Habe einen weiteren Test mit einer XTR etwas älteren Jahrgangs gemacht:
XTR BL-M988, BR-M985, Leitung SM BH-90 1m, Produktions-Code: keLL
Bremse ist mit
Shimano Öl aus dem selben Behälter gefüllt wie meine anderen getesteten
Bremsen und optimal entlüftet und gewartet.
Die Bremse funktioniert ohne Druckpunktwandern bei Normaltemperatur im Betrieb.
Ergebnis bei 0 Grad mit Test am Stand:
Das "Aufpumpen" lässt sich ebenfalls reproduzieren bei schnellem Ziehen am Hebel in Folge, ist aber nicht ganz so krass wie bei meinen 2016er
Saint und XT.
Bei allen
Bremsen wird durch das Aufpumpen ein gutes Stück des Leerwegs "aufgefüllt" wodurch das Hebelende beim Druckpunkt um ca 0.5-1 cm weiter weg vom Lenker wandert. Wartet man ca 1 sec. und zieht den Hebel nochmals, dann ist der Leerweg und Druckpunkt wieder hergestellt.
Ich denke, das Verhalten gibt es bei allen
Shimano Bremsen bei niedrigen Temperaturen oder bei sonstigen Störungen.
Wichtig ist nun zu verstehen, wie das Aufpumpen überhaupt technisch zustande kommen kann. Meine Erklärung:
1. Es ist ja nur möglich wenn in das Hochdrucksystem (zwischen Geberkolben und Nehmer) mehr Flüssigkeit reinkommen kann als üblich. = Aufpumpen.
2. Je grösser der Leerweg, desto grösser die Möglichkeit des Aufpumpens. Der Leerweg wird durch den Hub der Nehmerkolben bestimmt. Dieser bestimmt auch den Hub des Geberkolbens.
Shimano hat einen grossen Leerweg gegenüber anderen Herstellern. (Was auch vorteilhaft ist um Schleifen zu verhindern).
3. Das Aufpumpen ist nur möglich, wenn das Hochdrucksystem zum AGB offen ist (Schnüffelbohrung) und beim Ziehen des Hebels der Nehmerkolben Flüssigkeit in das Hochdrucksystem drückt bis die Schnüffelbohrung verschlossen wird.
Genau der Punkt 3 ist nun entscheidend:
a. Erfolgt der Hub (Ziehen) am Geber langsam, dann wird für den Weg wo die Schnüffelbohrung noch offen ist, Flüssigkeit in den AGB zurück gedrückt und beim Schliessen der Schnüffelbohrung befindet sich immer die gleiche Menge an Flüssigkeit im gesamten Hochdrucksystem. Ergo Leerweg und Druckpunkt sind immer gleich (an der Hebelstellung gemessen).
b. Kommt nun Dynamic ins Spiel - also schneller Hub am Geber, dann kann nicht genug Flüssigkeit durch die Schnüffelbohrung in den AGB zurückgedrückt werden und zusätzliche Flüssigkeit wird in das Hochdrucksystem gepumpt. Den Effekt kennen wir: Druckpunktwandern und (=Leerwegverringerung).
Das ganze Verhalten kann durch mehrere Umstände mehr oder weniger auftreten oder verstärkt werden (verstopfte Schnüffelbohrungen, schwergängige Geberkolben,....).
Besonders krass bemerkbar ist es definitiv bei kalten Temperaturen, wo alles träge ist, insbesondere durch die geringere Viskosität des Öls und die damit verbundene geringere Durchflussgeschwindigkeit.
Ich denke, der Haupteffekt des Aufpumpens liegt dann daran, dass die Schnüffelbohrung für die Viskosität des Öls zu klein ist. Das ganze in Verbindung zum trägen Hochdrucksystem und einen relativ grossen Weg, den der Kolben bis zum Verschliessen zurücklegen muss.
Die Flüssigkeit geht den Weg des geringsten Widerstands durch die dickeren Öffnungen. Kleine Öffnungen bei hoch viskoser Flüssigkeit wirken dann wie verstopft bzw. geschlossen.
Fazit:
- Eine Verkürzung des Leerwegs würde sicher helfen. Deshalb fällt es bei anderen Herstellern auch nicht so deutlich auf.
- Dünneres Öl hilft auf jeden Fall, wie die Versuche gezeigt haben.
- Dickere Schnüffelbohrungen oder eine Positionierung näher am Anfang des Geberkolben-Hubes müssten meiner Meinung nach auch helfen.
(Hier würde ich mir zur Bestätigung/Dementierung von den Bremsenexperten Inputs erwarten
)
Meine Schlussfolgerung daraus zur Verminderung/Lösung des Problems bei tiefen Temperaturen ist demnach folgender:
- Schnüffelbohrung vergrössern (doppelter Durchmesser) und/oder näher zum Geberkolben-Anfang verlegen.
ODER
- Öl mit geringerer Viskosität.
Damit bin ich mit meiner Weisheit am Ende und habe kein Problem wenn es hier jemand besser weiss - im Gegenteil gute Inputs sind immer willkommen
Cheers