Diagonalix - von Zypern nach Kroatien

11.05. 09:00 Harusha-Hostel in Thethi, 750m


Einem Abendessen mit viel Bier, Raki und guter Gesellschaft folgt endlich mal wieder eine bequeme Nacht im Zelt im Garten des Harusha-Hostels.


Der Frühstückstisch ist nur drei Meter entfernt. Besser geht nicht.
 

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Re: Diagonalix - von Zypern nach Kroatien
11.05. 11:30 Talschluss in Thethi, 800m


Ich radle auf der gesperrten Strasse ein Stück den Berg zum "Buni i Thores" Pass hinauf, um vielleicht dort einen Singletrail zurück nach Thethi zu erwischen. Wie erwartet wird daraus nix, der Schnee macht diesem Plan schon bei 1400 Metern einen feuchtweissen Strich durch die Rechnung.


Dann dreh ich eben statt dessen einfach nur so eine kleine Panoramarunde durchs Tal, ist ja doch irgendwie ganz hübsch anzusehen.


Fluss von Thethi.


Talschluss von Thethi. Keine Ausflugslokale, keine Hütten, keine Restaurants, keine Straßen, keine Pisten, aber immerhin zwei Wanderwege des "Peaks of the Balkans"-Trail. Nix zum radeln scheint mir, erst recht nicht im Mai.


Hundertachtziggradbunkerpanoramaequipmentsuchbild.
 
11.05. 14:00 Im Tal des Shales-Flusses, 360m


Nachdem ein kleines technisches Problem behoben ist, ...


... starte ich das Programm "Flucht aus Thethi" auf der beinahe lächerlich schönen Piste...


... am Fluss "Shales" entlang.


Der tief eingeschnittene "Grunas Canyon" kriegt nur ein paar Minuten am Tag Sonne ab. Gutes Timing.


Albanische Brücke. Muss man mögen.


Albanische Mühle am Wegesrand, zur Erntezeit noch in Betrieb.


Albanischer Verkehr. Das Stückerl Teer hier ist genau hundert Meter lang, mehr hats nicht auf der Siebzigkilometerholperpiste. Scheint dem Gaul auch zu gefallen, er wandert vergnügt hin und her und pflückt die Pflanzen am Straßenrand. Seinen Besitzer seh ich nirgends.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf Deine leichte Satiriker horchend sage ich aus voller Brust: clever. Jaja, die ganze Morderei ist ein blutiges Geschäft und, Satire aus, nix für meinereiner. Ich denk mir dazu immer: man sollte eine Prügelwüste schaffen, da könnten die hingehen, die da hin wollen, und die Anderen hätten ihre Ruhe. So auch ich....
 
11.05. 18:00 Im Canyon des Kir, 350m


Schwer erreichbar und abgelegen oder nicht, es gibt in Albanien wohl kein Dorf, das nicht wenigstens einmal pro Tag von Minibussen angefahren wird. Auch die Strecke nach Thethi wird bedient: Für die siebzig Kiolmeter von der nächsten Stadt Shkoder aus sind die erstaunlich geländegängigen Fahrzeuge sechs Stunden unterwegs. Das nutz ich aus und lass mich auf dem Weg zum Meer für wenig Geld schnell mal neunhundert Höhenmeter mitnehmen.


Auf ihrer langen Fahrt machen die Busse ein paar kurze Pausen an improvisierten Bars. Zu diesen Gelegenheiten kommen dann immer sämtliche Bewohner der in den umliegenden Bergen verstreuten Häuser zusammen. Zehn Minuten Kaffee und Raki und viel Palaver, dann geht die holprige Fahrt auch schon weiter.


Auf einem Bergkamm zwischen den Tälern des Shales und des Kir steig ich aus und brezle die achthundert Pistenhöhenmeter selber bergab. Ist eigentlich mehr ein breiter S0-Trail und macht saumäßig Highspeedspaß.


Schneller als die Minibusse bin ich sowieso.


