ist also leicht möglich, dass ein schwererer
Reifen mit weniger weichem Gummi weniger Rollwiderstand als ein leichterer
Reifen mit weichem Gummi.
Dazu zeigen Messungen und Berechnungen (siehe zum Beispiel in den vorigen Beiträgen), dass der Großteil der Energie, der beim Fahrradfahren mit relativ geringer Geschwindigkeit (Luftwiderstand !) und in relativ flachem Terrain (Schwerkraft !) aufgebracht werden muss, vom Rollwiderstand kommt, selbst wenn man dabei immer mal wieder bremst und beschleunigt.
Ergo: Der wesentliche Faktor bei der Reifenwahl ist der Rollwiderstand, nicht das Gewicht. Dass häufig schwerere
Reifen einen höheren Rollwiderstand haben, ist zwar de facto so am Markt, aber es ist keineswegs eine strikte Relation und es wird ja oft genug beklagt, gerade auch bei
Continental, wo viele gerne einen Kryptotal mit schwererer, weil stabilerer Karkasse, aber hartem, weil besser rollendem Gummi für hinten hätten (z.B. Enduro Endurance).
Solange aber eine eingeschränkte Sichtweise wie deine, die Dinge gleichsetzt, obwohl sie es nicht sind, bei den Kunden vorherrscht, wird es solche Produkte nicht geben, weil der nicht aufgeklärte Kunde offenbar denkt „schwer rollt schlecht”, also kauft er den Enduro Endurance nicht, sondern nur den Trail Endurance, weil der ist ja leichter. Aufgeklärte Fahrer müssen dann mit dem Enduro Soft hinten Vorlieb nehmen und halt schwerer Treten, weil es Enduro Endurance nicht gibt. Danke dafür!
Warum schreib ich das ganze? Weil nicht alle Besucher dieses Forums schon das Rockside-Wörterbuch haben, wo drinsteht, dass im Rockside-Kosmos “schwer” für “hoher Rollwiderstand” steht, und du ja gleichzeitig gerne mal missionarisch unterwegs bist.
Abschließende Frage: Wie bezeichnest du eigentlich Dinge, die normale Radler als “schwer” bezeichnen?
