Nachdem ich vor kurzem von der bisherigen "Standard" auf die "Low Progression" Luftfeder der Selva S gewechselt habe und ich ansonsten keine großen Infos dazu gefunden habe, hier eine Sammlung meiner Erkenntnisse nach einiger Bastelei in der Werkstatt.
Es darf natürlich fleißig mit generdet werden.
Vorneweg: Das Upgrade tut genau das, was es verspricht: Die Gabel nutzt den Federweg jetzt deutlich besser als vorher.
Das war immer mein einer Kritikpunkt, den ich an der Selva bzw. an der 35, die ich etliche Jahre gefahren bin, hatte: Die letzten 15-20 % Federweg wurden so gut wie nie genutzt, selbst bei groben Einschlägen und schon relativ hohem SAG.
Es gibt aber abgesehen davon noch einige interessante Punkte außenrum:
Teilnummern
Wenn man nach dem "Low Progression" Upgrade sucht, wird oft nur die Teilnummer "SB40150-00" erwähnt. Auch der Formula Support hat das initial als einzige Teilenummer erwähnt.
Nach ein bisschen mehr Recherche hat sich aber herausgestellt, dass das nur das Teil für die 29"/27,5"+-Version der Selva ist.
Für die 27,5" Version gibt es allerdings ebenfalls ein Umbaukit: "SB40143-00" für die 120-160mm Version und "SB40144-00" für die 170-180mm Version, gefunden in einer alten Teileliste.
Nach Rückfrage beim Support wurde mir bestätigt, dass die Teilenummern korrekt sind und nach wie vor existieren, aber in aktuellen Listen aus irgendeinem Grund nicht aufgeführt sind.
Was dabei sehr interessant ist: Die alte Teileliste ist schon von 2017, es gibt den Umbausatz also schon eine ganze Weile:
Aufbau
Hier die originale/progressive (links, noch mit 10mm Reduzierspacer verbaut) und lineare (rechts) Federeinheit nebeneinander:
Hier aus der Perspektive etwas schwer zu sehen, aber die beiden sind in der Basis genau baugleich. Der Schaft und die große Negativfeder sind exakt gleich, allerdings hat die progressive Feder noch eine zusätzliche Stahlfeder und einen 30mm Spacer (blau eloxiert) am Ende.
Durch den Wegfall der zweiten Stahlfeder kann die lineare Einheit weiter ausfedern (= größere Luftkammer), was durch den fehlenden blauen Spacer wieder kompensiert wird, sodass die Gabel am Ende wieder (annähernd) auf den gleichen Federweg kommt.
Heißt für mich: Ich hätte eigentlich keine andere Federeinheit kaufen müssen. Die untere Stahlfeder lässt sich einfach abziehen, der blaue Spacer ist sicherlich auch irgendwie demontierbar. Einfach so lässt er sich nicht herausschrauben, weshalb ich auf relativ feste Schraubensicherung tippen würde, mit ein bisschen Hitze lässt sich das aber in der Regel auch lösen...
Wer also umbauen möchte, kann das vermutlich ohne Neuteile tun.
Aber wichtig an dieser Stelle: Die Aussage kann ich nur für die 27,5" 170/180mm Version treffen, wie es mit allen anderen Varianten ausschaut, weiß ich nicht. Im Sinne der Vereinheitlichung wäre es aber relativ naheliegend, dass es bei den anderen Varianten genauso funktioniert.
Auswirkung auf die Funktion
Wie eingangs beschrieben, wird der Federweg jetzt deutlich besser genutzt, was so ja auch zu erwarten war.
Laut Formula steigt die verbleibende Länge der Luftkammer bei voll eingefederter Gabel von 58 auf 82mm , was nachgemessen auch ungefähr hinkommt. Bei 170mm Federweg sinkt damit das Verdichtungsverhältnis (und damit der Druckanstieg) von 3,9 auf 3,0.
Um den Unterschied zahlentechnisch besser erfassen zu können, habe ich beide Varianten mal in Excel nachgebaut und verglichen. Datenbasis dafür war zum einen die Geometrie (Luftkammerlänge, Kolbendurchmesser etc.; relativ leicht zu messen), zum anderen die Kennwerte der Bauteile (Federrate der einzelnen Stahlfedern, Federwege und Verschaltung etc.; teilweise mit etwas Messunsicherheit).
