Reichweite
Dieser Begriff ist so unscharf, dass ich zuerst ein bisschen darauf angehen will, was man darunter verstehen kann und wovon die Reichweite am Ende abhängt.
Viele Hersteller reden von Reichweite als Entfernung die das Elektrorad bewältigt unter folgenden Bedingungen
voll geladener ganz neuer Akku mit xx Volt und yy Ah
Motor in der niedrigsten Unterstützungsstufe, manchmal ist die Hilfe so schwach, dass man sie kaum merkt
ziemlich undefinierte Geschwindigkeit, die eher in unterem Bereich liegt
optimale Straßenverhältnisse (flaches Gelände, kein Wind, glatte Oberflaeche) werden angenommen
Fahrer der sicherlich überdurchschnittlich treten kann
Was man bei einer Reichweite m.E. immer angeben muss ist (im Klammer immer ein Beispiel)
Akku mittlere Spannung (37V), Kapazität in Ah (9.6Ah), Alter (1J), Zyklenzahl (60)
Temperatur und Luftfeuchte (25C 50%)
Systemgewicht (Rad + Fahrer + Mitbringsel) (110kg)
Streckenlänge (32km)
Geländestruktur, Gesamtanstieg, Gesamtgefälle, musste bei Abstieg gebremst werden? (200Hm Anstieg + 200Hm Abstieg)
Fahrbahn - Asphalt, Schotter etc
Radtyp: Rennrad, MTB, Holland, City, Trekking, Liegerad etc
Reifenart, Bezeichnung, Grösse, Luftdruck (Marathon Plus, 1.75, 3Bar)
Motor Unterstützungsfaktor (zB 75%) im Verhältniss zu Fahrerbeinleistung (immer
100%)
Geschwindigkeitsschnitt über die Streckenlänge (20kmh)
Aus dieser Auflistung sieht man, um Reichweiten zu vergleichen müsste man viele Parameter einheitlich halten, was in der Praxis kaum umgesetzt wird, obwohl jedem klar sein müsste, dass bei vergleichbaren Strecken (30km horizontale flache Asphaltstraße) und identischen e-Rad
die gefahrene Geschwindigkeit und
der Unterstützungtsfaktor
das Ergebnis um mehr als
100% vergrössern können.
Fährt man langsam ist die benötigte mechanische Leistung nur die Hälfte, da die Geschwindigkeit in Quadrat in den Luftwiderstand reingeht, das heißt es macht großen Unterschied, ob man mit dem Trekkingrad (Systemgewicht 110kg) bei 24kmh ganze 175W mechanische Leistung braucht oder bei auch nicht so kleinen Geschwindigkeit von 20kmh nur 94W braucht (fast die Hälfte).
Leistet der Motor nur zusätzliche 50% der eigenen Beinleistung, oder
100% oder 300%. Genau in diesem Verhältniss würde die Reichweite absinken.
Nachstehend zeige ich, dass 314Wh Akkuenergie bei 110kg Systemgewicht und einem Trekkingrad (KTM Veneto Power) reichen auf einer flachen horizontalen Asphaltstraße bei Geschwindigkeit von 24kmh für
84km bei Unterstützungsstufe 2 in der BionX Konsole (75% Motor zusätzlich zu
100% Fahrer)
59km bei Unterstützungsstufe 3 in der BionX Konsole ( 150% Motor zusätzlich zu
100% Fahrer)
45km bei Unterstützungsstufe 4 in der BionX Konsole ( 300% Motor zusätzlich zu
100% Fahrer)
bei hügeligen Gelände mit 1% Gesamtanstieg (also 410Hm bei 41km) für
41km bei Unterstützungstufe 3 in der BionX Konsole ( 150% Motor zusätzlich zu
100% Fahrer)
bei einer Bergfahrt mit 5% Gesamtanstieg für
14km bei Untertützungstufe 4 in der BionX Konsole (300% Motor zusätzlich zu
100% Fahrer
Somit ist sichtbar dass jeder
Anstieg
höhere Geschwindigkeit
Gegenwind
höherer Unterstützungsfaktor des Motors
extrem die Reichweite verkleinern.
Wie kann ich vernünftig die Reichweite meines e-Rads messen?
Zuerst muss man sich im Klaren werden, ob man eine große km-Zahl erreichen will, oder man eine Zahl gewinnen will, um Räder vor dem Kauf zu vergleichen. Das Investment in eine Messung zahlt sich dann in Form einer richtigen Kaufentscheidung aus, also man kann schon ein bisschen Zeit dafür aufwenden.
Keine Messung ohne Messgeräte.
