Ich kann dazu nur sagen: Jaein.
Auf der einen Seite stimmt es, es wird völlig übertrieben, vor allem im Internet, aber hier wird doch auch immer übertrieben, von allen Seiten. Ansonsten habe ich im realen Leben bisher keine Diffamierung von AFD-Wählern nach der Wahl feststellen können.
Es ist falsch Leute kategorisch auszuschließen oder gegen sie zu hetzen, weil sie sich berechtigte oder auch unberechtigte Sorgen machen und mit gewissen Dingen und Entwicklungen nicht klar kommen, oder eine andere Meinung dazu zu haben. Es ist in einem demokratischen Land natürlich auch legitim etwas gegen ungeordnete Zuwanderung zu haben, oder dies abzulehnen. Etwas was lange große Volksparteien vertreten haben. Leute an die Wand zu stellen und anzuklagen hilft nicht sie zu überzeugen, dass Fremdenfeindlichkeit und Abschottung der falsche Weg sind und eine Partei wie die AFD genau das vertritt. Diesen Fehler haben auch Politiker von anderen Parteien und auch die Medien gemacht und macht jetzt auch jeder, der seine Facebook-Freunde aus diesem Grund löscht.
Und wenn ich nach der Wahl von Vertretern der großen konservativen Volksparteien höre, dass man um auf die Interessen von AFD Wählern wieder einzugehen Infrastrukturprojekte zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr schaffen müsse, oder gar nicht wisse, was man hätte anders machen sollen, dann hat man halt auch noch immer nichts kapiert. Manche nehmen es wohl lieber hin, da jetzt 13% AFDler im Bundestag sitzen zu haben. Passiert halt.
Jetzt das große ABER:
Ich finde es auch etwas verharmlosend, was hier geschrieben wurde.
Mein vorhergehende Absatz bezieht sich auf die, die die AFD aus Überzeugung gewählt haben und sei es, wegen Überfremdungsängsten durch die Flüchtlingskrise und einer zumindest latenten Ausländerfeindlichkeit.
Dann gibt es noch ein paar echte Nazis, die vorher auch NPD gewählt haben. Ob denen noch geholfen werden kann, sei mal dahingestellt.
Und dann gibt es da aber noch die Gruppe der Protestwählern. Leute, die mit irgendwas nicht zufrieden waren (und sei es der ungeordnete Zuzug von Flüchtlingen) und dann AFD wählen, aber nicht aus Überzeugung sondern den vorhergehend gewählten Parteien (Meist wohl Union, SPD, oder auch die linke) „es zu zeigen“. Und bei diesen Leuten ist es durchaus berechtigt sie mal deutlich zu fragen, ob sie sie noch alle haben.
Man sollte es nämlich auch nicht verharmlosen. Im deutschen Bundestag werden erstmals wieder Nazis sitzen, die es in den Reihen der AFD durchaus gibt und zwar gar nicht mal so selten. Leute, die am liebsten Geschichte schönen würden und vor allem Hass, Angst und Unmenschlichkeit verbreiten und sich - auch gedeckt durch ihre gemäßigten Mitglieder – als die „echten Deutschen“ und „das Volk“ darstellen. Wie kann man nur aus Protest eine Partei wählen, die als Deckmantel für Rechtsradikale fungiert?
Zum einen kommt da eine Thematik und Rhetorik in den deutschen Bundestag, die zum Glück längst überwunden war, aber vor allem ist es eine gewaltige Rufschädigung Deutschlands im Ausland die da dank dieser Protestwähler geschehen ist. Und ja, damit auch eine Rufschädigung jedes einzelnen Deutschen.
Ein Deutschland, das seinen lange Zeit schlechten Ruf politisch wie menschlich zu einem guten Teil endlich überwunden hatte, auch dank Sommermärchen und Co., aber auch dank einer im Großen und Ganzen guten Außenpolitik über Jahrzehnte, die vor allem zuletzt als einer der wenigen „Großen“, der gemäßigt, vernünftig und verlässlich agiert, gelten konnte. Das haben diese 60% Protestwähler geschafft und das darf man Ihnen auch ankreiden und sich darüber aufregen und das nehme ich diesen Wählern auch übel. Vor allem, da es an Alternativen nicht mangelte. Es sind noch weitere 5 Parteien im Bundestag, das Spektrum war groß, auch wenn die beiden größten Parteien nahe beieinander waren.
Und die, die jetzt der Kanzlerin wesentlich mehr Kopfschmerzen bereitet und einen Denkzettel zur bisherigen Politik verpasst haben als die AFD-Wähler, sind diejenigen, die FDP, Grüne und Linke gewählt haben. Die Kanzlerin hat jetzt sicherlich ihre schwierigste Amtszeit vor sich; mit einer Jamaika-Koalition und dadurch sicherlich gezwungen Ihre bisherige Politik des Stillstands und der Debattenlosigkeit aufzugeben.
Es ist wie immer, Protest-Wählen hat keinen Sinn und bringt nichts (zumindest nichts Gutes oder Konstruktives) und Verständnis für solche Wähler habe ich auch keins.
Und da ich weder AFD-Wähler als Freunde, noch Facebook habe, ist das mit dem löschen auch kein Problem.
Allgemein finde ich, eine politische Diskussion hier im Forum anzustoßen, sollte die absolute Ausnahme bleiben.
Es ist der falsche Platz.