Was beim Rausmessen der einzelnen Größen dann aufgefallen ist: Die Gabel hat deutlich mehr Federweg also die angegebenen 170 mm. Um die Negativ-Stahlfedern voll zu komprimieren (= voll auszufedern), sind aber über 160 psi Basisdruck in der Luftkammer notwendig, was weit über der angegeben Druckempfehlung für die schwersten Fahrer liegt. Dabei kommt ein Federweg von fast 190 mm zustande, ohne den 10mm Reduzier-Spacer also fast 200 mm.
Nutzbar ist dieser "Federweg" in Realität aber nicht, sondern einfach notwendig, um mit dem Stahlfederpaket die notwendig Negativ-Kraft für eine "normale" Funktion aufzubringen.
Bei der progressiven Federeinheit "wirkt" die Negativfeder dabei aufgrund der zweiten Stahlfeder noch deutlich weiter in den Federweg rein als bei der linearen, macht die Gabel also quasi weicher.
Zurück zum neuen Verhalten der Gabel:
Um den relativ hohen SAG von vorher zu kompensieren, bin ich (bei ca. 80 kg) mit dem Druck von 55 (prog.) auf 60 (lin.) psi hoch. Durch die leichte Druckerhöhung und die fehlende zweite Negativfeder ergibt sich damit ein Unterschied von fast 20mm Federweg, den die Gabel jetzt höher im SAG steht.
Trotzdem sinkt die notwendige Kraft für den vollen Federweg von ca. 1250 N auf 1050 N, sprich um knapp 20%. Modelliert sieht die Federkennlinie dann so aus, in dunkler separat dargestellt jeweils noch die Kraft rein durch die Negativfeder(n):
Bis 80 mm benötigt die lineare Einheit also deutlich mehr Kraft (durch die kürzere Stahlfeder), danach bis 120 mm etwa gleich viel wie die progressive, dann immer weniger für den gleichen Federweg (durch das größere Luftkammervolumen).
Für mich gibt das im Endeffekt genau das gewünschte Verhalten:
Die Gabel steht insgesamt höher im Federweg, was sich auf die Fahrposition spürbar positiv auswirkt. Trotzdem wird der Federweg vernünftig freigegeben, ohne dass ich Durchschläge oder das Gefühl hätte, Federweg zu "verschenken".
Mit den Neopos bzw. einer gewissen Menge Öl in der Luftkammer lässt sich die Endprogression für gröberen Einsatz als sonst auch leicht wieder erhöhen, was das Ganze relativ flexibel macht.
So, genug gefaselt. Vielleicht hilfts irgendwem dabei, die eigene Selva besser zu verstehen.
Es darf natürlich fleißig mit generdet werden.
Vorneweg: Das Upgrade tut genau das, was es verspricht: Die Gabel nutzt den Federweg jetzt deutlich besser als vorher.
Das war immer mein einer Kritikpunkt, den ich an der Selva bzw. an der 35, die ich etliche Jahre gefahren bin, hatte: Die letzten 15-20 % Federweg wurden so gut wie nie genutzt, selbst bei groben Einschlägen und schon relativ hohem SAG.
Es gibt aber abgesehen davon noch einige interessante Punkte außenrum:
Teilnummern
Wenn man nach dem "Low Progression" Upgrade sucht, wird oft nur die Teilnummer "SB40150-00" erwähnt. Auch der Formula Support hat das initial als einzige Teilenummer erwähnt.
Nach ein bisschen mehr Recherche hat sich aber herausgestellt, dass das nur das Teil für die 29"/27,5"+-Version der Selva ist.
Für die 27,5" Version gibt es allerdings ebenfalls ein Umbaukit: "SB40143-00" für die 120-160mm Version und "SB40144-00" für die 170-180mm Version, gefunden in einer alten Teileliste.
Nach Rückfrage beim Support wurde mir bestätigt, dass die Teilenummern korrekt sind und nach wie vor existieren, aber in aktuellen Listen aus irgendeinem Grund nicht aufgeführt sind.
Was dabei sehr interessant ist: Die alte Teileliste ist schon von 2017, es gibt den Umbausatz also schon eine ganze Weile:
Aufbau
Hier die originale/progressive (links, noch mit 10mm Reduzierspacer verbaut) und lineare (rechts) Federeinheit nebeneinander:
Hier aus der Perspektive etwas schwer zu sehen, aber die beiden sind in der Basis genau baugleich. Der Schaft und die große Negativfeder sind exakt gleich, allerdings hat die progressive Feder noch eine zusätzliche Stahlfeder und einen 30mm Spacer (blau eloxiert) am Ende.
