Der Centurion No Pogo Thread

kein No Pogo, aber optisch ähnlich....kürzlich für nen Fuffi aus den Kleinanzeigen.
Der Monarch RT3 Dämpfer scheint mir noch ziemlich neu zu sein, die Magura Luise packt gut zu, Schaltung schaltet und die Felgen laufen rund. Lack ohne grobe Macken, Sattel dürfte auch noch original sein. Das Ding hatte wohl ein ruhiges Leben, einzig die Gabel schauckelt....
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dürfte wohl so um 2001/02 gewesen sein.

Falls jemand ein Prospekt dazu hat würde ich mich über ein Scan freuen
 
Lust, mal hinter einen Vorhang zu schauen?

Die Thermoshape-Schwinge war um die Jahrtausendwende beinahe das Ende der Firma Centurion. Die Entwicklung ging grandios daneben und alles Geld war weg. Was war passiert?

Radfahren.de.png


"Keine Prozesssicherheit". Klingt kryptisch, was meint er damit? Das wollte ich genauer wissen und hab’ mir mal so eine Schwinge besorgt.
Von außen wirkt sie recht gewöhnlich. Sie besteht aus so "einer Art Carbon-Guss" und ist mit 1.080 g auch eher leicht. Ich nehme an es handelt sich um Polyamid plus Kohlenstofffasern.

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An der Oberfläche erkennt man Werkzeug-Trennebenen.

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Also kann man das mit dem Spritzgieß-Prozess wohl glauben. Nur wie kommen diese riesigen Hohlräume im Innern zustande? Und sind das nicht ganz schön dicke Wände für Spritzguss? Mysteriös. Vielleicht doch eher Blasformen oder GMT?

Na, Ideen? Wie sollte man sowas herstellen?
 
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Na, Ideen? Wie sollte man sowas herstellen?
Blasformen ergibt keine so scharfe Kanten und mit Carbonfasern verstärkte Kunststoffe kann man damit nicht verarbeiten.
Bei GMT sind Hohlräume nicht möglich.
Es gibt die Möglichkeit mit "verlorenem Kern" zu arbeiten:
https://www.rpm-factories.de/technologien/pa6-guss-nylonmold/Oder mit "Schüttsintern":
https://www.maschinenbau-wissen.de/skript3/werkstofftechnik/kunststoffe/411-schuettsinternFür letzteres Verfahren spricht auch die Aussage "keine Prozesssicherheit", weil Wandstärken damit nur sehr ungenau definiert werden können.
 
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Da hilft wohl nur Nachsehen. Also "flex-flex“, runter mit der Pelle.

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Die Oberfläche ist meist eben, aber etwas rau. Die Kanten sind sogar ein bisschen scharf.
Es gibt innen Rippen, die es vollkommen unmöglich machen ein Werkzeug zu entformen.

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Armin hat also Recht! Tatsächlich wurde hier mit einem Kern gearbeitet. Und das führt uns auch zur Lösung des Beinahe-Pleite-Rätsels.
Ein Kern, der in eine Form gelegt wird, dann von fast 300 Grad heißem Plastik umspritzt wird und hinterher noch ausgespült werden soll, ohne dass das Plastikzeugs wieder weich wird - wie funktionieren sowas?

So:

Thermoshape Kernausschmelz-Verfahren.png


Es handelt sich um eine sogenannte „niedrigschmelzende Legierung“. Das ist zum Beispiel das Eutektikum aus Bismut und Zinn - ein Metall, dass schon bei 138 Grad schmilzt, und zwar fast schlagartig. Solche Legierungen gibt es viele, für fast jede Wunschtemperatur findet sich etwas in der Literatur.

Der Kniff war nun folgender: Man gießt einen Kern aus so einer Legierung. Den positioniert man kalt in einer Spritzguss-Form. Dann spritzt man den Kunststoff schlagartig ein und wartet ein paar Sekunden, bis die Wärme vom Kern aufgenommen wurde. Wichtig: Es darf nur so viel Wärme sein, dass der Kern solide bleibt. Ein bisschen Anschmelzen an der Oberfläche ist erlaubt. Abkühlen lassen, entformen. Der Prozess wird aber exponential komplizierter, je dicker die Plastik-Wandstärke ist.

Jetzt muss der Kern raus. Erhitzen geht mit einem Föhn, mit eingebauter Heizspirale, oder - ganz elegant - per Induktion. Das sollte schnell gehen, damit der Kunststoff nicht wieder aufschmilzt. 150 Grad klingen ganz vernünftig, da wird das Polyamid ‚nur‘ weich. Der Prozess wird aber exponential komplizierter, je dünner die Plastik-Wandstärke ist.

Wie eingangs geschrieben hingen Fraunhofers auch mit drin. Jetzt kann man langsam erahnen, was da los war. Mag wer spekulieren?
 
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Mag wer spekulieren?
Zu damaliger Zeit 1999 war die Felgenbremse bzw V-Brake noch absolut Stand der Technik.
Auf der gezeigten Schwinge sind noch Cantileversockel zu sehen. Plus der IS2000 Bremsbefestigung für die Scheibenbremse.

Ich kann mir vorstellen, dass der Eintrag an Hitze dort recht hoch sein kann, je nach Fahrweise. Und das dadurch das Thermoplast wieder weich wird.
Oder irre ich mich da?
 
Zu damaliger Zeit 1999 war die Felgenbremse bzw V-Brake noch absolut Stand der Technik.
Auf der gezeigten Schwinge sind noch Cantileversockel zu sehen. Plus der IS2000 Bremsbefestigung für die Scheibenbremse.

Ich kann mir vorstellen, dass der Eintrag an Hitze dort recht hoch sein kann, je nach Fahrweise. Und das dadurch das Thermoplast wieder weich wird.
Oder irre ich mich da?
Das war in der Tat ein Problem. Deshalb gab es von Magura für dieses Rad extra noch einen Kühler am hinteren Bremssattel. Ab und zu sieht man Fotos vom Eurofighter mit der Schwinge an dem dieses runde Teil mit Kühlrippen zu erkennen ist…
 
Spannend.
Besagte Erich Müller GmbH gibt es immernoch. Haben die damals für Centurion die Schwingen gebaut?
Einen Kühlkörper für die Magura habe ich noch nie gesehen, hast Du da ein Bild?
 
Eine Runde Spekulatius auch von mir - ich stell mir das so vor:
Fraunhofers: Wir haben da diesen geilen neuen Prozess, mit dem wir innenverrippte Strukturbauteile spritzgießen können.
Centurion: Nice! Aber meine Kunden wollen Carbon.
Fraunhofers: Pff, Kohlefasern könn’ wir schon lange. Ist schwieriger, aber geht.
Centurion: Un-i-ver-sal Sell-ing Point! Gekauft.

Dabei hat man dem armen Hr. Renner zuerst bestimmt den niedrigen Faservolumenanteil bei Polyamid plus Faser-Spritzguss vorenthalten. Dann hat wahrscheinlich keiner erwähnt, dass es sich nur um Kurzfasern handelt, „Schnipsel“ um es umgangsprachlich zu sagen. Das ist schon ziemlich weit weg von "Carbon". Als nächstes basierte bestimmt die fancy Computersimulation zur Geo- und Wandstärken-Auslegung auf Kennwerten von spritzgegossenen Zug- und Biegeproben, würde ich vermuten. Und mit der Simu im Jahre 1998 hatte man vermutlich auch nicht vorhersagen können, wie sich die Fasern orientieren werden.
Die Orientierung ist aber sehr sehr wichtig. Schon bei 10 Grad Differenz zu den tollen Werten der Biegeprobe kann man die Steifigkeit abtüten. Ab 45 Grad spricht der Fachmann grinsend von einem 'fasergeschwächten Kunststoff'. In dieser Schwinge musste man einfach damit leben, wie die Fasern sich halt immer legen, quasi zufällige Orientierung.

Zu guter letzt schlug die Kombination der Einschränkungen zu. Kleinste Änderungen der Wandstärke, zum Beispiel weil der Kern sich unter Wärme verzieht, haben einen massiven Einfluss auf
  • Faserorientierung
  • Abkühlverhalten
  • Ausschmelzverhalten

Jetzt kann man erahnen, was der Herr Renner mit „keine Prozesssicherheit“ gemeint haben könnte.
Es erstaunt mich, dass unter diesen Umständen so viele Thermoshapes auf die Straße kamen. Vermutlich unter hohen Ausschussquoten produziert und mit eher unterdurchschnittlicher Steifigkeit/ Festigkeit im Vergleich zur Konkurrenz.

