Heute purzelte ich mal wieder mit dem Cutthie zur Arbeit. Das Cutthie liegt darnieder...
...denn gemäss Mech ist es momentan das Velo mit dem abgehalftersten Antrieb des ganzen Wallis:
Ich bin mit ihm einig, denn beim kleinsten Ritzel fühlt es sich an, als wäre mir endlich das Unmögliche gelungen: die Quadratur des Kreises. Und die kleinen Gänge sind regelrechte Springmäuse geworden. Aber die Kassette hat mich immerhin 3x ans Meer gebracht, da will ich nicht klagen.
Aber zurück ins Wallis von heute Morgen:
Inspiriert von diesem Bild...
...unternahm ich auf dem Weg ins Mittagsyoga einen Abstecher zur Ferme Asile, einer Beiz, in der ich öfters essen gehe. Ich schlich auf die Toilette und fertigte dieses Bild an:
Der Kleber erinnert mich jeweils nicht nur an diesen Faden, sondern auch an meine Jugend im Berner Oberland. Auf dem Weg nach Skandinavien hatte mein grosser Bruder ein paar Mal in Hamburg Station gemacht und den FC St. Pauli kennengelernt. Daraufin flatterte regelmässig die St. Pauli-Fanzine
Millerntor Roar und später
Der Übersteiger bei uns ins Haus. Schon noch witzig bei dieser Aussicht...
...die News aus der grossen Stadt zu lesen. In meinem Kopf spukt noch öfters der Werbespruch "Nach dem Spiel: Anpfiff bei Cocteau" rum. Und auch die ewigen Anmerkungen vom "Tipper" (der Typ, der die Texte fürs Roar abtippte) sind mir hängengeblieben.
Aufgrund der Fanzine erfuhr ich von einem Freundschaftspiel gegen Celtic Glasgow, das im Sommer 1995 stattfinden sollte. Da mein Vater bei der Bahn arbeitete, konnte ich gratis in ganz Europa Zug fahren - und so ging es als 17-Jähriger zum zweiten Mal alleine Richtung Norden (das erste Mal führte mich nach
Schiermonnigkoog, die Insel des einfachen Glücks).
Meine Erinnerungen an Hamburg sind eher verschwommen: Nach der Nachtzugfahrt und ein paar Bier war ich enorm verpeilt und bekam vom Spiel kaum was mit. Vor dem Spiel kam ich aber bei der Stadionbar mit ein paar St. Pauli-Fans in Kontakt. Als scheu-verlegener Bergler versuchte ich mich ein bisschen interessant zu machen und bot an, sie sollen sich nur melden, wenn sie mal in der Schweiz seien. Nach dem Spiel reiste ich über Nürnberg - Amsterdam nach Schottland und von dort zurück in die Berner Berge.
Die nächste St. Pauli-Erinnerung ist eine alte Frau in Barcelona, die mich - an einem 95er Herbstmorgen soeben dem Nachtzug entstiegen und mit dem Totenkopf-St. Pauli-Shirt an - anschaute als wäre ich der Antichrist. Die folgende Woche in Lloret de Mar mit ein paar Kumpels war mit vom Übelsten, was ich je erlebt habe...
Und dann kam St. Pauli ins Berner Oberland! Die Uefa hatte irgendeine Regel eingeführt, welche vielen Fans nicht passte (nur noch Sitzplätze in den Stadien?). Da machten sich ein paar unentwegte St. Pauli-Fans auf die Socken, um am Uefa-Hauptsitz am Genfersee zu demonstrieren. Und so kam es, dass im Herbst 95 oder 96 vier oder fünf Hamburger auf dem Weg nach Nyon bei uns übernachteten (unsere Eltern waren zum Glück gerade in den Ferien). Die Jungs waren nur für eine Nacht da, aber es hat sich mir eingebrannt, dass drei der Typen grösser waren als ich - so was war mir, frisch ausgewachsen, noch nie passiert und hat mich für den Rest des Lebens traumatisiert
Danach gab es keine Kontakte mehr nach Hamburg, und mein Interesse an grossen Städten liess stark nach. St. Pauli verfolgte ich nur noch am Rande. Meine letzten Erinerungen sind der Platz an der Tabellenspitze nach dem ersten Spieltag sowie das eine oder andere Gerangel mit dem HSV - und natürlich die Story mit dem Weltpokalsiegerbesieger.
Aber immer wenn ich in der Ferme Asile auf der Toilette sitze, leben die St. Pauli-Erinnerungen wieder auf. Vielleicht muss ich doch mal mit dem Cutthie Richtung Norden, um das
Bike der Woche und St. Pauli zu gucken.
Bis es soweit ist gucke ich noch ein bisschen Berge, und vielleicht schaffe ich es mal sogar an ein Spiel des FC Sion im Stade de Tourbillon: