5. Tag
"Zwei kleine Italiener, die träumen von..."
18.09.2013
Trento - Lago di Caldonazzo - Friedensweg - Carbonare - Passo des Sommo - Folgaria
75 km, 1600 hm, 6,75 h, Kosten: 30 € Ü+F
Höhenprofil Tag 5: Das Höhenprofil ist wirklich nur eine uuuuungefähre Angabe unseres Weges. So sind wir z.B. statt des Kaiserjägerweges den Sentiero della Pace gefahren, äh, gewandert.
Sooo, das aus dem Bett springen lass ich mal sein. Ich muss mir ja die Kräfte noch aufteilen... Ein bisschen schlapp fühl ich mich ja schon nach gestern.
Was soll's.
Frühstück einnehmen
(Heißgetränke, Brötchen, Kuchen,... bedient von zwei jungen Damen... genau unser Ding
) im Hotel, raus in die durchaus schöne Altstadt und den sonnigen aber auch kälteren Tag.
Heute wollen wir über den Lago di Caldonazzo auf "unseren" Friedensweg fahren, den wir ursprünglich bereisen wollten, wenn auch auf einem ganz anderen Abschnitt.
Renn.Schnecke: Natürlich machen wir heute einen ruhigen! Sobald wir oben sind, suchen wir uns eine Unterkunft.
Also los...
Unser Hotel lag mitten in der schönen Altstadt, gleich an diesem schönen Ort.
Renn.Schnecke: Charly und die Riesenklammern. Eines der übergroßen Wäschestücke propagiert das Finale der UCI World Cycling Tour 2013 für morgen! So lange können wir aber nicht mehr warten...
Zwei Stunden brauchen wir von Trento über Pergine-Valsugana zum Lago di Caldonazzo. Unterwegs begegnet uns die Via Claudia Augusta, man kann sagen, die Einsteigerroute für Alpencrosser. Bin ich noch nie in meinem Leben gefahren.
Zweites Frühstück ist immer gut

Gesagt, getan, also hauen wir uns am Lago di Caldonazzo hin:
Der Lago di Caldonazzo mitsamt Asiaten mitsamt überdimensionierter Bommelmütze. Wir befinden uns auf 450 m NN und wollen exakt 1000 m höher. Unser heutiges Ziel liegt irgendwo in den Bergen, die man im Süden des Sees sieht.
Kleines Zwischenspiel für Kharma:
Da fährt man nichtsahnend durch Caldonazzo, schaut hierhin und dorthin und entdeckt urplötzlich seine erste Liebe: Mein erstes MTB (damals noch ATB), ein Bianchi Thomisus
:
Huuuuu... <3
Renn.Schnecke: Nach Calceranica al Lago und Caldonazzo stehen wir am Scheideweg: Richtung Lavarone hinauf führt der Kaiserjägerweg. Den sind Eispickel, Will67 und ich in 2008 gefahren. Damals berichtete Will67 mit folgenden Worten:
"Am Morgen ging es als erstes in den Anstieg zum Kaiserjägerweg. Ein spektakuläres Serpentinenvergnügen, senkrecht in die Felswand gemeißelt, schmale uneinsehbare Tunnel, traumhafter Blick auf den Lago di Caldonazzo, und ordentlich Hitze als Zugabe; so macht auch ein Straßenpass mal Spaß. Weiter ging es über den Friedensweg, immer an der 14-18er Frontlinie zwischen Italien und Österreich-Ungarn entlang. Mehr oder wenige intakte Festungen grüßen am Wegesrand und zeugen von einer Vergangenheit die nicht annähernd so pittoresk gewesen sein wird, wie es die immer noch stolzen Zeugnisse der Kuk-Monarchie vermuten lassen."
Der Friedensweg war unser ursprünglicher Plan. Gehen wir es also an!
Eigentlich wollten wir an der Schweizer Grenze einsteigen, bei Bormio. Jetzt sind wir im Abschnitt B 3/2, südöstlich von Trento und den beiden hellblauen Flecken (Lago die Caldonazzo und Lago di Levico, welcher auf den Fotos nicht zu sehen ist, weil hinter Hügel versteckt).
Aber kommen wir zurück zu den Eindrücken unserer Tour:
Auf dem Friedensweg Sentiero della Pace mit Blick ins Tal...
...Valsugana. Und auf Levico Terme, schätz ich.
Wikipedia entnommener Beitrag über das Valsugana:
Im Alpenkrieg des Ersten Weltkriegs war die Gegend hart umkämpft, verlief doch die Grenze zwischen Österreich-Ungarn und Italien in unmittelbarer Nähe südlich jenseits der Hochebene von Lavarone (deutsch Lafraun) über der Astico-Schlucht. Das damals sog. Suganatal lag zu Füßen des die Österreicher unterstützenden Alpankorps. Ab 1908 hatte Österreich-Ungarn in Erwartung eines Krieges begonnen, die südlichen Grenzen des Kaiserreiches massiv zu befestigen. Auf der anderen Seite der Grenze bauten die Italiener ihre Festungen. So entstanden auch auf den Hochebenen südlich der Valsugana eine Reihe von monströsen Festungen, die Meisterwerke des damaligen militärischen Ingenieurswesens waren.
Huch, mein Rad wurde geklont.^^
Bei unserer Recherche zum Thema Friedensweg stellte sich natürlich die Frage: Kann man den überhaupt
durchfahren? Hier im Forum scheint die einhellige Meinung im Großen und Ganzen ja zu sein.
Nun, wir sind wahrscheinlich im falschen Zwischenstück eingestiegen oder sollten dringend an unseren Trail-Fähigkeiten arbeiten