Großen Respekt für den Mut von Centurion auf dieses High-Tech-Verfahren zu setzen. Hätte ja auch klappen können. Schade, dass keiner da war, der aus fachlicher Sicht mal alle Bedenken auf den Tisch gepackt hat.

Als letztes will ich’s noch etwas genauer wissen. Wie kurz waren denn nun die Fasern, wie waren sie orientiert? Und vor allem: Wie viel steckte in dem Hinterbau?
Der letze Schleier soll sich lüften. Dauert aber noch etwas.
 
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Spannend.
Besagte Erich Müller GmbH gibt es immernoch. Haben die damals für Centurion die Schwingen gebaut?
Das habe ich bisher nicht rausbekommen.
Ich kann mir vorstellen, dass der Eintrag an Hitze dort recht hoch sein kann, je nach Fahrweise. Und das dadurch das Thermoplast wieder weich wird.
Oder irre ich mich da?
Nö, stimmt schon, wird wieder weich. Probleme bekommt man ab so etwa 100 Grad. Aber ob man die am Polyamid je erreicht hat?
 
Wie kurz waren denn nun die Fasern, wie waren sie orientiert? Und vor allem: Wie viel steckte in dem Hinterbau?
Ist die Faserlänge und Orientierung damals überhaupt schon ein Thema gewesen? Ich hatte selbst bisher nur mit glasfaserverstärktem PA zu tun, z.B. PA6 GF30, also 30% Glasfaser im Kunststoff. Und damit war von Faserlänge und Ausrichtung nie die Rede, ich vermute sogar, dass man da eh keinen Einfluss drauf hat.
Hier ist auch nichts darüber zu lesen:
https://vocus3.de/pa6-cfk/
 
Nö, stimmt schon, wird wieder weich. Probleme bekommt man ab so etwa 100 Grad. Aber ob man die am Polyamid je erreicht hat?
Mit dem Wissen von heute würde ich meinen, dass dieser "Öl-Kühler" sich zumindest optisch ganz gut macht.
Die Hitze beim bremsen bekommt man am Bremssattel mA aber wesentlich besser weg, wenn an den Bremsbelägen entsprechende Kühlfahnen dran sind.
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Über einhundert Grad an der HR Bremse zu erreichen, also am eigentlichen Bremssattel, sind mE kein allzu großes Problem. Das bekomm auch ich auf meiner altersgerechten Hausstrecke bei DD jedes Mal hin, und hier sind die Abfahrten mitnichten sehr lang.
Einfach mal einen Spritzer aus der Wasserflasche auf die Bremse bzw den Bremssattel & dann zischhhhhh....

Meiner Meinung nach müsste über die Probleme mit der Thermoshape Schwinge in der bike und in der Mountainbike damals etwas gestanden haben.
 
Mit dem Wissen von heute würde ich meinen, dass dieser "Öl-Kühler" sich zumindest optisch ganz gut macht.
Die Hitze beim bremsen bekommt man am Bremssattel mA aber wesentlich besser weg, wenn an den Bremsbelägen entsprechende Kühlfahnen dran sind.
Stimmt schon, aber solche Art Beläge hätten bei der Luise damals nicht gepasst, da die damals von unten eingesetzt wurden.
 
Mit dem Wissen von heute
fällt einem besonders die Ironie im Artikel unten auf. Ausgerechnet die gleichbleibende Qualität wird hervorgehoben. Wie wir heute wissen, kein Fakt, sondern eben Wunsch.
Ich fürchte, Marketing im Mountainbike-Bereich hat sich bis heute kein Stück geändert.
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Aber da steht auch bereits erklärt, dass ein Kernausschmelz-Verfahren angewendet wurde. Damals hat man es noch stolz vorgezeigt.

Lutzi hat sich rechts schon heimlich *beömmelt. :D

*Auch wenn es der E-Modul heißt. Das hatte hoffentlich nur der Redakteur versemmelt.
 
