Sonntag, 30. September
Es ist kurz nach 3 Uhr als der Wecker mich aus dem Schlaf reißt. Ich stehe auf, packe routinemäßig die am Vorabend bereitgelegten Sachen in meinen Rucksack. Zwei Bananen, den Jogurt, das Müsli, Honig, die Fotoausrüstung, das Badehandtuch .... einfach alles was man für einen Tagesausflug so braucht.
Ich gönne mir ein kleines Frühstück während ich mir noch 3 Scheiben von dem frischen Sauerteigbrot abschneide. Ruccola mit scharfer Salami und Frischkäse mit Schnittlauch (frisch vom Balkon) ist heute im Angebot. Kurz nach 4 bin ich am Hauptbahnhof. Es ist angenehm ruhig und außer mir eigentlich niemand weiter unterwegs.
Pünktlich um 6 Uhr wirft der Zugbegleiter (früher nannte man den Schaffner vermutlich weil er immer so viel geschafft hat) mich in Prenzlau aus dem Zug. Die Stadt schläft noch und die sich am Horizont abzeichnende Dämmerung reicht mir bereits gerade so aus um auf das Licht zu verzichten. Ungestört rolle ich am Ufer des Oberuckersees entlang und scheuche hier und da ein paar Enten auf. Hier draußen ist es, abgesehen vom Geschrei der Kraniche und Krähen, still und friedlich. Immer wieder treffe ich direkt am Weg auf Rehe die auf den umliegenden abgeernteten Feldern und Wiesen übernachten und nach Futter suchen. Verführerisch locken mehrfach voll beladene Äpfelbäume mit wunderbar roten Äpfeln am Wegesrand aber noch ist es viel zu früh als das ich mir den Rucksack mit den leckeren Früchten füllen möchte.
Perfekt getimt erreiche ich zum Sonnenaufgang den Drei-Seen Blick. Vor mir liegt ein wundervoller Herbstsonntag und ich habe alle Zeit der Welt.
Während einer etwas längeren Pause in der aufgehenden Sonne am Drei-Seen Blick beobachte ich riesige Vögelschwärme die sich über den Feldern zusammenfinden um gemeinsam in ihr Winterquartier zu fliegen. Die Kraniche müssen dieses Treiben natürlich fortwährend kommentieren. Aus der Ferne melden sich hin und wieder auch ein paar Kühe dumpf zu Wort und der Specht irgendwo im nahen Wäldchen bewahrt Ruhe und klopft die Rinde eines Baumes gewissenhaft nach Leckereien ab. Irgendwann fahre ich schließlich weiter.
Mein Weg führt mich erst über eine alte Kopfsteinpflasterstraße und anschließend über Feldwege durch eine hügelige und deutlich herbstlich geprägte Landschaft. Mehr und mehr weicht die Kälte des Morgens und auch die am Wegesrand stehenden Sonnenblumen recken erfreut ihre Köpfe in Richtung wärmende Sonnenstrahlen.
Auf meinem Weg nach Kröchlendorff komme ich an einigen kleinen Bauern- und Pferdehöfen, sowie einzelstehenden Häusern vorbei. Menschen sehe ich allerdings keine. Selbst in den beiden Dörfern die ich durchquere herrscht eine angenehme Stille. In einem der Dörfer entdecke ich am Straßenrand ein Gehege mit Alpakas. Ein älterer Herr der dort gerade mit seiner Enkeltochter vorbeischaut berichtet mir davon, dass die Alpakas unheimlich gerne Äpfel essen. Da an dem umliegenden Bäumen noch reichlich Äpfel hängen probiere ich das direkt aus und so kommen die Tiere noch in den Genuss einiger frischer Äpfel.
In Kröchlendorff angekommen besichtige ich kurz das Schloss und die dazugehörenden Kapelle. Auch hier ist es angenehm ruhig und die immer noch tief stehende Sonne taucht die Umgebung in ein magisches Licht. Es ist einfach eine tolle Herbststimmung.
Gegen halb 12 erreiche ich die Überreste des Klosters von Boitzenburg und mein nicht mehr zu ignorierendes Hungergefühl vermittelt mir unmissverständlich, dass es wirklich an der Zeit für das zweite Frühstück ist. Ich pausiere an einer einsamen sonnigen Sitzgelegenheit direkt neben der Klostermühle.
Anschließend führt mich mein Weg weiter durch durch diesen wundersamen Ort, vorbei an der Pfarrkirche "St. Marien auf dem Berge" und dem durchaus beeindruckenden Schloss Boitzenburg. In Zeiten wo sich alles in wenigen Ballungszentren konzentriert wirken diese für die Größe des Ortes wirklich bemerkenswerten Bauten im nirgendwo irgendwie surreal.
So unscheinbar wie ich nach Boitzenburg gekommen bin verlasse ich den Ort auch wieder und fahre durch den herbstlichen Wald entlang von Küchenteich, Schumellensee und Haussee in Richtung Westen zur "Alten Eiche".
Irgendwann im Wald verliere ich leider kurz den Überblick und biege etwas zu früh ab. Folglich geht es nach ein paar hundert Metern nur noch nach Bauchgefühl Querfeldein durch den Wald.
Nach einer wilden Fahrt durchs Unterholz spuckt der Wald mich wieder in Warthe aus. Warthe liegt zum Glück nur ein paar Kilometer südlich der "Alten Eiche". Kurze Zeit später erreiche ich das geschätzt 400 bis 500 Jahre alten Naturdenkmal. Von hier aus geht es für mich direkt weiter in die Feldberger Seenlandschaft.
In Carwitz gibt es die nächste Pause mit dem leckeren Brot und einem sehr erfrischenden Bad im Carwitzer See. Das Wasser ist in den letzten 2 Wochen deutlich abgekühlt und so wird es nur ein kurzes Vergnügen.
Mein Weg führt mich über den Hauptmannsberg, zum Zansenblick und Hullerbusch bis nach Wittenhagen und anschließend weiter auf eine wunderschöne Runde um den Breiten Luzin. Leider senkt sich die Sonne inzwischen deutlich in Richtung Horizont und so muss ich mich langsam etwas beeilen. Was sich bereits in Boitzenurg angedeutet hat wird jetzt ganz deutlich. Es ist mal wieder viel mehr Strecke als Tag übrig geblieben.
Am Dreetzsee verabschiedet sich dann leider die Sonne endgültig von mir. Fotostopps entfallen ab jetzt komplett und vorwärts kommen ist angesagt.
Ursprünglich sollte die Tour in Templin enden aber auf Grund der bereits deutlich fortgeschrittenen Zeit und der Tatsache, dass der Zug von Templin 45 Minuten länger nach Berlin braucht als von Fürstenberg ändere ich den Tourenplan.
In Lychen gibt es einen letzten kurzen Stop an der Tankstelle. Ich spendiere dem irgendwie bremsenden Vorderreifen nochmal etwas Luft und zünde das Helmlicht an. Da die Bahn im allgemeinen keine Rücksicht auf meine Ankunftszeit nimmt geht es zügig weiter. Mit viel Willenskraft erreiche ich 5 Minuten vor der Abfahrt des Zuges den Bahnhof in Fürstenberg und bin um kurz vor halb 10 wieder zurück in Berlin am Ausgangspunkt der Tour.
Rückblickend bleibt festzustellen, dass es mal wieder ein traumhaft schöner Tag mit vielen tollen Momenten und Eindrücken war. Es kam mir vor wie ein kleiner Urlaub. Ich denke, ich sollte in Zukunft, bei so tollem Wetter, wieder öfter draußen mit dem Rad unterwegs sein
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