Hier mal meine Eindrücke im Fahrbetrieb mit der Deville 140. Aber nicht bevor ich nochmal die grandiose Verarbeitung der Deville loben möchte. Zwischen einem Rock Shox Topmodell und der BOS Deville liegen wirklich Welten. Die Details, die Präzision und die Finesse sind unglaublich. Auch eine Fox Gabel liegt noch deutlich darunter. Die Deville ist einfach ein mit viel Liebe gemachtes Qualitätsprodukt und für ihren Preis einfach nur günstig. Doch nun zur Praxis.
Zuerst einmal fühlt sich die Gabel beim üblichen Drücktest im Stand ziemlich enttäuschend an. Das Ansprechverhalten ist zwar super soft, doch generell fühlt sich die Gabel etwas hart und stark gedämpft an. Kaum so plush wie meine Revelation Team vom letzten Jahr. Dreht man alle Einstellknöpfe auf Minimum zurück, ändert sich das schnell. Fluffig, soft und fast ohne Losbrechmoment. Sofort fühlt man sich verleitet, mit diesem Setup loszufahren. Doch alle BOS Fahrer (und BOS selbst) sagen, vergiss es - vergiss den Drücktest im Stand und beginne mit den Einstellungen, welche BOS dir als Empfehlung mitgibt. Denn diese passen meist super und man weicht später nur wenig davon ab. Also wieder alle Einstellungen 15 Klicks rückwärts von komplett geschlossener Dämpfung und los. Die Luftdruckempfehlungen zum Körpergewicht passen ziemlich perfekt, da muss man nicht viel tüfteln. Auch die Dämpfung war nach einigen Runden eingestellt. Meine Einstellungen bei 95kg fahrfertig: 6,75bar, Rebound 15 Klicks, HSC 17 Klicks, LSC 17 Klicks (immer von ganz zu aus gezählt). Aber was leistet die Deville nun auf dem Trail?
Grundsätzlich ist es eher eine effiziente Gabel und verzichtet darauf, mehr Federweg frei zu geben, als nötig. Dafür scheint sie die Unebenheiten förmlich abzutasten und der
Reifen kann ordentlich Grip generieren. Es ist keine komfortable Tourengabel ala Revelation. Auf flachen Trails bei gemäßigtem Tempo erscheint die Deville etwas straff. Aber je gröber der Untergrund, je technischer das Terrain und je höher das Tempo, desto mehr blüht sie auf. Effektiv arbeitet sie gröbste Brocken weg, behält immer die Kontrolle und den
Reifen am Boden. Der mittlere Federwegsbereich ist deutlich besser und kontrollierter als bei einer Rock Shox Revelation Team. In steilen Sektionen steht die Deville deutlich höher im Federweg als eine Revelation, welche stark eintaucht. Man kann wirklich deutlich schneller zu Tal rasen und fühlt sich dabei sehr sicher. Anbremsen vor steilen Kurven vermittelt nicht mehr dieses nervöse Gefühl, weil eben nicht die Gabel durch den Federweg rauscht. Sie gibt einem ein sehr gutes Feedback vom Untergrund und man versumpft nicht so im Federweg wie die aktuelle Revelation (deren 2009er Version dahingehend übrigens besser war). Dieses fluffige Verschwenden von Federweg fühlt sich auf flacheren Trails zwar sehr schön und komfortabel an, doch je steiler und technischer es wird, desto störender ist dies, wie ich letztes Jahr auf La Palma feststellen musste. Auch beim reinpressen in schnelle Kurven, Anlieger und Kompressionen bleibt die Deville stabil ohne wegsacken. Außerdem scheint der Federweg bodenlos zu sein, jedenfalls hatte ich noch keinen Durchschlag, obwohl ich an manchen einfacheren Stellen deutlich mehr Federweg nutze als früher. Trotzdem geht die Gabel an den harten Sprüngen oder Kompressionen nicht auf Block. Obwohl die Deville laut einigen Testberichten nicht viel steifer als eine Revelation sein soll, fühlt sie sich meiner Meinung nach viel präziser an als diese. Was für mich in die Kiste der Flops der Bikegeschichte gehört, ist das TRC der BOS. Klar, es tut was versprochen wird. Die Luftkammer wird verkleinert und die Gabel wird so progressiver ohne an Sensibilität zu verlieren. Aber ehrlich, wozu soll das gut sein? In dem Federwegsbereich in welchem man sich bergauf bewegt, wippt die Gabel mit aktiviertem TRC genauso wie ohne. Die Progression setzt erst viel später ein. Und ehrlich, die Gabel wippt selbst im Wiegetritt wenig, wie auch die meisten anderen Gabeln dieser Klasse. Und um bergab ein Wegsacken zu verhindern würde ich es auch nicht aktivieren, denn das regelt die effektive Druckstufe sehr gut und das mit dem vollen Federweg.
Alles in allem ist die BOS Deville keine Gabel für Komfort suchende Tourenfahrer, sondern eine Gabel für Fahrer die nur deswegen eine Federgabel haben weil sie schneller sein wollen. Eine Gabel für Fahrer die viel Wert auf die Unterstützung ihrer Fahrtechnik legen, aktiv fahren und perfekten Grip wünschen. Gemacht für schnelle Touren in schwerem Gelände mit Hauptaugenmerk auf die Downhillqualitäten. Was die Downhillperformance betrifft, hat keine
RockShox Revelation und keine Fox 32 etwas entgegenzusetzen. Einzig die Marzocchi 44 RC3 könnte eventuell was reißen, schlägt sie doch in die gleiche Kerbe wie die Deville - Downhilldämpfungstechnik in eine Trailridinggabel zu stecken.
(erfahren wurden diese Testrunden mit der gleichen Bereifung und dem gleichen Bike wie im Jahr zuvor bei der Rock Shox Revelation Team um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten)