Lenkwinkel am Mountainbike: Flach oder steil – einfach erklärt!

Lenkwinkel am Mountainbike: Flach oder steil – einfach erklärt!

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In unserem Grundlagen-Artikel zum Thema Rahmen haben wir uns auch ein wenig mit dem Thema "Lenkwinkel" befasst, doch in Anbetracht der starken Entwicklungen auf diesem Feld ist es mehr als angebracht, diesen Thema einen eigenen Artikel zu widmen. Jeder kennt ihn, den Lenkwinkel. Doch was beeinflusst ihn und wie beeinflusst er das Fahrverhalten eines Mountainbikens?

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Lenkwinkel am Mountainbike: Flach oder steil – einfach erklärt!
 
Ich verstehe immer nicht weshalb XC Räder noch mit 80mm Vorbauten und 70° Lenkwinkel gefahren werden. Wo bitte wäre der Nachteil bei längerem Hauptrahmen und Kettenstreben und flacherem Lenkwinkel bei kürzerem Vorbau? Man fährt doch mit einem 70° Lenkwinkel nicht schneller bergauf...und die Sitzposition muss man nicht über den Vorbau strecken...Druck bekommt man mit längeren Kettenstreben und längeren Hauptrahmen auch mehr aufs Vorderrad ohne einen 80mm Vorbau fahren zu müssen.
 
Was lässt dich glauben, dass die heutigen DH Bikes in 10 Jahren nicht so wirken, wie die 2005er Modelle heute? ;)

Gabs da schon wieder eine Art "Umkehren" zu steileren Winkeln und weniger Radstand? Hab das nicht so im Blick...


Eine Umkehr nicht, aber die Winkel werden nicht mehr flacher, die Kettenstreben nicht mehr kürzer oder länger. Also entweder Verlangsamung oder Stagnation. Am Reach kann man ohnedies nicht ewig verlängern und das Tretlager absenken auch nicht. In die andere Richtung wird's eher nicht gehen. ;)
Kann natürlich sein, wenn Red Bull es verlangt, dass sie die DH Strecken in Richtung A-Line verändern. Dann würde sich die Geometrie wieder anpassen.
 
Man sollte sich an jenen Bikes orientieren, wie wirklich schnell sind: Den Downhill Bikes. Dort nähert man sich ja langsam dem Optimum und man kann sich viel abschauen.
Was lässt dich glauben, dass die heutigen DH Bikes in 10 Jahren nicht so wirken, wie die 2005er Modelle heute? ;)
Da kann ich @marx. nur Recht geben. Vom "Optimum" wird geredet, seit dem es Spezialisierungen gibt, und das ist grob ab 1990 der Fall. Es ist eine Evolution, die der Diversifizierung geschuldet ist, genauso dem technischen Fortschritt und der Bereitschaft der Kunden, für Bikes auch sehr viel zu zahlen. Meine Prognose: In 10 Jahren lassen sich Bikes, die etwa die Bergabperformance eines heutigen Downhillers erreichen, bergauf pedalieren, wie heute Enduros.
Optimiert werden aber immer auch die Spezialisierungen. Was für 1990 ein optimales Bike war, mit dem man sowohl einen Uphill, einen Downhill und einen Cross Country fahren (und gewinnen) konnte, wäre heute unvorstellbar, weil die Bikes extrem spezialisiert wurden und auch immer noch neue auftauchen, neuerdings z.B. die "Trailbikes" oder die langen "Geometron"-Geometrien.
 
Ich verstehe immer nicht weshalb XC Räder noch mit 80mm Vorbauten und 70° Lenkwinkel gefahren werden. Wo bitte wäre der Nachteil bei längerem Hauptrahmen und Kettenstreben und flacherem Lenkwinkel bei kürzerem Vorbau? Man fährt doch mit einem 70° Lenkwinkel nicht schneller bergauf...und die Sitzposition muss man nicht über den Vorbau strecken...
Verstehen tu ich das auch nicht - da wäre viel Potenzial drin. Aber die XC-Leute sind für mich sehr mit den Rennradlern verwandt: Sehr konservativ.
 
Ich schreibe von DH Bikes. Was soll man dran noch groß verändern? Lenkwinkel flacher - wurde schon versucht. Kettenstreben länger: Die meisten fahren bei einstellbaren Kettenstreben nicht die längste Variante.

Bei Endurobikes sieht es natürlich anders aus. Da geht noch einiges und wird auch noch einiges kommen.