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Hallo zusammen,
eine Frage zum No Pogo mit GustavM Bremsen. Mein Kumpel möchte da eine neue Disk eingebaut haben. aktuell 190mm, die gibt es wohl so nicht mehr. ich habe hier von meinen neuen Bikes welche in 180 und 200/203mm rumliegen. hat das schon einmal jemand gemacht und welchen Bremsadapter für vorne bräuchte ich, ich habe nur die Postmounts rumliegen.
Vielen Dank, Peter
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Mein Kumpel möchte da eine neue Disk eingebaut haben. aktuell 190mm, die gibt es wohl so nicht mehr.
Doch, gibt es:
https://brake-stuff.de/bremsscheiben/6-loch-is2000/?p=1&o=2&n=36&f=62Du musst allerdings noch die benötigte Scheibendicke angeben.
Oder will er eine komplett neue Bremsanlage?
Dann gibt es alle möglichen Adapter von IS 2000 auf PM für alle möglichen Durchmesser:
https://www.rosebikes.de/shimano-vo...MIxdKPpN_4gQMVqoVoCR3VoQklEAQYAyABEgJ6kPD_BwE
 
Ich hol das mal hoch;)
Ich habe mir nun mangels Alternativen Buchsen bei Huber für mein No Pogo Sub 11 mit der Thermoshape Schwinge anfertigen lassen, damit dort der Monarch einziehen kann.
Einpressen ist schon erledigt und war ein Kinderspiel :daumen:
Nun heißt es hoffen und bangen, dass ich mich beim Messen nicht verdaddelt habe;)
Wird schon schief gehen...
Hat jemand Anhaltswerte für den Druck bei ca. 82kg?
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To be continued

Grüße
Björn
 
Melde Vollzug: Der Dämpfer ließ sich saugend einbauen :daumen:
Allerdings bin ich beim Dämpfer schon an der Grenze der zulässigen 275psi Luftdruck:ka:
Damit stimmt auch der Sag mit ca. 25%, die Funktion ist gut und auch kein dolles Wippen mehr, wie vorher. Auch die Funktion ist ok, dürfte aber ab und an trotzdem noch etwas straffer sein (mit fahrfertigen 85-87kg). Lockout tut, was er soll.
Tune des Dämpfers ist m/m...
Falls sich da jemand besser auskennt, bin ich da durchaus lernbereit:)
 

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mit 82 kg schon am Anschlag beim Dämpfer? Hast den auch nach Anleitung befüllt? Mit 85 kg kam ich als der Dämpfer neu war auf ungefähr 180, aber da ich es gerne etwas straffer hab, kamen dann ca. 200 rein.
Falls keine Bedienungsanleitung hast, auf der SRAM Seite gibts jede Menge Anleitungen zum Download.
 
mit 82 kg schon am Anschlag beim Dämpfer? Hast den auch nach Anleitung befüllt? Mit 85 kg kam ich als der Dämpfer neu war auf ungefähr 180, aber da ich es gerne etwas straffer hab, kamen dann ca. 200 rein.
Falls keine Bedienungsanleitung hast, auf der SRAM Seite gibts jede Menge Anleitungen zum Download.
Ich werd mich da nochmal einlesen.
Hab erstmal 100 reingepumpt, 5 mal komplett durchgefedert, 5 mal gepumpt, 5 mal durchgefedert... usw. Irgendwann hab ich mich dann mal draufgehockt... und mehr gepumpt.
Bei 250 war dann der Sag im angegebenen Bereich, vorher wars auch sehr weich :ka:
Ansonsten war das der Dämpfer, den ich mir mal gebraucht geholt hatte. Hab noch zwei Neue in Reserve (1x mit und 1x ohne Lockout). Vielleicht probiere ich da nochmal rum. Hatte mir extra nochmal extra Gleitlager dazubestellt, dann muss ich "nur" den Dämpfer ausbauen und die Buchsen umstecken.
Mal schauen;)
 
also wenn du den gebraucht gekauft hast wird wohl ein Service fällig sein. Mein vor knapp 2 Jahren neu gekaufter RL war schon nach wenigen Monaten platt und fällig. Ansonsten hast das schon richtig gemacht mit dem Pumpen....
Hab die RL zwar überholt und er funzt wieder, aber hab dann lieber alten German Answer mit Stahlfeder eingebaut.
 
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