You do not really understand something unless you can explain it to your grandmother
oder
Wenn man etwas nicht einfach erklären kann, hat man es nicht verstanden.
Sorry, dass ich hier nochmals kurz einhake, aber das kann man so nicht stehen lassen.
Oder vielleicht haben wir einfach eine unterschiedliche Auffassung von Verständnis.
Es gibt aber imho Dinge, die sind kompliziert, und deshalb kann man sie nicht einfach erklären. Man kann vielleicht anschauliche Beispiele oder Vereinfachungen geben, Dinge plausibel machen, aber mit „einfach erklären“ meine zumindest ich, dass man der Erklärung gut folgen kann und dann ein eigenes Verständnis hat. Verständnis heißt dann, mit der gewonnenen Erkenntnis etwas anfangen zu können. Eigene Schlussfolgerungen zu ziehen. Wenn etwas aber kompliziert ist, dann geht das nicht so einfach und schnell.
Ein Beispiel sei da Quantenmechanik. Man kann einige Grundsätze der Quantenmechanik plausibel machen, man kann nette Beispiele bringen. Aber damit kann man Quantenmechanik nicht verstehen. Quantenmechanik macht seltsame Dinge und um da zu belastbaren Schlüssen zu kommen, muss man sich mit einer ganzen Menge Mathematik und Formalismus auseinandersetzen, ansonsten ist das allerhöchstens raten.
Fahrrad fahren ist zum Glück viel einfacher als Quantenmechanik, aber die Mechanik des Fahrradfahrens ist nicht so trivial. Immerhin ist sie so kompliziert, dass es bis heute kein geschlossenes Modell im Sinne eines Satzes von Formeln gibt, mit denen man in jeder Situation das weitere Verhalten eines Fahrrads vorhersagen kann.
Meine größte Kritik an dem Vortrag von Jo Klieber wäre wohl, dass er oftmals zwischen plausibel machen und genau erklären wollen hin und her springt und sich da dann auch mal verzettelt. Besser wäre imho gewesen, sich mehr aufs Veranschaulichen zu verlegen und das dann besser auszuarbeiten im Hinblick auf Nachvollziehbarkeit für das Zielpublikum. Versehen mit dem Hinweis, dass die genaue Erklärung in den Fußnoten steht, wo sie dann wirklich konsistent und mit der nötigen Tiefe nachgereicht wird. Wer sich da rein nerden will, hat dann mehr davon, und der Großteil, der sich dafür eh nicht interessiert und da teils auch gar nicht folgen will und kann, der wird mit den vereinfachten Veranschaulichungen auch glücklicher.
Ein super Beispiel für das plausibel Machen ist da der Einwurf von Fabien Barel am Ende. Damit konnten wohl die meisten was anfangen. Physikalisch korrekt in dem Sinne, als dass KIS da im komplizierten Wechselspiel der Kräfte am Vorderrad eine dominante Rolle übernimmt, wie das die Erklärung von Barel nahe legt, ist das wohl nicht. (
@Syntace möge mich da korrigieren, aber wenn KIS wirklich die dominante Kraft wäre, dann könnte der Fahrer wohl nicht mehr frei agieren; unter dominanter Kraft stelle man sich etwa einen Einfluss vor, der die Situation des Kräftespiels soweit beeinflusst, sodass man die übrigen Einflüsse als Störung eines Gleichgewichts behandeln könnte.) Aber KIS erlaubt Barel halt, die Situation so viel besser und direkter wahrzunehmen, dass er selbst wesentlich besser die dominante Kraft ausüben und damit das System Rad-Fahrer-Untergrund unter Kontrolle halten kann, als er das ohne KIS könnte.