Du musst keine 10 Jahre warten. Es gibt heute schon Enduros, die Bergab wie DH Bikes laufen, auf vielen Strecken vermutlich sogar schneller als DH Bikes sind. Jared Graves ist mit seinem Enduro Dritter bei der DH WM geworden. ;)
Mein Tourenbike hat die Geometrie des Santa Cruz V10. ;)

In 10 Jahren wird sowieso jeder DH Bikes fahren. Weil wenn da ein eMotor drin steckt, ist der Rest egal. :D
 
Interessanter Artikel mit tollen Beiträgen! Würde mir wünschen das in der nächsten Zeit noch mehr so Geo-Geschichten kommen.
Hier sind ein paar gute Denkanstöße für mich mit dabei, bzw. deckt sich einiges mit meinen eigenen Überlegungen zu dem Thema. :daumen:
 
Eine Umkehr nicht, aber die Winkel werden nicht mehr flacher, die Kettenstreben nicht mehr kürzer oder länger. Also entweder Verlangsamung oder Stagnation. Am Reach kann man ohnedies nicht ewig verlängern und das Tretlager absenken auch nicht. In die andere Richtung wird's eher nicht gehen. ;)
Ich schreibe von DH Bikes. Was soll man dran noch groß verändern?
Sehe ich nicht so. Gerade die Experimente mit sehr langen Geometrien ("Geometron") zeigen, daß noch ganz andere Auslegungen funktionieren können. Und angenommen, jemand baut eine gezogene Schwinge als Federgabel, dann wären die Voraussetzungen völlig neu was Geometrien wie Lenkwinkel, Gabeloffset, Reach betrifft.
 
wenn alles so kommt wie tyro sagt muss ich mir noch 5 ersatzräder für die nächsten 20 jahre auf die seite legen. ich will kein downhillbike. nirgends.
 
Keine Angst, die Industrie will dir lieber 10 unterschiedliche Bikes für jeden speziellen Zweck verkaufen. Da wird es in zukunft immer was passendes zu finden geben, egal ob mit oder ohne E.
 
Ich verstehe immer nicht weshalb XC Räder noch mit 80mm Vorbauten und 70° Lenkwinkel gefahren werden. Wo bitte wäre der Nachteil bei längerem Hauptrahmen und Kettenstreben und flacherem Lenkwinkel bei kürzerem Vorbau? Man fährt doch mit einem 70° Lenkwinkel nicht schneller bergauf...und die Sitzposition muss man nicht über den Vorbau strecken...Druck bekommt man mit längeren Kettenstreben und längeren Hauptrahmen auch mehr aufs Vorderrad ohne einen 80mm Vorbau fahren zu müssen.



Das mit den konservativen XC-Fahrern ist auch mein Eindruck.
Hier hat einer argumentiert, dass man besser überholen kann mit einem wendigen Rad in dem man zackig ausschert und vorbeifährt.
Der lange Vorbau bringt viel Druck auf's Vorderrad. Lange Kettenstreben würden das Rad zu träge und schwerfällig machen.

Alles in allem nähert sich der XC-Bereich aber auch langsam an Long, Low, Slack an.
Lenkwinkel werden flacher, Hauptrahmen länger, Vorbauten kürzer. Siehe z.B. Scott oder das Epic-Fully.
 
Text zu vereinfachend?

Na dann in die Vollen!

Für gelangweilte Physiker:
Klein / Sommerfeld, 1910 ,"Über die Theorie des Kreisels" , Heft IV , §8 S863-884
"Stabilität des Fahrrads"
(ist aber harter Stoff..., bei den beiden Autoren kein Wunder)

Nett ist auch
Kooijman et al , Science, 15 (DOI: 10.1126/science.1201959)

oder für den Einstieg:
https://sites.google.com/site/bikephysics/Home
 
@foreigner
Top Beiträge!:daumen:
Was deine Erfahrungen mit dem ICB angeht muss man aber dazu aber fairerweise auch noch den Reach betrachten. Erst in Kombination mit dem Reach ergibt sich mit dem Lenkwinkel (sowie Einbaulänge der Gabel, Stack und Steuerrohrlänge) das Frontcenter, welches für die Berechnung der Gewichtsverteilung mit der Kettenstrebenlänge verwendet werden kann. Ein Rad mit 62 Grad Lenkwinkel und großem Offset kann also auch mit kurzen Kettenstreben von 425mm funktionieren, wenn das Front-Center (also vorwiegend der Reach) klein ist.

Persönlich bin ich momentan nämlich auch mit dem Bird Aeris 145 LT am liebäugeln und bin nicht sicher ob ML oder L besser wäre. Der lange Reach vom L würde mir besser gefallen, da aber die Kettenstreben nicht mitwachsen habe ich bei 435mm Kettenstreben und einem Lenkwinkel von 64.6 Grad das Gefühl, dass ein ML Rahmen (481mm Reach) ein ausgewogeneres Verhältnis hat als das L (506mm Reach) und eine neutralere Position auf dem Rad erlaubt, anstatt wie ein irrer auf dem Vorderrad zu hängen (was ja auch nicht immer die sicherste Position ist).

