Die perfekte Shigura? (F*ck Servo-Wave!)

alles-fahrer

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Ich habe kürzlich die Deore M6100 Geber an meiner MT5-Shigura gegen M4100 ausgetauscht. Und das Resultat ist überraschenderweise so extrem gut dass ich das hier mal kurz als Empfehlung beschreiben will.

[Prosa]
Es fing beim Bike-Opening in Sölden an, dass eine meiner Bremsen nach einem Belagwechsel einen etwas weichen Druckpunkt hatte. Da ich los wollte zum Lift, versuchte ich also sie nochmal schnell im montierten Zustand zu entlüften. Das Ergebnis war, dass mir etwas mehr als "zwei bis drei Tropfen" Öl aus dem Bleed-Port herauskamen, und die frischen Galfer-Beläge versauten. Zum Glück ließen die sich nach erfolgter Entlüftung am Campingkocher wieder frei-brennen, und funktionierten danach wieder optimal.

Nach Liftschluss fand ich mich deshalb am Magura Stand mit der Frage ein, wann Magura Bremssättel endlich einen separat verschließbaren Bleedport bekommen werden. Also wie an Shimano- oder SRAM Bremsen. Der Techniker ließ durchhören dass Magura wohl schon etwas neues Plane, aber was und wann behielt er für sich. Lediglich dass es vermutlich nicht mehr die selbe Kompatibilität hätte wie das heutige System.
Die Unterhaltung ging weiter und wurde nerdiger. Bald ging es um das Für und Wider meines Shigura Setups, und der normalen MT5-Geber mit ihren vielen Hebel-Varianten. Einen sehr überzeugenden Vorteil zeigte er mir an seinem eigenen Bike mit MT7 und HC3 Hebeln. Diese fühlten sich im Stand zwar nicht so knackig und kurzhubig wie meine Bremse an, waren aber bei einigen Test-Bremsungen und Stoppie-Versuchen mindestens genauso stark, bei gleichzeitig viel besserer Modulation.
Wow ... ich wusste gar nicht dass ich das vermisst habe - jetzt wollte ich es aber auch haben.
Meine Recherche ergab dass mir der Kauf einer HC3-kompatiblen MT7 für einen Versuch zu teuer würde. Nach studium der verschiedenen Magura Hebelcharakteristiken entschied mich also die alten MT5-Geber wieder herauszuholen, und mit dem langen zweifinger-Hebel zu testen. Dieser sollte der MT5 ungefähr die oben hervorgehobenen Eigenschaften geben, was er tatsächlich auch tat. Leider war offenbar die Hauptdichtung meiner beiden Geber nicht mehr wirklich fit - so dass ich mich vorerst mit einem wandernden Druckpunkt arrangieren musste. Die Überlegungen wie dieses Problem zu lösen wäre, wurden bei der ersten Probefahrt irrelevant:
20230621_181856.jpg

Maguras "Carbotexture" (Plastik!) Geber zerbrach bei einem kleinen Sturz. Ich musste die verbleibenden 400 Höhenmeter dann mit so einem Behelf überstehen (aaargh!):
20230621_183220.jpg


Also weg damit, und auf die Suche nach einer Alternative aus Metall. Gibt's für Shimano vor vielleicht Aftermarket-Hebel in lang? Leider nein.

Aber Moment - Shimano hat doch selber im Trekking-Segment längere Hebel. Vielleicht wäre das etwas? Oh, und die niedrige Deore Einstiegsgruppe gibts auch in der aktuellen Baureihe mit langem Hebel ... für gerade mal 32€ das Paar! Na das ist ein preiswerter Versuch - das teste ich!

Zwei Tage später brachte mir der Paketbote bereits die M4100 Geber, und der Vordere wanderte sofort an die Stelle des gebrochenen Magura-Plastiks.

Erste Erfahrungen
Die Hinterradbremse hatte immer noch den M6100 Geber, und ermöglichte einen unmittelbaren Vergleich.
IMG_20230625_133021_893.jpg

Erstmal überraschte mich, dass der günstige Geber vorne einen geringeren Leerweg hatte als der hintere mit Servowave. Er lässt sich also bei gleichem Druckpunkt näher am Lenker fahren - nice! Und trotzdem war der Druckpunkt nicht schwammig. Wo ist die Kehrseite?
Die erste urbane Testfahrt zeigte dass der langhebelige Geber auch meinen Wunsch nach besserer Modulierbarkeit wirklich erfüllen konnte. Wie weggewischt war der winzige Bereich zwischen leichtem Anbremsen und 'zu'. Erstaunlich!

