Dazu mal eine ernstgemeinte Frage (auch mal im Kontext dessen, dass bei Fahrrad-Gewichten die Fahrrad+Fahrer Gesamtmasse als Vergleich herangezogen wird).
Für mich kann man die beiden Massen Fahrrad und Mensch nicht addieren, weil sie ja nicht steif/krafschlüssig (?) miteinander verbunden sind. Die Masse des Fahrrad bewegt sich zwar nich komplett unabhäng vom Mensch, aber zumindest deutlich anders durch den "Federweg" der Arme/Beine. Selbst der unbegabteste wird nicht "eins mit dem Rad" im Sinne der Gesamtmasse oder?
Das heißt für mich der Faktor 100 ist ja garnicht zustreffend, da der Massedämpfer hier nur auf die Masse des Rades+bisschen Mensch wirken muss, aber eben nicht auf die Gesamtmasse!?
Das ist grundsätzlich schon richtig, dass man die Gewichte von Fahrrad und Fahrer nicht immer addieren kann, häufig aber schon (insbesondere wenn es zum Beispiel darum geht, dass sich leichtere Fahrräder angeblich deutlich leichter/schneller bergauf fahren lassen).
Im vorliegenden Fall muss man die Situation insgesamt sicherlich differenzierter betrachten, insbesondere wenn es darum geht, so ein Massedämpfersystem konkret auszulegen, um damit einen gewünschten Effekt zu erreichen. (Das wird aber unter anderem, weil eben solche Kopplungen kaum vernünftig zu quantifizieren sind, niemand ausrechnen, sondern immer austesten.)
Es ging mir im genannten Punkt um das spezifische Argument, das Gewicht im Massedämpfer würde den Schlag in der Fahrsituation auffangen, weil es sich gegenläufig zum Impuls des Schlages bewegen würde. Dem ist nicht so. Wäre es so, weil das Argument, dass die Gabel unabhängig vom Fahrergewicht agierte, richtig wäre, dann würde dieses Argument ja für die Wirkungsweise der Gabel alleine genauso gelten und dann müsste man die Feder der Gabel nicht auf das Fahrergewicht abstimmen, sondern auf das Gewicht der Gabel. Das wird aber nun offensichtlich nicht gemacht. (Dieses Vorgehen würde funktionieren, wenn du als Fahrer JEDEN Schlag, der auf die Gabel wirkt, vorhersehen könntest, die Gabel vor dem Schlag vollständig entlasten würdest, sodass die Gabel den Schlag dann effektiv ausgleicht - was mit dem geringen Gabelgewicht leichter wäre -, und dann könnte man die Gabel in Neutralstellung wieder belasten. Problem wäre dann nur noch, dass man eine Vorrichtung braucht, die in Neutralstellung die Feder der Gabel vom Fahrergewicht entlastet, sonst hast du eine vorgespannte Feder. Wobei sich dann fragt, warum man noch eine Gabel braucht und man nicht alternativ das Rad einfach rechtzeitig weit genug hochzieht.)
Tatsächlich ist es so, dass zu Beginn erst mal eine gute Kopplung von Fahrer und Rad besteht, was sich im Sag manifestiert. Der Schlag wirkt initial auch gleich mal auf den Fahrer. Man könnte sagen: leider. Danach kann man den Menschen sicherlich als Teil des mechanischen Systems sehen, die Kopplung hängt dann nicht zuletzt von der Athletik des Fahrers ab. Ist auch ein Grund, warum trainierte Fahrer andere Federhärten fahren können als weniger trainierte. Die Wirkung, die du mit dem Massedämpfer erreichen willst, ist jedenfalls darauf ausgerichtet, was sich auch in der Federung des Rads an Bewegung zeigt, und die ist nun jedenfalls vor allem vom Fahrergewicht als dominierender Faktor im System Rad-Fahrer abhängig (beim Auto ist das übrigens anders, da ist das Auto der dominierende Faktor).
Was man festhalten kann: Die Wirkung, die man vom Massedämpfer spürt, wenn man das Rad ohne Fahrer auf den Boden knallt, ist ähnlich aussagekräftig, als wolle man dadurch die richtige Fahrwerksabstimmung beurteilen. Für beides braucht es den Fahrer auf dem Rad, weil der Fahrer eben die bestimmende Masse im Gesamtsystem ist. Natürlich wäre es falsch, wenn man etwa für eine mathematische Beschreibung Fahrer und Rad als eine feste Gesamtmasse hinschreiben würde, aber wenn man nur das Radgewicht nehmen und das Fahrergewicht komplett außen vor lassen würde, wäre das mit Sicherheit noch viel weniger richtig. (Deswegen kann man übrigens beim Auto viel einfacher mal was ausrechnen hinsichtlich Fahrwerksabstimmung, weil man da die Gesamtmasse recht gut als Einheit annehmen kann.)
Um auf das Argument mit dem Faktor 100 zu kommen: Meinetwegen ist die Abschätzung etwas zu gewagt, aber dass der Faktor zwischen den wirkenden Massen groß sein wird - also auch wenn man die Fahrermasse um einen Kopplungsfaktor korrigiert - kann man auf jeden Fall sagen. Und das ist ja im Übrigen auch genau das Coole an solchen Massedämpfern, dass sie trotz diesem großen Unterschied einen deutlichen Effekt haben; genau deshalb kann man sie dazu verwenden, riesige Gebäude mit darstellbaren Gewichten erdbebebsicher zu machen. Die Wirkungsweise funktioniert eben nicht durch eine direkte Gegenbewegung, sondern durch Effekte, die sich aus der Kopplung zweier Schwingungen ergeben, wobei die Schwingung des Massedämpfer eben deutlich weniger energiereich sein kann. That’s the beauty of it!
Ich hoffe, ich konnte das plausibel machen. Wer einen harten Beweis sehen will, der muss sich einiges an Mathematik antun. Das werde ich hier aber sicher nicht machen. Offen gesagt habe ich mit der Mathematik dahinter auch seit Langem nicht mehr so viel zu tun, dass ich mich da auch erst mal langwierig einarbeiten müsste. Aber wer anschaulich mehr sehen will, kann ja mal nach Videos mit gekoppelten Pendeln oder so suchen. Da gibt es bestimmt viel, allein deshalb schon, weil so Doppelpendel gute Beispiele für Chaos (im mathematischen Sinne, also besser gesagt nicht-lineares Verhalten) sind. Das umso mehr, je ähnlicher die Pendel sind. Werden die Unterschiede zwischen den Pendeln groß, wird das Verhalten linearer und man kann mit dem kleinen Pendel unter bestimmten Umständen das Verhalten des großen Pendels effektiv beeinflussen. Welcome to Massedämpfer!