Was deine und auch Greg Minaars Ansicht zur Korrelation von Vorbaulänge und Gabeloffset angeht habe ich mir auch ein paar Gedanken gemacht bin aber von der Theorie einfach nicht überzeugt, da durch den Backsweep des Lenkers (je nach Lenkerbreite -> siehe hier: https://www.mtb-news.de/news/2012/10/23/vorbaulaenge-theorie-und-fahrbericht-straitline-ssc-und-spank-spike-race-35mm/), die effektive Vorbaulänge deutlich kürzer wird. Bei einem 800mm Lenker mit 8 Grad Backsweep ist man bei einem 35mm Vorbau schon ziemlich genau auf der Lenkachse mit den Griffen (34mm Verkürzung). Kürzer und man lenkt schon "von hinten", länger und man hat das gewohnte Verhalten. Und das unabhängig vom Gabeloffset.

Noch eine Sache die ich ganz interessant finde ist die Effektivität von Gabeln unter sehr flachen Lenkwinkeln überhaupt noch zu arbeiten. Gerade bei flachen Landungen ist die orthogonal zu den Standrohren einwirkenden Kraft schon ziemlich groß. Manche kennen vielleicht das Bild von der sich durchbiegenden Downhillgabel bei einer Rampage. Wird der Lenkwinkel zu flach, wird die Belastung der Gabel einfach sehr groß. Ich finde gerade den Link nicht mehr aber irgendwo hat Chris Porter auch mal gesagt, dass bei einem Lenkwinkel jenseits der 61 Grad im Downhill der Verschleiß der Gabeln extrem zunimmt und die Dinger ständig nur noch gewartet werden müssen. Prinzipiell sollte das Problem jedoch bei Upside-Down Gabeln aufgrund der größeren Überlappung etwas geringer sein. Gabeln wie die Dorado, Emerald oder Intend sollten also mit flachen Lenkwinkeln besser klarkommen als Boxxer und co..

Natürlich stimmt es, dass die Lenkergeometrie bei der Vorbaulänge komplett reinspielt. Aber so ganz extrem wie in dem Beispiel aus dem Link ist es oft gar nicht. Bzw. bin ich der Meinung, dass hier sogar falsch gemessen wurde, wenn es um das Thema Druck aufs Vorderrad geht. Es wurde waagrecht gemessen. Das ist für die Sitzposition relevant, aber nicht für den Druck auf das Rad. Hier muss man die Steuerrohrachse betrachten, also 90° zum Lenkwinkel (echte Vorbaulänge) messen.
Es hängt tatsächlich sogar stark vom Rise des Lenkers ab und wie er montiert ist.
Beispiel: Wenn ich bei meinem Enduro in der Verlängerung des Steuerrohrs auf meine Lenkzentrale schaue (also in der Achse, die für die Krafteinwirkung auch relevant ist, quasi im Lenkwinkel) und einen Balken (Lineal oder Wasserwaage) über die beiden Kraftangriffspunkte am Lenker lege (also, die Achse der Lenkergriffe in der Mitte der Lenkgriffe; am Lenkerende zu messen ist auch Quatsch) und dann an dem Balken schaue, wie der Versatz in der Lenkermitte ist, dann entspricht er exakt der tatsächlichen Vorbaulänge. Es gibt also überhaupt keine Verkürzung durch den Lenker.
Warum ist das so?
Der Lenker hat 35mm Rise. Der Rise geht ab der Lenkerklemmung erst einmal mehr oder weniger waagrecht nach oben. Das hängt auch von der genauen Lenkerstellung ab. Wenn man den Lenker, wie viele Leute, leicht auf sich zu dreht, dann geht der Rise sogar leicht nach vorne. Aber selbst wenn der Rise nur senkrecht nach oben verläuft, ist das im Vergleich zur Steuerrohrachse (also im Lenkwinkel) eine virtuelle Verlängerung des Vorbaus. In dem Bereich haben auch so gut wie alle Lenker noch keine Kröpfung. Erst nach der Aufwärtsbiegung beginnt eigentlich der angegebene Winkel von beispielweise 8°. Das ist aber ab da kein großer Abstand mehr bis zum Mitte der Lenkergriffe. Demzufolge ist die Rückbiegung nicht groß und gleicht bezogen auf die Steuerrohrachse lediglich die virtuelle Verlängerung durch den Rise aus. So kommt es, dass beispielsweise bei meinem Enduro Bike in Steuerrohrachse betrachtet die Durchmessermitte der Lenkerklemmung in der direkten Linie zwischen den Lenkergriffen befindet und somit Lenkerklemmung, Vorderradachse und Lenkergriffe in gleichem Abstand zu einer parallelen durch das Steuerrohr befinden, es also keinerlei Verkürzung durch den Lenker gibt.
Bei flachen Lenkern ist eine Verkürzung tatsächlich eher der Fall, allerdings biegen inzwischen einige Hersteller im ersten Bereich ihre Lenker sogar eher nach vorne, weil sie eben verstanden haben, dass der Winkel des Lenkers die Handhaltung verbessern soll und nicht die Bike-Geo verändern.
 
