Durstix - von Las Vegas nach Denver

23.07. 09:30 Adventure Basecamp am Colorado River, 1200m

lockhart-basecamp1.jpg

Ja und dann?! WTF?! Kaum ein halbes popliges Stünderl hinter unserer mit viel Eigenblut und andauerndem Juckreiz erkauften Colorado-River-Moskito-Schlammsauf-Aktion finden wir plötzlich einen Wegweiser: "Adventure Basecamp Lodge". Karamba... wo kommt die denn auf einmal her, mitten in der Pampa am Ufer des Colorado, einen Fünfhunderthöhenmeterpass und drei ATV-Stunden von Moab entfernt?! Keine Ahnung hatte ich, da kommt man sich dann doch ein wenig blöd vor. Aber OpenStreetMap ist in den USA halt mal ne halbleere Katastrophe, die Tourbeschreibung verliert kein Wort darüber, erinnern vom letzten Trip kann ich mich an dieses Ding auch nicht. Ist zwar niemand daheim, aber die Türen sind offen, überall stehen "Welcome"-Schilder rum, Trinkwasserspender vor der Tür, ein Kühlschrank mit eiskaltem Bier in der Küche, beinahe wie eine Fata Morgana. Wir haben zwar den Bauch jetzt schon voll feuchtem Flussmatsch, trinken aber einfach weiter und hängen ne halbe Ewigkeit auf der schattigen Veranda ab.

Was lief eigentlich falsch gestern? Naja... entweder zu wenig Wasser dabei... oder zu viel verbraucht... oder zu langsam... oder zu lange Pause gemacht... hinterher ist man immer schlauer... oder auch nicht. Wir wollten eine Dreiliter-Reserve unbedingt noch für den heutigen Tag aufheben, falls wir am Colorado das Wasser aus irgendwelchen Gründen nicht erreichen würden. Freilich, hätten wir von dieser Lodge und der perfekten Versorgung gewusst, wären wir gestern vermutlich nicht so sparsam im Verbrauch gewesen und am Abend auch nicht komplett abgeschlafft. An einem langen Tag wäre der Weg bis hierher dann vermutlich durchaus zu schaffen gewesen... ganz ohne Wasserpanik.

Hätte, hätte, Fahrradkette... egal... so hat's ja auch geklappt, wenn auch mit ein bisserl mehr Leiden als nötig. Nochmal fahr ich aber trotzdem nicht im Sommer durch's Lockhart Basin, so viel ist sicher.

Auch ohne die Lodge und das Coloradowasser wäre Plan B im übrigen aufgegangen: Ein paar ATVler sind dann doch irgendwann gegen Mittag von Moab über den Pass herunter zum Flussufer getröpfelt. Aber selber schaffen ist immer irgendwie besser, auch wenn's nach Dreck schmeckt.

lockhart-inreach.jpg

Plan C war dann übrigens der InReach Satelliten-Notrufsender, der auf diesem Trip im Rucksack dabei sein darf. Hatte nicht nur später wegen wachsendem Durst dran gedacht, sondern auch vorher schon wegen der vielen Plattfüße und wenig verbleibenden Flicken. Mittendrin im Lockhart Basin bist du mal schlappe fünfzig Kilometer in jeder Richtung vom nächsten Highway entfernt. Wenn dir da dein Bike unreparierbar abnippelt (Rahmenbruch, noch ein weiteres Tubeless-Problem, was auch immer), stehst du ganz schön auf dem sprichwörtlichen Schlauch. Um zwei volle Tage rauszumarschieren, fehlt auf alle Fälle das Wasser.

Ist natürlich irgendwo etwas "albern", wegen Durst oder nem kaputten Bike auf den roten Knopf zu drücken, so ganz ohne ernsthafte Verletzung. Aber der kleine InReach erlaubt es, nach einem Notruf mit der Rettungsleitstelle über Satellit Textnachrichten austauschen. Man kann denen also durchaus erklären, dass nicht gleich die ganze Kavallerie mit Hubschraubern und Notärzten in Marsch gesetzt zu werden braucht. Ein netter Ranger im ATV, egal von welcher Seite, wäre in fünf Stunden vor Ort und könnte uns ohne weiteres aus einer möglicherweise immer misslicher werdenden Lage befreien. Na gut, hat ja nicht sein müssen. Plan A ging doch mehr oder weniger auf. Aber ein gutes Gefühl vermittelt so ein kleines Ding im Rucksack schon irgendwie... just in case. Ab sofort hab ich's jedenfalls immer dabei.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sehr guter Spannungsbogen, obwohl ihr den sicher nicht freiwillig so ausgereizt habt. Aber auch immer gut, einen Plan B/C zu haben, in einer solchen Gegend...
 