:
Diese Treppen hat übrigens noch zwei Kehren.
Renn.Schnecke: Die Befahrbarkeit dieses Teil hier, der sozusagen parallel zum Kaiserjägerweg führt, ist auf alle Fälle für das Befahren von Süd nach Nord (also runter) geeigneter als umgekehrt.
Schnecke staunt nicht schlecht, wie tief man hier zum Teil fallen kann. Tiiiiiieeeeef...
Dass es wohl an unseren Fahrkünsten liegt, dass wir hier nicht flüssig durchfahren, beweist uns ein Pärchen, das mich in einer schwer einzusehenden Kurve fast umfährt. Und er auf meinen Hinweis, dass da bald ein paar Treppen kommen, nur milde lächelnd ein "Ich weiß, aber danke" entgegnet.

Bevor der Weg auf einem breiten Forstweg "endet", entwickelt er sich noch zu einem Singletrail im Wald, auf dem wir endlich keine Fotos mehr von der fantastischen Aussicht machen können.
Und der viel zu steil für uns zum Fahren ist. Ein Fahrstück gibt es aber auch, ein schmackhaftes Singletrailchen entlang der Abbruchkante. 
Und so atemberaubend, wie das hier auch alles wirken mag... Hier oben Anfang des 20. Jahrhunderts die Stellung wahren, bei Hitze, bei Kälte, bei Schnee, bei Wind, bei Regen, bei Hunger, in Angst um das Leben der Kameraden und ganz besonders um das eigene... Wer kann sich das vorstellen?
Apropos Hunger..... *zurück in unsere Zeit, 98 Jahre später*:
Was'n? Ohne Mampf kein Kampf.
Nachdem wir den Friedensweg wieder verlassen, irren wir ein wenig durch die dortigen Wälder und stoßen wieder auf ein Stück Kriegsgeschichte: Dem
Comando Austroungarico.
Renn.Schnecke: Hier oben ist alles voller Zeugnisse des Gebirgskriegs. Selbst wenn man den Schildern nicht folgt, gelangt man dorthin. Eiiiigentlich wollen wir auf möglichst direktem Weg zum Forte Cherle und uns dort im Albergo einmieten.
Eigentlich.
Wir kreuzen nun also quer, schauen hier hin und da hin und entdecken ein "größeres" Mäuseloch.
Was als kleiner Eingang beginnt...
...endet nach einem längeren dunklen Gang auf der anderen Seite des Hangs in einer größeren Anlage:
Gut geschützt ist halb versteckt oder andersherum.
In den Fels eingelassen und durch Gänge verbunden sind dann noch ein paar Räume vorhanden, in denen man locker aufrecht stehen kann und sich mehrere Personen aufhalten könnten.
Aber für Grabräuber gibt es nichts mehr zu ergattern. ^^
Nachdem wir diesen Ort verlassen, fahren wir weiter in den Wald. Irgendwann biegen wir rechts in einen vielversprechenden Weg ab, um dann wieder genau an derselben Kreuzung zu enden