Und die Bremskraft?
Es blieb also nur noch die Frage ob sich der ungewöhnliche low-end Bremsgriff auf unseren anspruchsvollen Freiburger Trails bewähren würde.
Die erste Abfahrt bestätigte den früheren Eindruck - das Bremsverhalten war wirklich stark anders als mit den Servo-Wave unterstützten M6100 Bremshebeln. In einem Wort: das Bike fährt sich mit den neuen Gebern spürbar zahmer. Aber keineswegs langsamer! Obwohl ich das Gefühl hatte viel ruhiger und gemäßigter gefahren zu sein, verpasste ich mit 8:59 Minuten meine persönliche Borderline-Bestzeit um gerade mal 4 Sekunden.

Zu keinem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl weniger, oder gar "zu wenig" Bremskraft zu haben, um meine fast 110kg Systemgewicht ausreichend zu verzögern. Vielmehr gab mir die bessere Modulation das Gefühl immer noch mehr als ausreichend Power in der Hinterhand zu haben, um im Ernstfall Skid-frei zum Stillstand kommen zu können.

Fazit
Ich möchte jedem Shigura-Fahrer wärmstens empfehlen diesem günstigen Setup mal eine Chance zu geben. Von der ungewöhnlichen Moto-Optik abgesehen ist es eine sehr lohnende Optimierung einer bereits sehr anständigen Bremse.
 

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Re: Die perfekte Shigura? (F*ck Servo-Wave!)
Interessantes Setup. Ist der Hebel komplett linear übersetzt, oder hat der eine progressive Charakteristik? Ich bilde mir ein sowas gelesen zu haben.
 
@BBL vom Gefühl her ist er absolut linear. Im Gegensatz zu den Servowave-Hebeln die nach der schnell-hubigen Phase diesen minimalen Bereich haben, in dem sie schnell enorm stark werden.
 
@BBL . Im Gegensatz zu den Servowave-Hebeln die nach der schnell-hubigen Phase diesen minimalen Bereich haben, in dem sie schnell enorm stark werden.
Ich habe genau den gleichen Eindruck von den Servowave-Hebeln. Es wäre interessant mal einen normalen Hebel mit zB einer Saint oder Zee zu fahren, vielleicht werden die dann auch besser modulierbar. Ich habe aber den Eindruck, dass hier im Forum Shimanohebel ohne Servowave als unfahrbar gelten.
Dein Umbau gefällt mir jedenfalls :daumen:
 
Ich bin jetzt ein paar weitere Runden mit den Gebern gefahren, in sehr unterschiedlichen Umgebungen. Von grob, hart und schnell, über sehr lose weiche Böden bis hin zu sehr kompliziertem technischen Gelände:
20230704_181818.jpg

Die Leistung der Bremsen ist wirklich restlos überzeugend. Wo ich mit den alten Hebeln immer mal kurz blockierte Räder mit kleinen Skids hatte, bin ich jetzt komplett rutschfrei unterwegs.
Mir war mit den Servo-Wave Hebeln nicht klar dass mein Bike sich so viel besser und kontrollierter fahren könnte.
 
Um mal meinen Senf dazuzugeben .
Ich habe eine Formular ohne Servowave , ich habe 2 Sets Sram ohne Servowave u. ein Set Shimano ( 4 u. 2 Kolben ) ohne Servowave . Beim Kumpel habe ich eine Shimano 520er u. Saint mit Servowave Hebel ausprobiert . Mit denen komme ich auch zurecht aber tauschen gegen die Bremse ohne Servowave möchte ich sie nicht .
Und wer dann noch schreibt das er die Bremsen ohne Servowave nicht schleiffrei einstellen kann sollte sich bewußt sein das sicher nicht die Bremse daran schuld hat .
 
Wenn der 4000er Hebel zu lang und man preislich flexibel ist: XTR ohne Servo-Wave

https://bike.shimano.com/de-DE/product/component/xtr-m9100/BL-M9100.html
Davon rate ich lebhaft ab. Diese XTR-Hebel ohne Servowave sind wirklich sehr niedrig übersetzt. Die resultierende Bremskraft ist echt mau.