Das Straßerl fällt tief hinab in die Schluchten des Kir und ich lass es richtig krachen.


Bei einem scheinbar etwas zu ambitionierten Sprung über eine Bodenwelle zerknacke ich mir zum zweiten Mal eine Crossmax-Speiche am Hinterrad. Klarerweise triffts die selbe Seite wie vor einer Woche, einen passenden Ersatz hab ich jetzt nicht mehr. Egal, muss auch so gehen. Der wilde Ritt durch die albanischen Schluchten ist einfach viel zu genial, um sich von Materialgeschichten den Tag versauen zu lassen.


Der Canyon des Kir ist erreicht: endlos, einsam, grün, schluchtig, toll. Wohl eine der besten Pisten, die ich jemals geradelt bin.


Über eine Brücke...


... auf der sogar ich mir das radeln verkneife...


... erreiche ich einen perfekten Zeltplatz am Talgrund. Könnte zwar heut noch rausfahren bis Shkoder, aber es fängt grade etwas zu tröpfeln an und aus den Bergen hör ich schon dumpfes Donnergrollen. Da stell ich doch lieber mein Häuschen an diesen wunderschönen Platz, geh noch ne Runde schwimmen...


... und schreib dann ein paar Zeilen für den Reisebericht während um mich herum schon die Blitze zucken. Hab zwar immer noch kein Handynetz, aber man weiss ja nie. Vielleicht komm ich irgendwann auch mal wieder raus aus den "verwunschenen Bergen".
 
Damit endet das "Wort zum Sonntag". Hoffe das Warten hat sich gelohnt. Schönen guten Morgen allerseits... Albanien leistet.
 
Geniale Aktion und wunderschöne Gegend. Definitiv tausend mal schöner als die ganzen Tage davor.

Die Blutrache ist leider auch der Hauptgrund, warum der Balkan heute so schlecht dasteht. Die meisten umliegenden Länder haben sich ja irgendwie von diesen mittelalterlichen Riten gelöst. Im Balkan sind Blutrache usw ja immer nach aktuelle Themen. Gibt diverse Untersuchungen, die der Blutrache die Hauptschuld an der Rückständigkeit dieser Region geben. Insofern ist der Turm vll schon ein weg in die richtige Richtung.
 
Und wie sich das gelohnt hat! Sehr genial und wunderhübsch. Kommt auf die to-do-Liste :)

Obacht mit dem Zeltplatz am Fluss. Wenn da dieses verdächtige Donnergrollen ist und der Fluss vorher kilometerweise eng eingeschlossen ist, dann kann das schnell gehen, dass sich Zelt, Rad und Reiter ein gewaltiges Stück weiter unten wieder finden. Hab schon erlebt, dass an einer ähnlichen Stelle innerhalb von 10 Minuten aus 5m Fluss 80m Fluss geworden sind.
 
Dito, danke für den Bericht!

Wie sieht der Plan jetzt aus, gleich nach Montenegro rüber?
Du könntest einen Badestop in Budva einlegen, soll ein nettes Städtchen mit schöner Badebucht und daher beliebtes Sommerurlaubsziel der Montenegriner sein, zumindest lt. dem, was mir Arbeitskollegen erzählen, die dort unten ein paar Projekte abwickeln. Und in den Bergen dahinter gibt's sicher auch ein paar Trails (die ich leider nicht kenne).

Grüße
Chris
 
Da hat sich das 'Warten' ja gelohnt! Super Story wie immer!

Bei den Brücken wäre bei mir allerdings Schluss gewesen, vor allem noch mit dem Rad an der Hand...
 
Das Warten hat sich definitiv gelohnt:daumen::daumen::daumen:
und für dieses gewaltige Stuntzikino, werde ich heute abend mal ein paar Belohnungsbierchen in Geldform überweisen:D
Nach dieser Plackerei hast du sie dir mal wieder mehr als verdient und die Bilder sind ein Traum:love:
 
Ich hab ja schon so einiges mitgelesen hier, und auch bei anderen Abenteuern von dir, Stuntzi, und ich bin wirklich extrem begeistert.

