Hallo und Besten Dank für Eure Beiträge, ich freue mich über so viel Resonanz.
Ästhetikempfinden gründet sich immer auch auf Gewohnheit und da dieser Rahmen keiner bekannten Formgebung folgt, bleiben wohl einige Erwartungen unerfüllt. Was das Gestalterische angeht, so wasche ich meine Hände in Unschuld. In diese Richtung habe nie geschaut.
Ich bevorzuge Formen, die rein funktional entstehen und die schlicht und reduziert rein technische Aspekte aufgreifen. Eine vollständig designfreie Konstruktion, die minimal und durchdacht ist, empfinde ich als ansprechend.
In meinen Augen sind Fahrräder einiger Hersteller hier gute Beispiele, wobei es viele Parallelen mit dem Flugzeugbau gibt.
Ein genieteter Rahmen aus Blechhalbzeugen sieht nun mal so aus, gleich einem Rad welches wohl auch immer rund bleiben wird.
Er wirkt im Vergleich natürlich wuchtig, das liegt aber auch daran, dass man mit einer gegebenen Materialmenge mehr Volumen umbauen kann, da die Wandstärken dünner sind als bei Rohrhalbzeugen. Am Ende wird das Tragwerk dadurch leichter und steifer.
Auf einige technischen Fragen möchte ich noch eingehen:
Die verwendeten Luftfahrt-Bleche bezog ich aus den USA. Sie sind durchweg zöllisch und haben noch eine weitere Eigenschaft. Es handelt sich um ein Verbundblech, welches im Flugzeugbau viel Anwendung findet. Hochfeste Alulegierungen haben gegenüber ihren schweißbaren Kollegen einen kleinen Nachteil. Sie korrodieren leicht und brauchen zusätzlichen Schutz. Dabei werden auf die hochwertigen 2024-T3 Bleche dünne Ober- und Unterschichten aus korrosionsbeständigem Reinaluminium gewalzt. Damit entsteht eine Art Verbundmaterial, ein sogenanntes „Alclad“. Das gibt es hier sicher auch, habe es aber bislang nicht gefunden.
Kleben ist eine Option und ich habe an einigen Stellen zusätzlich mit einem speziellen Aluminium-Strukturkleber gearbeitet. Bei dieser Konstruktion war das aber nicht immer sinnvoll, da beim Kleben Überlappungslängen erforderlich sind, die das Gewicht unnötig in die Höhe getrieben hätten. An einigen Stellen ist der Platz dafür schlicht nicht vorhanden. Hier sind Nietreihen weitaus effizienter, weil sie pro Länge bzw. Fläche deutlich höhere Kräfte übertragen können. Was die Ermüdung angeht, so stellen sie keine Schwächung dar, auch wenn das Material „perforiert“ wurde.
Ich bezweifle keineswegs, dass es haltbare, geschweißte Alufahrräder gibt. Schließlich bringt mich eines jeden Tag auf die Arbeit…
Aber irgendwo muss man ansetzen, wenn die Bauweisen verglichen werden sollen. Bei der Auslegung von geschweißten Konstruktionen müssen Sicherheiten vorgesehen werden, die auf die Schwächung und auf die höhere Ermüdung durch die Schweißnaht eingehen. Das ist mach- und lösbar und ich bin mir sicher, die Fahrradhersteller wissen was sie tun und verfügen auch über entsprechende Erfahrungen. Ich behaupte aber, solche Maßnahmen erfordern stets ein höheres Gewicht und hier punktet einfach der Kaltverbund.
Oft werde ich nach dem Rahmengewicht gefragt. Ich befürchte, dabei geht es darum diesen Prototypen mit bekannten Rahmengewichten, zum Beispiel mit einem modernen Carbonrahmen, zu vergleichen. Wenn da dann nicht eine deutlich niedrigere Zahl rauskommt, dann war das wohl nichts mit meinem Gebastel…
Darum geht es mir aber nicht und das möchte ich zum Ausdruck bringen. Ich habe als kleiner Hobbyschrauber nicht die Möglichkeit eine Testreihe mit aufwändiger Erprobung aufzusetzen. So gesehen fällt es mir ungleich schwerer einen wirklich gewichtsoptimierten Rahmen herzustellen. Selbstverständlich kann ich in dieser Angelegenheit nicht mit der Fahrradindustrie mithalten. Aber die Fahrradindustrie kann mit meinem Arbeitsaufwand auch nicht mithalten. Sie kann somit solche hochwertigen Legierungen nicht einsetzen. Diesen Vergleich fand ich interessant. Außerdem handelt es sich um den ersten und möglicherweise einzigen Fahrradrahmen, den ich bauen werde.
Dennoch vertrete ich nach wie vor die Ansicht, dass mit dieser Bauweise Steifigkeiten, Festigkeiten und Haltbarkeiten möglich sind, die gängige Verfahren mit einem gegebenen Gewicht bislang nicht erreichen.
Das mit dem Schaltauge ist kein Versäumnis und als Theoretiker sehe ich mich ganz und gar nicht. Ich wollte hier maximale Formtreue und das geht mit einem weiteren Anschraubteil nicht so gut. Daher gibt es auch nichts einzustellen, es passt einfach. Sollte hier ein Unglück passieren, lässt sich mit wenigem Aufwand das gesamte Ausfallende ersetzen. Zudem ist es so stabil, dass entweder der Bolzen oder das Schaltwerk vorher nachgibt und die lassen sich einfach ersetzen.
Und was heißt hier „Kein Flaschenhalter“, ein Sattel ist doch drauf, oder?
Gruß
Thomas