Meine persönliche Meinung zu den langen Touring-Hebeln von Shimano: Ich finde die Fingerauflagefläche am Hebel recht dünn. Bei mir schneidet der Hebel ganz schön in den Finger.
 
Mag sein, dass das funktioniert mit den Shimano Hebeln aber wenn ich sehe, wo der Hebel nun sitzt und dass man keine Möglichkeit mehr hat nen Remote oder nen Schalthebel an der bremse direkt zu befestigen um ein aufgeräumtes Cockpit zu haben.......

Mag sicher funktionieren aber für mich wäre da ein absoluter Rückschritt
Da kann ich das Wort perfekt nicht damit verbinden.

LG
 
Das mit den XTR-Hebeln hatte ich auch mal gelesen. Vom wenig zugänglichen Preis abgesehen haben die einen maßgeblichen Unterschied zum m4100 - die deutlich kürzeren Hebel. Gerade in der Hebel-Länge vermute ich die Ursache für das tolle Bremsgefühl.
 
Ich häng mich hier mal hin. War jetzt paar Tage mit meinem neuen Bike im Bikepark. Hat auch die MT5 mit Magura Bremshebeln. Bin vorher nur Shimano gefahren und war einen kurzen Hebelweg gewohnt, bei dem ich sofort einen Druckpunkt spürte. Bei der Magura muss ich die Hebel bis zum Lenker ziehen, um mal einen Druckpunkt zu haben. Ist für mich sehr gewöhnungsbedürftig und fands auch sehr anstrengend für meine Hände.

Lange Rede kurzer Sinn, möchte auch auf Shigura umbauen und das möglichst mit Deore, da günstigste Variante. War nach meinen bisherigen Recherchen der Meinung, dass ich zwingend einen Hebel mit Servowave brauche. Nachdem ich jetzt den Thread hier gelesen hab, bin ich mir nicht mehr so sicher, was ich machen soll. Hört sich für mich so an, als wäre ohne Serwowave besser, da die Bremse nicht so ruckartig greift, sondern sanfter zu fahren ist und einen breiteren Bereich hat, in dem ich die Bremskraft dosieren kann. Trotzdem aber keinen Verlust an "absoluter" Bremskraft zu befürchten ist, im Vergleich zum Servowavehebel.
Kann man das für Dummies so stehen lassen?

Von den Kosten her machts ja eigtl nicht viel aus ~20€ für beide Hebel.

Da ich noch nie einen Shigura umbau gefahren bin, würde ich vermutlich die Unterschiede zwischen den Hebeln nicht mal zwingend merken. Was meint ihr?
 
Wenn du auf ein aufgeräumtes Cockpit stehst und auch gern mal Dropper Remote (der Shimano Remote an der ev schellenbefestigung ist echt gut) dran machen möchtest oder auch nen trigger, fällt der lange Hebel weg.


Lg
 
Kann dazu noch beitragen, dass ich die MT500 Hebel um einiges besser finde als bspw aktuelle XT, insbesondere was den Druckpunkt anbelangt (mit gleicher BH90 Leitung)
 
Falsch ,nicht falsch…. Es gibt 1-2Finger Hebel und dann den langen Hebel, nicht ohne Grund.

Montierst den langen Hebel nun so dass du mit 1 Finger dran kommst, ist er zweckentfremdet und die ev Anbindung an Schalthebel oder dropper Remote wird dann zur Herausforderung was Bedienbarkeiit betrifft.

Ist doch ok wenn du es fährst. Alles gut.

Aber so gedacht wurde es nicht, wenn man nicht gerade Bärentatzen hat.



Lg
 
Dann will ich auch mal meine Erfahrungen schildern weniger zu Shigura als vielmehr zu den Shimano Hebeln. Ich mags gern kompatibel, deshalb sind an allen meiner selbst aufgebauten Bikes folgende Bremsen installert: Shimano XT M8120, TS Dächle HD 203, Galfer Beläge, auch an meinem Trekking Bike (mit 180 Scheiben aber trotzdem noch völlig überdimensioniert).

Als ich vor 2 Jahren mein Enduro Bike aufgebaut habe, waren leider die XT Bremsen etwas überteuert. Deshalb habe ich super günstig eine M6120 Bremse mit M6100 Gebern gekauft und geglaubt, dass es ja eigentlich keinen großen Unterschied geben dürfte. Weit gefehlt. Ergebnis war, dass ich einfach die 6 Jahre alten XT Geber von meinem Trekking Bike ans Enduro geschraubt habe und die M6100 Geber ans Trekking Bike.

