Ich schlafe heute Morgen lange aus und frühstücke ausgiebig. Danach erstelle ich das Pflichtenheft für die heutige Tour: irgendwo rauf und wieder runter (ok, anders geht ja hier im Wallis topografisch eh nicht...); nicht zu hoch rauf, denn beim Wetterbericht reden sie von "Gipfel in Wolken"; nicht zu murksig; Badestelle muss sein. Ich gehe meine innere Karte durch, und der Fall ist klar: Sex Rouge de Savièse - das ist das Hügelchen, an dem ich schon 2x gescheitert bin: mal
wegen Glatteis und mal
wegen Steinschlags.
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Ich finde bedecktes Wetter problematisch: Sonnencreme ja oder nein? Und gerade als ich an dieses "Problem" denke merke ich, wie problemlos und glückserfüllt mein Leben eigentlich ist. Und im nächsten Moment muss ich an die Worte der frisch verstorbenen Emily in Wilder's
Our Town denken: "It goes so fast. We don't have time to look at one another. [...] Oh, earth, you are too wonderful for anybody to realize you. Do any human beings ever realize life while they live it - every, every minute?”
Ok, weiterer Punkt im Tourpflichtenheft: mindestens 2x10 Minuten Achtsamkeitstraining
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Die ersten 10 Minuten Achtsamkeit ziehe ich in der Auffahrt zum Sanetsch - und ich stelle fest, dass da eigentlich zwei Wesen hochkeuchen: eine physischer Mensch, und ein mentales Äffchen: klar, Ziel wäre es, den Atem zu beobachten - aber kann ich vielleicht die Rennvelofahrerin vor mir einholen, soll ich hier nicht ein Foto schiessen, undundund...
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Die Tunnels Richtung Sanetsch sind Legende, und wenn man den Hang betrachtet sowas von berechtigt:
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Beim Hotel du Sanetsch zweige ich ab auf den Wanderweg:
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Und dann bin ich schon bald mal oben. Rechts die Tita da Terra Naire (was für ein Name
), links La Fava:
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Hier lag früher der Glacier de Zanfleuron:
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Der Gletscher hat vor vier Jahren auf seinem Rückzug zwei Gletscherleichen freigegeben. Es handelt sich dabei um ein Savièser Ehepaar, welches am 15. August 1942 auf dem Weg zu ihrem Vieh auf der Alp Grieden (heute Gridi) beim Col du Pillon unterwegs war (
hier eine Karte der geplanten Route – ca. 30 km und 2800 Hm!). Auf dem Glacier de Zanfleuron wurden sie von einem Gewitter überrascht und verloren wahrscheinlich den Weg. Zwei Tage später wurde Alarm geschlagen und ein Suchtrupp brach zum Gletscher auf, fand die beiden jedoch nicht. Die 7 Kinder wurden daraufhin auf verschiedene Savièser Familien verteilt. Ein paar Dorfbewohner erzählten den Kindern anscheinend, dass sich die Eltern bloss aus dem Staub gemacht hätten
Nach 75 Jahren konnten die zwei noch lebenden Kinder ihre Eltern endlich beerdigen. In diesen
deutschen und
französischen Beiträgen kommt die Erleichterung der Tochter eindrücklich zum Ausdruck. Ich kreuze die Frau zwischendurch im Dorf. Ich kenne niemanden sonst, der einen so erleichterten und glücklichen Eindruck macht
Wer sieht die Dent Blanche?
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Wer sieht die Biene?
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Rebel with a cause: Polsternelke
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Die Badestelle:
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Die zweiten 10 Minuten Achtsamkeit irgendwo neben dem Wanderweg erscheinen mir fast so episch lang wie die Abfahrt vom Sanetsch
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Blick zurück. Der Sex Rouge de Savièse ist das benoppte Hügelchen in der rechten Bildhälfte. Bei aller Unscheinbarkeit: ich finde es einen schönen Gipfel, den irgendwie ist er vom Gestein her ganz anders als der Gerümpel ringsherum. Ich hatte den Eindruck, als wäre das Ding uralt...
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Eben, die Abfahrt vom Sanetsch
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Karte (lasst euch von den Höhenmetern nicht täuschen: das Tool kann keine Tunnels...).
Schöne Woche allen!