Als ich 1991 das erste Mal richtig als Vollzeitkraft in einem Bikeladen anheuerte, spielten für meine Auswahl des Ladens nicht etwa die Arbeitsbedingungen oder die Bezahlung eine Rolle, sondern die Bikes die der Laden im Programm hatte. Und so fiel meine Wahl auf den Laden JODY Sports in Hamburg-Barmbek, denn die hatten nicht nur Schwinn im Programm, sondern auch das PDG 90 im Laden stehen. Mein Traumrad, welches ich im Urlaub zuvor in Obersdorf bei Heckmeyer im Fenster bewundert habe. Damals für mich der Hammer! Alleine der Schriftzug auf dem Unterrohr, und dann noch Suntour XC-Pro
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Kurz: Die suchten noch Leute, und so fing ich dort an und blieb fast 15 Jahre dort. Was die Schwinn-Bikes anging, war ich von denen total begeistert. Leider hat kaum jemand die PDG Serie damals "verstanden". Zur Erklärung: Damals war Schwinn gerade in den Staaten eher als Massenhersteller bekannt. Und in Deutschland eher für seine "Beachcruiser" berühmt, die allerdings eine fragwürdige Qualität hatten.
Anhang anzeigen 1207663Schwinn hatte aber, leider etwas zu spät, die Idee, eine Linie für hochwertige Mountainbikes und Rennmaschinen aufzubauen wie es kurz zuvor Specialized mit der S-Works Geschichte erfolgreich gemacht hat. Man besann sich auf den Namen "Paramont-Design-Group" (kurz PDG), die für viele erfolgreiche Rennteilnahmen in Schwinns früherer Geschichte verantwortlich waren. Die Rahmen wurden anfänglich in den ersten beiden Jahren in Japan geschweisst. Leider kann ich nicht mehr nachvollziehen, von welcher Firma. Die Rahmen hatten mindestens Tange Prestige Rohr, bzw. ab dem PDG 70 Tange Prestige Concept. Zudem kamen durchgebogenen Kettenstreben, die sogenannten G-Force, dazu. Bei den geschweissten beide, bei den gemufften asymetrisch. Hier wollte man Kettenschlagen und den damals so "modernen" Chainsuck beheben. Ähnlich hat es auch Univega umgesetzt.
Die Schwinn-Räder waren immer etwas teurer als z.B. ein Scott oder GT. In meiner Erinnerung waren sie eher auf Rocky Mountain Niveau. Ein PDG 50 mit Deore LX hat um die 2000 Mark gekostet. Und für uns war es nicht so einfach, die Räder an den Mann oder Frau zu bringen. Häufig wurde die Nase gerümpft "...ein Schwinn? Die machen doch die billigen Beachcruiser...." und es wurde eher ein Scott für weniger gekauft.
Im Jahr 1992 wurden die Rahmen der PDG-Serie dann bei Waterford Precision in Wisconsin in eigens entwickelten Microfusionsmuffen mit Silberlot gelötet. Und es gab alle Möglichkeiten, sich neben der Serie sein Custombike bauen zu lassen. Auch wenn es natürlich niemand tat.
Anhang anzeigen 1207667Es wurde auch mit VW ein mehr oder weniger erfolgreiches Rennteam auf die Beine gestellt. Es war aber eher sowas wie das Aufbäumen vor dem Niedergang. Nochmal das Maximum rausholen, bervor es aufhörte. Es folgte die Homegrown-Serie, angeblich in Zusammenarbeit mit Yeti, aber das ist eine andere Geschichte.
Ich war nun immer wieder auf der Suche nach einem solchen gemufften PDG-Rahmen. Wenn es mal einen gab, dann in den Staaten für viel Geld und dann auch in gutem Zustand. Die PDG in Europa waren meistens die geschweissten aus Japan. Dann konnte ich letzten Herbst endlich mal einen in Polen ergattern: Ein PDG 70 als völlig fertiges Komplettrad. Mir zwar zu groß, aber meine Freundin mit wesentlich längeren Beinen als ich (wer will schon Frauen mit kurzen Beinen....

) wollte schon immer von ihrem bleierndem Stevens weg und was "Schönes" haben. Also für umgerechnet 150€ inkl. Versand gekauft. So kam es dann nach fünf Tagen an
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Also Bestandaufnahme: Viele XT Teile waren sogar noch gut wie die Kurbel, die
Bremsen und die Amaturen. Schaltwerk und Umwerfer waren nicht mehr original, die Naben hatten gefressen. Das schlimmste war aber das feste Tretlager, welches die Vorbesitzer schon versucht hatten zu lösen, aber nur die Werkzeugaufnahme abgerissen hatten....
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Mit viiiiieeel Aufwand haben wir dann die Kugelringe ausgebohrt und die Lagerschalen ausgesägt. Rahmen gerettet!
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Dann ging es zum chemischen entlacken zum Entlackungsservice Nord. Letzte Woche kam der Rahmen dann nun wieder.
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Den Paramontschriftzug kann man am Unterrohr noch erahnen....
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Und am Steuerrohr ging Waterford wohl das Silberlot aus und das Steuerrohr wurde mit Messing eingelötet....
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Aber ansonsten alles tre`Chic, eine Freude fürs Muffensausen.....
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Ich habe vor einiger Zeit auch Kontakt zu Waterford aufgenommen. Die sind schon etwas angetan von der Wiederbelebung des Rades. Ich bekomme demnächst einen Decalsatz von denen für die Custommade-Variante. Denn natürlich will meine bessere Hälfte wieder was ganz besonderes und einzigartiges, wie sollte es anders sein....

Also kommt die nächste Woche das Pulver drauf, was ein ganz besonderes sein wird. Ich werde weiter berichten....