Nun zu meinen persönlichen Eindrücken. Das Enduro Bike hat sich jetzt genauso wie meine anderen Bikes mit kompletter XT Bremse gefahren. Kein Unterschied feststellbar hinsichtlich Bremspunkt, Modulierung und Bremskraft trotz M6120 Bremskolben. Beim Trekkingrad gab es hinsichtlich Bremspunkt auch keinen Unterschied. Aber die Modulation war etwas linearer und die Bremskraft so, dass ich den Hebel nur noch als 2 Finger Hebel benutze, obwohl der M-6100 Hebel auch Servowave hat.

Vielleicht spielt mir mein Kopf auch einen Streich. Die neuen Shimano Hebel mit dieser Abstützung sind für mich eine absolute Fehlkonstruktion wie oben schon beschrieben. Warum hat Shimano das gemacht? Hatten sie kein Vertrauen mehr in die normale einfache Klemmung oder haben sie die Servowave Unterstützung verringert, um Schreckbremsungen abzumildern, damit aber die Bremskraft erhöht und brauchen deshalb die Abstützung. Für mich jedenfalls nicht sehr vertrauenserweckend. Für mein Trekkingrad reichts. Aber zukünftig würde ich mir nie diese Hebel mit Abstützung kaufen. Gibt es ja mittlerweile auch als XT.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe kürzlich die Deore M6100 Geber an meiner MT5-Shigura gegen M4100 ausgetauscht. Und das Resultat ist überraschenderweise so extrem gut
Habe ebenfalls Deore M6100 Geber getauscht, aber gegen XT M8100 Geber - und bin ebenfalls begeistert von der Verbesserung!
Der 6100 Geber hat einen Grundwebfehler: einen sehr großen Leerweg.
Er verhält sich wie ein XT Geber, beim dem die Freestroke-Schraube komplett herausgedreht wurde.
(die Freestroke-Schraube hat die Funktion, den Leerweg künstlich zu verlängern - wenn z.B. die hintere Bremse einen längeren Leerweg als die vordere hat, kann man letztere mit dieser Schraube genauso schlecht machen wie die hintere Bremse - damit es sich einheitlich anfühlt)
Der Leerweg des XT-Gebers ist über einen cm kürzer als der Leerweg des M6100 Gebers!

Den Vergleich zum M4100 habe ich auch:
An einem Bike habe ich vorne MT4 mit M4100 Hebel und hinten MT4 mit Magura Hebel.
Beim Fahren bemerkt niemand einen Unterschied zwischen Shimano MT4100 und Magura Hebel!
Beide gut - Shimano wirkt wertiger!

Meinen Vorlieben kommt die Shigura mit XT Hebel und MT5 aber viel mehr entgegen:
kurzer Leerweg, klarer Druckpunkt, baut ab Druckpunkt mit sehr wenig zusätzlichem Hebelweg viel Power auf, präzise dosierbar.

Servo Wave finde ich richtig gut - ist aber erst ab SLX konsequent umgesetzt.
 
Vielen Dank für das Thema und die Erfahrungen. Ich habe gerade den Original MT 5 Geber gegen MT 401 Shimano Hebel für 12 Euro getauscht.
An ein ehemals 4000 Euro Enduro mit Kashima Fahrwerk und 170 mm Federweg. Das kostet Überwindung, fuktioniert aber Perfekt. Ich hatte noch nie einen so intuitiven Druckpunkt.
Tip für alle, die Hinterrad versetzen, Nosewheelie üben oder oft am Hinterrad die Bremse gezielt einsetzten - beim Manual zum oder so.
Kannte das bisher nur von meine MT 200 am Stadtrad.



Ich habe durch,
MT 5 mit original Hebeln
MT 5 mit HC 1 Hebeln ( auch sehr gut )
SRAM Code RSC - hab ich verkauft - mir zu weich
SLX M7100
XT 8100 ( alles mit Servo Wave )
MT Trail ( auch sehr gut )
MT 200 - Top in der Stadt
Formula RX

Bremsen sind echt Geschmacksache - das Billigheimer Setting liegt bei mir vorne. Ob das sicher ist weiß ich nicht. Wer Enduro ballert ist da sowieso nicht ganz auf der sicheren Seite.
Habe null Langzeiterfahrung, bin gespannt.
 
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