Das mit den konservativen XC-Fahrern ist auch mein Eindruck.
Hier hat einer argumentiert, dass man besser überholen kann mit einem wendigen Rad in dem man zackig ausschert und vorbeifährt.
Der lange Vorbau bringt viel Druck auf's Vorderrad. Lange Kettenstreben würden das Rad zu träge und schwerfällig machen.

Alles in allem nähert sich der XC-Bereich aber auch langsam an Long, Low, Slack an.
Lenkwinkel werden flacher, Hauptrahmen länger, Vorbauten kürzer. Siehe z.B. Scott oder das Epic-Fully.
Ihr könnt euch aber schon vorstellen, dass ein DH Bike völlig andere Federwege und völlig andere Anforderungen stellt als ein CC Hobel? Diese beiden Bereiche dürfen durchaus differenziert betrachtet werden. Alles im Hobby MA Bereich lässt sich prima mit einem 80 mm Hardtail fahren.
 
@foreigner
Danke für die Anwort!
Hmm... da hast du auf jeden Fall auch wieder Recht. Der Wagerechte Versatz ist vermutlich nicht so entscheidend wie der rechtwinkelig zur Steuerrohrachse. Dass das wieder genau auf die Vorbaulänge rausläuft ist ja krass. Ich messe das mal aus Neugier bei mir auch mal.
 
Ich finde es cool, dass Nicolai sich mit dem Saturn mal der Geo bei XC Bikes gewidmet hat. Das Rad ist meiner Ansicht nach wegweisend in dem Bereich.

@GravityFan : Bei meinem alten DH-Bike verkürzt der Lenker deutlich. Der hat aber weniger Rise und ist 12° gekröpft. Bei dem Rad aber gut so, weil es ganz oldschool sehr kurzen Reach hat und eh genug Druck auf dem Vorderrad ist.
Bei meinem Enduro entspricht es tatsächlich einfach nur der Vorbaulänge.

Einen Satz noch zu dem von dir angesprochenen Gabel-Problem. Ich denke auch, dass Upsidedown da die Zukunft ist. Der Bommelmaster hat´s vorgemacht wie das für Single-Crown Gabeln geht (Wobei sogar seine ja travelbare Doppelbrückengabel vom Gewicht ja nicht allzuweit von ein paar schwereren Enduro-Gabeln weg ist), Bos hat es mit der Obsyss und ihren massiven Rohren inklusive Motocross-Bauweise bei den Bushings (Bushing ist oben am inneren Rohr fest; Rohrüberlappung erhöht sich beim Einfedern) gezeigt, wie man das Thema im DH-Bereich angehen kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
@foreigner
Hab bei meinem Hardtail (66Grad Lenkwinkel, 50mm Vorbau, 800mm Lenker mit 8 Grad Backsweep) mal grob gepeilt. Die Vorbaulänge wird effektiv mindestens um die Hälfte verkürzt durch den Lenker (gesehen orthogonal zur Lenkachse). Also schon ein gutes Stückchen.
 
Ihr könnt euch aber schon vorstellen, dass ein DH Bike völlig andere Federwege und völlig andere Anforderungen stellt als ein CC Hobel? Diese beiden Bereiche dürfen durchaus differenziert betrachtet werden. Alles im Hobby MA Bereich lässt sich prima mit einem 80 mm Hardtail fahren.
Aber ein XC Hardtail müsste ja eigentlich keine schei* Geometrie haben. Wenn die Geos etwas fortschrittlicher wären könnte man mit einem 80mm Hardtail noch viel entspannter alles im Marathonbereich, sowie darüber hinaus noch viel mehr fahren...
Bei aktuellen XC Bikes bekomme ich persönlich wenn die Trails mal etwas steiler/gröber/schneller werden regelrecht Todesangst und das müsste denke ich nicht so sein.
 
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