Okay, da war wohl eine Abfahrt, die wir übersehen hatten, also nochmal.
Fahr-fahr-fahr...Kuckuck. Schon wieder dieselbe Kreuzung

Nun, geneigter Leser, ich sitze ja hier und schreibe diesen Bericht, was wohl bedeutet, dass wir wieder herausgekommen sind (oder ich ein Laptop bei mir habe, jetzt im Wald sitze und dies niederschreibe

).
Weiter...
Hach, die arme Renn.Schnecke. "Schau mal," sag ich, "da laufen Kühe auf dem Weg! Fahr mal hin und ich fotografier das. Gibt bestimmt ein schönes Motiv."
Ihre Antwort habe ich nicht so richtig verstanden, weil sie a) tut, wie ihr geheißen und b) eher zwischen den Zähnen knurrend etwas von sich gibt

Fotomodels haben es nicht leicht.
Renn.Schnecke: Die fängt doch gleich an zu p.......
....schhhhh.
Das Tier findet das irgendwie auch nicht lustig. Allerdings, mit so einem Horn ausgestattet...
Irgendwann spuckt uns der Weg wieder auf Asphalt aus. Der Mountainbiker im Allgemeinen meidet ja solch Ungetüm an Wegbildung und als wir einen Tunnel erreichen, der seitlich vom Berg eine gesperrte Straße als Parallelweg vorzuweisen hat, nehmen wir natürlich diese. Ist zwar auch eine Straße, halt nur gesperrt, was dadurch ja spannender ist.
Das war wohl die Straße VOR dem Tunnelbau.
Renn.Schnecke: Wie eine verlassene, aufgegebene, nicht mehr neu gesicherte Straße in den Bergen aussehen kann, sehen wir hier. Beeindruckend!:
Unter dem Schutt ist eine komplette Straße und der kleine Tunnel hat eigentlich Platz für zwei Autos nebeneinander!
Die Schutzgitter sind alle gut "besucht" und ausgelastet.
Trotz
(bzw. wegen) der nicht ungefährlichen Umgebung hat diese Straße ihren Reiz und eigene Schönheit. Und weil sie uns so gut gefällt, stellen wir am Ende fest, dass wir sie aber in die andere Richtung hätten befahren müssen, um zu unserem Ziel, Forte Cherle, zu gelangen.
Also alles wieder zurück!
Abenteuer gibt es in den Alpen ja immer wieder und zuhauf, wie ich Neuling feststellen darf. Hier mal eine kleine "Flussüberquerung" (wird nicht die letzte sein):
Renn.Schnecke: Da durchzurollen sieht viel einfacher aus, als es ist!
Die Anfahrt macht es durchaus schwierig, da sauber durchzukommen.
Ah, ein lindwurmartiges Geschöpf, dass nicht den Anschein erweckt, sich durch uns gestört zu fühlen. Sie sieht uns wohl nicht und schleicht sehr langsam (Kälte?) über den Weg.
Ist das also eine "Blind""schleiche"? ... Brüller, oder?
Dem Tag fallen langsam die Augen zu und wir fahren in alter Manier den Berg hinauf, um zu unserer Hütte am Forte Cherle zu gelangen.
Oben zieht mal wieder Nebel auf und wir sind ganz froh über unser Timing:
Kurz vor der ausgesuchten Hütte wieder stumme Zeugen des ersten Weltkriegs:
Das Forte Cherle
"Schauen wir uns das an?" "Nee, wir sind ja gleich an der Hütte. Erst einmal ankommen und dann in Ruhe etwas Sightseeing." Na ob wir das dann wirklich machen? ^^
Soweit der Plan...
Déjà vu!
Die Hütte hat geschlossen!

Etwas frustriert über diesen Umstand überlegen wir, wo wir dann unterkommen wollen und müssen angesichts drängelnder Zeit das Sightseeing links liegen lassen. Also ab damit auf die 20.-AlpX-to-do-Liste.
Renn.Schnecke: Plan B muss her... Öhm, joar, versuchen wir es halt beim nächsten Rifugio 'n paar Kilometer weiter.
Auf unserem Weg überqueren wir den Passo Sommo und wollen kurzentschlossen dort in einem Lokal nach einem Zimmer fragen. Und hurra, man(n) spricht deutsch und nett sind sie letztendlich auch alle.