Komischerweise gerade bei so einem scheinbar unspektakulären Land wie Albanien bekomm ich sofort fernweh.

Wahnsinnig tolle Bilder, besser als jeder Urlaubskatalog und RESPEKT wie du die schwersten Situationen meisterst!!! Trotz Handyraub, Geldverlust, Speichenbruch und was da noch alles war, HUT AB!

:daumen:
 
Die Wartezeit hast Du um ein Vielfaches wieder gut gemacht!!! Einfach klasse, der Bericht! Damit meine ich sowohl dramaturgische Bearbeitung wie auch Inhalt. Warum habe ich eigentlich vorgestern wieder sündhaft viel Geld für die Kinokarte für einen mäßigen Film ausgegeben, während ich hier erstklassige Anregungen und Inspirationen frei Haus bekomme???? Zeit auch Stuntzis Kasse wieder klingeln zu lassen! Tschäng!
 
Tolle Updates, da kann man auch das kurzzeitige Verschwinden verzeihen. Schaut wirklich genial aus, da in Albanien.
 
Respekt !!!
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Schöne Grüße aus dem verregneten Westerwald!

Damit endet das "Wort zum Sonntag". Hoffe das Warten hat sich gelohnt. Schönen guten Morgen allerseits... Albanien leistet.
 
Wow! Großes Kino, Stuntzi. Du wolltest das Abenteuer wohl nochmal so richtig, und hast es toll bewältigt.
Das ist die Art Abenteuer, die mich bei deinen Reisen fasziniert. Schön, dass alles ohne Verluste funktioniert hat. Die Berge sehen auf den Bildern wunderschön aus!

Schöne Grüße, ich geh jetzt kiten...
VPhenix
 
12.05. 10:30 Fußgängerzone in Shkoder, 40m


Es regnet die ganze Nacht durch, teilweise heftig. Ab und zu steck ich den Kopf aus dem Zelt und gucke nach dem Fluss, aber er scheint sich nicht zu verändern. Besser ist das, weggeschwemmt werden möcht ich nicht unbedingt. Wär ungesund für meinen Elektronikspielkram. Am Morgen rolle ich dann bei bewölktem aber leidlich trockenem Wetter die letzten Kilometer durch die Schlucht des Kir.


Blick zurück. Glaube in den Bergen gewinnt man heute keine Blumentöpfe mehr. Hab das kurze Wetterfenster für den Valbona-Übergang perfekt genutzt.


Nach einer halben Stunde erreiche ich am Stadtrand von "Shkoder" einen turbulenten Viehmarkt. Gestern abend gabs nur zwei Schokoriegel und heut früh gar nix, also kaufe ich dem lustigen Grillalbaner gleich mal drei frisch gebrutzelte Hotdogs mit jeweils drei Würschteln ab. Alle finden den verhungerten Biker aus "Dschermania" zum kringeln um am Ende werde ich eingeladen. Mahlzeit und Danke!


Nur ein paar Meter weiter erkennt man Shkoder nicht wieder: Grad wars noch eine verschlammte Schlaglochpiste voll mit Schweinen und Schafen ...


... und jetzt siehts aus wie in einer mitteleuropäischen Großstadt. Herausgeputzte Fußgängerzone, dutzende von Cafes und Bars, moderne Hotels, Boutiquen, Beautysalons.


Und trotzdem: Den Cappuccino mitten im Zentrum gibts für 100 LEK, dh 75 Eurocent. Hier bleib ich ein bisserl und guck mir nach den ganzen Bergdörfern auch mal das "moderne" Albanien an.
 
Hi Stuntzi.

Danke ! - mal wieder (wie so oft) großes Kino von Dir.

Das Warten hat sich definitiv gelohnt.

Geile Bilder - perfekter Spannungsbogen - cooler Bericht.
 
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