Dave, bist du wieder gesund, oder was ist los?
So isses! Daher hat es ein wenig länger gedauert.

Aber hier kommt die Fortsetzung:
Zu Tag 5 gibt's wegen des Regens leider wenig zu erzählen. Außer vielleicht noch, dass Claude in Chamonix den Bergführer vom Vortag triff. Die große Gruppe ist morgens unverrichteter Dinge wieder umgekehrt. Schon ganz schön enttäuschend, wenn man dafür extra aus Russland anreist und die Hütten bereits ein halbes Jahr zuvor ausgebucht sind. Sonst hätten sie es ja am Wochenende noch mal probieren können.
Und das Wochenende muss auf jeden Fall ausgereizt werden, da die Sonne nun endlich wieder hervorkommen soll! Die Tour mit dem längsten Aufstieg (2.000 Hm), haben wir daher auch auf den Samstag gelegt. Wir möchten diesmal noch etwas höher hinaus und den Mont Blanc aus einem anderen Winkel sehen. Dabei verläuft unsere Stichtour direkt unterhalb einer Seilbahn, die jedoch keine Biker mitnimmt. Zumindest sagte man mir das vor zwei Jahren.
Als wir aufbrechen liegt der Ort noch im Schatten und es ist ziemlich frisch. Dafür trübt allerdings auch kein Wölkchen den Himmel. Wenn das mal nicht vielversprechend ist!
Nach kurzer Zeit kommen wir an der Talstation der Seilbahn vorbei. Versuchsweise frage ich noch mal nach der Bike-Mitnahme. Die Frau am Schalter ist etwas überrascht und beratschlagt sich kurz mit den nicht minder verwunderten Kollegen. Doch wir erhalten tatsächlich die unerwartete Erlaubnis zumindest bis zur Mittelstation mitzufahren! Das erspart uns immerhin 800 Hm.
So kommen wir schnell hinaus aus den schattigen Lagen und genießen die morgendlichen Sonnenstrahlen und die Aussicht auf der Terrasse der Mittelstation. Noch interessierter schauen wir uns aber den weiteren Wegverlauf an. Das Ziel am Ende der Seilbahn ist schon in Sicht. Jo, das letzte Stück sieht schon echt steil bis senkrecht aus. Gut, dass sich Claude zuvor beim Hüttenwirt erkundigt hatte!
Der hatte übrigens sehr ungläubig reagiert. Nicht etwa, weil Claude irgendetwas von Bikes erwähnt hätte! Nur geht dort wegen der Seilbahn niemand freiwillig zu Fuß rauf oder runter. Dummerweise scheint es auch für den Hüttenwirt zu gelten, wie wir später merken werden. Ganz abgesehen davon, dass er noch eine ganz andere, wichtige Kleinigkeit verschweigt!
Uns fällt aber auch nichts weiter auf, als wir die Mittelstation verlassen und die ersten flachen Meter zum Hang hinüberfahren. Claude und Lev deponieren ihre langen Hosen noch kurz hinter einem Fels. Und dann geht's - nichts Böses ahnend - hinauf zur Bergstation.
Schnell finden wir in unseren gewohnten Tritt und gewinnen an Höhe. Was die Leute wohl denken, die andauend mit der Gondel an uns vorbeiziehen?!
Nach 400 Hm wird es jedoch steiler und schwieriger. Wir müssen größere Felsstufen überwinden und kommen nach ca. 600 Hm an die erste, längere Seilstelle. Die anderen warten, während ich vorgehe und den weitern Verlauf ohne Rad begutachte.
Tja, sieht doch etwas schwieriger aus als es der Hüttenwirt vermuten ließ. Es geht erst einmal eine Rinne und dann ein paar höhere Felsstufen hinauf. Bergauf schon alles irgendwie machbar, wenn auch sehr mühsam. Aber bergab - no way! Außerdem sind die Felsen im Schatten teilweise mit glattem Eis überzogen. Wirklich sehr uncool!