Uns werden diverse Adressen genannt, die eine oder andere wird sogar sofort angerufen
*so freundlich
*... aber es ist entweder voll oder geschlossen.
Brav verabschiedet, fahren wir nun weiter in Richtung Folgaria, unserer letzten Chance.
Renn.Schnecke findet ein Hinweisschild für eine Sporthütte, die nicht "chiuso" sondern "aperto" ist. Entfernung zur Hütte? Steht nicht dran. Klingt aber gut und die Zeit verfliegt, also kurbeln wir wieder einen Schotterweg hinauf.
(Ich beginne langsam eine gewisse Antipathie gegenüber Schotter zu entwickeln^^)
Abendimpressionen
Junge, Junge.. der Weg zieht sich aber schon wieder ganz schön und so richtig Bock hat die Sonne auch nicht mehr, noch länger über dem Horizont zu tänzeln:
Irgendwann...
Renn.Schnecke: nach circa 20 min und vielleicht 200 hm...
Kharma: Aber GEFÜHLTEN 40 min und vielleicht 400 hm...
...kommen wir oben an der Hütte an. Und, wat isse? Leer.

Pfff...
Renn.Schnecke: Rifugio Stella D'Italia hatte offenbar den Tag über offen, aber Übernachtungsgäste sind hier und heute an der falschen Adresse.
Nun, da hilft kein Jammern, wir müssen wieder runter. Unsere Mini-Strobo-Lampen angeschmissen und von Dorf zu Dorf sowie über einen Golfplatz gehuscht, bis wir endlich in Folgaria in einem Hotel mit kleinen, aber fast schon gruseligen Empfangsitaliener fündig werden und einkehren.
Renn.Schnecke: Der deutsch sprechende Mann beim Passo Sommo meinte, wir sollen es im Hotel Luna Bianca (weißer Mond) versuchen. Dort sei es auch nicht soo teuer. 37 EUR pro Alpencrosser passt aber nicht in unseren Plan. Der junge Hüpfer Kharma fragt höflich nach einer preisgünstigeren Unterkunft. Und siehe da! Die Empfangsdame ruft ihren Chef an! Und fragt ihn nach einem "molto, molto" 
billigeren Hotel. Zwei Adressen scheint er ihr zu geben. Die eine ist nicht viel kostengünstiger. Die andere soll 60 EUR für zwei kosten. Das klingt in Anbetracht der Umstände (mittlerweile ist es duster, ist ja auch schon wieder 20 Uhr) viiiiiiiel besser.
Nachdem ich ihr die Füße geküsst habe, fahren wir ein paar Meter weiter, zu einem weiteren Hotel. Sieht nicht ganz so teuer aus. Soll aber genauso viel wie Luna Bianca kosten. WAS?
Äh, Leute, nee, so war das nicht gedacht.
Nach einer kurzen Erklärung - am Telefon wären doch gerade nur 60 € vereinbart worden - klappt's dann aber doch! Puh! 
Albergo Irma: Drei Sterne, Fahrräder in der abgeschlossenen Abstellkammer, Zimmerchen mit Dusche und Balkon sowie Kuhglocke überm Bett. Bin froh, dass wir endlich die Unterkunftssuche abgeschlossen haben. Für heute.
Ich glaub, so ist Italien nicht so richtig was für mich. Die Hütten haben Saisonende, die Preise sind nicht nach meinem Geschmäckle, mir fehlen die kleinen Hüttchen und die Almen, dafür gibt es Skipisten. Und mein Italienisch ist immer noch unter aller Sau.
Passendes Beispiel: Auf der Suche nach Luna Bianca wollte uns zwar eine Italienerin helfen - sehr, sehr freundlich!-, aber sie konnte nicht unsere und wir nicht ihre Sprache. Es tat ihr auch sichtlich Leid, dass sie uns nicht helfen konnte.
Morgen gehts wieder runter ins Tal, zum Fluss Adige, nach Rovereto und zum LAGO!
Morgen ist Halbzeit!
Achja, und Schnecke erwähnt was von morgen eher ruhiger fahren zu wollen...
Na dann, gute Nacht.
Folgaria um dreiviertel acht.