Durch den Wegfall der zweiten Stahlfeder kann die lineare Einheit weiter ausfedern (= größere Luftkammer), was durch den fehlenden blauen Spacer wieder kompensiert wird, sodass die Gabel am Ende wieder (annähernd) auf den gleichen Federweg kommt.
Heißt für mich: Ich hätte eigentlich keine andere Federeinheit kaufen müssen. Die untere Stahlfeder lässt sich einfach abziehen, der blaue Spacer ist sicherlich auch irgendwie demontierbar. Einfach so lässt er sich nicht herausschrauben, weshalb ich auf relativ feste Schraubensicherung tippen würde, mit ein bisschen Hitze lässt sich das aber in der Regel auch lösen...
Wer also umbauen möchte, kann das vermutlich ohne Neuteile tun.
Aber wichtig an dieser Stelle: Die Aussage kann ich nur für die 27,5" 170/180mm Version treffen, wie es mit allen anderen Varianten ausschaut, weiß ich nicht. Im Sinne der Vereinheitlichung wäre es aber relativ naheliegend, dass es bei den anderen Varianten genauso funktioniert.
Auswirkung auf die Funktion
Wie eingangs beschrieben, wird der Federweg jetzt deutlich besser genutzt, was so ja auch zu erwarten war.
Laut Formula steigt die verbleibende Länge der Luftkammer bei voll eingefederter Gabel von 58 auf 82mm , was nachgemessen auch ungefähr hinkommt. Bei 170mm Federweg sinkt damit das Verdichtungsverhältnis (und damit der Druckanstieg) von 3,9 auf 3,0.
Um den Unterschied zahlentechnisch besser erfassen zu können, habe ich beide Varianten mal in Excel nachgebaut und verglichen. Datenbasis dafür war zum einen die Geometrie (Luftkammerlänge, Kolbendurchmesser etc.; relativ leicht zu messen), zum anderen die Kennwerte der Bauteile (Federrate der einzelnen Stahlfedern, Federwege und Verschaltung etc.; teilweise mit etwas Messunsicherheit).
Was beim Rausmessen der einzelnen Größen dann aufgefallen ist: Die Gabel hat deutlich mehr Federweg also die angegebenen 170 mm. Um die Negativ-Stahlfedern voll zu komprimieren (= voll auszufedern), sind aber über 160 psi Basisdruck in der Luftkammer notwendig, was weit über der angegeben Druckempfehlung für die schwersten Fahrer liegt. Dabei kommt ein Federweg von fast 190 mm zustande, ohne den 10mm Reduzier-Spacer also fast 200 mm.
Nutzbar ist dieser "Federweg" in Realität aber nicht, sondern einfach notwendig, um mit dem Stahlfederpaket die notwendig Negativ-Kraft für eine "normale" Funktion aufzubringen.
Bei der progressiven Federeinheit "wirkt" die Negativfeder dabei aufgrund der zweiten Stahlfeder noch deutlich weiter in den Federweg rein als bei der linearen, macht die Gabel also quasi weicher.
Zurück zum neuen Verhalten der Gabel:
Um den relativ hohen SAG von vorher zu kompensieren, bin ich (bei ca. 80 kg) mit dem Druck von 55 (prog.) auf 60 (lin.) psi hoch. Durch die leichte Druckerhöhung und die fehlende zweite Negativfeder ergibt sich damit ein Unterschied von fast 20mm Federweg, den die Gabel jetzt höher im SAG steht.
Trotzdem sinkt die notwendige Kraft für den vollen Federweg von ca. 1250 N auf 1050 N, sprich um knapp 20%. Modelliert sieht die Federkennlinie dann so aus, in dunkler separat dargestellt jeweils noch die Kraft rein durch die Negativfeder(n):
Bis 80 mm benötigt die lineare Einheit also deutlich mehr Kraft (durch die kürzere Stahlfeder), danach bis 120 mm etwa gleich viel wie die progressive, dann immer weniger für den gleichen Federweg (durch das größere Luftkammervolumen).
Für mich gibt das im Endeffekt genau das gewünschte Verhalten:
Die Gabel steht insgesamt höher im Federweg, was sich auf die Fahrposition spürbar positiv auswirkt. Trotzdem wird der Federweg vernünftig freigegeben, ohne dass ich Durchschläge oder das Gefühl hätte, Federweg zu "verschenken".
Mit den Neopos bzw. einer gewissen Menge Öl in der Luftkammer lässt sich die Endprogression für gröberen Einsatz als sonst auch leicht wieder erhöhen, was das Ganze relativ flexibel macht.
So, genug gefaselt. Vielleicht hilfts irgendwem dabei, die eigene Selva besser zu verstehen.