Als ich wieder bei den Jungs bin, befinden sich diese gerade auf Schatzjagt nach Bergkristallen. Das scheint sich hier auch zu lohnen, wie wir oben später noch in einem kleinen Museum feststellen werden.
Anschließend beratschlagen wir das weitere Vorgehen. Wenn wir Pech haben, geht's in diesem Stil bis oben hin weiter! Leider konnte ich das von unten nicht beurteilen. Und falls es oben doch fahrbar sein sollte? Wir beschließen zumindest Levs Rad mitzunehmen ... lassen es nach der Rinne dann aber auch zurück.
Na, was soll's. Selbst von hier aus haben wir noch fast 1.400 Hm Abfahrt und es wird sich ja so oder so lohnen hochzugehen. Also, weiter!
Schon jetzt bewundern wir die scharfen Felsgrate parallel zu unserer Route und mit jedem Meter Höhe wird die Aussicht noch besser.
Eine Stunde später ist es auch fast geschafft und wir steigen über eine Leiter auf die verlassene Terrasse der Bahnstation und tauchen aus der ruhigen Bergwelt hinein in den lauten Touritrubel. (Da der Weg wirklich kein Hot-Spot-Potential hat und um andere vor Fehlversuchen zu bewahren, ist es trotz Ehrencodex in diesem Fall wohl kein Problem die Sachen beim Namen zu nennen.

)
Von der Station führt eine lange, steile Treppe einen Verbindungsgang hinauf zum höher gelegenen Refuge Torino und hinaus auf den Glacier du Geant. Wir sind oben!

So gut wie auf jeden Fall. Nach 50 Hm einen Schutthang hinauf erreichen wir die obere Bahnstation, von der aus man weiter zur Aiguille du Midi und runter nach Chamonix gondeln kann. Einmal über das gesamte Massiv hinweg! Wir begnügen uns mit den hochalpinen Blicken vom Aussichtsdach auf fast 3.500 m.
Mont Blanc
Glacier du Geant mit Dent du Géant
Blick zurück zur unteren Station und den Kamm über den wir hochkamen
Von hier aus kann man auch den Gran Paradiso sehen, was mich an die tolle Tour mit Carsten, Rolf und Roland erinnert.
Blick zum Gran Paradiso Nationalpark
Nach einem kleinen Gletscherspaziergang zurück zur Hütte wollen wir uns vor dem Abstieg noch eine Suppe gönnen.
Rückweg zur Hütte
Schneeengel
Als wir die Preise sehen, überlegen wir es uns dann aber doch anders. Bei 9 EUR für 'ne Suppe reicht plötzlich auch eine heiße Schokolade.
Irgendwann ist's dann aber auch Zeit wieder aufzubrechen. Wir steigen den Gang hinab zur Station ... und stehen vor einer verschlossenen Tür! Oder war es diese hier? Ne, die ist auch zu. Schon komisch, aber da kann uns bestimmt jemand von der Bergbahn helfen.
Tatsächlich finden wir auch einen Bahnangestellten, wenn auch nicht gerade Herrn Sonnenschein! Wortlos geht er mit uns Richtung Tür, deutet kurz auf ein unscheinbares, weißes Blatt Papier und geht kommentarlos weiter.
Es handelt sich um eine behördliches Verordnung, nach welcher der Weg von Ende August bis Anfang September wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Tatsächlich sind wir auch an zwei unfertigen Hochspannungsmasten vorbeigekommen. Ist ja toll! Und warum gibt es an der Mittelstation oder am Wegeinstieg keine Hinweise dazu?! Schade auch, dass uns der Hüttenwirt nichts davon gesagt hatte, obwohl er wußte wann wir kommen wollten.
Nun gut, wir versuchen noch mal jemanden von den Angestellten zu erwischen und ihm unsere Lage zu erklären. Es hilft aber nicht. Sie dürfen uns nicht hinauslassen, weil sie sonst dafür verantwortlich sind, falls uns etwas passieren sollte. Außerdem erfahren wir, dass diese eine Tür der einzige Ausgang sei. Einen anderen gäbe es nicht!