Puuuhhh...

Und jetzt wäre ich ja gespannt auf die goldige Seite der Geschichte - wie es @Goldkettle dabei erging. Aber vielleicht will man ja auch über so dramstische Momente lieber nichts berichten. Wäre vollkommen in Ordnung.
 
In Österreich werden Wanderer, die keine Lust mehr auf's Wandern haben, mit dem Hubschrauber geborgen. Insofern. ;)
Und die Nordamerikaner haben da noch mal einen eigenen Bezug; so lange du bezahlst. ;)

Ist halt alles Hardcore, aber vermutlich eine gute Schule für's Leben.
 
In Österreich werden Wanderer, die keine Lust mehr auf's Wandern haben, mit dem Hubschrauber geborgen.
...nicht nur in Österreich - leider.

Ich kann mich noch an die Diskussionen erinnern, als ein Heli-Flug pro Jahr über die SAC-Mitgliedschaft abgegolten war und es immer häufiger Fälle gab, in denen Heli-Wandern (selber bergauf und den Rückweg in der Luft) praktiziert wurde. "Verschärft" auch durch die vielen privaten Hubschrauberflug-Anbieter.

Ich selbst war dann auch sehr überrascht als unsere Kinder dann aus meiner Sicht unnötig auf Veranlassung der Rettungssanitäter per Hubschrauber aus dem Allgäu ins Krankenhaus ausgeflogen wurden. (Wegen der Rückreisestaus auf den Landstrassen).

Die Krönung war dann ein Dachstuhlbrand hier im Ort, der vom Polizeihubschrauber im Tiefflug beleuchtet wurde.

Insofern, warum keine Fahrradschläuche abwerfen oder ambulant einen Mechaniker ein- und wieder ausfliegen?
 
In vielen Ländern gelten Hubschrauber als ganz normale Verkehrsmittel.
Ich sehe da die Hemmschwelle eher in der Rettungskette, die mal hier auslöst.
Wäre etwas anderes, wenn man wirklich direkt beim örtlichen Flugunternehmen anfragen würde.
 
Erst mal gut, dass ihr die Durststrecke überwunden habt. Mich würde mal interessieren wie Ihr das mit Eurem “Plastikmüll” handhabt, bei dem vielen Fertigfutter?
 
Schade, dass sich Wasser nicht pulverisiert und komprimiert zusammenpacken lässt. Quasi ein pop up water pack :D

Ersatzdichtmilch ist also nei diesen Temperaturen durchaus sinnvoll, um die Füllung flüssig zu halten. Bzw durch das Ventil auvch in den Schlauch einzufüllen, damit dieser dann „gesichert“ ist.

Wahnsinn - welch Tour :anbet: :anbet: :anbet:
 
GoogleMaps kennt die Lodge, hat sogar ne eigene Homepage ... nützt natürlich alles nichts wenn man kein Netz hat.
Ich finde es spannend sich eure Spur mal in der Satellitenkarte anzusehen, da sieht man erstmal wieviele Canyons in dieser Marslandschaft sind.
Knappe Sache jedenfalls, gut dass Ihr da heil rausgekommen seid, dass es ein Kraftakt war bringen die Bilder gut rüber.
 
Schon ne fiese Sache, endlich vor dem Fluss zu stehen, dann noch mühsam durch das Buschwerk sich kämpfen zu müssen und wenn man dann endlich vor dem erlösenden WASSER steht, wird man zum Moskito Opfer.

Schwindelgefühle vom Wassermangel und das in Mitten von nirgendwo.... ich kann es nur wiederholen, wir können es uns hier sicherlich nicht ansatzweise vorstellen, wie hart die ganze Geschichte wirklich ist... Um so mehr ein Danke für die unglaublichen Fotos und die Worte dazu.

