Eine Runde Spekulatius auch von mir - ich stell mir das so vor:
Fraunhofers: Wir haben da diesen geilen neuen Prozess, mit dem wir innenverrippte Strukturbauteile spritzgießen können.
Centurion: Nice! Aber meine Kunden wollen Carbon.
Fraunhofers: Pff, Kohlefasern könn’ wir schon lange. Ist schwieriger, aber geht.
Centurion: Un-i-ver-sal Sell-ing Point! Gekauft.
Dabei hat man dem armen Hr. Renner zuerst bestimmt den niedrigen
Faservolumenanteil bei Polyamid plus Faser-Spritzguss vorenthalten. Dann hat wahrscheinlich keiner erwähnt, dass es sich nur um Kurzfasern handelt, „Schnipsel“ um es umgangsprachlich zu sagen. Das ist schon ziemlich weit weg von "Carbon". Als nächstes basierte bestimmt die fancy Computersimulation zur Geo- und Wandstärken-Auslegung auf Kennwerten von spritzgegossenen Zug- und Biegeproben, würde ich vermuten. Und mit der Simu im Jahre 1998 hatte man vermutlich auch nicht vorhersagen können, wie sich die Fasern orientieren werden.
Die Orientierung ist aber sehr sehr wichtig. Schon bei 10 Grad Differenz zu den tollen Werten der Biegeprobe kann man die Steifigkeit abtüten. Ab 45 Grad spricht der Fachmann grinsend von einem 'fasergeschwächten Kunststoff'. In dieser Schwinge musste man einfach damit leben, wie die Fasern sich halt immer legen, quasi zufällige Orientierung.
Zu guter letzt schlug die Kombination der Einschränkungen zu. Kleinste Änderungen der Wandstärke, zum Beispiel weil der Kern sich unter Wärme verzieht, haben einen massiven Einfluss auf
- Faserorientierung
- Abkühlverhalten
- Ausschmelzverhalten
Jetzt kann man erahnen, was der Herr Renner mit „keine Prozesssicherheit“ gemeint haben könnte.
Es erstaunt mich, dass unter diesen Umständen so viele Thermoshapes auf die Straße kamen. Vermutlich unter hohen Ausschussquoten produziert und mit eher unterdurchschnittlicher Steifigkeit/ Festigkeit im Vergleich zur Konkurrenz.
Großen Respekt für den Mut von Centurion auf dieses High-Tech-Verfahren zu setzen. Hätte ja auch klappen können. Schade, dass keiner da war, der aus fachlicher Sicht mal alle Bedenken auf den Tisch gepackt hat.
Als letztes will ich’s noch etwas genauer wissen. Wie kurz waren denn nun die Fasern, wie waren sie orientiert? Und vor allem: Wie viel steckte in dem Hinterbau?
Der letze Schleier soll sich lüften. Dauert aber noch etwas.