Der offizielle Ausweg besteht darin ermäßigte Tickets für ca. 50 EUR zu kaufen, mit der Bahn zur Mittelstation zu fahren und dann erneut die 600 Hm zu unseren Bikes hochzulatschen. Der Aufstieg wäre zwar auch verboten, läge jedoch nicht mehr im Verantwortungsbereich der Bahn. Also ne, das ist wirklich die letzte Option!
Die Station steht mit der Front direkt an einem sehr abschüssigen, rutschigen Geröllhang. Die Terrasse und das abgeschlossene Nebengebäude stehen westlich auf einem kleinen Kamm. Genau dort beginnt unser Weg.
Von der oberen Hütte gibt es leider keine Möglichkeit den steilen Westhang zum Kamm zu durchsteigen. Doch von Osten her könnte man an der zwei Stockwerke tieferen Basis des Hauptgebäudes entlang- und dann irgendwie an den Betonträgern zur Terrasse hochklettern. Und wir wissen sogar wie wir dort hinkommen!
Sobald die Luft rein ist, könnten wir über Trittklammern aus den Kabinenschächten rauskettern. Dabei reicht es eigentlich, wenn nur einer von uns zur Terrasse käme und uns die Tür von außen öffnen würde! Glasklar wer das sein sollte. Wofür haben wir schließlich einen Industriekletterer im Team!
Lev macht sich also bereit während wir die Augen nach den Angestellten offen halten. Als die nächste Kabine aus der Station schwebt und einigen Abstand gewonnen hat, steigt Lev über das Drehkreuz ... und dann geht das Trara erst richtig los. Der Ein- und Ausgangsbereich wird natürlich überwacht und so blieb der "Ausbruchsversuch" nicht unentdeckt. Aus dem Nichts materialisierten sich plötzlich zwei aufgeregte Bedienstete und drohen mit der Polizei.
Zugegeben, so richtig schlau war das jetzt wirklich nicht. Aber wir geben noch nicht auf! Vielleicht geht es ja doch von oben aus? Wir steigen also erneut die lange Treppe zur Hütte hinauf und schauen uns dort um. Und tatsächlich! Wir finden einen Weg der von Osten her zur Station führt. Wenig später stehen wir am östlichen Ende des Gebäudes und verstecken uns vor der gerade abfahrenden Bahnkabine. Dann steigen wir rasch über das Geländer, lassen uns an der Stützmauer hinab und beginnen damit uns zur Terrasse hochzuarbeiten. Es dauert länger als gedacht und kurz bevor wir die Terrasse erreichen, werden wir von der ankommenden Kabine entdeckt.
Egal, wir haben es geschafft - nach ca. einer Stunde! Ohne Umschweife gehen wir zum Ende der Terrasse, steigen die Leiter hinunter zum Kamm und machen uns von der Station davon. Von dort blickt uns einer der Angestellten nach und spricht in sein Handy. Hoffentlich nicht mit der Polizei!
Wir lassen uns nun auf jeden Fall Zeit! Wenn uns unten wirklich jemand abfangen möchte, muss er sich schon etwas gedulden.
Den optional angedachten Sonnenuntergangs-Downhill in Chamonix können wir uns jetzt auf jeden Fall abschminken. Die letzte Bahn werden wir nicht mehr kriegen.
Daher kosten wir Abstieg und Abfahrt noch einmal richtig aus, schießen einige Fotos, suchen nach Mineralien und probieren im unteren Teil noch einen nicht mehr benutzten, jedoch sehr schönen Singletrail aus.
Das Tal liegt schnell im Schatten und es ist bereits etwas düster als wir beim Auto ankommen.
Was für eine Tour! Es lief so gar nichts nach Plan und wir werden bestimmt nicht mehr wiederkommen. Dennoch war es ein richtiges Erlebnis, das wir so schnell bestimmt nicht vergessen werden!