Die Strecke messen wir schon mit dem Tacho (Fahrzeit und Länge), aber was ist mit der elektrischen Energie in dem Akku. Dafür brauchen wir ein Ah-Meter (Amperstunden) oder ein Wh-Meter (Wattstunden). Dieses Messgerät müssen wir zwischen unseren Akkuladegerät und dem Akku anschließen. Empfehlenswert und sehr günstig wären hier Wattsup oder der Turnigy Watt Meter. Ein Modellbaulader hat die Messung drin, also nur das Display ablesen.
Weiter müssen wir die Art der Strecke und unsere Fahrweise festlegen. Eine Messstrecke so zu sagen und die Fahrzeit. Keine Angst, wenn die Zeit nicht ganz identisch sein wird, gebe ich eine Möglichkeit die Ergebnisse auf eine gemeinsame gleiche Geschwindigkeit zu normieren (geht über die Berechnung der tatsächlich benötigten mechanischen Leistungen).
Die Messstrecke muss aber eine geschlossene Schleife darstellen, damit ausgeschlossen wird, dass der Start- und Endpunkt sich in Höhe unterscheiden (schon einige Höhenmeter machen viel aus). Diesen Rundkurs soll man auch bei absoluter Windstille, also sehr früh morgens an windstillen Tagen befahren. Eine hin und zurück Strecke verkleinert weiter die Windeinflüsse, entfernt sie aber nicht vollständig, da Mittelwert aus Quadraten der Geschwindigkeiten nicht dem Quadrat des Mittelwert der Geschwindigkeiten gleicht.
Wichtig:
Die Messfahrt soll nur 50-80% der Akkuenergie verbrauchen, also die Strecke nicht zu lang wählen.
Das man die Messung bei ähnlichen Wetter (Temperatur, Feuchte) durchführen soll, sei angenommen (beim Schnee und Regen fährts sich schwer)
Weiter müssen wir uns auf eine Unterstützung des Motors im Bereich 70 bis 150% festlegen und notieren.
Reichweitemessung
einen windstillen Tag und einen gut gewählten Rundkurs,
wohltemperierten Akku voll laden, nicht früher als 4h vor der Messung
Motor Unterstützungsfaktor wählen und während der gesamten Fahrt beibehalten stetig pedalieren um konstante Geschwindigkeit zu halten
möglichst wenig
bremsen
den Akku nicht bis zum Schluss fahren sondern 50-80%, nur die Messstrecke, danach Motor abschalten um nach Hause zu kommen
Streckenlänge notieren L [km]
Streckenfahrzeit notieren T [h]
mittlere Geschwindigkeit berechnen v=L/T [km/h]
nach der Fahrt den Akku über ein Ah-Meter voll laden und die reingeladene Ah Zahl merken: A1 [Ah]
den vollen Akku einmal mit Ah-Meter bis Systemschulssspannung entladen (3.3V pro LiIon Zelle, zB 33V bei 10 Zellen): die Zahl A2 [Ah] merken
Rechnung:
Spezifische km-Verbauch =A1/L [Wh/km] immer Geschwindigkeit v=L/T [km/h] und Unterstuetzungsfaktor angeben.
Reichweite = A2/A1*L [km]
-Ende
Mathematische Umrechnung der Reichweite auf eine andere mittlere Geschwindigkeit
Will man zwei Messungen bei geringfügig unterschiedlichen mittleren Geschwindigkeiten trotzdem vergleichen, muss man die Reichweiten auf die gleiche mittlere Geschwindigkeit bringen.
Dafür empfiehlt sich die rechnerische Bestimmung der mechanischen Leistung p1 bei Geschwindigkeit v1 (erster Punkt) und Leistung p2 bei Geschwindigkeit v2 (zweiter Punkt). Der Kreuzotter-Rechner tut es für uns.
Man hat dann zwei Dreieizahlen
L1 v1 p1 - gemessene Reichweite L1 bei v1 (p1 liefert der Kreuzotter-Rechner)
L2 v2 p2 - gesuchte Reichweite L2 bei v2 (p2 liefert der Kreuzotter-Rechner)
Es gilt natürlich p1*T1=p2*T2=sonst gleiche Energie aus dem Akku (Leistung p1 mal Zeit T1)
T1 und T2 sind die Fahrzeiten, bei v1 und v2, demnach
T1=L1/v1
T2=L2/v2
oder
p1*L1/v1=p2*L2/v2
will man jetz die Reichweite L2 bei v2 bestimmen dann ist
L2=(p1/p2)*(v2/v1)*L1
Beispiel:
gemessene Reichweite L1=41km bei v1=22kmh, Kreuzotter gibt p1=120W
gesuchte Reichweite L2=?? bei v2=24kmh, Kreuzotter gibt p2=145W
L2=(120/145)*(24/22)*41=37km
gesuchte Reichweite beträgt 37km bei 24kmh
Die spezifische Leistung pro km bei der Geschwindigkeit v2 rechnet man, wie oben dargelegt: Akkuverbrauch/Strecke