Dem Zeitstempel nach zu schließen und dem seit zwei Tage nicht mehr bewegendem Z zu schließen, ist nach dem letzten Abschnitt zwischen Lodge und Moab nun erst mal ein paar Tage 'Urlaub und Erholung' angesagt. Dass wiederum kann ich durchaus nachvollziehen! Nach erfolgreicher Re-Hydration sind sicherlich paar 'Zwischen-Finisher-Bierchen' drin.... Auf euer Wohl!
 
Da ick selber ma in so'ner Situation gesteckt habe (nächsten Tach als Mitbringsel noch dazu mit Sonnenstich flach gelegen) kann ick dit eh bissel nachfüllen...aber bei euch waren ja anscheinend trotz über 50 Grad keene Nachwirkungen rauszulesen.

aber beim so da Wegdehydrieren den Sternenhimmel zu bewundern :oops: leichtes schmunzeln
 
Die E-Mountainbiker nutzen auch immer häufiger die Luftrettung, weil sie merken, dass sie mit dem Rad nicht wieder runterkommen. Der Heli rettet dann für schlappe €5000 die Person, aber das Bike nehmen die nicht mit.
Schöne Lektion für solche Leute. ;-)
 
Die E-Mountainbiker nutzen auch immer häufiger die Luftrettung, weil sie merken, dass sie mit dem Rad nicht wieder runterkommen. Der Heli rettet dann für schlappe €5000 die Person, aber das Bike nehmen die nicht mit.
Schöne Lektion für solche Leute. ;-)


und bio-bikern kann das nicht passieren? weil sie erst garnicht soweit kommen? verstehe das nicht so ganz. :ka:
ich traue mich also einen weg nicht mehr runter, den ich aber zuvor fahrend hochgekommen bin?



PS: kettles powernappings zu jeder pause zahlen sich scheinbar doch aus...fährt die gute den stuntzi platt. ich glaub, er wird alt...:teufel:
 
bin gespannt wie es weitergeht. So ein paar Tage Urlaub und Regeneration/Reha in der Lodge sei euch aber herzlich gegönnt!
 
und bio-bikern kann das nicht passieren? weil sie erst garnicht soweit kommen? verstehe das nicht so ganz. :ka:
ich traue mich also einen weg nicht mehr runter, den ich aber zuvor fahrend hochgekommen bin?
Ja genau, hoch geht es, aber runter schaffen sie nicht, weil Erfahrung fehlt. Da wird ein Rad für einen Tag geliehen und beim Runterfahren fehlt dann die Technik.
Biobiker, die so hoch kommen, haben die Technik sicherlich eher, so dass solche Rettungsgründe wohl selten sein dürften. Ob Biobikes mitgenommen werden bezweifel ich allerdings auch, denn dafür dürfte der Platz fehlen.
Die Menge solcher e-Bike Einsätze hat in den letzten 2 Jahren deutlich zugenommen, war die Aussage eines Bergwachtlers.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ging hier doch nicht speziell um E-Bikes, sondern generell um den vermehrten Einsatz von Rettungshubschraubern.

Ich finde es gut und sinnvoll, daß es ein gut ausgebautes Rettungsnetz gibt,
es darf nur nicht missbraucht werden ( so wie Notaufnahmen in Krankenhäusern ).
Jeder definiert Missbrauch aber auch anders.

Bei Outdoorabenteuern muß man schon einschätzen können, was man selbst schafft,
sonst soll man durchgeplante Jochen Schweitzer Erlebnisse buchen...
 
Ich finde aus auch erstaunlich, daß Kettle Stuntzi platt gefahren hat ;-)

Vielleicht hat sie mehr getrunken oder das weiße Hemd hält besser kühl...
 
Ein kleine Pause haben die beiden sich redlich verdient.

Wenn ich daran denke, wie ich schon das fluchen anfange weil, mir 30 min vor dem Ziel das Wasser aus geht, möchte ich nicht mit den beiden tauschen.
 
...zumal offenbar eine Delle in der Felge der Grund fürs Einziehen eines Schlauches war. Da kann man Dichtmilch nachfüllen soviel man will. Und reparieren kann in Einzelfällen auch mal nicht möglich sein.
 
Zurück
Oben Unten